61. IBT in Montreux: Richtig schönes Schiffwetter.
Bekannt für das internationale Jazzfestival und den Aufenthalt von Berühmtheiten wie Freddie Mercury darf Montreux die Galerie der Besonderheiten mit einer weiteren Einzigartigkeit schmücken – dem Besuch des Internationalen Binnenschifffahrtstreffens (IBT). Es war das 61. in seiner Art und lockte zwischen dem 17. und 20. November 298 Teilnehmende von den Alpenländern bis Holland an die Gestade des Genfersees.
Donnerstag: Willkommen in Montreux. Während draussen Güterzüge vorbeirollten und Personenzüge stoppten, bezogen die Teilnehmenden in historischen Bahnwagen die Willkommenskarten und pflegten die Geselligkeit unter Schifffahrtsleuten. Die Entbehrungen der langen Hinreise – zum Beispiel mit dem Flugzeug ab Wien oder mit dem Auto ab Holland – zeigte sich darin, dass der Hunger und der Andrang für das währschafte und reichhaltige Abendessen gross war. Fein war’s und der kulinarische Auftakt zum IBT im Westen der Schweiz mundete über den ganzen Alpenraum hinweg.
Freitag: Mit Zug und Bus zum Fonduetopf – «Goldrausch» eingeschlossen. Der historische Zug vom Vorabend führte uns hoch über Montreux nach Chamby und auf der historischen Strecke bis nach Blonay. Die Wagen stammen von der Rhätischen Bahn (RhB) mit Aufschrift «Bernina» und der Montreux-Berner-Oberland-Bahn (MOB). Farblich bunt gemischt zeigte sich nicht nur der Zug, sondern auch die Landschaft hoch über dem Lac Léman: Die Bäume standen im Herbstkleid, weiter oben grüsste der Schnee und unten lag im Grau der See… Der gebogene Viadukt über den Baye de Clarens erinnerte mit den historischen Wagen an den Landwasserviadukt im Bündnerland. Es war ein bahntastisches Erlebnis und weil die Temperaturen frisch und garstig und der Schnee bereits sichtbar war, passte das Fondue in St-Légier wunderbar in die Routenplanung. Mit der klassischen Handbewegung einer Acht rührten wir den Käse im Topf und mit Weisswein aus der Region ehrten wir das Schaffen der einheimischen Winzer.
Während der Busfahrt zu «Chaplins World» wurde das Fondue auch rhetorisch verdaut: «Das war wohl eine Mischung von Vacherin- und Greyerzer-Käse – echt gelungen diese Kombination». Das Museum über das Leben und Schaffen von Charlie Chaplin befindet sich oberhalb von Vevey und beinhaltet zwei Gebäude: Eine interaktive Ausstellung sowie die Villa, in welcher der Künstler mit seiner Familie gelebt hatte. Ein Kurzfilm, eine historisch nachgebaute Stadtgasse, ein Stuhl im Coiffeur-Salon, das sich neigende Haus des Filmes «Goldrausch» oder die verschiedenen Zahnräder des Filmes «Modern Times» – vieles animierte während dem Aufenthalt Schauspieler zu sein oder sich ablichten zu lassen. Von der Villa blickten wir runter zum Genfersee in der Hoffnung, dass sich das Wetter für den Abend und die folgenden Tage bessern möge. Im Casino in Montreux fand der Gala-Abend statt. Luc-Antoine Baehni, Generaldirektor der Compagnie Générale de Navigation sur le Lac Léman (CGN) freute sich ab dem breiten Teilnehmerfeld und bedankte sich bei seinen Mitarbeitenden für deren grossartigen Einsatz: «Verschiedenste Posten wurden besetzt und 89 Personen waren involviert – vom Lernenden über den Maschinisten bis zum Kapitän – die Organisation war eigentlich ein eigenes kleines IBT.»
Samstag: Ein Schiff wird kommen… 9.30 Uhr: Der Wind peitscht die Wellen über den See. Der Himmel ist verhangen und doch sind hin und wieder blaue Flecken am Horizont auszumachen. Die «Ville de Genève» führte den Transfer nach Lausanne aus, worauf die verschiedenen Nationen und Delegationen das olympische Museum besichtigten. Das Spiel der Wolken und der Kampf zwischen grau und blau in der Genfersee-Arena interessierten dabei viele mehr als der sportliche Glanz vergangener Zeiten.
Auf dem Motorschiff Lausanne speisten wir und mit dem Ersatzschiff Vevey (Baujahr 1907) pflügten wir am Nachmittag bei leichtem Wellengang den Weinbergen der Lavaux entlang retour Richtung Schloss Chillon und Montreux. Das Schloss Chillon, deren erster Nachweis auf das Jahr 1150 zurückgeht, ist das Ziel verschiedenster Schulreisen und gehört zu den meist besuchten historischen Bauwerken der Schweiz.
19.30 Uhr: Wieder stehen wir am Quai von Montreux. Die «Lausanne» trifft mit Festbeflaggung und Festbeleuchtung ein. 1991 in Betrieb genommen strahlt das Schiff mit einer Länge von 78 Metern und einer Kapazität bis zu 1200 Personen einen Hauch von maritimem Hochsee-Ambiente aus. Auf dem Hauptdeck wurde diniert und auf dem Oberdeck stand der Salon in der Funktion als Disco bereit. Wir fuhren dem französischen Ufer entlang bis Evian-les-Bains, wechselten rüber nach Lausanne und kehrten nach Montreux zurück. Die Binnenschifffahrer wechselten nach dem Essen auf das Oberdeck in die Disco, in welcher richtig mächtig die Party abging. Logisch, dass auch der italienische Song «Marina» gespielt wurde – nicht auf einer neuzeitlichen Compact Disc, sondern auf Vinylplatten zu den Zeiten des letzten Jahrhunderts. Manch eine Person blieb für die Zusatzschlaufe ab Montreux an Bord, konnte das Schloss Chillon im Scheinwerferlicht betrachten und weiter das Tanzbein schwingen. Dem Ort verpflichtend wurden auch Songs der Rockgruppe Queen gespielt. Der Leadsänger, Freddie Mercury lebte in Montreux und betrieb dort auch sein eigenes Aufnahmestudio. Am Abschlussabend des 61. IBT spielte die Musik unseres DJ jedoch auf See.
Sonntag: Der Sonne entgegen. Die Delegiertenversammlung fand auf der «Lausanne» statt. Nebst dem Dank an das Organisationskomittee meldeten sich zahlreiche Delegationen, die gewillt sind, die kommenden IBT’s durchzuführen*. Nach dem anschliessenden Raclette verabschiedeten sich einzelne Delegationen, doch viele nutzten die Möglichkeit und fuhren mit dem Schiff nun bei schönstem Wetter der Sonne entgegen nach Lausanne. Es war ein wunderbares IBT, bei dem viele Erlebnisse und Besichtigungen das persönliche Logbuch reicher machten. Das Wetter zeigte sich schliesslich auch noch von seiner sonnig guten Seite, wobei dieses ja letztendlich keinen Einfluss auf die Stimmung hatte. Denn wenn das IBT stattfindet ist ja in dieser Region immer Schiffwetter.
Die „Vevey“ stand oft im Einsatz des 61. IBT, leider verunmöglichten technische Probleme die geplante Doublette mit der „Italie“.
Stimmungsvolle Bahnfahrt von Chamby nach Blonay, wo man noch die Fenster der Bahnwagen öffnen kann.
Mystische Stimmung über dem Lac Léman nach dem Sonnenuntergang.
Sonnige Zeiten auf dem Genfersee – das Wetter bessert sich.
Blick aus dem Steuerhaus der „Vevey“ Richtung Montreux.
Die «Vevey» präsentiert das Schloss Chillon „zum Greifen“ nahe.
Durch Klick aufs Bild erscheint dieses im Grossformat.
Hinweis
*) 2017: Thuner- und Brienzersee
2018: Besancon
2019: Bregenz
2020: Zürichsee
2021: Brombachsee
2022: Bielersee.
Quellen
Text und Bilder: A. von Deschwanden
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