Damp­fer­pa­rade zu Ehren 200 Jahre Gast­freund­schaft Vierwaldstättersee

Die Inner­schweiz fei­ert 200 Jahre Tou­ris­mus. Was war 1815? Napo­leon trat ab, der Wie­ner Kon­gress ord­nete die euro­päi­sche Land­karte neu mit­samt den neuen Gren­zen der Schweiz. Mit dem Bau des „Hotel du Lac“ in Küss­nacht und eines Gast­hau­ses auf Rigi Kulm wurde 1815 der Grund­stein zum Tou­ris­mus in der Zen­tral­schweiz gelegt. 1815 fuh­ren aber noch keine Dampf­schiffe und Berg­bah­nen. Die Erst­be­stei­gung der Jung­frau war 1811, jene des Mat­ter­horns erst 1865. So rich­tig begann der Tou­ris­mus in der Schweiz 1858 mit der ers­ten Pau­schal-Feri­en­reise durch Europa, orga­ni­siert vom eng­li­schen Unter­neh­mer Tho­mas Cook. 1837 begann das Zeit­al­ter der Dampf­schiff­fahrt auf dem See und ab 1859 konnte Luzern mit der Eisen­bahn erreicht wer­den. Jetzt wur­den auch Stras­sen über die Alpen­pässe gebaut. Dank der Erfin­dung der Zahn­rad­bahn konn­ten bald auch steilste Stei­gun­gen auf dem Schie­nen­weg über­wun­den wer­den. Die Rigi­bahn war 1871 die erste Berg­bahn in Europa. Noch vor 1900 ent­stan­den eine Reihe prunk­vol­ler Gross­ho­tels. Vor dem 1. Welt­krieg gab es auf Trib­schen sogar die erste schwei­ze­ri­sche Luft­schiff­sta­tion. Nach wie vor ist der Tou­ris­mus ein wich­ti­ger Wirt­schafts­zweig der Zentralschweiz.

200 Jahre Gast­freund­schaft fei­ert die Inner­schweiz unter ande­rem auch mit einer Damp­fer­pa­rade. Ein dich­tes Pro­gramm von sich stän­dig wech­seln­den For­ma­tio­nen mit ori­gi­nel­len Titeln wie Skor­pion, Canard, Pas­sage du Grand Bâteau, Contre-Marsch, Dia­go­nal etc. hal­ten den Damp­fer­freund auf Trab. Zwar ist das Wet­ter nicht opti­mal, aber die rund 1000 Fahr­gäste sind damit zufrie­den; einen Tag zuvor gab es Dau­er­re­gen… Nebst die­sem «Tanz der Damp­fer» sind die High­lights das erst­ma­lige Umrun­den des klei­nen See­be­ckens bei Küss­nacht und das mehr­ma­lige Umrun­den des stäh­ler­nen Kolos­ses See­rose zwi­schen Becken­ried und den Nasen. Dabei haben sich die Blü­ten­blät­ter der See­rose erst­mals in der Öffent­lich­keit geöff­net. Andreas Bät­tig von der Zen­tral­schweiz am Sonn­tag: «Wie gigan­ti­sche Haie umkreis­ten die Dampf­schiffe im Buoch­ser See­be­cken die schwim­mende Bühne des Gäs­ti­vals. Auf der 462 Ton­nen schwe­ren Stahl­skulp­tur wer­den vom 29. Mai bis zum 4. Okto­ber zahl­rei­che kul­tu­relle Dar­bie­tun­gen zu sehen sein*.»

Alle auf einen Blick, im Vor­der­grund die «Schil­ler».

Ich war auf der „Schil­ler“ zusam­men mit vie­len mir bekann­ten Men­schen. Kapi­tän Roger Mau­rer konnte seine Stamm-Mann­schaft vor­stel­len: Rebecca Benz als Bei­mann, Jonas Frunz (Kas­sier), Fabian Z’graggen als zukünf­ti­ger Kondi (heute ID durch Julia Schu­ma­cher), San­dro Cat­ta­neo als 1. Maschi­nis­ten und Andreas Brüg­ger als 2. Auf der vier­stün­di­gen Fahrt bleibt auch Zeit, das Schiff wie­der ein­mal im Detail zu begut­ach­ten. In der Kajüte sind Kunst­fo­tos vom Foto­gra­fen und SGV-Kas­sier Andre Emmen­eg­ger** aus­ge­stellt. Nebst der Leich­tig­keit eines typi­schen Som­mer­schif­fes gefällt der Erst­klass-Salon trotz der für mich etwas irri­tie­ren­den Reno­va­tion vor 15 Jah­ren. Der im Jahr 2000 neu ein­ge­baute Erst­klass­sa­lon-Boden in hel­lem Holz steht seit­her in Kon­kur­renz zum edlen Zitro­nen­holz der Wände. Der vor­her vor­han­dene, grüne Lin­oleum wurde im Jahr des Umbaues 1999 als bil­lig emp­fun­den, den es zu erset­zen galt. Doch die­ser grüne Boden mit dem hüb­schen Läu­fer unter­strich für mich kraft­voll die Per­len die­ses Salons. Wei­ter wurde der ori­gi­nale Sul­zer-Kamin in sei­nen per­fek­ten Pro­por­tio­nen einem Neu­bau geop­fert. Ich wünschte mir, dass bei der nächs­ten Gross­re­no­va­tion die Denk­mal­pflege des Kan­tons Luzern wie bei der «Unter­wal­den» mit­ar­bei­ten darf. Gerade am Bei­spiel «Unter­wal­den» zeigt sich, wie för­der­lich die Mit­ar­beit der Denk­mal­pflege sein kann. Gleich­zei­tig könnte man sich über­le­gen, die bil­lig wir­ken­den Plas­tikb­la­chen auf dem Ober­deck ach­tern durch eine dis­krete Glas­ver­klei­dung (im Umfang eini­ger Bank­rei­hen) zu erset­zen, um den gewünsch­ten Wind­schutz zu gewährleisten.

Roger Mau­rer zieht vom­heu­ti­gen Tag eine posi­tive Bilanz: „Höhe­punkte der Parade waren sicher­lich die Umrun­dung der See­rose, aber auch die For­ma­tion ‚Rose’ mit der schnel­len Durch­fahrt der ‚Stadt Luzern’ im Buochs­er­be­cken. Dann natür­lich die Schnell­fahrt von DS Schil­ler mit dem gemein­sa­men Kehr mit DS Gal­lia und der Durch­fahrt zwi­schen den ande­ren Dampf­schiff­fen (Pas­sage des Bel­les).“ Alle diese For­ma­tio­nen brau­chen jeweils die volle Kon­zen­tra­tion und vor allem sehr viel Vor­aus­blick, damit die For­ma­tio­nen immer zur rich­ti­gen Zeit ste­hen wie geplant. Mau­rer: „Man hat die ‚Hebel’ wie auf einem Motor­schiff nicht ein­fach in der Hand“. Beson­de­res Geschick brauchte der Start der Parade. Der Schil­ler-Kapi­tän: „Die Rück­wärts­fahrt in Luzern mit vier Schif­fen gleich­zei­tig und in klei­nem Abstand par­al­lel ist wirk­lich eine Her­aus­for­de­rung. Man muss den Kurs so sub­til wäh­len, dass das Schiff trotz Wind und Reuss­zug auf der ande­ren See­seite einige Minu­ten pro­blem­los war­ten kann, bis DS Stadt Luzern pas­siert hat.“ Am Tag der Damp­fer­pa­rade waren aber alle Schiffs­füh­rer in Hoch­form und lies­sen keine Wün­sche offen.

Die vier ältes­ten Rad­damp­fer ver­las­sen um 11.30 Uhr syn­chron die Lan­dungs­brü­cken in Luzern.

Danach salu­tiert das Flagg­schiff ihre älte­ren Schwes­tern vor den Schweizerhof-Quai.

DS Gal­lia, DS Uri und DS Stadt Luzern fah­ren gegen den Kreuz­trich­ter mit Heck­an­sicht und im Küss­nach­ter­see mit Front­an­sicht (ohne DS Uri).

Auf der vier­stün­di­gen Fahrt gab es immer wie­der Wech­sel in den Formationen.

Herz­stück des Gäs­ti­vals ist die See­rose als schwim­mende Event­bühne mit 500 Sitz­plät­zen, die heute ihre Blät­ter bereits zur Probe für die Parade öff­nete; der offi­zi­elle Start ist dann Ende Mai.

DS Unter­wal­den grüsst die «Stadt» bei Greppen.

Text und Bil­der H. Amstad

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Hin­weise

*) Die Schiffs-Agen­tur besucht die See­rose am Sonn­tag, 27. Sep­tem­ber 2015 im Rah­men einer abwechs­lungs­rei­chen Schiff­fahrt mit dem klas­si­schen MS Lucerne der SNG inkl. Mit­tag­essen in der Ober­matt und der Beglei­tung der Damp­fer­pa­rade „Tanz der Dampf­schiffe“ Infos ab Mitte Mai 2015

**) Einige Kar­ten von Andre Emmen­eg­ger sind auch bei der Schiffs-Agen­tur erhält­lich: Link 1Link 2

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