Das Elek­tro­schiff Insel Mainau als Start­punkt zu einer CO2-neu­tralen Bodensee-Schifffahrt

Redner in Fest­laune: Das neue Pas­sa­gier­schiff der deut­schen Bodensee-Schiffs­be­triebe (BSB) wurde am Sonntag, 17. Juli 2022 nach zahl­reichen Ansprachen auf den Namen «Insel Mainau» getauft. Statt mit dem obli­gaten Sekt aus einer zer­schel­lenden Flasche durch die anwe­sende Bettina Gräfin Ber­na­dotte tauften ein halbes Dutzend Mini­gärtner das erste voll­elek­trische BSB-Schiff mit Bodensee-Wasser in blauen Giess­kannen. Der Schloss­herrin der Mainau und Gast­ge­berin der Zere­monie blieb nur noch die Mode­ration und, als ver­meint­licher Höhe­punkt, die Bekanntgabe des (vom Taufort her wenig über­ra­schenden) Schiff­namens. 198 Jahre nach der Jung­fern­fahrt des ersten Bodensee-Dampf­schiffes Wilhelm, das zwi­schen Fried­richs­hafen und Romanshorn resp. Ror­schach ver­kehrt hat, soll der Kata­maran als erstes Bodensee-Kurs­schiff mit Elek­tro­an­trieb5 die Insel Mainau mit dem nörd­lichen Ufer verbinden.

Der Ver­kehrs­mi­nister des Landes Baden-Würt­temberg, Win­fried Hermann (Bündnis 80/​Die Grünen), war ebenso früh auf­ge­standen wie einige Gäste und Medi­en­leute, die um 10.00 Uhr auf der Insel bereit standen für «ein epo­chales Ereignis und eine Zei­ten­wende» (Zitat des Ministers): «Ich freue mich, dass mit diesem Schiff auch auf dem Wasser die Dekar­bo­ni­sierung1 vor­an­kommt. Die Bodensee-Schiffs­be­triebe zeigen hier mit Inno­va­ti­ons­kraft, was heute möglich ist und in welche Richtung sich die Schiff­fahrt wei­ter­ent­wi­ckeln muss. Dieses wichtige Signal für mehr kli­ma­neu­trale Mobi­lität auf dem Bodensee unter­stützen wir gerne mit unserer Land­strom­för­derung.» Aus­serdem flossen 300 000 Euro Inno­va­ti­ons­gelder vom Bund in den ins­gesamt 3,6 Mil­lionen Euro teuren Neubau.

Bettina Gräfin Ber­na­dotte zur Fest­ge­meinde: «Wir sind begeistert, dass dieser zukunfts­trächtige Kata­maran bald zwi­schen der Mainau und Unte­ruhl­dingen ver­kehren wird. Es ist eine wichtige Pio­nier­arbeit, um die Boden­see­region in Richtung Nach­hal­tigkeit wei­ter­zu­ent­wi­ckeln.» Tech­niker und Werft­ar­beiter werden die «Insel Mainau» aber zuerst noch für sich in Anspruch nehmen. Das Schiff hat zwei Tage davor die Zulassung bekommen (sodass an der Taufe sogar eine Rund­fahrt möglich war), braucht aber noch ein Finish «im Rahmen von 14 Tagen Arbeit», wie Pro­jekt­leiter Christoph Witte ver­lauten liess. Die Solar­panels sind noch nicht ange­schlossen und auch an einigen Acces­soires fehlt es noch. Im kom­menden Jahr soll die «Insel Mainau» im Dreieck Meersburg – Mainau – Unte­ruhl­dingen ver­kehren und ab 2025 mit einem zweiten Elektro-Kata­maran zusätzlich im Gegen­gleich. Für die Geschäfts­führer der BSB, Frank Weber und Norbert Reuter, ist dieses Dreieck tou­ris­tisch eine Perle und deshalb auch wirt­schaftlich inter­essant, weshalb es aus­gebaut werden soll.

Bis 2035 kli­ma­neutral unterwegs

Die BSB sind ein Toch­ter­un­ter­nehmen der Stadt­werke Kon­stanz. Die Geschäfts­leiter der BSB, Frank Weber und Norbert Reuter, betrachten die Inbe­trieb­nahme des MS Insel Mainau im Kontext ihres Unter­neh­mens­ver­bundes als einen wei­teren Schritt auf dem Weg zur Kli­ma­neu­tra­lität. Mit dem Ersatz der Fähre Fon­taine­bleau durch einen gas­be­trie­benen Neubau seien sie weiter auf diesem Kurs2. „Dieses Tempo wollen wir halten und weiter steigern, weshalb wir auf zusätz­liche För­der­mög­lich­keiten hoffen», so die Geschäftsführer.

Auch Uli Bur­chardt, Ober­bür­ger­meister der Stadt Kon­stanz, schwärmt: «Das MS Insel Mainau ist gleich­zeitig eine schöne Ver­bindung der beiden wich­tigsten Tou­ris­mus­un­ter­nehmen für Kon­stanz.“ Die christ­liche See­fahrt geniesst in der Kon­zils­stadt Kon­stanz einen hohen Stel­lenwert, sodass gleich ein Pfarrer und eine Pfar­rerin rührige Worte (bis hin zu Ver­gleichen zwi­schen dem Bodensee und dem See Gene­zareth) fanden, um dem Schiff und seinen zukünf­tigen Fahr­gästen den Segen zu geben.

Auf der anschlies­senden, knapp ein­stün­digen Jung­fern­fahrt zwi­schen Mainau und Unte­ruhl­dingen führte Christoph Witte, tech­ni­scher Leiter und Mit­glied der Geschäfts­führung der BSB, aus, dass es das erklärtes Ziel sei, die Flotte der BSB bis 2035 auf umwelt­freund­liche Antriebe umzu­stellen. «Der Bodensee soll eine Modell­region für eine kli­ma­neu­trale Zukunft der Fahr­gast­schiff­fahrt werden“. Damit meinte er den Aus­stieg aus fos­silen Brenn­stoffen für die Motoren. „Voll elek­trische Antriebe spielen bei der Umrüstung der Flotte eine Rolle, aber auch die Mög­lich­keiten, die Bestands­flotte – ins­be­sondere die denk­mal­ge­schützten Schiffe – mit umwelt­freund­lichen Antrieb­sal­ter­na­tiven auszustatten.“

Zwi­schen den Zeilen (resp. in Zwi­schen­tönen) war in den vielen Ansprachen durchaus auch zu ver­nehmen, dass das Projekt «Artemis» (so der Arbeits­titel des MS Insel Mainau) auch mit Tücken und Pro­blemen zu kämpfen hatte. So mussten die Kon­troll­stellen der Schiff­fahrts­ämter, die eine oder andere Vorgabe neu inter­pre­tieren. Und als der Kata­maran nach dem Sta­pellauf vom 28. Juni in Fried­richs­hafen wieder in die Halle zurück­musste, schlug ein Rumpfteil Leck. Das ein­drin­gende Wasser beschä­digte dabei rund einen Zehntel der Bat­terien (resp. deren Ver­bin­dungen), die dann ersetzt werden mussten. Der Sach­schaden belief sich auf rund 100 000 Euro. Alles in allem dauerte der Bau aber bloss neun Monate, eine Meis­ter­leistung, wenn man bedenkt, dass die Schiffs­werft in Stralsund 1000 km vom Bodensee ent­fernt liegt. Der Pro­jekt­leiter von Ost­see­staal3, Ingo Schil­linger, sagte an der Ein­weihung: «Wir waren mit zehn Mann in Fried­richs­hafen. Die Distanz war die grösste Her­aus­for­derung, denn ‘etwas schnell holen gehen’ ging nicht…» So wird die Werft bereits rou­ti­niert sein, wenn sie dem­nächst für den Zürichsee die drei neuen, eben­falls voll-elek­tri­schen Lim­mat­boote abliefert. Der Pro­totyp schwimmt bereits zu Test­zwecken auf dem Zürichsee.

Vor­be­halte, aber ein Schritt in die richtige Richtung

Solche Anlässe geben auch Gele­genheit, sich grund­sätz­liche Gedanken über die Zukunft der Schiff­fahrt zu machen. Dazu blättere ich etwas zurück auf das Jahr 1900. Liest man in alten Tech­nik­jour­nalen oder Repor­tagen über kleinere Schiffs­be­triebe um die vor­herige Jahr­tau­send­wende, so kommt die heutige Elek­troboot-Dis­kussion einem wie ein „Déjà-vu“ vor. So wurde bei­spiels­weise auf dem Sar­nersee bereits 1903 das dampf­be­triebene Schiff St. Urs auf Elek­tro­an­trieb umge­rüstet und erhielt den Namen „Volta“. Der 1906 erbaute Nauen wurde auf „Watt“ getauft und fuhr eben­falls elek­trisch. Das mit Strom betriebene Pas­sa­gier­schiff auf dem Walensee hiess „Electra“ (1895) und auf dem St.-Moritzersee ent­zückten ab 1903 vier Pas­sagier-Elek­tro­boote die Kur­gäste aus Nah und Fern. Das damals füh­rende Unter­nehmen Tri­belhorn aus dem zür­che­ri­schen Feldbach (ab 1912 in Alt­stetten unter dem Namen „Elec­trische Fahr­zeuge AG) lie­ferte 26 Elek­tro­schiffe ab4.

Das Benzin und der Diesel waren teuer. Die Elek­tri­zität, womit jeweils die Akku­mu­la­toren (wieder auf­ladbare Bat­terien) auf­ge­laden wurden, lie­ferte nachts nahezu kos­tenlos ein kleines Wasser-Kraftwerk, das zur Fabrik und zum Schiffs­be­trieb gehörte. Die Maschi­nen­leistung war aber in jedem Fall kleiner als bei Ver­bren­nungs­mo­toren und Dampf­ma­schinen. Diese elek­tro­ba­sierte Tech­no­logie konnte sich deshalb bei den grossen Schiff­fahrts­ge­sell­schaften nicht durch­setzen. Und heute?

Seit kurzem wird die Umstellung auf alter­native Antriebs­arten moti­viert durch die Ziel­vorgabe, den CO2-Aus­stoss, der mass­geblich für die Kli­ma­er­wärmung auf unserem Pla­neten ver­ant­wortlich ist, zu ver­mindern. Der Verkehr, ins­be­sondere jener, der durch fossile Ver­bren­nungs­mo­toren betrieben wird, ist dabei der wich­tigste Ver­ur­sacher der CO2-Pro­ble­matik. So ist es nichts anderes als logisch, hier den Hebel als erstes anzu­setzen. Ob die Elek­tri­zität tat­sächlich die ulti­mative Lösung ist, wird die Zukunft zeigen. Nam­hafte Phy­siker warnen vor allzu grosser Euphorie, weil die Her­stellung von Bat­terien selbst einen sehr hohen CO2-Austoss ver­ur­sacht (Schweden-Studie 2017). Umwelt­ver­bände weisen auf die höchst schwierige Ent­sorgung der einst ver­brauchten Bat­terie- und Sili­zi­um­ele­mente hin. Men­schen­rechts­affine Poli­tiker sind besorgt, unter welchen unmensch­lichen Bedin­gungen heute in China (wovon die Solar­in­dustrie abhängig ist) die Pho­to­vol­ta­ik­an­lagen pro­du­ziert werden4.

Der poli­tische Druck ist da, mit der Reduktion des CO2-Aus­tosses vor­wärts­zu­machen – die Zeit drängt. Da ist es sinnvoll, auch in der Schiff­fahrt erste Schritte zu wagen. Die Shiptec Luzern setzt beim Neu- und Umbau von grös­seren Pas­sa­gier­schiffen schweizweit schon seit einigen Jahren auf die Hybrid-Tech­no­logie, die zwar die besagten Immis­sionen redu­ziert, aber nicht eli­mi­niert. Die Kunden und die Politik aber drängen inzwi­schen auf die voll­ständige Ver­ab­schiedung von fos­silen Ver­bren­nungs­mo­toren. Auch wenn in Zukunft Tech­no­logien wie der Was­ser­stoff-Motor oder andere eine ins­gesamt bessere Öko­bilanz auf­weisen werden, bleibt zum jet­zigen Zeit­punkt trotz aller ernst zu neh­menden Bedenken nur der Elek­tro­an­trieb als Alter­native, zumal – im Unter­schied zu 120 Jahren früher – die Moto­ren­leis­tungen auch für grössere Schiffe inter­essant werden. So bekommt der Bodensee sein erstes Zweideck-Schiff5, das voll­ständig mit elek­tri­scher Energie ange­trieben wird – ein Meilenstein.

Das neuste BSB-Schiff6 ist mit seiner schach­tel­för­migen Aus­senform etwas gewohn­heits­be­dürftig, will aber bewusst ein neues USP der BSB signa­li­sieren. Es ist eine Wei­ter­ent­wicklung des Kata­marans War­now­stromer, der in Rostock seit 2021 unterwegs ist.

Die Mini­gärtner der Insel Mainau taufen das Schiff mit Inbrunst und Boden­see­wasser auf den Namen „Insel Mainau“, mit­tendrin lachend Bettina Bernadotte.

130 m2 Solar­panel bilden das son­nen­durch­lässige Dach des Ober­deckes und können bis zu 20 % der Strom­en­ergie selbst pro­du­zieren. Das Schiff fährt den ganzen Tag über – in der Mit­tags­pause sowie nachts werden die Akkus aufgeladen.

Kapitän Rainer Blu­men­stein ist mit den Fahr­ei­gen­schaften des Kata­marans zufrieden, hier beim Retour­ma­növer aus dem Hafen Mainau. Auf das Schwanken des Schiffes bei kleinsten Wellen ange­sprochen meint er: «Es fehlen noch ein paar Tonnen, das kommt schon gut.»

Foto fürs Fami­li­en­album der Adels­fa­milie Ber­na­dotte von Mainau: Hintere Reihe von l.n.r. BSB-Geschäfts­führer Norbert Reuter (ver­deckt), Graf Björn Ber­na­dotte, dann der Bür­ger­meister der Stadt Kon­stanz Karl Lan­gen­steiner-Schönborn, Christoph Witte (tech­ni­scher Leiter der BSB) und Uli Bur­chardt, Ober­bür­ger­meister der Stadt Kon­stanz. Vordere Reihe: Drei Mit­glieder des BSB-Beirats: Alfred Reichle, Gabriele Weiner und Dorothee Jacobs-Krahnen sowie Gräfin Bettina Bernadotte.

Schiffs­führer Tobias Kurz und Jürgen Marin prä­sen­tieren den design­mässig kühl gehal­tenen Fahr­gastraum. Der Fahrgast wird im vor­ge­se­henen «gol­denen Dreieck» Meersburg – Mainau – Unte­ruhl­dingen nicht stun­denlang schiff­fahren; diese Per­so­nen­fähre nimmt die Salon­schiffe der übrigen BSB-Flotte deshalb nicht als Referenz.

Eines der zwei Antriebs­systeme, ein Wen­de­ge­triebe der öster­rei­chi­schen Firma Kräutler aus Lustenau, ist ein Hightech-Produkt, eben­falls mini­miert und mit einer Schraube von 70 cm Durchmesser.

Die beide Pro­jekt­leiter sind zufrieden: links Ingo Schil­linger von der Ost­see­staal, rechts Christoph Witte von der BSB.

Bilder im Textteil: Das Schiff vor der namens­ge­benden Insel; welches der beiden Schiffe Ufenau oder Uhl­dingen nach 2025 aus­ran­giert wird, ist laut Aus­kunft der BSB heute noch offen. Unten: von der gleichen Werft gebaut: das erste der drei neuen Lim­mat­boote auf Prä­sen­ta­ti­ons­fahrt anlässlich der ZSG-Gene­ral­ver­sammlung vom 27. Juni 2022.

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Hin­weise

1) Im Zusam­menhang mit einer kli­ma­freund­lichen, CO2-neu­tralen und somit der Nach­hal­tigkeit ver­pflich­tenden Wirt­schaft spielt der Begriff der Dekar­bo­ni­sierung eine zen­trale Rolle. Den Begriff erklärt Wiki­pedia so: «In ihm steckt das Wort ‚Carbon› oder ‚Karbon›, das für Koh­len­stoff steht. De- oder Ent­kar­bo­ni­sierung bezeichnet die Abkehr vom Koh­len­stoff und damit das Sze­nario einer post­fos­silen, koh­len­stoff­freien Wirt­schaft, spe­ziell im Energie- bzw. Stromsektor.»

2) Länger als geplant warten die Stadt­werke Kon­stanz auf den Einsatz der Flüs­sig­erdgas (LNG)-Fähre. Diese sollte eigentlich schon 2019 fertig sein, auf­grund der Insolvenz der beauf­tragen Werft ver­zö­gerte sich der Bau aller­dings um mehrere Jahre. Die Fer­tig­stellung ist für 2023 geplant. Bislang sei aber unklar, wann dafür nach­haltig her­ge­stelltes Bio-Flüs­siggas ver­wendet werden kann, sagt Christoph Witte gegenüber den Medien. „Im Moment ist es schwierig, eine Pro­gnose abzu­geben.“ Er ist aber über­zeugt, dass Bio­methan zum Erreichen der Kli­ma­ziele auf den Markt komme und dann auch für die Fähre ein­ge­setzt werden könne.

3) „Mit diesem Fahr­gast­schiff zum Einsatz auf dem Bodensee stossen wir im Geschäftsfeld Elektro-Solar-Schiffe in neue Dimen­sionen vor. Die Kapa­zität von 300 Fahr­gästen über­trifft alle bis­he­rigen von Ost­see­staal kon­stru­ierten und rea­li­sierten Elektro-Fähren bzw. ‑Fahr­gast­schiffe“, äus­serte sich Thomas Kühm­stedt, tech­ni­scher Direktor der Firma Ost­see­staal, gegenüber den Medien. Laut Ingo Schil­linger, zustän­diger Pro­jekt­leiter bei Ost­see­staal für den Bodensee-Kata­maran, ging die Spe­zi­al­firma bei diesem Projekt neue Wege. «So handelt es sich um einen para­me­trisch model­lierten Alu­mi­ni­um­rumpf. Dieser wurde anhand nume­ri­scher Berech­nungs­punkte com­pu­ter­ge­stützt strö­mungs­op­ti­miert. Zudem wird das Ener­gie­konzept neue Mass­stäbe im Schiffbau setzen. Zum Einsatz kommen eine spe­ziell ent­wi­ckelte Steue­rungs- und Opti­mie­rungs­software, ein spe­zi­elles Magnet­an­le­ge­system und erstmals bifa­ziale Solar­module. Das heisst, diese Panels können Energie auf der Vorder- und Rück­seite der Solar­zellen nutzen.» Das Stral­sunder Unter­nehmen hat bislang zehn Elektro-Solar­schiffe aus­ge­liefert, dar­unter mit der „Sankta Maria II“ die weltweit erste voll­elek­trische Auto­fähre für Bin­nen­ge­wässer, die auf der Mosel zwi­schen Deutschland und Luxemburg verkehrt.

4) Die Schiffs­schalen stammten nicht aus der Fabri­kation Tri­belhorn, sondern von ver­schie­denen Boots­bauern am Zürichsee. Das erste Motorboot war bestimmt für «Frau Geheimrat Oehler» und ging an den Thu­nersee. Tri­belhorn-ange­triebene Schiffe ver­kehrten auf dem Sarner‑, Thuner und St. Morit­zersee sowie auf dem Zürich‑, Zuger- und Vier­wald­stät­tersee (Ver­bindung Brunnen-Treib). Die 1902 von Johann Albert Tri­belhorn gegründete Firma baute nicht nur aus­ge­reifte Systeme für Boote, Autos und Last­wagen. Tri­belhorn war wahr­scheinlich auch der Erfinder des Hybrid­an­triebes: Er ent­wi­ckelte für Schiffe ein dop­peltes Antriebs­system, das er „gemischt-System Elek­tro­benzin“ nannte. Auf der Schrau­ben­welle sass nicht nur der Elektro‑, sondern hinter ihm auch ein kleiner Ben­zin­motor, wobei sowohl die Ver­bindung zwi­schen den beiden Motoren wie auch jene zur Schraube gelöst werden konnte. Bei Erho­lungs­fahrten summte der Elek­tro­motor, für schnelle Fahrten kup­pelte man den Ben­zin­motor ein. Ausser am Standort des Schiffes gab es an einem See kaum weitere Lade­sta­tionen, sodass Tri­belhorn auch hier vor­sorgte: Durch Aus­kuppeln der Schraube konnte der Ben­zin­motor im Still­stand des Schiffes die Bat­terie über den als Dynamo wir­kenden Elek­tro­motor nachladen.

5) Kleinere Solar-Fähren sind auf dem Bodensee schon seit über 20 Jahren anzu­treffen. So z.B. die mit Fahrplan ver­keh­rende Solar­fähre Rei­chenau zwi­schen Rei­chenau und Man­nebach, die Solar­fähre Helio in Radolfzell (Baujahr 2000), oder die “Solemio“ in Kon­stanz (vormals Fähr­ver­bindung Kreuz­lingen – Konstanz).

6) Der an der Feier eben­falls anwe­sende For­scher und Phy­siker Florian Buchholz vom ISC (Inter­na­tional Solar Energy Research Center Kon­stanz, das an der Ent­wicklung des Schiffes beteiligt war) meint gegenüber der Schiffs-Agentur: „Die Antwort auf diese Her­aus­for­de­rungen kann nur lauten: Kreis­lauf­wirt­schaft. Der wirt­schaft­liche Anreiz muss so gross sein, dass wir die Roh­stoffe nicht mehr einfach ent­sorgen, sondern immer wieder ver­wenden.“ Zum Thema Son­nen­en­ergie und Schiff­fahrt ist er der Über­zeugung, dass das Trans­port­mittel Schiff, das geeig­netste Ver­kehrs­mittel dar­stellt, die Son­n­energie optimal zu nutzen: „Schiffe haben viel grössere Flächen zur Ver­fügung als z.B. Autos und der Was­ser­wi­der­stand ist der Länge des Schiffes ange­passt, beim Vor­wärts­kommen sehr gering und somit energiesparend.“

7) Tech­nische Daten MS Insel Mainau: Werft (Design, Engi­neering und Bau) Ost­see­staal Stralsund (Meck­lenburg-Vor­pommern), L 33.0 m, B 9.0 m, T 1,2 m, Dépla­cement 100 t, Moto­ren­leistung 2 x 75 kW, Bat­terie ca. 1 000 kWh, Ziel-Geschwin­digkeit Fahrplan: 15 km/​h, Trag­kraft 300 Personen

8) Nach Angaben des öster­rei­chi­schen Bun­des­lands Vor­arlberg waren zum Jah­resende 2020 rund 61 600 Boote am Bodensee zuge­lassen, davon mehr als die Hälfte (38 500) mit Ver­bren­nungs­mo­toren. Es gibt noch viel zu tun, um die Modell­region «kli­ma­neu­trale Bodensee-Schiff­fahrt» zu verwirklichen.

Quellen

Zur Firma Tri­belhorn (Link)

Impressum

Text H. Amstad

Bilder 1, 2 und 1 im Textteil BSB, Bild 4 im Textteil R. Knöpfel, übrige Bilder H. Amstad

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