Das Elek­tro­schiff Insel Mainau als Start­punkt zu einer CO2-neu­tra­len Bodensee-Schifffahrt

Red­ner in Fest­laune: Das neue Pas­sa­gier­schiff der deut­schen Boden­see-Schiffs­be­triebe (BSB) wurde am Sonn­tag, 17. Juli 2022 nach zahl­rei­chen Anspra­chen auf den Namen «Insel Mainau» getauft. Statt mit dem obli­ga­ten Sekt aus einer zer­schel­len­den Fla­sche durch die anwe­sende Bet­tina Grä­fin Ber­na­dotte tauf­ten ein hal­bes Dut­zend Mini­gärt­ner das erste voll­elek­tri­sche BSB-Schiff mit Boden­see-Was­ser in blauen Giess­kan­nen. Der Schloss­her­rin der Mainau und Gast­ge­be­rin der Zere­mo­nie blieb nur noch die Mode­ra­tion und, als ver­meint­li­cher Höhe­punkt, die Bekannt­gabe des (vom Tauf­ort her wenig über­ra­schen­den) Schiff­na­mens. 198 Jahre nach der Jung­fern­fahrt des ers­ten Boden­see-Dampf­schif­fes Wil­helm, das zwi­schen Fried­richs­ha­fen und Romans­horn resp. Ror­schach ver­kehrt hat, soll der Kata­ma­ran als ers­tes Boden­see-Kurs­schiff mit Elek­tro­an­trieb5 die Insel Mainau mit dem nörd­li­chen Ufer verbinden.

Der Ver­kehrs­mi­nis­ter des Lan­des Baden-Würt­tem­berg, Win­fried Her­mann (Bünd­nis 80/​Die Grü­nen), war ebenso früh auf­ge­stan­den wie einige Gäste und Medi­en­leute, die um 10.00 Uhr auf der Insel bereit stan­den für «ein epo­cha­les Ereig­nis und eine Zei­ten­wende» (Zitat des Minis­ters): «Ich freue mich, dass mit die­sem Schiff auch auf dem Was­ser die Dekar­bo­ni­sie­rung1 vor­an­kommt. Die Boden­see-Schiffs­be­triebe zei­gen hier mit Inno­va­ti­ons­kraft, was heute mög­lich ist und in wel­che Rich­tung sich die Schiff­fahrt wei­ter­ent­wi­ckeln muss. Die­ses wich­tige Signal für mehr kli­ma­neu­trale Mobi­li­tät auf dem Boden­see unter­stüt­zen wir gerne mit unse­rer Land­strom­för­de­rung.» Aus­ser­dem flos­sen 300 000 Euro Inno­va­ti­ons­gel­der vom Bund in den ins­ge­samt 3,6 Mil­lio­nen Euro teu­ren Neubau.

Bet­tina Grä­fin Ber­na­dotte zur Fest­ge­meinde: «Wir sind begeis­tert, dass die­ser zukunfts­träch­tige Kata­ma­ran bald zwi­schen der Mainau und Unte­ruhl­din­gen ver­keh­ren wird. Es ist eine wich­tige Pio­nier­ar­beit, um die Boden­see­re­gion in Rich­tung Nach­hal­tig­keit wei­ter­zu­ent­wi­ckeln.» Tech­ni­ker und Werft­ar­bei­ter wer­den die «Insel Mainau» aber zuerst noch für sich in Anspruch neh­men. Das Schiff hat zwei Tage davor die Zulas­sung bekom­men (sodass an der Taufe sogar eine Rund­fahrt mög­lich war), braucht aber noch ein Finish «im Rah­men von 14 Tagen Arbeit», wie Pro­jekt­lei­ter Chris­toph Witte ver­lau­ten liess. Die Solar­pa­nels sind noch nicht ange­schlos­sen und auch an eini­gen Acces­soires fehlt es noch. Im kom­men­den Jahr soll die «Insel Mainau» im Drei­eck Meers­burg – Mainau – Unte­ruhl­din­gen ver­keh­ren und ab 2025 mit einem zwei­ten Elek­tro-Kata­ma­ran zusätz­lich im Gegen­gleich. Für die Geschäfts­füh­rer der BSB, Frank Weber und Nor­bert Reu­ter, ist die­ses Drei­eck tou­ris­tisch eine Perle und des­halb auch wirt­schaft­lich inter­es­sant, wes­halb es aus­ge­baut wer­den soll.

Bis 2035 kli­ma­neu­tral unterwegs

Die BSB sind ein Toch­ter­un­ter­neh­men der Stadt­werke Kon­stanz. Die Geschäfts­lei­ter der BSB, Frank Weber und Nor­bert Reu­ter, betrach­ten die Inbe­trieb­nahme des MS Insel Mainau im Kon­text ihres Unter­neh­mens­ver­bun­des als einen wei­te­ren Schritt auf dem Weg zur Kli­ma­neu­tra­li­tät. Mit dem Ersatz der Fähre Fon­taine­bleau durch einen gas­be­trie­be­nen Neu­bau seien sie wei­ter auf die­sem Kurs2. „Die­ses Tempo wol­len wir hal­ten und wei­ter stei­gern, wes­halb wir auf zusätz­li­che För­der­mög­lich­kei­ten hof­fen», so die Geschäftsführer.

Auch Uli Bur­chardt, Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt Kon­stanz, schwärmt: «Das MS Insel Mainau ist gleich­zei­tig eine schöne Ver­bin­dung der bei­den wich­tigs­ten Tou­ris­mus­un­ter­neh­men für Kon­stanz.“ Die christ­li­che See­fahrt geniesst in der Kon­zils­stadt Kon­stanz einen hohen Stel­len­wert, sodass gleich ein Pfar­rer und eine Pfar­re­rin rüh­rige Worte (bis hin zu Ver­glei­chen zwi­schen dem Boden­see und dem See Gene­za­reth) fan­den, um dem Schiff und sei­nen zukünf­ti­gen Fahr­gäs­ten den Segen zu geben.

Auf der anschlies­sen­den, knapp ein­stün­di­gen Jung­fern­fahrt zwi­schen Mainau und Unte­ruhl­din­gen führte Chris­toph Witte, tech­ni­scher Lei­ter und Mit­glied der Geschäfts­füh­rung der BSB, aus, dass es das erklär­tes Ziel sei, die Flotte der BSB bis 2035 auf umwelt­freund­li­che Antriebe umzu­stel­len. «Der Boden­see soll eine Modell­re­gion für eine kli­ma­neu­trale Zukunft der Fahr­gast­schiff­fahrt wer­den“. Damit meinte er den Aus­stieg aus fos­si­len Brenn­stof­fen für die Moto­ren. „Voll elek­tri­sche Antriebe spie­len bei der Umrüs­tung der Flotte eine Rolle, aber auch die Mög­lich­kei­ten, die Bestands­flotte – ins­be­son­dere die denk­mal­ge­schütz­ten Schiffe – mit umwelt­freund­li­chen Antrieb­sal­ter­na­ti­ven auszustatten.“

Zwi­schen den Zei­len (resp. in Zwi­schen­tö­nen) war in den vie­len Anspra­chen durch­aus auch zu ver­neh­men, dass das Pro­jekt «Arte­mis» (so der Arbeits­ti­tel des MS Insel Mainau) auch mit Tücken und Pro­ble­men zu kämp­fen hatte. So muss­ten die Kon­troll­stel­len der Schiff­fahrts­äm­ter, die eine oder andere Vor­gabe neu inter­pre­tie­ren. Und als der Kata­ma­ran nach dem Sta­pel­lauf vom 28. Juni in Fried­richs­ha­fen wie­der in die Halle zurück­musste, schlug ein Rumpf­teil Leck. Das ein­drin­gende Was­ser beschä­digte dabei rund einen Zehn­tel der Bat­te­rien (resp. deren Ver­bin­dun­gen), die dann ersetzt wer­den muss­ten. Der Sach­scha­den belief sich auf rund 100 000 Euro. Alles in allem dau­erte der Bau aber bloss neun Monate, eine Meis­ter­leis­tung, wenn man bedenkt, dass die Schiffs­werft in Stral­sund 1000 km vom Boden­see ent­fernt liegt. Der Pro­jekt­lei­ter von Ost­see­staal3, Ingo Schil­lin­ger, sagte an der Ein­wei­hung: «Wir waren mit zehn Mann in Fried­richs­ha­fen. Die Distanz war die grösste Her­aus­for­de­rung, denn ‘etwas schnell holen gehen’ ging nicht…» So wird die Werft bereits rou­ti­niert sein, wenn sie dem­nächst für den Zürich­see die drei neuen, eben­falls voll-elek­tri­schen Lim­mat­boote ablie­fert. Der Pro­to­typ schwimmt bereits zu Test­zwe­cken auf dem Zürichsee.

Vor­be­halte, aber ein Schritt in die rich­tige Richtung

Sol­che Anlässe geben auch Gele­gen­heit, sich grund­sätz­li­che Gedan­ken über die Zukunft der Schiff­fahrt zu machen. Dazu blät­tere ich etwas zurück auf das Jahr 1900. Liest man in alten Tech­nik­jour­na­len oder Repor­ta­gen über klei­nere Schiffs­be­triebe um die vor­he­rige Jahr­tau­send­wende, so kommt die heu­tige Elek­tro­boot-Dis­kus­sion einem wie ein „Déjà-vu“ vor. So wurde bei­spiels­weise auf dem Sar­ner­see bereits 1903 das dampf­be­trie­bene Schiff St. Urs auf Elek­tro­an­trieb umge­rüs­tet und erhielt den Namen „Volta“. Der 1906 erbaute Nauen wurde auf „Watt“ getauft und fuhr eben­falls elek­trisch. Das mit Strom betrie­bene Pas­sa­gier­schiff auf dem Walen­see hiess „Elec­tra“ (1895) und auf dem St.-Moritzersee ent­zück­ten ab 1903 vier Pas­sa­gier-Elek­tro­boote die Kur­gäste aus Nah und Fern. Das damals füh­rende Unter­neh­men Tri­bel­horn aus dem zür­che­ri­schen Feld­bach (ab 1912 in Alt­stet­ten unter dem Namen „Elec­tri­sche Fahr­zeuge AG) lie­ferte 26 Elek­tro­schiffe ab4.

Das Ben­zin und der Die­sel waren teuer. Die Elek­tri­zi­tät, womit jeweils die Akku­mu­la­to­ren (wie­der auf­lad­bare Bat­te­rien) auf­ge­la­den wur­den, lie­ferte nachts nahezu kos­ten­los ein klei­nes Was­ser-Kraft­werk, das zur Fabrik und zum Schiffs­be­trieb gehörte. Die Maschi­nen­leis­tung war aber in jedem Fall klei­ner als bei Ver­bren­nungs­mo­to­ren und Dampf­ma­schi­nen. Diese elek­tro­ba­sierte Tech­no­lo­gie konnte sich des­halb bei den gros­sen Schiff­fahrts­ge­sell­schaf­ten nicht durch­set­zen. Und heute?

Seit kur­zem wird die Umstel­lung auf alter­na­tive Antriebs­ar­ten moti­viert durch die Ziel­vor­gabe, den CO2-Aus­stoss, der mass­geb­lich für die Kli­ma­er­wär­mung auf unse­rem Pla­ne­ten ver­ant­wort­lich ist, zu ver­min­dern. Der Ver­kehr, ins­be­son­dere jener, der durch fos­sile Ver­bren­nungs­mo­to­ren betrie­ben wird, ist dabei der wich­tigste Ver­ur­sa­cher der CO2-Pro­ble­ma­tik. So ist es nichts ande­res als logisch, hier den Hebel als ers­tes anzu­set­zen. Ob die Elek­tri­zi­tät tat­säch­lich die ulti­ma­tive Lösung ist, wird die Zukunft zei­gen. Nam­hafte Phy­si­ker war­nen vor allzu gros­ser Eupho­rie, weil die Her­stel­lung von Bat­te­rien selbst einen sehr hohen CO2-Aus­toss ver­ur­sacht (Schwe­den-Stu­die 2017). Umwelt­ver­bände wei­sen auf die höchst schwie­rige Ent­sor­gung der einst ver­brauch­ten Bat­te­rie- und Sili­zi­um­ele­mente hin. Men­schen­rechts­af­fine Poli­ti­ker sind besorgt, unter wel­chen unmensch­li­chen Bedin­gun­gen heute in China (wovon die Solar­in­dus­trie abhän­gig ist) die Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen pro­du­ziert wer­den4.

Der poli­ti­sche Druck ist da, mit der Reduk­tion des CO2-Aus­tos­ses vor­wärts­zu­ma­chen – die Zeit drängt. Da ist es sinn­voll, auch in der Schiff­fahrt erste Schritte zu wagen. Die Shiptec Luzern setzt beim Neu- und Umbau von grös­se­ren Pas­sa­gier­schif­fen schweiz­weit schon seit eini­gen Jah­ren auf die Hybrid-Tech­no­lo­gie, die zwar die besag­ten Immis­sio­nen redu­ziert, aber nicht eli­mi­niert. Die Kun­den und die Poli­tik aber drän­gen inzwi­schen auf die voll­stän­dige Ver­ab­schie­dung von fos­si­len Ver­bren­nungs­mo­to­ren. Auch wenn in Zukunft Tech­no­lo­gien wie der Was­ser­stoff-Motor oder andere eine ins­ge­samt bes­sere Öko­bi­lanz auf­wei­sen wer­den, bleibt zum jet­zi­gen Zeit­punkt trotz aller ernst zu neh­men­den Beden­ken nur der Elek­tro­an­trieb als Alter­na­tive, zumal – im Unter­schied zu 120 Jah­ren frü­her – die Moto­ren­leis­tun­gen auch für grös­sere Schiffe inter­es­sant wer­den. So bekommt der Boden­see sein ers­tes Zwei­deck-Schiff5, das voll­stän­dig mit elek­tri­scher Ener­gie ange­trie­ben wird – ein Meilenstein.

Das neuste BSB-Schiff6 ist mit sei­ner schach­tel­för­mi­gen Aus­sen­form etwas gewohn­heits­be­dürf­tig, will aber bewusst ein neues USP der BSB signa­li­sie­ren. Es ist eine Wei­ter­ent­wick­lung des Kata­marans War­now­stro­mer, der in Ros­tock seit 2021 unter­wegs ist.

Die Mini­gärt­ner der Insel Mainau tau­fen das Schiff mit Inbrunst und Boden­see­was­ser auf den Namen „Insel Mainau“, mit­ten­drin lachend Bet­tina Bernadotte.

130 m2 Solar­pa­nel bil­den das son­nen­durch­läs­sige Dach des Ober­de­ckes und kön­nen bis zu 20 % der Strom­en­er­gie selbst pro­du­zie­ren. Das Schiff fährt den gan­zen Tag über – in der Mit­tags­pause sowie nachts wer­den die Akkus aufgeladen.

Kapi­tän Rai­ner Blu­men­stein ist mit den Fahr­ei­gen­schaf­ten des Kata­marans zufrie­den, hier beim Retour­ma­nö­ver aus dem Hafen Mainau. Auf das Schwan­ken des Schif­fes bei kleins­ten Wel­len ange­spro­chen meint er: «Es feh­len noch ein paar Ton­nen, das kommt schon gut.»

Foto fürs Fami­li­en­al­bum der Adels­fa­mi­lie Ber­na­dotte von Mainau: Hin­tere Reihe von l.n.r. BSB-Geschäfts­füh­rer Nor­bert Reu­ter (ver­deckt), Graf Björn Ber­na­dotte, dann der Bür­ger­meis­ter der Stadt Kon­stanz Karl Lan­gen­stei­ner-Schön­born, Chris­toph Witte (tech­ni­scher Lei­ter der BSB) und Uli Bur­chardt, Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt Kon­stanz. Vor­dere Reihe: Drei Mit­glie­der des BSB-Bei­rats: Alfred Reichle, Gabriele Wei­ner und Doro­thee Jacobs-Krah­nen sowie Grä­fin Bet­tina Bernadotte.

Schiffs­füh­rer Tobias Kurz und Jür­gen Marin prä­sen­tie­ren den design­mäs­sig kühl gehal­te­nen Fahr­gast­raum. Der Fahr­gast wird im vor­ge­se­he­nen «gol­de­nen Drei­eck» Meers­burg – Mainau – Unte­ruhl­din­gen nicht stun­den­lang schiff­fah­ren; diese Per­so­nen­fähre nimmt die Salon­schiffe der übri­gen BSB-Flotte des­halb nicht als Referenz.

Eines der zwei Antriebs­sys­teme, ein Wen­de­ge­triebe der öster­rei­chi­schen Firma Kräut­ler aus Lust­enau, ist ein High­tech-Pro­dukt, eben­falls mini­miert und mit einer Schraube von 70 cm Durchmesser.

Die beide Pro­jekt­lei­ter sind zufrie­den: links Ingo Schil­lin­ger von der Ost­see­staal, rechts Chris­toph Witte von der BSB.

Bil­der im Text­teil: Das Schiff vor der namens­ge­ben­den Insel; wel­ches der bei­den Schiffe Ufenau oder Uhl­din­gen nach 2025 aus­ran­giert wird, ist laut Aus­kunft der BSB heute noch offen. Unten: von der glei­chen Werft gebaut: das erste der drei neuen Lim­mat­boote auf Prä­sen­ta­ti­ons­fahrt anläss­lich der ZSG-Gene­ral­ver­samm­lung vom 27. Juni 2022.

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Hin­weise

1) Im Zusam­men­hang mit einer kli­ma­freund­li­chen, CO2-neu­tra­len und somit der Nach­hal­tig­keit ver­pflich­ten­den Wirt­schaft spielt der Begriff der Dekar­bo­ni­sie­rung eine zen­trale Rolle. Den Begriff erklärt Wiki­pe­dia so: «In ihm steckt das Wort ‚Car­bon› oder ‚Kar­bon›, das für Koh­len­stoff steht. De- oder Ent­kar­bo­ni­sie­rung bezeich­net die Abkehr vom Koh­len­stoff und damit das Sze­na­rio einer post­fos­si­len, koh­len­stoff­freien Wirt­schaft, spe­zi­ell im Ener­gie- bzw. Stromsektor.»

2) Län­ger als geplant war­ten die Stadt­werke Kon­stanz auf den Ein­satz der Flüs­sig­erd­gas (LNG)-Fähre. Diese sollte eigent­lich schon 2019 fer­tig sein, auf­grund der Insol­venz der beauf­tra­gen Werft ver­zö­gerte sich der Bau aller­dings um meh­rere Jahre. Die Fer­tig­stel­lung ist für 2023 geplant. Bis­lang sei aber unklar, wann dafür nach­hal­tig her­ge­stell­tes Bio-Flüs­sig­gas ver­wen­det wer­den kann, sagt Chris­toph Witte gegen­über den Medien. „Im Moment ist es schwie­rig, eine Pro­gnose abzu­ge­ben.“ Er ist aber über­zeugt, dass Bio­me­than zum Errei­chen der Kli­ma­ziele auf den Markt komme und dann auch für die Fähre ein­ge­setzt wer­den könne.

3) „Mit die­sem Fahr­gast­schiff zum Ein­satz auf dem Boden­see stos­sen wir im Geschäfts­feld Elek­tro-Solar-Schiffe in neue Dimen­sio­nen vor. Die Kapa­zi­tät von 300 Fahr­gäs­ten über­trifft alle bis­he­ri­gen von Ost­see­staal kon­stru­ier­ten und rea­li­sier­ten Elek­tro-Fäh­ren bzw. ‑Fahr­gast­schiffe“, äus­serte sich Tho­mas Kühm­stedt, tech­ni­scher Direk­tor der Firma Ost­see­staal, gegen­über den Medien. Laut Ingo Schil­lin­ger, zustän­di­ger Pro­jekt­lei­ter bei Ost­see­staal für den Boden­see-Kata­ma­ran, ging die Spe­zi­al­firma bei die­sem Pro­jekt neue Wege. «So han­delt es sich um einen para­me­trisch model­lier­ten Alu­mi­ni­um­rumpf. Die­ser wurde anhand nume­ri­scher Berech­nungs­punkte com­pu­ter­ge­stützt strö­mungs­op­ti­miert. Zudem wird das Ener­gie­kon­zept neue Mass­stäbe im Schiff­bau set­zen. Zum Ein­satz kom­men eine spe­zi­ell ent­wi­ckelte Steue­rungs- und Opti­mie­rungs­soft­ware, ein spe­zi­el­les Magnet­an­le­ge­sys­tem und erst­mals bifa­ziale Solar­mo­dule. Das heisst, diese Panels kön­nen Ener­gie auf der Vor­der- und Rück­seite der Solar­zel­len nut­zen.» Das Stral­sun­der Unter­neh­men hat bis­lang zehn Elek­tro-Solar­schiffe aus­ge­lie­fert, dar­un­ter mit der „Sankta Maria II“ die welt­weit erste voll­elek­tri­sche Auto­fähre für Bin­nen­ge­wäs­ser, die auf der Mosel zwi­schen Deutsch­land und Luxem­burg verkehrt.

4) Die Schiffs­scha­len stamm­ten nicht aus der Fabri­ka­tion Tri­bel­horn, son­dern von ver­schie­de­nen Boots­bau­ern am Zürich­see. Das erste Motor­boot war bestimmt für «Frau Geheim­rat Oeh­ler» und ging an den Thu­ner­see. Tri­bel­horn-ange­trie­bene Schiffe ver­kehr­ten auf dem Sarner‑, Thu­ner und St. Morit­zer­see sowie auf dem Zürich‑, Zuger- und Vier­wald­stätter­see (Ver­bin­dung Brun­nen-Treib). Die 1902 von Johann Albert Tri­bel­horn gegrün­dete Firma baute nicht nur aus­ge­reifte Sys­teme für Boote, Autos und Last­wa­gen. Tri­bel­horn war wahr­schein­lich auch der Erfin­der des Hybrid­an­trie­bes: Er ent­wi­ckelte für Schiffe ein dop­pel­tes Antriebs­sys­tem, das er „gemischt-Sys­tem Elek­tro­ben­zin“ nannte. Auf der Schrau­ben­welle sass nicht nur der Elektro‑, son­dern hin­ter ihm auch ein klei­ner Ben­zin­mo­tor, wobei sowohl die Ver­bin­dung zwi­schen den bei­den Moto­ren wie auch jene zur Schraube gelöst wer­den konnte. Bei Erho­lungs­fahr­ten summte der Elek­tro­mo­tor, für schnelle Fahr­ten kup­pelte man den Ben­zin­mo­tor ein. Aus­ser am Stand­ort des Schif­fes gab es an einem See kaum wei­tere Lade­sta­tio­nen, sodass Tri­bel­horn auch hier vor­sorgte: Durch Aus­kup­peln der Schraube konnte der Ben­zin­mo­tor im Still­stand des Schif­fes die Bat­te­rie über den als Dynamo wir­ken­den Elek­tro­mo­tor nachladen.

5) Klei­nere Solar-Fäh­ren sind auf dem Boden­see schon seit über 20 Jah­ren anzu­tref­fen. So z.B. die mit Fahr­plan ver­keh­rende Solar­fähre Rei­chenau zwi­schen Rei­chenau und Man­ne­bach, die Solar­fähre Helio in Radolf­zell (Bau­jahr 2000), oder die “Sole­mio“ in Kon­stanz (vor­mals Fähr­ver­bin­dung Kreuz­lin­gen – Konstanz).

6) Der an der Feier eben­falls anwe­sende For­scher und Phy­si­ker Flo­rian Buch­holz vom ISC (Inter­na­tio­nal Solar Energy Rese­arch Cen­ter Kon­stanz, das an der Ent­wick­lung des Schif­fes betei­ligt war) meint gegen­über der Schiffs-Agen­tur: „Die Ant­wort auf diese Her­aus­for­de­run­gen kann nur lau­ten: Kreis­lauf­wirt­schaft. Der wirt­schaft­li­che Anreiz muss so gross sein, dass wir die Roh­stoffe nicht mehr ein­fach ent­sor­gen, son­dern immer wie­der ver­wen­den.“ Zum Thema Son­nen­en­er­gie und Schiff­fahrt ist er der Über­zeu­gung, dass das Trans­port­mit­tel Schiff, das geeig­netste Ver­kehrs­mit­tel dar­stellt, die Son­n­ener­gie opti­mal zu nut­zen: „Schiffe haben viel grös­sere Flä­chen zur Ver­fü­gung als z.B. Autos und der Was­ser­wi­der­stand ist der Länge des Schif­fes ange­passt, beim Vor­wärts­kom­men sehr gering und somit energiesparend.“

7) Tech­ni­sche Daten MS Insel Mainau: Werft (Design, Engi­nee­ring und Bau) Ost­see­staal Stral­sund (Meck­len­burg-Vor­pom­mern), L 33.0 m, B 9.0 m, T 1,2 m, Dépla­ce­ment 100 t, Moto­ren­leis­tung 2 x 75 kW, Bat­te­rie ca. 1 000 kWh, Ziel-Geschwin­dig­keit Fahr­plan: 15 km/​h, Trag­kraft 300 Personen

8) Nach Anga­ben des öster­rei­chi­schen Bun­des­lands Vor­arl­berg waren zum Jah­res­ende 2020 rund 61 600 Boote am Boden­see zuge­las­sen, davon mehr als die Hälfte (38 500) mit Ver­bren­nungs­mo­to­ren. Es gibt noch viel zu tun, um die Modell­re­gion «kli­ma­neu­trale Boden­see-Schiff­fahrt» zu verwirklichen.

Quel­len

Zur Firma Tri­bel­horn (Link)

Impres­sum

Text H. Amstad

Bil­der 1, 2 und 1 im Text­teil BSB, Bild 4 im Text­teil R. Knöp­fel, übrige Bil­der H. Amstad

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