Der Krise zum Trotz: (Erleb­nis-) Kreuz­fahrt Basel – Rhein­fel­den in drei Tagen

In der Not frisst der Teu­fel Flie­gen“, heisst ein Sprich­wort und meint damit, dass manch­mal Umstände dazu zwin­gen, mit Wenig glück­lich und zufrie­den zu sein. Als ein­zi­ges mir bekann­tes Hotel­schiff legte die „Swiss Ruby“ am 4. März 2021 tou­ris­tisch die „Lei­nen los“ und kurvte mit ver­gnüg­ten Fahr­gäs­ten auf dem Schwei­zer Rhein zuerst zwi­schen den Schleu­sen Kembs (nörd­lich von Basel) und Birs­fel­den, spä­ter zwi­schen Kembs und Rhein­fel­den – immer­hin zwi­schen den Kan­to­nen Basel und Aar­gau mit Blick auf Frank­reich und Deutsch­land – hin und her.

In Deutsch­land zum Bei­spiel sind zur­zeit Fluss­kreuz­fahr­ten nur mög­lich im Busi­ness-Bereich (Semi­nare, Kon­fe­ren­zen etc), tou­ris­tisch sind sie strikte ver­bo­ten. Auch wenn ich (immer mehr) Mühe habe, die Mass­nah­men des Bun­des­ra­tes rund um die Corona-Geschichte als plau­si­bel zu erken­nen, genies­sen wir zur­zeit in der Schweiz weit mehr Frei­hei­ten als all unsere Nach­bar­län­der. Dies machen der inno­va­tive Rei­se­an­bie­ter Thurgau­Tra­vel und die Ree­de­rei Scylla zu Nutze und emp­fan­gen wie bereits nach dem ers­ten Shut­down im Früh­jahr 2020 auch in die­sem Jahr wie­der als erste Anbie­ter Rei­se­freu­dige für Mini-Kreuzfahrten.

Nach der Ein­schif­fung in Basel Klein­hü­nin­gen (direkt neben den noch im Win­ter­schlaf befind­li­chen BPG-Schif­fen) ver­lässt die «Swiss Ruby» das «Fest­land» für eine mehr­stün­dige Schleu­sen­fahrt nach Rhein­fel­den**. Die Sonne im Rücken prä­sen­tiert sich das abend­li­che Basel im bes­ten Licht und der Rücken­wind aus Wes­ten lässt den Apéro trotz April-Tem­pe­ra­tu­ren auf dem Ober­deck genies­sen. Die Stim­mung der 32 Gäste* ist dank­bar, auch jene der 20 Crew-Mit­glie­der: «Wir sind so glück­lich, kön­nen wir wie­der arbei­ten», bestä­tigt die Hotel­ma­na­ge­rin. „Wir sind froh, dass wir hier in der Schweiz nun end­lich wie­der mit einer klei­nen Kurz­reise star­ten kön­nen. Die posi­tive Reso­nanz am Markt bestä­tigt uns darin, dass es abso­lut rich­tig war, krea­tiv zu wer­den und nach so lan­gem Still­stand mit die­sen Kurz­trips zu star­ten“, sagt Arno Reit­sma, CEO der Scylla gegen­über den Medien.

Wäh­rend des mehr­gän­gi­gen Abend­essens, bei auf der Steu­er­bord­seite die Indus­trie­hä­fen von Augst und auf der deut­schen (Back­bord-) Seite natur­nahe Ufer vor­bei­glei­ten, beginnt die «heure bleue», wie der Fran­zose der mys­ti­schen Abend-Däm­me­rung sagt. Der Was­ser­stad ist tief. «Ein biss­chen Regen oder Wärme für die Schnee­schmelze wären jetzt ideal», erklärt Tho­mas Schwei­zer, der 2. Kapi­tän und zugleich der Bas­ler Lotse – ein sol­cher ist an meh­re­ren Abschnit­ten auf die­ser Rhein­stre­cke vor­ge­schrie­ben. Die Ein­fahrt in Rhein­fel­den, zwi­schen dem Inseli Stein und dem schwei­ze­ri­schen Rhein­fel­den in einem Sei­ten­arm des Rheins gele­gen, ist nicht sehr tief. Der hol­län­di­sche Kapi­tän Phil­ipp Wen­nig posi­tio­niert zuerst den Bug des 85 m lan­gen Schif­fes zum Stadt­ufer und zieht die­sen dann ent­lang der Anle­ge­stelle fluss­auf­wärts, wäh­rend das Heck sich noch in der Fahr­rinne befin­det. Die «Swiss Ruby» hat grad just Platz an der BPG-Ländte. Erfreu­lich: sowohl in Basel wie hier kommt das Schiff an Land­strom. Das bedeu­tet zwar mit dem Aus­le­gen von fünf Kabeln der Stark­strom­pha­sen viel Arbeit für die Matro­sen, dafür dan­ken Klima, Anwoh­ner der Städte und wir Fahr­gäste, wenn wäh­rend der gan­zen Nacht die Gene­ra­to­ren ruhen.

In Rhein­fel­den getauft

Auch die Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner von Rhein­fel­den haben ihre Freude am Besuch eines Kreuz­fahrt­schif­fes, nicht wie anderswo, wo bekannt­lich diese Art von Tou­ris­mus nicht immer auf Beliebt­heit stösst. Mehr als ein­mal wer­den wir im Ort freund­lich ange­spro­chen und mit Tipps und guten Rat­schlä­gen beglückt. Ein Auto­mo­bi­list stoppt sei­nen Wagen und erklärt spon­tan, wo das Rat­haus stehe mit der Tou­ris­ten­in­for­ma­tion. Jemand anders gibt uns den Tipp, am deut­schen Ufer zum Kraft­werk Rhein­fel­den zu wan­dern und am Schwei­zer Ufer zurück. Die Frau aus dem deut­schen Rhein­fel­den spa­ziert dabei grad über die Stein­brü­cke in die Schweiz «in die Biblio­thek», wie sie uns sagt, «die betrei­ben beide Städte näm­lich gemein­sam.». Die «Swiss Ruby» öff­net im Gegen­zug das Son­nen­deck für alle Gäste. Ich beob­achte, dass dies rege benutzt und geschätzt wird, für mich eine wohl­tu­ende Neu­aus­rich­tung zum sonst übli­chen Täfeli «pri­vate ship» und «Betre­ten verboten».

Obwohl auf bei­den Sei­ten der Brü­cke der Zoll oder die Poli­zei prä­sent sind, herrscht ein reger und unbe­hel­lig­ter Fuss­gän­ger­ver­kehr zwi­schen den bei­den Län­dern, so dass wir es wagen, den Tipp der zwei­stün­di­gen Wan­de­rung umzu­set­zen. Es lohnt sich. Eine Ein­hei­mi­sche klärt uns unter­wegs auf: «Hier stand bis 2011 das schönste Was­ser­kraft­werk der Welt; uns Rhein­feld­ner blu­tet heute noch das Herz». Wir kön­nen das beim Betrach­ten der am Ufer gezeig­ten Bil­der gut ver­ste­hen. Das Aar­gauer Rhein­städt­chen, Preis­trä­ger des Wak­ker­prei­ses 2016, bie­tet für unse­ren Tages-Auf­ent­halt über­ra­schend vie­les: Fuss­gän­ger­zone, das Frick­ta­ler Museum, natür­lich die Braue­rei Feld­schlöss­chen, Sole­bä­der, Spa und Well­ness (zur­zeit aller­dings lei­der geschlossen).

Für die «Swiss Ruby» war es nach fast 19 Jahre ein fro­hes Wie­der­se­hen in Rhein­fel­den. Schliess­lich wurde das Schiff hier am 12. April 2002 durch die Prin­zes­sin Maja von Hohen­zol­lern aus Dres­den getauft. Daniel Thi­riet (VR-Prä­si­dent der BPG und ex-Scylla-Geschäfts­füh­rer, heute Geschäfts­füh­rer der Sea Chef Hol­ding): «Es kam sehr sel­ten vor, dass Rhein­fel­den mit Fluss­kreuz­fahrt-Schif­fen ange­fah­ren wurde. Ich schätze, dass es in den letz­ten 20 Jah­ren fünf Anfahr­ten gab». So war auch schon die «Sans­souci» hier gesich­tet wor­den. Ich stieg im Dezem­ber 2007 für eine Kurz­reise nach Stras­bourg im aar­gaui­schen Städt­chen ein; wegen Hoch­was­ser ging dann die Rück­fahrt nur noch bis Birs­fel­den. Es war die die «Johan­nes Brahms».

Geeig­ne­tes Schiff zum Wohlfühlen

Das bald 20-jäh­rige Schiff ist vom Stil her den Deil­mann-Schif­fen nach­emp­fun­den und ist auch gleich alt. Nicht ganz so edel mate­ria­li­siert wie bei MS Cho­pin & Co. und zum Teil mit etwas über­trie­be­nem Nau­tik-Look (z.B. Lam­pen) über­rascht das Schiff aber mit vie­len aus­ge­klü­gel­ten Details wie begeh­ba­ren Wand­schrän­ken in der Kabine, schö­nen Spie­le­reien mit Spie­geln, die die beschränkte Abmes­sung des Schif­fes auf­lo­ckern, mit hel­len Holz­de­cken und gros­sen Fens­tern im Spei­se­sa­lon, die trotz dem Unter­deck wäh­rend des Essens den Blick nach aus­sen ermöglichen.

Obwohl die letzte Reno­va­tion 10 Jahre zurück­liegt, wirkt das Schiff gepflegt. Mit bloss 1,2 m Tief­gang und 10,6 m Breite ist die «Swiss Ruby» sehr viel­sei­tig ein­setz­bar. Phil­ipp Wen­nig, bereits 2002 bis 2006 Pio­nier­ka­pi­tän auf dem Schiff: «Ursprüng­lich ist es ab Ber­lin für das nord­deut­schen Fluss- und Kanal­sys­tem gebaut wor­den». Zwi­schen 2017 und 2020 stand die «Swiss Ruby» auch auf der Seine in Frank­reich im Ein­satz. «Die ‹Swiss Ruby› ist 2021 für Glo­ba­lis im Ein­satz, inso­fern Rei­sen wie­der durch­ge­führt wer­den kön­nen. Geplante Abfahrts­hä­fen sind unter ande­rem Müns­ter und Ham­burg», gibt sich Patrick Ell, Mar­ke­ting­chef von Scylla, hoffnungsvoll.

Mit 44 Kabi­nen eines der klei­ne­ren Ein­hei­ten der 35 Schiffe umfas­sen­den Scylla-Flotte

Die „Swiss Ruby“ liegt in der Schleuse Birs­fel­den mit Blick zurück auf die Sky­line von Basel, wo die höchs­ten Gebäude der Schweiz, die 178 m hohen Roche-Türme, bis weit über die Stadt­grenze hin­aus sicht­bar sind.

Lotse und Kapi­tän Tho­mas Schwei­zer (links) sowie Haupt­ka­pi­tän Phil­lip Wen­nig sind her­vor­ra­gende Gast­ge­ber und geben wie hier in der Schleuse von Birs­fel­den gerne Auskunft.

Mit wenig Platz viel her­aus­ge­holt: Das Trep­pen­haus zeigt den Cha­rak­ter der Schiffs­ar­chi­tek­tur von MS Swiss Ruby.

Ziel erreicht: die „Swiss Ruby“ passt in die Schiffländte Rhein­fel­den wie angegossen.

Die Son­n­en­ter­asse war wäh­rend der Lie­ge­zeit in Rhein­fel­den und in Basel für jeder­mann offen, um sich einen Drink, Kaf­fee oder Imbiss zu gönnen.

Fas­zi­nie­ren­des Rhein­fel­den, vom Inseli aus betrach­tet – lei­der End­sta­tion für die Gross-Schifffahrt

Bil­der im Text­teil: 1) Die „Swiss Ruby“ fährt der mitt­le­ren Brü­cke zu, der schöns­ten aller Bas­ler Über­gänge / der Rhein ein­mal anders: Stim­mungs­bild zwi­schen Rhein­fel­den und dem Kraft­werk / Warm und trotz­dem hell, ver­spielt und trotz­dem nicht über­la­den – das MS Swiss Ruby ist gut eingerichtet.

Durch Klick aufs Bild erscheint die­ses im Grossformat.

Am Schluss des Blogs ist Ihr Kom­men­tar willkommen.

Hin­weise

*) Die maxi­male Bele­gung der 44 Kabi­nen beträgt 88 Pas­sa­giere. Zur­zeit wäre eine Aus­las­tung von 60 % erlaubt (52). 25 Crew­mit­glie­der wären es bei Voll­be­set­zung. Die tech­ni­schen Daten der „Swiss Ruby“ lau­ten aus­ser­dem: Eig­ner: RSR Schiff­fahrt AG Basel, Ree­de­rei: Scylla AG Baar, Anbie­ter: Thurgau­Tra­vel und Viva-Cruise, Flagge: Schweiz, 85.00 L, 10.60 B, 1,1 bis 1,6 m T (je nach Bela­dungs­grad), Bau­jahr 202. Werft De Hopp + Da-Capo, 2 x 1030 kW.

**) Die­ser unab­hän­gige Bericht ist keine Public-Repor­tage; der Autor zahlte den übli­chen Preis.

Das Schiff fährt ab dem 28. April regel­mäs­sig nach Rhein­fel­den, letzt­mal am 20.05./22.05./24.05./26.05./28.05.2021

Wei­ter im Text

Zum Thema Corona-Zeit und Fluss­kreuz­fahrt-Schiff­fahrt der Bericht «Durch das tech­ni­sche Meis­ter­werk Main-Donau-Kanal: Fluss­fahr­ten in Covid-19-Zei­ten» Link

Impres­sum

Text und Bil­der H. Amstad

Bewer­tung abgeben 🙂

[ratings]

Archi­vie­rung

Zum Archi­vie­ren oder Aus­dru­cken die­ses Medi­en­be­rich­tes akti­vie­ren Sie das Icon. Bevor Sie das PDF sichern, dru­cken oder able­gen emp­feh­len wir, zur opti­ma­len Dar­stel­lung, die Aus­rich­tung Quer­for­mat in der Grösse 80 %. Geeig­nete Brow­ser sind Fire­fox, Mozilla, Google Chrome. (Bei ande­ren Brow­sern könn­ten die Bil­der zer­schnit­ten werden.)