Die «Casanova» auf Pen­delkurs Saar­brücken – Stuttgart.

Peter Deilmann war Ende des vorigen Jahr­hun­derts ein erfolg­reicher Reeder und eine Zeit lang mit über 30 000 Fahr­gästen der Bran­chen­leader. Ihm gehörten nebst dem ZDF-bekannten „Traum­schiff“ Deutschland und dem Gross­segler Lili Marleen 11 Fluss­kreuz­fahrt­schiffe* im obersten Preis­segment, unter anderem auch das Grand­ho­tel­schiff Mozart auf der Donau, 1993 über­nommen von der DDSG Wien. Nach seinem Tod im November 2003 hatte die nächste Gene­ration kein unter­neh­me­ri­sches Glück. Nebst der trau­rigen Insolvenz der Ree­derei Deilmann im Jahre 2009 kamen straf­recht­liche Unter­su­chungen dazu in Bezug auf Steu­er­hin­ter­ziehung und Ver­letzung des Arbeits­rechtes. Bereits vorher wurden drei Fluss­kreuz­fahrt­schiffe ver­kauft, die rest­lichen sieben löste das Basler Unter­nehmen River Advice aus der Konkursmasse.

Der Rei­se­ver­an­stalter Nicko Tours nahm in der Folge die vier Deilmann-Schiffe Katharina von Bora, Fre­deric Chopin, Casanova und Hei­delberg in Voll­charter. Dadurch wurde eine Reise mit einem dieser Schiffe auch für mich zahlbar. Der Service war nicht mehr jener von Deilmann, aber die Schiffe büssten nichts von ihrem Charme ein. Mein Ziel war nun eine Fahrt mit der „Casanova“ quer durch Deutschland, von Saar­brücken nach Stuttgart**. Mein Rei­se­be­gleiter meinte zum Schiff: „Das sieht ja aus wie ein Frachter; vom äus­seren Bild her hätte ich dieses Schiff nie gewählt.“ Aussen nix, innen fix, das Sprichwort gilt hier umge­kehrt. „Innen ist das Schiff mit so viel Holz, Keramik, Messing und Marmor sehr edel,“ schiebt er nach dem ersten Tag nach. Die Raum­ein­teilung ist kon­ven­tionell aber sehr zweck­mässig, die Raum­ka­binen wirken trotz den 12 m² grosszügig.

Die Saar.

Bis nach Saar­brücken fahren nur wenige Fluss­kreuz­fahrt­schiffe und deshalb ist der Steg am Volkspark in unmit­tel­barer Nähe des Bahn­hofes selten belegt. Die ehe­malige Koh­len­me­tropole im west­lichen Zipfel von Deutschland gelegen, befindet sich nahe an der Grenze zu Luxemburg und Frank­reich und ist von Basel aus mit dem Zug in vier Stunden mit Umsteigen in Mannheim zu erreichen. 1974 wurde begonnen, die Saar für die Schiff­fahrt aus­zu­bauen: 1987 erfolgte die Eröffnung der Teil­strecke Konz – Dil­lingen, 1994 die Eröffnung der Teil­strecke Dil­lingen – Lisdorf und erst 1999 kam die Schleuse Saar­brücken in Betrieb. 2001 war der Abschluss des Stre­cken­ausbaus. 6 Schleusen über­winden seither eine Höhe von 55 Metern bis zur Mündung in die Mosel. Nach dem idyl­li­schen Über­nach­tungsort bei Merzig fuhren wir nach dem Son­nen­aufgang am zweiten Tag in die berühmte Saar­schleife, wo unsere Reise wie jene der Donau von Schlögen eine Wende von 180 Grad nimmt. Ein opti­sches Highlight.

Die Mosel.

Auf dem stark mäan­drierten Rhein­ne­ben­fluss Mosel ver­kehren grosse Fracht- und Pas­sa­gier­schiffe, wie sie auch auf dem Rhein anzu­treffen sind. Dieser bereits zur Römerzeit bedeu­tungs­volle Fluss wurde 1958 bis 1964 zur soge­nannten Gross­schiff­fahrts­strasse aus­gebaut, ins­be­sondere mit 10 ent­spre­chenden Schleusen. In Trier steht eine Brücke aus dem Jahr 16 vor Christi, die bis 56 nach Christi zwei Mal erweitert wurde, bis heute steht und den ganzen Stras­sen­verkehr erträgt.

Vom Wasser aus wirken die ter­ras­sierten Wein­lagen, die dichten Wälder und die mit­tel­al­ter­lichen Dörfer wie auf einer Gross­leinwand im Imax, nur mit dem Unter­schied, dass wir vor­bei­ziehen und die pit­to­resken Bilder an Ort bleiben. Die Mosel ist mit 40 Schiffs­an­le­ge­stellen tou­ris­tisch auch vom Wasser her bestens erschlossen. Bran­chen­leader sind die Gebr. Kolb mit 18 Tages­au­flugs-Schiffen und einem ansehn­lichen Fahrplan zwi­schen Reis-Karden und Trier. Aus­serdem erschliessen die KD, die Mosel-Schiffs-Tou­ristik und andere Anbieter Teil­strecken der Mosel. Anhaltend schönes Wetter ermög­lichte eine grosse Foto­aus­beute, zusammen mit den reiz­vollen Städtchen, die sich wie Perlen an einer (Fluss-) Schnur anein­ander reihen. Deshalb erscheint aus­nahms­weise das (B)Logbuch in zwei Teilen (Link).

Die „Casanova“ 2001 in Tan­ger­münde erbaut, fasst 96 Pas­sa­giere und hat 27 Besat­zungs­mit­glieder, 103,5 m lang, 9,70 m breit, 2 Schot­tel­an­trieb zu je 700 PS.

Bald nach der Abfahrt streift die „Casanova“ das UNESCO-Welt­kul­turerbe der Völk­linger Hütte, ein 1873 gegrün­detes ehe­ma­liges Eisenwerk in der saar­län­di­schen Stadt Völk­lingen, seit 1986 stillgelegt.

Die Saar in ihrer vollen Schönheit, im Mor­gen­licht des 2. Rei­se­tages, wo Gegen­verkehr für span­nende Kreu­zungs­ma­növer sorgt.

Auf der engen Saar gleitet die Land­schaft vorbei, als ob es gar kein Wasser bräuchte (Blick auf Saarburg).

In der 2. Nacht legen wir in Bern­kastel an, die Mosel ist erreicht.

Intensive Bilder ergeben sich im Mos­eltal, gesäumt mit zahl­reichen Weinbergen.

Der Blick ins Steu­erhaus verrät, dass sich in 15 Jahren vieles ver­ändert hat im Schiffbau.

Durch Klick aufs Bild erscheint dieses im Grossformat.

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Hin­weise

*) Die damalige Deilmann-Fluss­flotte: 1983 Donau­prin­zessin (Verkauf 2006, heute MS Rossini) / 1991 Prin­zessin von Preussen (V 2008, heute „Prin­zessin Katharina“) / 1992 Prin­cesse de Pro­vence (V 2008) / 1993 Dresden (V 2008, heute „River Allegro“) / 1993 Mozart (Bau 1987 DDSG, V 2009) / 1997 König­stein (2009) / 1999 Katharina von Bora (V 2009) / 1999 Cézanne (V 2009) / 2001 Casanova (V 2009) / 2002 Fré­déric Chopin (V 2009) / 2004 Hei­delberg (V 2009).

**) Mit der «Casanova» waren wir unterwegs …auf der Saar 87 km (Total­länge 235 km, davon sind 104 km schiffbar), …auf der Mosel 201 km (544 km total, 270 km schiffbar), …auf dem Rhein 165 km (1233 km total, 1036 km ab Kon­stanz, 883 km schiffbar), …auf dem Neckar 183 km (367 km total, 203 km schiffbar).

Quellen

Bild 1 R. Bosshart,

Text und übrige Bilder H. Amstad.

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