Erstmalige Passagierfahrt mit dem Elbe-Raddampfer Dresden von Lauenburg nach Meissen
Der alternative Titel dieser Reiseimpressionen könnte lauten: „Mit der ‚Dresden‘ von Hamburg nach Dresden – ein einmaliges Erlebnis“. Doch diese Schlagzeile bedürfte mehrerer Präzisierungen. Von Hamburg aus genossen nämlich die 118 Fahrgäste1 zuerst den Raddampfer Kaiser Wilhelm bis Lauenburg (Stromkilometer 570 2). Denn der PD Dresden (ich verwende im Bericht den Sächsischen Begriff „Personendampfer“ anstelle der hiesigen Gepflogenheiten von DS) hat die Elbezulassung nur bis zum Elbeseitenkanal, etwa zwei Stromkilometer unterhalb von Lauenburg3. Die zweite Korrektur dieser Schlagzeile betrifft das Ziel Dresden. Ein stationärer Tiefdruck-Komplex mit der gefürchteten B5-Wetterlage über Osteuropa bescherte in Tschechien starken Regen (und uns auch noch kalte Temperaturen), so dass wir grosses Glück hatten, wegen dem Hochwasser überhaupt noch bis nach Meissen fahren zu können. Ab dem 17. April steckte die „Dresden“ dann für 10 Tage in Meissen fest4. Die damals aktuelle Hochwassermarke der Stufe 1 von 4.40 m (gemessen in Dresden5) musste zuerst unter die Marke 3.40 fallen, damit an eine Weiterfahrt in den Heimathafen zu denken war.
Die dritte Präzisierung der Titelalternative betrifft das Wort „einmalig“. Nun ja, einmalig war unsere Fahrt zwischen dem 10. und 17. April 2023 alleweil. Doch im historischen Kontext stimmt der Begriff nicht. Denn die „Dresden“ fuhr auf Einladung der Hansestadt Hamburg anlässlich der 900-Jahr-Feier 1989, ein halbes Jahr vor der Wende, auch schon nach Hamburg, allerdings ohne Passagiere. Dazu später mehr.
Würdevoller Empfang in Lauenburg
Der Raddampfer Kaiser Wilhelm mit dem stolzen Jahrgang 1900 fährt am Ostermontag elbaufwärts bis nach Bleckede und Hitzacker der „Dresden“ entgegen, um den würdigen Empfang des SDS-Dampfers in Lauenburg gebührend zu unterstreichen. In der Tat ist die südlichste Stadt des Landes Schleswig-Holstein ganz aus dem Häuschen. Die Musik spielt auf und die Schifferbrüderschaft6 sowie zahlreche Schaulustige bereiten der «Dresden» einen «grossen Bahnhof». Wann legten das letzte Mal in der Schiffbaustadt (Hitzler-Werft) zwei Raddampfer an der Reede? Der Leiter des Elbschifffahrtsarchivs Lauenburg, Werner Hinsch, weiss es: «1960, als die beiden letzten Lauenburger Dampfer Hugo Basedow und Stadt Lauenburg noch fahrplanmässig verkehrten. Das erste Schiff wurde 1960 verkauft, das zweite ein Jahr später, ebenfalls nach Holland.»
Die talfahrenden Gäste, die am Hohen Donnerstag (Gründonnerstag, 6. April 2023) von Dresden aus gestartet sind, geniessen die «letzte Meile» der Dampferstrecke nach Hamburg über die Süder- und Norderelbe mit der «Kaiser Wilhelm» bis zur ehemaligen innerdeutschen Zollstation Hamburg Entenwerder. Nach sechs Tagen heisst es hier für diese Gästegruppe «Tschüss» zu sagen. Eine Stunde später ist der Dampfer bereit für die zweite, sprich unsere Reisegruppe, die nun sieben Tage lang per Dampfer Elbe aufwärts schippert.
Nach einem Wendemanöver kommandiert Kapitän Markus Reich den fahrenden Museumsdampfer den umgekehrten Hafenrundfahrtsweg und peilt zur Freude der anwesenden Schiffsfans als Erstes den Hansahafen an, wo auf der Rückseite des Deutschen Hafenmuseums unter anderem auch die «Schaarhörn» liegt. Dieser elegante Schraubendampfer fährt seit zwei Jahren nicht mehr und wartet hier mit einem defekten Kessel auf das weitere Schicksal. Dann geht es an der Elbphilharmonie vorbei, den Landungsbrücken, dem Fischmarkt. Soeben läuft die «Aida» aus und gleichzeitig kommt am nahen Horizont eine massive Gewitterfront auf uns zu. Auf Wellen, Gischt und Windböen reagiert der Kapitän gelassen und die «Kaiser» elastisch. Auf der Süderelbe war ich zuvor noch nie: hier finden noch viele klassische Hafenaktivitäten statt. Der peitschende Regen vermasselte dieses nautische Erlebnis etwas.
Eine Pionierfahrt
Der Reisetag von Lauenburg bis Wittenberge stellt mit 10,5 Stunden Fahrdauer nonstop für mich fast einen Tagesrekord auf einem (gleichen) Raddampfer dar7. Gleich von Beginn an fühlen wir uns in sicheren Händen von SDS-Profis: «Dresden»-Kapitän Andreas Weber und der «Leipzig»-Kapitän Lutz Peschel sowie die übrige Crew sind ausserordentlich kundenfreundlich und meistern sicher die nautischen Herausforderungen dieser Fahrt. Solche hat es in der Tat gegeben: bei der Talfahrt hat das Schiff bei der Brücke Dessau 5 cm Spielraum nach oben, in Tangermünde passt die Ausladung nicht zum Ponton – auf der Bergfahrt fahren sie dann rückwärts in den Hafen und es passt – und schliesslich gilt es, dem gröbsten Schwemmgut (in Form von ganzen Baumstämmen) am letzten Reisetag auszuweichen, um Schäden am Schaufelrad zu vermeiden. Rückblickend stellt Andreas Weber zufrieden stellt: «Für die Mannschaft waren es durchaus anstrengende und herausfordernde, aber auch spannende sowie unvergessliche 11 Tage. Wir erlebten sehr emotionale und schöne Momente.»
Natürlich war es auch in der Vergangenheit denkbar gewesen, mit Schaufelraddampfer und Passagieren von Dresden nach Hamburg zu fahren, doch sprachen bislang immer zahlreiche Gründe dagegen: Eignet sich ein Tagesausflugsschiff für eine solche Mehrtagesreise? Wie wird die komplexe Logistik betreffend Unterkünfte, Koffertransporte, Versorgung, Nachschub von Nahrung und Betriebsstoffe gelöst? Kapitän Weber: «Da brauchte es jemanden mit viel Mut, um das anzugehen, und eine Leitungsebene mit der Bereitschaft für Neues.»
Michael Hillman: «Wieder auf Kurs»
Dieser «Jemand» heisst Michael Hillmann, der von seiner Art her für solche «Abenteuer» die notwendige Expertise mitbringt: Organisation und Management sind dem gelernten Wirtschaftsingenieur und langjährigen Spitzenfunktionär im Fussball-Landesverband Brandenburg ebenso bekannt wie Empathie zu Mitmenschen und Liebe zu Dampfschiffen. Heute arbeitet er als selbständiger Unternehmer, Redner und Publizist im Personal- und Businesscoaching. Zu seiner heutigen Tätigkeit reflektiert er: «Lotse sein, wenn es durch unbekannte (Lebens-) Gewässer geht, den Weg ausleuchten, wenn es dunkel geworden ist, ‘Wieder auf Kurs’ zu gelangen, dies beschreibt meine Mission, die nicht besser zu mir, dem Dampferfan, passen könnte.» Dies strahlt auch auf unserer Reise aus; es ist ihm wichtig, dass sich die Gäste wohl fühlen und gut begleitet werden. «Das Konzept hat sich bewährt, die Gäste sind zufrieden und so bin ich es dann auch,» resümiert Hillmann die Bilanz. Nach dem Erfolg dieser Reise, kann sich Michael Hillmann vorstellen, den Beruf zu wechseln? «Nein, ich werde weiterhin vor allem Coach und Berater bleiben und jeweils ein Mal im Jahr eine besondere Dampferfahrt organisieren. Im 2024 geht’s mit dem PD Meissen in Kooperation mit der SDS auf eine Dreitages-Fahrt von Dresden zum tschechischen Litomerice und zurück. 2025 wollen wir wieder eine Hamburg-Fahrt veranstalten»
An den meisten Tagen unserer Wochenfahrt war es oft nass, windig und für diese Jahreszeit kalt – eine Angelegenheit für Hardcore-Dampferfreunde. So zog es unsere 10-er-Schweizer Gruppe immer wieder in unsere wohlig geheizte «Stube» in Form der gemütlichen Heck-Kajüte mit überraschend schönen Ausblicken aufs Wasser und Ufer zurück. Fachkundige Reiseinformationen aus dem Munde von Anne Liebscher, verantwortlich für die Moderation und Reiseleitung sowie die linke Hand des Organisators Michael Hillmann, gaben uns Orientierung.
Trotz allgegenwertiger Nässe war die Stimmung an Bord ausgezeichnet. Das rührige Team um Hillmann hatte für solche Fälle einige Überraschungen parat: Ein Schachmeister sorgte für lehrreiche Unterhaltung, ein ganzes Bordorchester mit fünf Mann animierte Fahrgäste im gesetzteren Alter das Tanzbein zu schwingen, historische Filme über Elbe und Schifffahrt sorgten für grosses Interesse, nautische Fragestunden mit den altehrwürdigen Elbschiffern Herbert Winkler und Günter Leinweber zogen die Zuhörer/innen in den Bann.
Für eine Überraschung sorgte Lutz Peschel (Titularkapitän PD Leipzig mit dem (aus seiner Privatsammlung stammenden) Film «Mit dem Seitenraddampfer ‘Dresden’ von Elbflorenz nach Hamburg». Der stündige DDR-Film aus dem Jahr 1989 ist zwar aus heutiger Sicht aus der Zeit gefallen und propagandistisch. Es braucht streckenweise meditative Geduld beim Betrachten, es ist aber ein einmaliges Dokument und dokumentiert sequenzweise das Innenleben des damals noch mit Kohle gefeuerten Dampfers Dresden. Der Film «befeuert» (auch) die unter Fachkreisen heiss diskutierte Frage, ob nun 1989 die «Dresden» aus eigener Kraft ab der Staustufe Geeshacht auf der Tideelbe bis Hamburg gefahren ist oder ob der Dampfer bugsiert oder geschleppt wurde. Im Film selbst sind zweifelsfrei weder Schlepper noch Bugsierer zu sehen, während der Raddampfer in der Nähe der Landungsbrücken in Hamburg einfährt8.
Technik und Natur im Einklang
In der Maschine geniesst auch Enrico Kiessling (Titularmaschinist der «Dresden») in Begleitung mit dem Krippen-Maschinisten Frank Hempel die geruhsame Fahrt9. Die Maschine läuft «wie ein Örgeli», geräuschlos und ohne Klopfen, auf unserer Bergfahrt im Schnitt 8.5 Stunden nonstop und wegen dem Hochwasser oft unter Volllast. Nicht einmal ein Schmierhalt ist der schrägliegenden Zweizylinder-Dampfmaschine gegönnt. Das Schiff mit dem Jahrgang 1926 hat zwei Schmiersysteme: eine Zentralschmierung (Sumpfschmierung) für die Ventilsteuerung der Bauart Lenz und für die beweglichen Teile um den Zylinder herum. Und eine Tropfschmierung in den Gläschen für die Kurbelwelle – eine geniale Kombination, die es ermöglicht, auf eine Einhausung der Pleuelstangen trotz Sumpfschmierung zu verzichten und dank der Sumpfschmierung auf die Schmierhalte zu verzichten.
Die Meteorologen haben es vorausgesagt, doch meine Hoffnung war, dass sie sich irren. Zu Beginn der Reise waren vier Tiefdruckgebiete vom Mittelmeer bis Island verteilt und sorgten dazwischen immerhin an zwei Tagen für je zwei Stunden Sonne. Diese Zyklonen fanden sich dann zusammen und bildeten einen umfangreichen Tiefdruckkomplex über Osteuropa, ganz in der Nähe unseres Fahrgebietes. Der Wasserpegel war bereits in Lauenburg 1,1 m über dem Normalstand (4.30) und blieb lange hoch, aber stabil. Die Pegelprognose der Tschechen aber zeigte steil nach oben. Andreas Weber: «Man sagt dieser Wetterkonstellation eine 5B-Version; sie ist vergleichbar mit jener im 2002 und 2013 mit über 9 m Pegelstand.» Die letztmalige Alarmstufe 1 wurde 2006 ausgerufen; dazwischen hatten die Elbschiffer während Jahren viel zu wenig Wasser.
Einer hatte speziell Spass am Wetter, Enrico Kiessling: «Das ist Maschinistenwetter, auch stürmen kann’s, das macht Freude.» Bereits der Start der Reise am 6. April stand auf Messers Schneide. Michael Hillmann: «Es bestand die Sorge, dass der Dampfer gar nicht aus Dresden wegkommt. Bei einem zu hohen Pegel hätte er nicht unter die Marienbrücke gepasst.» Eine Handbreite Reserve hatte die «Dresden» dann aber doch.
Eine Reiseteilnehmerin unserer Schweizer Gruppe wollte es wissen: ausgerüstet mit Winchester-Hut, vielen Schichten Kleidern und einer wasserundurchlässigen Aussenschicht war Michaela Bucheli oft draussen am Bug der «Dresden» anzutreffen; Platzprobleme auf den dort spärlich vorhanden Aussenbänken hatte sie nicht. Sie zeigt sich begeistert von der Natur: «Langsam von Hamburg bis Dresden auf der Elbe, eine geruhsame Fahrt erlebter Naturwunder in weitem, flachem Land. Als Schweizerin ist man sich gar nicht gewohnt, Kilometer weit zu fahren und hunderte Meter landeinwärts keine Häuser zu sehen. Ich bin die meiste Zeit mit dem Feldstecher vorne gestanden, Hirsche, Spuren von Bibern, Seeadler, Schwarzstorch, Flussläufer, verschiedene Enten usw. durfte ich beobachten. Ich hoffe, dass der Naturschutzbund, die betroffenen Bundesländer und andere Institutionen es fertigbringen, so viel Land wie möglich unter Naturschutz zu stellen, am besten wie der grüne Gürtel der ehemaligen innerdeutschen Grenze.»
An Bord waren auch zwei Fahrgäste mit dem stolzen Jahrgang 1934, einer davon war der bekannte Schifffahrtskenner und Autor Sébastien Jacobi von unserer Schiffs-Agentur-Gruppe. Auch ihm fiel die unberührte Natur auf: «Erstaunlich für Schweizer Augen wirken die unendlichen Weiden und Auen, kilometerlang ohne Häuser und praktisch ohne Gegenverkehr auf dem Fluss. Die Ortschaften sind geschichtsvoll mit prächtiger Architektur. Das Leben auf dem Schiff war beschaulich und warmherzig mit guter Gastronomie. Eine tolle Sache, ich bin begeistert.»
Ein majestätischer Dampfer vor imposanter Kulisse: in Meissen endete die Bergfahrt, da der hohe Wasserstrand der Elbe ein Unterqueren der folgenden Brücken verunmöglichte.
Ein seltenes Ereignis: Die zwei Raddampfer Kaiser Wilhelm (links) und Dresden unterqueren die 1951 erbaute, 515 m lange Eisenbahn- und Strassenbrücke bei Lauenburg (10. April 2023).
Eine lebhafte Szene in Lauenburg: Wind und Hochwasser umrahmen den warmen Empfang der Bevölkerung für die beiden Dampfschiffe (rechts im Bild die Hitzler-Werft).
Anachronismus im Hafen von Hamburg: Am Schlusstag der Talfahrer (im Bild) und am Starttag der Bergfahrer schuf die «Kaiser Wilhelm» mit je einer sechsstündigen Fahrt die Verbindung zwischen der Hansestadt und Lauenburg.
Dresden-Kapitän Andreas Weber, Kapitän Lutz Peschel (am Steuer) und Reiseleiterin Anna Liebscher geniessen die auf unserer Fahrt seltenen Momente der (Morgen-) Sonne.
Selbsterklärend: charakteristisches Stimmungsbild der eindrücklichen Fahrt, hier in Magdeburg
Die Kaiser- und Hansestadt Tangermünde war einer von insgesamt sechs Übernachtungsorte, im Bild in Kombination der (rund) 1000-jährigen Burg und einem (fast) 100-jährigen Schiff.
Gediegener Galaabend in Magdeburg: Frank Hampel, Anna Liebscher, Andreas Weber, Michael Hillmann, Stefan Bloch (Co-CEO der SDS) und Lutz Peschel (vlnr) im Festsaal des Dorint-Hotels Herrenkrug.
Platschvolle Elbe ergab die Alarmstufe 1 und den Abruch unserer Reise am letzten Reustag (Bild unterhalb von Meissen).
Bilder im Textteil: Die Schifferbrüderschaft Lauenburg entern mit Freude und Würde die «Dresden» nach ihrer Ankunft in Lauenburg. Unsere Schweizer Gruppe mit Michael Hillmann (stehend) im Kajütensalon achtern. Ungewohnte Uferszenen: Bäume stehen im Wasser. Zur Illustration der im Bericht erwähnten Orte ist der Flussverlauf und die Zuflüsse der Elbe dargestellt9.
Durch Klick aufs Bild erscheint dieses im Grossformat.
Hinweise
1) Auf der Talfahrt waren 151 Gäste an Bord.
2) Ich verwende im Bericht die bisherige Elbkilometrierung, weil Deutschland die neue noch nicht umgesetzt hat und deshalb die Kilometertafeln am Ufer die Alte markiert. Dabei beginnt der Kilometer 0 an der Landesgrenze Tschechei/Deutschland. Bei der neuen Kilometrierung beginnt der Kilometer 0 an der Elbemündung in Cuxhaven; die Tschechen haben auf ihrem Staatsgebiet die Reform bereits umgesetzt.
3) Theoretisch liesse sich PD Dresden so umbauen, dass auch er bis Hamburg fahren könnte. Auch wenn eines Tages das Schiff jährlich (so die Absichtserklärung der SDS-Führungsspitze) Hamburg anpeilen würde, lohnt sich ein solcher Umbau nicht, zumal das Schiff nach baulichen Veränderungen behördlich neu abgenommen werden müsste. Was in einem solchen Fall unter „Besitzstandwahrung“ laufen könnte und was allenfalls den aktuellen Vorschriften zu unterziehen wäre, ist für alle eine unangenehme Frage. So wird auch in Zukunft die Fahrt in Lauenburg enden, zumal sich dort ein ausgezeichnetes Schifferumfeld bietet (mit allerdings wenig Hotelbetten).
4) DS Dresden blieb bis zum 27. April 2023 in Meissen, doch der Pegel hätte schon am 24. April 2023 die Rückfahrt nach Dresden zugelassen. Die Zeit in Meissen wurde zur Reparatur einer Kesselleitung genutzt.
5) Die Hochwasser-Warnstufen lauten: • Stufe 1: Meldebeginn, volles Flussbett, kleine Ausuferungen, keine Gefahr für Anlieger • Stufe 2: Kontrolldienst einrichten, Überflutung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen • Stufe 3: Ständiger Wachdienst auf Deichen, Überflutung einzelner Grundstücke, Sperrung von Verkehrsverbindungen • Stufe 4: Hochwasserabwehr, Überflutung grösserer bebauter Flächen, Gefahr für die Allgemeinheit, aktive Abwehrmassnahmen von Deichverteidigung
6) Die Tradition der Schifferbrüderschaft Lauenburg reicht bis ins Jahr 1635 zurück. Was heute als fröhliches Spektakel gefeiert wird, hat in den Ursprüngen einen traurigen Anfang. Gegründet wurde die Schifferbrüderschaft zu Zeiten des 30-jährigen Krieges. Tödliche Krankheiten wie die Pest griffen um sich, Not, Hunger und Armut herrschten. Verstarb dann ein geliebtes Familienmitglied war es vielen nicht möglich, die Kosten der Bestattung zu tragen. Es schlossen sich die ansässigen Schiffer und Schiffsbediensteten zusammen und gründeten die Schifferbrüderschaft. Gemeinsam zahlten alle in eine Kasse. Verstarb dann ein Familienmitglied konnten so die Kosten der Bestattung übernommen werden. So wird es noch bis heute gehandhabt.
7) Noch länger als die hier beschriebene «Dresden»-Fahrt konnte ich auf DS Schönbrunn 1988 dank dem damaligen Maschinisten Florian Pausch auf einer Leerfahrt von Budapest nach Wien einen Raddampfer-Rekord verbuchen und geniessen. Auf dieser 300 km langen Donaufahrt machten wir nur an der ungarischen Grenze in Komorn Halt, als der Zoll uns morgens um 4.30 Uhr im Salon sehen wollte, um sicher zu sein, dass nur die Mannschaft (mit zwei kurzzeitig angeheuerten Matrosen…) an Bord waren. Diese Fahrt dauerte rund 21 Stunden (mit einem Halt).
8) Günter Leinweber, ein geflüchteter DDR-Schiffer, hat den PD Dresden 1989 in Hamburg bereits am ersten Tag nach seiner Ankunft besucht. Er ist der überzeugten Ansicht, dass zwei Schlepper die «Dresden» in den Hafen Hamburg brachten. Auch andere mündliche Quellen erzählen ähnliche Versionen. Demgegenüber dementieren andere, die auch dabei waren, diese Thesen. Im zitierten Film sieht man längere Filmsequenzen, wo der Dampfer frisch-fröhlich mit voller Fahrt mit der Hamburger Skyline im Hintergrund in die Hansestadt einfährt; dabei sind weit und breit keine Schlepper oder Bugsierer in Sicht. Filme zu retuschieren waren damals sehr aufwändig, sodass mir eine mögliche «Verfälschungsthese» unwahrscheinlich vorkommt.
9) Die Crew an Bord von PD Dresden: Andreas Weber (Titularkapitän PD Dresden), Lutz Peschel* (2. Kapitän, sonst Titularkapitän des PD Leipzig), Enrico Kiessling (Titularmaschinist DS Dresden), Frank Hempel (2. Maschinist, sonst Titularmaschinist PD Krippen), Philipp Hammer (Bootsmann und Steuermann), Erik Köchy (Bootsmann), Daniel Jankowsky (Küchenchef), Elisabeth Streng (Gastro-Verantwortliche)
*) Lutz Peschel ist nicht nur «Ablöser», sondern auch Inhaber des Elbe-Schiffer-Patentes für den Abschnitt Magdeburg – Hamburg, was Andreas Weber noch nicht eingelöst hat. «Ich habe das Patent aus reinem Interesse in der Freizeit gemacht,» erzählt Peschel.
Quellen
10) Die Kartenausschnitte stammen aus: Link
Weiter im Text
Die Reise in Zahlen von PD Dresden:
Gruppe 1: elbabwärts 515 km, 32 Brücken, 4856 l Treibstoff-Verbrauch
Gruppe 2: elbaufwärts 490 km (bis Meissen), 26 Brücken, 8810 l Treibstoff-Verbrauch PD Dresden
Auf beiden Fahrten: 30 000 l Trinkwasser-Verbrauch, 128 Klorollen
Orte und Fahrdauer dazwischen stromaufwärts: Lauenburg Stromkilometer 569 –> Wittenberge 469 (100 km, 10.5 h, Gegenstrom bei hohem Wasserstand) –> Tangermünde 386 (83 km, 7.5 h) –> Magdeburg 324 (62 km, 7 h) –> Wittenberg 213 (111 km, 10.5 h) –> Thorgau 155 (58 km, 7 h) –> Meissen 82 (73 km, 9.5 h)
Impressum
Text H. Amstad
Bild 1 Chr. Bucheli, übrige Bilder H. Amstad
Bewertung abgeben 🙂
Archivierung

Zum Archivieren oder Ausdrucken dieses Medienberichtes aktivieren Sie das Icon. Bevor Sie das PDF sichern, drucken oder ablegen empfehlen wir, zur optimalen Darstellung, die Ausrichtung Querformat in der Grösse 80 %. Geeignete Browser sind Firefox, Mozilla, Google Chrome. (Bei anderen Browsern könnten die Bilder zerschnitten werden.)
Danke für diesen ausführlichen Bericht dieser wunderbaren Fahrt!
Grossartig! Die ergänzenden Kommentare sind sehr aufschlussreich. Vielen Dank für Ihre Mühe. Zusammen mit dem Film «Reise der Sehnsucht» schwelgen wir in Erinnerungen.
Herzliche Grüsse aus Boizenburg/Elbe, K.-H. Führer