Flottenzuwachs auf dem Walensee: MS Walenstadt
Die Flotte auf dem Walensee wird um das interessante Schiff ex Liberty vom Vierwaldstättersee reicher. Der technische Leiter des Schiffsbetriebes Walensee AG Chrigel Köppel zeigt uns das Schiff auf einem Rundgang. Der Umbau ist umfassend, das Schiff kann in diesem Frühling nach der Fertigstellung als neuwertig betrachtet werden. Zwar sind die Entscheide, ältere Schiffe wieder zu modernisieren meist finanziell motiviert. Solche Aktionen stellen aber in unserer Zeit in jedem Fall einen Beitrag zur Nachhaltigkeit dar. Jonas Panacek* begleitete den Umbau als Schiffsbauingenieur. Er hatte vor dem Kauf die primäre Aufgabe, die Sicherstellung der Zulassung in der Schweiz als konzessioniertes Fahrgastschiff in Bezug auf die Stabilität beziehungsweise der Schwimmfähigkeit sicher zu stellen: „Dazu habe ich die vorhandenen Handzeichnungen digitalisiert, einen Krängungsversuch durchgeführt, um die Verdrängung sowie die Schwerpunktlage zu bestimmen. Die zu erwartenden Veränderungen des geplanten Umbaus (Abbau des Oberdeckes und des Treppenaufganges mit entsprechenden Gewichtsveränderungen) wurden hochgerechnet und als Simulationen theoretisch bearbeitet.“
Nach dem Transport wurde das Schiff von den eigenen Mitarbeitern, unterstützt von lokalen Handwerkern, komplett ausgehöhlt, sandgestrahlt und neu aufgebaut. Für die Eigentümer des Schiffsbetriebes hat das regionale Fördern der Wertschöpfung eine wichtige partnerschaftliche Bedeutung. Unter anderem entstanden neu die Lenzanlage, die Seekästen, die sanitäre Anlagen, die Heizung und die gesamte Elektrik in den vergangenen Wintermonaten in der provisorischen Behausung in Unterterzen. Panacek: „Der Schiffsbetrieb Walensee hat bereits mit der Revision von MS Churfirsten gezeigt, dass auch auf einer betagten Substanz mit cleverer Revision ein sehr ansprechendes Schiff entstehen kann als Alternative zu einem teureren Neubau.“
Das „neue“ Walenseeschiff erhält den Namen Walenstadt. Von den knapp 30 Fahrgastschiffen, die seit 1837 bis heute auf dem Walensee öffentliche Fahrten ausführten wird dieser Name zum ersten Mal zu Ehren der zum St. Galler Wahlkreis Sarganserland gehörenden Gemeinde vergeben. Das Schiff hat in seiner „jungen“, 33-jährigen Karriere schon drei Gewässer befahren. Rudolf Bucher sen. von der Charles Bucher Seefahrten AG hat für uns den Bau der «Liberty» recherchiert: «Die Planung für einen 60 Plätzer wurde durch den Auftraggeber Charles Bucher Luzern selber gemacht. Der Schalenbau wurde im Jahr 1982 durch die Hasler Werft Rotzloch ausgeführt (Stahl). Der Aufbau erfolgte durch die Firma Geser AG Luzern (Aluminium mit Schiebedach), Motoreneinbau und Wellenanlage sowie der Innenausbau oblag der damaligen Bootswerft „Stutz“ (Villa Stutz in St. Niklausen) durch Rudolf Bucher senior. Seit dem 16. Juni 1982 stand dann das Schiff für Ausflüge auf dem Vierwaldstättersee bis Januar 1997 im Einsatz.»
Prospektauszug der Charles Bucher Seefahrten AG
Es kam auf den Bodensee zu Harald Lang, der es als Höri-Fähre* zwischen Horn, Berlingen, Gaienhofen und Steckborn einsetzte. Auch für Rund- und Sonderfahrten auf dem Unter‑, Ober- und Überlingersee war die „Liberty“ (Höri-Fähre) unterwegs. Lang nimmt am kommenden Sonntag das Nachfolgeschiff, die „Seestern“ (1998) von Ewald Giess Wallhausen in Betrieb, der seinerseits einen Neubau in Auftrag gab. Auch am Bodensee tut sich was…
Das sechste Schiff der Walenseeflotte eröffnet dem Schiffsbetrieb laut Betriebsleiter Markus Scherrer neue Möglichkeiten: „Erstens dient es aufgrund seiner Grösse der Entlastung des MS Alvier auf der Querstrecke Murg – Quinten. Zweitens können mit dem 60-Plätzer zusätzliche Fahrten für Kleingruppen ausgeführt werden.“ Die neue „Walenstadt“ ist nicht das erste Schiff, das den Weg vom Bodensee an den Fuss der Churfirsten fand. Auch ihr MS Seestern kam vom Schwäbischen Meer: Es war die „Wolfsberg“ I, die von 1980 bis 1981 ab Ermatingen für Ernst Grüninger im Einsatz stand.
Die ehemalige „Liberty“ vom Vierwaldstättersee erfährt eine totale Verjüngungskur: neues Innenleben, neue Fenster, neuer Farbanstrich.
Christoph «Chrigel» Köppel verlässt den Betrieb auf Ende April 2015. Er war in den letzten sechs Jahren technischer Leiter. Unter seiner Obhut wurde im Winter 2013/14 auch die «Churfirsten» total renoviert.
Schiffstaufe von MS Liberty in der Werft Rotzloch durch Marina Bucher in Luzern 1982
Prospektauszug der Charles Bucher Seefahrten AG und der Transport vom Boden- zum Walensee 2014.
Auf dem Werftareal des Schiffsbetriebes Walensee AG in Unterterzen wurde für den Umbau der neuen „Walenstadt“ eine temporäre Behausung gebaut (Bildmitte), vlnr: MS Churfirsten, Lastschiff Gonzen, MS Quinten und MS Seestern. Auf dem Bild fehlen MB Linth und MS Alvier, die im Kurs stehen.
Bild 3 Archiv Bucher, Bild Textteil Sammlung U. Schweizer, Text und übrige Bilder H. Amstad
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Hinweise
Technische Angaben: 1982, L 20,60, B 3,80 m, T 0,85 m, H 4,25 m, P: 2 x 108 kW , 60 Personen (Bodensee mit Oberdeck: 80), m 26 t.
*) Panacek Yacht Design & Engineering GmbH Thalwil
**) Höri ist der Name der Halbinsel im westlichen Bodesee zwischen Stein am Rhein und Radolfszell. Der Name leitet sich ab vom ehemals zum Bistum Konstanz gehörigen Gebiet.
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