Gründung der HSB: Ein neuer Bodensee-Schifffahrtsbetrieb mit Schweizer Beteiligung
Ein Happy-End eines langen Prozesses ist in Sichtweite: Seit dem 1. Juni 2021 finden sich die beiden historischen Schiffe Oesterreich und Hohentwiel unter ein und derselben Betreiber-Flagge, der HSB, der Historischen Schifffahrt Bodensee GmbH. Auf dem Weg zur Bildung dieser Reederei galt es drei wichtige Hürden zu nehmen.
Schauen wir zuerst die Eigentümerverhältnisse der beiden Schiffe an:
- Die «Hohentwiel» gehört einem internationalen Verein (IBSM) mit Sitz in Österreich. Seine 2 100 Mitglieder kommen aus allen drei Anrainerstaaten. Die gut 1 500 Mitglieder aus der Schweiz und die rund 500 Mitglieder aus Deutschland bilden je eine eigenständige Sektion des IBSM. Die rund 100 Mitglieder aus Österreich werden durch den IBSM selbst betreut.
- Die «Oesterreich» wurde zwar von einem österreichischen Verein gekauft und zu restaurieren begonnen, zur finanziellen Absicherung wurde aber eine GmbH (mit Sitz in Hard/Österreich) gegründet. Bei dieser GmbH ist der Förderverein einer der Hauptgesellschafter, zu dem sich weitere, finanziell potente und überwiegend Vorarlberger Privatpersonen als Anteilseigner dazu gesellt haben.
Im Jahre 2017 wurde die Idee umgesetzt, bei der Mittelbeschaffung zur Renovation der «Oesterreich» auch EU-Gelder zu beantragen. Dazu lancierten die Retter der «Oesterreich» ein Interreg-Projekt. Der Knackpunkt – der erste von dreien, von denen noch die Rede sein wird – war, dass die EU-Fördergelder in Millionenhöhe nur unter bestimmten Voraussetzungen flossen. So musste das Projekt international verankert sein, was sich mit dem Internationalen Bodensee Schifffahrtsmuseum IBSM, also der Eigentümerin der «Hohentwiel», geradezu aufdrängte. Betrieben wurde die «Hohentwiel» aber nicht vom Inhaber IBSM, sondern von der HSG, der Hohentwiel-Schifffahrts-Gesellschaft, die zu 75,2 % der Marktgemeinde Hard und zu 24,8 % dem Verein IBSM gehörte.
Diesem an sich nachvollziehbaren Vorgehen standen aber zuerst einmal die Befürchtungen des IBSM-Vorstandes entgegen, dass die «Hohentwiel» künftig die «Oesterreich» quer-subventionieren müsste. Das vom Verein Museumsschiff Oesterreich favorisierte Vorgehen war Josef Büchelmeier (Präsident des Vereins IBSM, Ex-Oberbürgermeister von Friedrichshafen, SPD) und weiteren Personen im internationalen Vorstand ein Dorn im Auge. Sie sahen die 30-jährige Erfolgsgeschichte der Hohentwiel dadurch gefährdet.1
Der österreichische Rechnungshof rügt Hard als Mehrheitsinhaber der Hohentwiel-Reederei
Knackpunkt 2: Die Gemeinde Hard war Hauptgesellschafterin (Hauptaktionärin) der HSG, also de facto Inhaberin der Hohentwiel-Reederei2. Eine Prüfung der Geschäftsjahre 2012 bis 2016 durch den österreichischen Rechnungshof im Herbst 2017 führte im Frühjahr 2018 zu kritischen Anmerkungen in Bezug auf die vertraglichen Vorgänge innerhalb der Betriebsgesellschaft HSG gegenüber dem Hauptgesellschafter als öffentliche Institution.
Im Rahmen des Interreg-Projekts und mit Blick auf eine mögliche Kooperation mit der «Oesterreich» erfolgte eine betriebswirtschaftliche Analyse, auch mit dem Ziel, die vom Bericht kritisierten und zur Verbesserung empfohlenen Mängel in Organisation und Aufsicht zu verbessern. Der damalige Bürgermeister von Hard, Harald Köhlmeier (ÖVP) beurteilte die Kritik nicht so dramatisch, im Gegensatz zum Präsidenten des IBSM Josef Büchelmeier. Durch den vorzeitigen Rücktritt des Bürgermeisters im Dezember 2019 und die unklare politische Situation bis zur Stichwahl im Spätherbst 2020 brachte dann den ganzen Bereinigungs-Prozess ins Stocken. Erst die Harder-Neuwahlen im Spätherbst 2020 brachte hier mit dem neuen Harder Bürgermeister Martin Staudinger (SPÖ) eine Wende. Staudinger zu mir: „Ich wollte das Problem nun wirklich lösen. Das was da vor sich ging, war nicht schön anzusehen.»
Der Geschäftsführer und der Vorstand des IBSM führten ein Eigenleben
Knackpunkt 3: Hohentwiel-Kapitän und HSG-Geschäftsführer Adolf Konstatsky sah frühzeitig die wirtschaftlichen Vorteile und Synergie-Effekte bei einer Kooperation mit der «Oesterreich». Er engagierte sich öffentlich für diese Lösung wie auch privat durch Beteiligung an der «MS Oesterreich GmbH»3. Dies geschah lange Zeit ohne Wissen (und formeller Zustimmung) seitens des Aufsichtsrates der HSG und dem IBSM. Entsprechend den anfangs 2019 im Rahmen des Interreg-Projekts vereinbarten Dienstleistungsverträgen zwischen MSOe und HSG, vermarktete die HSG, noch unter Führung von Adi Konstatzky, ab April 2019 beide Schiffe gemeinsam unter der Marke «Historische Schifffahrt Bodensee». Die Art und Weise der Umsetzung entsprach jedoch nicht den Erwartungen seitens der beiden Schiffseigner, was zu Spannungen führte.
Der IBSM-Aufsichtsrat unter Josef Büchelmaier beauftragte einen Headhunter mit der Suche nach einem kaufmännischen, handelsrechtlichen Geschäftsführer/In für die HSG und die Schiffsgastronomie MSG. Adi Konstatzky sollte weiterhin für den nautischen Bereich zuständig bleiben. Zusammen mit den Verantwortlichen der MSOe GmbH konnten Aufsichtsrat und Gesellschafter eine Kandidatin evaluieren, welche jedoch ihre Bewerbung nach der Wahl wieder zurückzog. Die ursprüngliche Absicht, auch den Gastronomen beider Schiffe, den Haubenkoch Heino Huber, zu ersetzen, wurde nicht mehr weiterverfolgt4. Nach der Absage der ausgewählten Kandidatin, dem politischen Wechsel in der Gemeinde Hard und den Erschwernissen durch die Covid-Pandemie kamen die Bemühungen um einen Führungswechsel in der HSG ins Stocken. Die Differenzen zwischen Adi Konstantzky und dem Aufsichtsrat unter Josef Büchelmeier blieben jedoch weiterhin bestehen und mündeten zu einer (zunächst erfolglosen) Kündigung Konstantzky als Geschäftsführer.
Zwei Schweizer bringen den Stein ins Rollen
Nachdem das «Feuer bereits in verschiedenen Dächern“ war, brachte Kurt Reich, inzwischen Präsident der Schweizer Sektion und Vizepräsident im IBSM, Ende 2020 den Namen Benno Gmür ins Spiel. Kurt Reich kommt vom Fach her: er war vor der Fusion mit der SBS Betriebsleiter der Rorschacher Schiffsbetriebe und leitet heute das Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen. Er kannte Benno Gmür als Sanierer der SBS und der URh. Es kam zu ersten Gesprächen zwischen Gmür, Büchelmeier und Reich. Als anfangs Februar 2021 Adi Konstatzky als Geschäftsführer kündigte, gab auch der Harder Bürgermeister Staudinger, damals noch Hauptgesellschafter der HSG GmbH, grünes Licht und war sofort einverstanden, Benno Gmür als Sanierer und Geschäftsführer der HSG einzusetzen.
Benno Gmür, bekannt als eher unzimperlicher Schnelldenker und Pragmatiker brauchte nicht lange, um die Probleme beim Namen zu nennen. Aufsichtsrat und IBSM-Vorstand taten sich in der Folge schwer damit, als Gmür feststellte, dass das bestehende Konstrukt mit IBSM, HSG, MSOe GmbH und Schiffsgastronomie (MSG GmbH) viel zu kompliziert, ineffizient und daher ohne Perspektiven war. Unter diesen herausfordernden Umständen musste Benno Gmür kreativ werden. Gmür in einem Gespräch: «Das ist mein Beruf».
Nach vier Wochen präsentierte er den Verantwortlichen im IBSM, der MSOe und der Gemeinde Hard seinen Lösungsvorschlag: die Verschmelzung der drei GmbH’s zu einer Betriebsgesellschaft. Der Lösungsvorschlag umfasste folgende Pfeiler:
- Zuerst musste der HSG zur Abwendung der drohenden Insolvenz per 31.12.2020 mit einer Finanzeinlage von knapp 200 000 Euro unter die Arme gegriffen werden. Das Jahr 2019, das 1. Jahr der Kooperation mit der MSOe, sowie das Pandemiejahr 2020 hatten ihre Spuren hinterlassen. Die Schweizer Sektion unter Kurt Reich schoss das erforderliche Geld ein, um die Insolvenz der HSG abzuwenden.
- Die beiden Schiffe sollen paritätisch zu je 35 % in der neuen Betriebsgesellschaft HSB-GmbH vertreten sein; alle bisherigen Verträge und Unterfirmen werden aufgelöst.
- Der Gemeinde Hard wird mittelfristig der Heimathafen zugesichert und gleichzeitig reduziert sich ihre Beteiligung (den Forderungen des Rechnungshofes folgend) auf eine Minderheitsbeteiligung von 10 %.
- Die SBS (Schweizerische Bodensee-Schifffahrt AG) steigt mit 20 % in die neu geschaffene GmbH ein. Damit ist ein Partner mit langjähriger Erfahrung im Business mit an Bord. Die SBS kann als Entscheidungsträger wirken, sollte es zwischen den Eignern der beiden historischen Schiffe zu Differenzen kommen und mit ihren 20 % (zusammen mit dem entsprechenden Partner mit 35 %) eine Mehrheit erwirken.
Im Vorstand des IBSM taten sich einige der Vorstandsmitglieder schwer mit dieser Lösung. Die alten Bedenken um den Verlust des Stellenwerts der «Hohentwiel» kamen wieder hoch. Auch der ehemalige Retter und 1. Kapitän der «Hohentwiel», Reinhard Kloser, schaltet sich ein und spie Feuer und Galle gegen den 2020 noch amtierenden Kapitän Konstatsky („und so einen habe ich eingestellt»). Die Wogen gehen wieder hoch. Nach zähen Verhandlungen und wiederholten Abstimmungen und Beschlüssen setzten sich die überzeugten Befürworter der Verschmelzungslösung mit einer Mehrheit durch. Wie kontrovers und hart die Diskussionen im Vorstand des IBSM offenbar geführt wurden, zeigt die Tatsache, dass einige langjährige Vorstandsmitglieder nach dem Verschmelzungsentscheid zurückgetreten sind.
Weitere Störmanöver
Am 6. April 2021 wurde die «Hohentwiel» nach mehrwöchigem Werftaufenthalt vom Partnerschiff Oesterreich in Romanshorn abgeholt und zurück nach Hard geschleppt. An der Pressekonferenz in Romanshorn betonte Josef Büchelmeier die gute Partnerschaft und Eintracht zwischen beiden Schiffen und ihren Verantwortlichen. Am Nachmittag desselben Tages führte Büchelmeier in Begleitung weiterer Vorstandsmitglieder ein Gespräch mit Vertretern der Bodensee-Schiffsbetriebe mit Sitz in Konstanz (BSB) über die Möglichkeiten einer pachtweisen Übernahme der «Hohentwiel» durch die BSB. Die BSB waren sich aber bewusst, dass sie dafür keinen erfahrenen Kapitän hätten. Sie haben dann bei Adi Konstatzky angefragt, ob er für sie das Kommando auf dem Raddampfer übernehmen könne. Dadurch flog das «Spiel» auf und das Unterfangen kam letztendlich nicht zustande.
Damit nicht genug: Anfangs Mai, wenige Tage vor den entscheidenden Beschlüssen im IBSM-Vorstand und in der Gemeinde Hard, führten Vertreter aus dem Vorstand, angeblich aus eigener Initiative, aber wohl im Wissen von Josef Büchelmeier, Gespräche mit der Vorarlberg-Lines um die Rahmenbedingungen einer eventuellen Verpachtung der «Hohentwiel» samt Besatzung (ohne diese vorgängig zu informieren) nach Bregenz auszuloten. Man wollte offenbar «jede Kröte schlucken», wenn es nur nicht zur Zusammenarbeit mit der «Oesterreich» kommt. Auch dieses Bemühen scheiterte und es kam in der Folge zu Austritten aus dem Vorstand beim IBSM.
In der Marktgemeinde Hard war man über diese «Manöver» völlig überrascht, hatte man die «Hohentwiel» doch all die Jahre nach Kräften unterstützt, und nun sollte sie nach Bregenz abwandern? Der Gemeinderat stimmte in seltener Eintracht (32 von 33 Stimmen) für den neuen Vertrag, so dass dieser schliesslich am 1 Juni 2021 von allen Beteiligten unterschrieben wurde (siehe Bilderfolge).
Reformbedarf auf dem Bodensee
Bei der finalen Umsetzung von Benno Gmürs Plan wurde nochmals mit «harten Bandagen» gekämpft. Entsprechend war an Bord der «Oesterreich» die Stimmung am Tag der Vertragsunterzeichnung zur Gründung der HBS etwas ambivalent: Zum einen Zufriedenheit über den Erfolg, nun gemeinsam in die Zukunft zu schreiten. Vor allem im Gespräch mit den Mitarbeitenden spürte ich eine Erleichterung, nun auf sichereren Gewässern fahren zu dürfen. Zum andern scheinen vor allem beim Verein IBSM noch Hausaufgaben anzustehen.
Zur neuen Beteiligung an der HSB geht die SBS nur kleine Risiken ein, Synergien werden sich in der Praxis erst noch zeigen müssen. Konkurrenz gibt es keine, da die zwei Gesellschaften preislich in verschiedenen «Ligen spielen», wie es SBS-VR-Präsident Hermann Hess bei der Vertragsunterzeichnung ausdrückte, «und sich gegenseitig befruchten werden». Letztlich verfolgt die SBS ein strategisches Ziel, um den wirtschaftlichen Einfluss im „Bodensee-Schifffahrts-Kuchen“ zu stärken. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: die Zusammenarbeit zwischen den drei grossen Bodensee-Schiffsbetrieben steht auf einem Tiefpunkt. Zu gross sind zurzeit die Kulturunterschiede der drei Betriebe, stark wegen noch «offene Rechnungen», die zurück gehen auf die Zeit, als die SBB ihre Schiffe am liebsten den Konstanzern verkauft hätten. Ausserdem wird die Rolle, wie man touristische Dienstleistungen erbringt, in den drei Ländern ganz unterschiedlich wahrgenommen.
Die Konsequenzen dieser unerfreulichen Situation müssen aber nicht die Vorstände der drei Gesellschaften tragen, sondern die Anwohner und die Urlauber rund um den herrlichen Bodensee. So fehlt eine gemeinsame Tageskarte, ein attraktiver Fahrplan, bei dem alle drei Partner (VL, BSB und SBS) nur gewinnen könnten, wenn sie etwas kooperieren würden. Dies versucht nun (im Kleinen) die HSB und SBS; weitere Anstrengungen der Zusammenarbeit wären für uns Fahrgäste – aber auch aus wirtschaftlichen Interessen – hoch willkommen.
Gehen nun auch strukturell gemeinsame Wege: Art-Deco Schiff Oesterreich als erstes Salon-Motorschiff und das Jugendstil-Schiff Hohentwiel, letzter Raddampfer auf dem Bodensee.
Ein Bild mit Symbolcharakter: Markus Flatz, Sprecher der Gesellschafter des MS Oesterreich (links vom Tisch) sitzt via-à-vis von Kurt Reich, Delegierter des IBSM (Eigentümerin DS Hohentwiel) und besprechen vor der Vertragsunterzeichnung letzte Details. Für die juristisch-korrekte Abwicklung der Unternehmung «Historische Schifffahrt Bodensee GmbH» sorgte der Rechtsanwalt Tobias Gisinger (Bildmitte).
Eine Unterschrift mit grosser Wirkung: Hiermit verzichtet die Gemeinde Hard auf ihren 75,2 %-Anteil der bisherigen HSG (Hohentwiel Schifffahrtsgesellschaft GmbH) und ist neu nur noch (gemeinderechts-konform) mit 10 %-Anteil bei der HSB als Standortgemeinde dabei. Vlnr: Martin Staudinger, Michael Simma, dahinter Tobias Gisinger
Auch Kurt Reich, Präsident der Schweizer Sektion und Vertreter des IBSM in der HSB, zeigt sich im Anschluss der Vertragsunterzeichnung erleichtert, dass die gemeinsame Reederei der beiden Schiffe unter Dach und Fach ist.
Zwei glückliche „Gewinner“ der strukturellen „Revolution“ zur Betriebs-Fusion Historische Schifffahrt Bodensee: Jürgen Zimmermann, Initiator zur Rettung von MS Oesterreich übergibt ein Aquarell von Gerhard Mangold an Herrmann Hess, VR-Präsident der SBS, die neu 20 % der Inhaberbeteiligung übernehmen.
Andrea Ruf, CEO der SBS, überbringt der Vize-Bürgermeisterin von Hard, Nadine Häusler-Amann, ein Präsent der SBS aus Anlass der Vertragsunterzeichnung vom 1. Juni 2021: ein St. Galler Schämpis.
Die Belegschaft der beiden historischen Schiffe, hier vertreten durch Mitra Zoran, Kapitän Robert Kössler und Marion Gafgo, ist erleichtert, dass die langen Diskussionen um die Integration von MS Oesterreich und komplizierte Abläufe ein Ende finden. Sie überreichen Benno Gmür, dem Sanierer und Geschäftsführer der HSB ad interim und Markus Flatz, Gesellschafter-Sprecher des Museumsschiffes Oesterreich, eine HSB-Torte.
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Hinweise
1) Dazu ist zu bemerken, dass die «Hohentwiel» die letzten 30 Jahre ausschliesslich im Sommer fuhr. Die «Oesterreich» war von Anfang an auch für einen Winterbetrieb ausgestattet. Beide Schiffe zusammen könnten in einer engen Kooperation also nicht nur eine Sommersaison, sondern miteinander zwei Sommer- und eine Wintersaison pro Jahr «bespielen». Das Stammpersonal könnte so für Nautik und Gastronomie ganzjährig beschäftigt und flexibler auf beiden Schiffen eingesetzt werden. Die Einkaufsbedingungen sind für zwei Schiffe attraktiver als nur für eines, während die Vermarktung beider Schiffe gemeinsam wesentliche Verbesserungen bei nahezu gleichen Overhead-Kosten bietet.
2) Der Schifffahrtsexperte Martin Uhlig zur Rolle von Hard: «Die ursprüngliche Konstellation rührt daher, dass die Gemeinde Hard der ‘Hohentwiel’ während der Renovierung (1985 bis 1990) kostenlos einen Liegeplatz mit umfangreicher Arbeitsfläche zur Verfügung gestellt hat und dem Schiff seit der Wiederinbetriebnahme einen Heimathafen bietet. Zur Wieder-Inbetriebnahme der ‘Hohentwiel» im Jahre 1990 benötigte das Dampfschiff aber eine Konzession für den Gelegenheitsverkehr auf dem Bodensee. Die damals örtlichen Konzessionsinhaber waren die Österreichischen, die deutschen und die Schweizerischen Bundesbahnen (ÖBB, DB und SBB) und die sprachen sich dagegen aus, durch die ‘Hohentwiel’ eine weitere Konkurrenz zu bekommen. In Österreich hatten aber lediglich der Bund, die Länder und die Gemeinden einen unbedingten Anspruch auf eine solche Konzession, und auch nur für eigene Betriebe. Bund und Land konnten sich nicht gegen die Staatsbahn stellen, also blieb nur die Möglichkeit mit einer Gemeinde.
Auch hier sprang die Marktgemeinde Hard in die Presche: So war es damals unabdingbar, dass die Gemeinde für ihre eigene Schifffahrtsgesellschaft die Konzession beantragte. Also musste die HSG gegründet und die Marktgemeinde Hard dabei die bestimmende Mehrheit erhalten. Ohne die massive Unterstützung des damaligen Bürgermeisters Gerhard Köhlmeier (ÖVP, Vater des nachmaligen Bürgermeisters Harald Köhlmeier) hätte die ‘Hohentwiel’ damals also nicht wieder in Betrieb gehen können. Aus den Umsätzen und Gewinnen der HSG wurden an die Gemeinde Hard aber lediglich ortsübliche Gebühren und Steuern, nicht jedoch Gewinnanteile bezahlt. Die Gewinne flossen vollumfänglich in die Rücklagen des IBSM. Die Gemeinde Hard war also primär am Erhalt des historischen Raddampfers interessiert, nicht jedoch an direkter Gewinn-Maximierung zugunsten der Gemeindekasse.»
3) Eine solche Beteiligung erhoffte sich der Verein MSOe auch vom IBSM, stiess aber beim dortigen Vereinsvorstand auf Ablehnung, siehe Knackpunkt 1.
4) Die HSG hat zusammen mit Heino Huber die Hohentwiel-Gastro GmbH gegründet, die sich aber aufgrund suboptimaler Infrastruktur an Land nur leidlich entwickeln konnte. Deshalb errichtete die MS Oesterreich GmbH für rund 3/4 Million Euro eine Landküche beim Liegeplatz in Hard, von wo aus beide Schiffe bedient wurden.
Abkürzungs-Verzeichnis
HSG Historische Schifffahrt Bodensee GmbH (Reederei)
IBSM Internationales Bodensee Schifffahrts-Museum (Inhaberin DS Hohentwiel)
MSG Schiffsgastronomie GmbH (Inhaber zu je 50 % IBSM und MSOe)
MSOe MS Oesterreich GmbH (Inhaberin MS Oesterreich)
ÖVP Österreichische Volkspartei
SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreich
Weiter im Text
Turbulente Zeiten für die «Hohentwiel»: neuer Geschäftsführer, neue Firmenstruktur, neuer Unterwasseranstrich (Link)
Impressum
Bild 1 M. Haefner, Bilder 2 und 3 M. Schedl
Text und übrige Bilder H. Amstad
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Die Zusammenhänge sind super analysiert. Echt interessant darüber zu erfahren. Solche komplexen Strukturen sind natürlich potenziell konfliktträchtig. Schön, dass beiden Schiffen nun eine weitere Zukunft gesichert ist!