Grün­dung der HSB: Ein neuer Boden­see-Schiff­fahrts­be­trieb mit Schwei­zer Beteiligung

Ein Happy-End eines lan­gen Pro­zes­ses ist in Sicht­weite: Seit dem 1. Juni 2021 fin­den sich die bei­den his­to­ri­schen Schiffe Oes­ter­reich und Hoh­ent­wiel unter ein und der­sel­ben Betrei­ber-Flagge, der HSB, der His­to­ri­schen Schiff­fahrt Boden­see GmbH. Auf dem Weg zur Bil­dung die­ser Ree­de­rei galt es drei wich­tige Hür­den zu nehmen.

Schauen wir zuerst die Eigen­tü­mer­ver­hält­nisse der bei­den Schiffe an:

  • Die «Hoh­ent­wiel» gehört einem inter­na­tio­na­len Ver­ein (IBSM) mit Sitz in Öster­reich. Seine 2 100 Mit­glie­der kom­men aus allen drei Anrai­ner­staa­ten. Die gut 1 500 Mit­glie­der aus der Schweiz und die rund 500 Mit­glie­der aus Deutsch­land bil­den je eine eigen­stän­dige Sek­tion des IBSM. Die rund 100 Mit­glie­der aus Öster­reich wer­den durch den IBSM selbst betreut.
  • Die «Oes­ter­reich» wurde zwar von einem öster­rei­chi­schen Ver­ein gekauft und zu restau­rie­ren begon­nen, zur finan­zi­el­len Absi­che­rung wurde aber eine GmbH (mit Sitz in Hard/​Österreich) gegrün­det. Bei die­ser GmbH ist der För­der­ver­ein einer der Haupt­ge­sell­schaf­ter, zu dem sich wei­tere, finan­zi­ell potente und über­wie­gend Vor­arl­ber­ger Pri­vat­per­so­nen als Anteils­eig­ner dazu gesellt haben.

Im Jahre 2017 wurde die Idee umge­setzt, bei der Mit­tel­be­schaf­fung zur Reno­va­tion der «Oes­ter­reich» auch EU-Gel­der zu bean­tra­gen. Dazu lan­cier­ten die Ret­ter der «Oes­ter­reich» ein Inter­reg-Pro­jekt. Der Knack­punkt – der erste von dreien, von denen noch die Rede sein wird – war, dass die EU-För­der­gel­der in Mil­lio­nen­höhe nur unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen flos­sen. So musste das Pro­jekt inter­na­tio­nal ver­an­kert sein, was sich mit dem Inter­na­tio­na­len Boden­see Schiff­fahrts­mu­seum IBSM, also der Eigen­tü­me­rin der «Hoh­ent­wiel», gera­dezu auf­drängte. Betrie­ben wurde die «Hoh­ent­wiel» aber nicht vom Inha­ber IBSM, son­dern von der HSG, der Hoh­ent­wiel-Schiff­fahrts-Gesell­schaft, die zu 75,2 % der Markt­ge­meinde Hard und zu 24,8 % dem Ver­ein IBSM gehörte.

Die­sem an sich nach­voll­zieh­ba­ren Vor­ge­hen stan­den aber zuerst ein­mal die Befürch­tun­gen des IBSM-Vor­stan­des ent­ge­gen, dass die «Hoh­ent­wiel» künf­tig die «Oes­ter­reich» quer-sub­ven­tio­nie­ren müsste. Das vom Ver­ein Muse­ums­schiff Oes­ter­reich favo­ri­sierte Vor­ge­hen war Josef Büchelmeier (Prä­si­dent des Ver­eins IBSM, Ex-Ober­bür­ger­meis­ter von Fried­richs­ha­fen, SPD) und wei­te­ren Per­so­nen im inter­na­tio­na­len Vor­stand ein Dorn im Auge. Sie sahen die 30-jäh­rige Erfolgs­ge­schichte der Hoh­ent­wiel dadurch gefähr­det.1

Der öster­rei­chi­sche Rech­nungs­hof rügt Hard als Mehr­heits­in­ha­ber der Hohentwiel-Reederei

Knack­punkt 2: Die Gemeinde Hard war Haupt­ge­sell­schaf­te­rin (Haupt­ak­tio­nä­rin) der HSG, also de facto Inha­be­rin der Hoh­ent­wiel-Ree­de­rei2. Eine Prü­fung der Geschäfts­jahre 2012 bis 2016 durch den öster­rei­chi­schen Rech­nungs­hof im Herbst 2017 führte im Früh­jahr 2018 zu kri­ti­schen Anmer­kun­gen in Bezug auf die ver­trag­li­chen Vor­gänge inner­halb der Betriebs­ge­sell­schaft HSG gegen­über dem Haupt­ge­sell­schaf­ter als öffent­li­che Institution.

Im Rah­men des Inter­reg-Pro­jekts und mit Blick auf eine mög­li­che Koope­ra­tion mit der «Oes­ter­reich» erfolgte eine betriebs­wirt­schaft­li­che Ana­lyse, auch mit dem Ziel, die vom Bericht kri­ti­sier­ten und zur Ver­bes­se­rung emp­foh­le­nen Män­gel in Orga­ni­sa­tion und Auf­sicht zu ver­bes­sern. Der dama­lige Bür­ger­meis­ter von Hard, Harald Köhl­meier (ÖVP) beur­teilte die Kri­tik nicht so dra­ma­tisch, im Gegen­satz zum Prä­si­den­ten des IBSM Josef Büchelmeier. Durch den vor­zei­ti­gen Rück­tritt des Bür­ger­meis­ters im Dezem­ber 2019 und die unklare poli­ti­sche Situa­tion bis zur Stich­wahl im Spät­herbst 2020 brachte dann den gan­zen Berei­ni­gungs-Pro­zess ins Sto­cken. Erst die Har­der-Neu­wah­len im Spät­herbst 2020 brachte hier mit dem neuen Har­der Bür­ger­meis­ter Mar­tin Stau­din­ger (SPÖ) eine Wende. Stau­din­ger zu mir: „Ich wollte das Pro­blem nun wirk­lich lösen. Das was da vor sich ging, war nicht schön anzusehen.»

Der Geschäfts­füh­rer und der Vor­stand des IBSM führ­ten ein Eigenleben

Knack­punkt 3: Hoh­ent­wiel-Kapi­tän und HSG-Geschäfts­füh­rer Adolf Konstatsky sah früh­zei­tig die wirt­schaft­li­chen Vor­teile und Syn­er­gie-Effekte bei einer Koope­ra­tion mit der «Oes­ter­reich». Er enga­gierte sich öffent­lich für diese Lösung wie auch pri­vat durch Betei­li­gung an der «MS Oes­ter­reich GmbH»3. Dies geschah lange Zeit ohne Wis­sen (und for­mel­ler Zustim­mung) sei­tens des Auf­sichts­ra­tes der HSG und dem IBSM. Ent­spre­chend den anfangs 2019 im Rah­men des Inter­reg-Pro­jekts ver­ein­bar­ten Dienst­leis­tungs­ver­trä­gen zwi­schen MSOe und HSG, ver­mark­tete die HSG, noch unter Füh­rung von Adi Kon­statzky, ab April 2019 beide Schiffe gemein­sam unter der Marke «His­to­ri­sche Schiff­fahrt Boden­see». Die Art und Weise der Umset­zung ent­sprach jedoch nicht den Erwar­tun­gen sei­tens der bei­den Schiffs­eig­ner, was zu Span­nun­gen führte.

Der IBSM-Auf­sichts­rat unter Josef Büchel­maier beauf­tragte einen Head­hun­ter mit der Suche nach einem kauf­män­ni­schen, han­dels­recht­li­chen Geschäftsführer/​In für die HSG und die Schiffs­gas­tro­no­mie MSG. Adi Kon­statzky sollte wei­ter­hin für den nau­ti­schen Bereich zustän­dig blei­ben. Zusam­men mit den Ver­ant­wort­li­chen der MSOe GmbH konn­ten Auf­sichts­rat und Gesell­schaf­ter eine Kan­di­da­tin eva­lu­ie­ren, wel­che jedoch ihre Bewer­bung nach der Wahl wie­der zurück­zog. Die ursprüng­li­che Absicht, auch den Gas­tro­no­men bei­der Schiffe, den Hau­ben­koch Heino Huber, zu erset­zen, wurde nicht mehr wei­ter­ver­folgt4. Nach der Absage der aus­ge­wähl­ten Kan­di­da­tin, dem poli­ti­schen Wech­sel in der Gemeinde Hard und den Erschwer­nis­sen durch die Covid-Pan­de­mie kamen die Bemü­hun­gen um einen Füh­rungs­wech­sel in der HSG ins Sto­cken. Die Dif­fe­ren­zen zwi­schen Adi Kon­stantzky und dem Auf­sichts­rat unter Josef Büchelmeier blie­ben jedoch wei­ter­hin bestehen und mün­de­ten zu einer (zunächst erfolg­lo­sen) Kün­di­gung Kon­stantzky als Geschäftsführer.

Zwei Schwei­zer brin­gen den Stein ins Rollen

Nach­dem das «Feuer bereits in ver­schie­de­nen Dächern“ war, brachte Kurt Reich, inzwi­schen Prä­si­dent der Schwei­zer Sek­tion und Vize­prä­si­dent im IBSM, Ende 2020 den Namen Benno Gmür ins Spiel. Kurt Reich kommt vom Fach her: er war vor der Fusion mit der SBS Betriebs­lei­ter der Ror­scha­cher Schiffs­be­triebe und lei­tet heute das Schiff­fahrts­amt des Kan­tons St. Gal­len. Er kannte Benno Gmür als Sanie­rer der SBS und der URh. Es kam zu ers­ten Gesprä­chen zwi­schen Gmür, Büchelmeier und Reich. Als anfangs Februar 2021 Adi Kon­statzky als Geschäfts­füh­rer kün­digte, gab auch der Har­der Bür­ger­meis­ter Stau­din­ger, damals noch Haupt­ge­sell­schaf­ter der HSG GmbH, grü­nes Licht und war sofort ein­ver­stan­den, Benno Gmür als Sanie­rer und Geschäfts­füh­rer der HSG einzusetzen.

Benno Gmür, bekannt als eher unz­im­per­li­cher Schnell­den­ker und Prag­ma­ti­ker brauchte nicht lange, um die Pro­bleme beim Namen zu nen­nen. Auf­sichts­rat und IBSM-Vor­stand taten sich in der Folge schwer damit, als Gmür fest­stellte, dass das bestehende Kon­strukt mit IBSM, HSG, MSOe GmbH und Schiffs­gas­tro­no­mie (MSG GmbH) viel zu kom­pli­ziert, inef­fi­zi­ent und daher ohne Per­spek­ti­ven war. Unter die­sen her­aus­for­dern­den Umstän­den musste Benno Gmür krea­tiv wer­den. Gmür in einem Gespräch: «Das ist mein Beruf».

Nach vier Wochen prä­sen­tierte er den Ver­ant­wort­li­chen im IBSM, der MSOe und der Gemeinde Hard sei­nen Lösungs­vor­schlag: die Ver­schmel­zung der drei GmbH’s zu einer Betriebs­ge­sell­schaft. Der Lösungs­vor­schlag umfasste fol­gende Pfeiler:

  • Zuerst musste der HSG zur Abwen­dung der dro­hen­den Insol­venz per 31.12.2020 mit einer Finanz­ein­lage von knapp 200 000 Euro unter die Arme gegrif­fen wer­den. Das Jahr 2019, das 1. Jahr der Koope­ra­tion mit der MSOe, sowie das Pan­de­mie­jahr 2020 hat­ten ihre Spu­ren hin­ter­las­sen. Die Schwei­zer Sek­tion unter Kurt Reich schoss das erfor­der­li­che Geld ein, um die Insol­venz der HSG abzuwenden.
  • Die bei­den Schiffe sol­len pari­tä­tisch zu je 35 % in der neuen Betriebs­ge­sell­schaft HSB-GmbH ver­tre­ten sein; alle bis­he­ri­gen Ver­träge und Unter­fir­men wer­den aufgelöst.
  • Der Gemeinde Hard wird mit­tel­fris­tig der Hei­mat­ha­fen zuge­si­chert und gleich­zei­tig redu­ziert sich ihre Betei­li­gung (den For­de­run­gen des Rech­nungs­ho­fes fol­gend) auf eine Min­der­heits­be­tei­li­gung von 10 %.
  • Die SBS (Schwei­ze­ri­sche Boden­see-Schiff­fahrt AG) steigt mit 20 % in die neu geschaf­fene GmbH ein. Damit ist ein Part­ner mit lang­jäh­ri­ger Erfah­rung im Busi­ness mit an Bord. Die SBS kann als Ent­schei­dungs­trä­ger wir­ken, sollte es zwi­schen den Eig­nern der bei­den his­to­ri­schen Schiffe zu Dif­fe­ren­zen kom­men und mit ihren 20 % (zusam­men mit dem ent­spre­chen­den Part­ner mit 35 %) eine Mehr­heit erwirken.

Im Vor­stand des IBSM taten sich einige der Vor­stands­mit­glie­der schwer mit die­ser Lösung. Die alten Beden­ken um den Ver­lust des Stel­len­werts der «Hoh­ent­wiel» kamen wie­der hoch. Auch der ehe­ma­lige Ret­ter und 1. Kapi­tän der «Hoh­ent­wiel», Rein­hard Klo­ser, schal­tet sich ein und spie Feuer und Galle gegen den 2020 noch amtie­ren­den Kapi­tän Konstatsky („und so einen habe ich ein­ge­stellt»). Die Wogen gehen wie­der hoch. Nach zähen Ver­hand­lun­gen und wie­der­hol­ten Abstim­mun­gen und Beschlüs­sen setz­ten sich die über­zeug­ten Befür­wor­ter der Ver­schmel­zungs­lö­sung mit einer Mehr­heit durch. Wie kon­tro­vers und hart die Dis­kus­sio­nen im Vor­stand des IBSM offen­bar geführt wur­den, zeigt die Tat­sa­che, dass einige lang­jäh­rige Vor­stands­mit­glie­der nach dem Ver­schmel­zungs­ent­scheid zurück­ge­tre­ten sind.

Wei­tere Störmanöver

Am 6. April 2021 wurde die «Hoh­ent­wiel» nach mehr­wö­chi­gem Werft­auf­ent­halt vom Part­ner­schiff Oes­ter­reich in Romans­horn abge­holt und zurück nach Hard geschleppt. An der Pres­se­kon­fe­renz in Romans­horn betonte Josef Büchelmeier die gute Part­ner­schaft und Ein­tracht zwi­schen bei­den Schif­fen und ihren Ver­ant­wort­li­chen. Am Nach­mit­tag des­sel­ben Tages führte Büchelmeier in Beglei­tung wei­te­rer Vor­stands­mit­glie­der ein Gespräch mit Ver­tre­tern der Boden­see-Schiffs­be­triebe mit Sitz in Kon­stanz (BSB) über die Mög­lich­kei­ten einer pacht­wei­sen Über­nahme der «Hoh­ent­wiel» durch die BSB. Die BSB waren sich aber bewusst, dass sie dafür kei­nen erfah­re­nen Kapi­tän hät­ten. Sie haben dann bei Adi Kon­statzky ange­fragt, ob er für sie das Kom­mando auf dem Rad­damp­fer über­neh­men könne. Dadurch flog das «Spiel» auf und das Unter­fan­gen kam letzt­end­lich nicht zustande.

Damit nicht genug: Anfangs Mai, wenige Tage vor den ent­schei­den­den Beschlüs­sen im IBSM-Vor­stand und in der Gemeinde Hard, führ­ten Ver­tre­ter aus dem Vor­stand, angeb­lich aus eige­ner Initia­tive, aber wohl im Wis­sen von Josef Büchelmeier, Gesprä­che mit der Vor­arl­berg-Lines um die Rah­men­be­din­gun­gen einer even­tu­el­len Ver­pach­tung der «Hoh­ent­wiel» samt Besat­zung (ohne diese vor­gän­gig zu infor­mie­ren) nach Bre­genz aus­zu­lo­ten. Man wollte offen­bar «jede Kröte schlu­cken», wenn es nur nicht zur Zusam­men­ar­beit mit der «Oes­ter­reich» kommt. Auch die­ses Bemü­hen schei­terte und es kam in der Folge zu Aus­trit­ten aus dem Vor­stand beim IBSM.

In der Markt­ge­meinde Hard war man über diese «Manö­ver» völ­lig über­rascht, hatte man die «Hoh­ent­wiel» doch all die Jahre nach Kräf­ten unter­stützt, und nun sollte sie nach Bre­genz abwan­dern? Der Gemein­de­rat stimmte in sel­te­ner Ein­tracht (32 von 33 Stim­men) für den neuen Ver­trag, so dass die­ser schliess­lich am 1 Juni 2021 von allen Betei­lig­ten unter­schrie­ben wurde (siehe Bilderfolge).

Reform­be­darf auf dem Bodensee

Bei der fina­len Umset­zung von Benno Gmürs Plan wurde noch­mals mit «har­ten Ban­da­gen» gekämpft. Ent­spre­chend war an Bord der «Oes­ter­reich» die Stim­mung am Tag der Ver­trags­un­ter­zeich­nung zur Grün­dung der HBS etwas ambi­va­lent: Zum einen Zufrie­den­heit über den Erfolg, nun gemein­sam in die Zukunft zu schrei­ten. Vor allem im Gespräch mit den Mit­ar­bei­ten­den spürte ich eine Erleich­te­rung, nun auf siche­re­ren Gewäs­sern fah­ren zu dür­fen. Zum andern schei­nen vor allem beim Ver­ein IBSM noch Haus­auf­ga­ben anzustehen.

Zur neuen Betei­li­gung an der HSB geht die SBS nur kleine Risi­ken ein, Syn­er­gien wer­den sich in der Pra­xis erst noch zei­gen müs­sen. Kon­kur­renz gibt es keine, da die zwei Gesell­schaf­ten preis­lich in ver­schie­de­nen «Ligen spie­len», wie es SBS-VR-Prä­si­dent Her­mann Hess bei der Ver­trags­un­ter­zeich­nung aus­drückte, «und sich gegen­sei­tig befruch­ten wer­den». Letzt­lich ver­folgt die SBS ein stra­te­gi­sches Ziel, um den wirt­schaft­li­chen Ein­fluss im „Boden­see-Schiff­fahrts-Kuchen“ zu stär­ken. Die Spat­zen pfei­fen es von den Dächern: die Zusam­men­ar­beit zwi­schen den drei gros­sen Boden­see-Schiffs­be­trie­ben steht auf einem Tief­punkt. Zu gross sind zur­zeit die Kul­tur­un­ter­schiede der drei Betriebe, stark wegen noch «offene Rech­nun­gen», die zurück gehen auf die Zeit, als die SBB ihre Schiffe am liebs­ten den Kon­stan­zern ver­kauft hät­ten. Aus­ser­dem wird die Rolle, wie man tou­ris­ti­sche Dienst­leis­tun­gen erbringt, in den drei Län­dern ganz unter­schied­lich wahrgenommen.

Die Kon­se­quen­zen die­ser uner­freu­li­chen Situa­tion müs­sen aber nicht die Vor­stände der drei Gesell­schaf­ten tra­gen, son­dern die Anwoh­ner und die Urlau­ber rund um den herr­li­chen Boden­see. So fehlt eine gemein­same Tages­karte, ein attrak­ti­ver Fahr­plan, bei dem alle drei Part­ner (VL, BSB und SBS) nur gewin­nen könn­ten, wenn sie etwas koope­rie­ren wür­den. Dies ver­sucht nun (im Klei­nen) die HSB und SBS; wei­tere Anstren­gun­gen der Zusam­men­ar­beit wären für uns Fahr­gäste – aber auch aus wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen – hoch willkommen.

Gehen nun auch struk­tu­rell gemein­same Wege: Art-Deco Schiff Oes­ter­reich als ers­tes Salon-Motor­schiff und das Jugend­stil-Schiff Hoh­ent­wiel, letz­ter Rad­damp­fer auf dem Bodensee.

Ein Bild mit Sym­bol­cha­rak­ter: Mar­kus Flatz, Spre­cher der Gesell­schaf­ter des MS Oes­ter­reich (links vom Tisch) sitzt via-à-vis von Kurt Reich, Dele­gier­ter des IBSM (Eigen­tü­me­rin DS Hoh­ent­wiel) und bespre­chen vor der Ver­trags­un­ter­zeich­nung letzte Details. Für die juris­tisch-kor­rekte Abwick­lung der Unter­neh­mung «His­to­ri­sche Schiff­fahrt Boden­see GmbH» sorgte der Rechts­an­walt Tobias Gisin­ger (Bild­mitte).

Eine Unter­schrift mit gros­ser Wir­kung: Hier­mit ver­zich­tet die Gemeinde Hard auf ihren 75,2 %-Anteil der bis­he­ri­gen HSG (Hoh­ent­wiel Schiff­fahrts­ge­sell­schaft GmbH) und ist neu nur noch (gemein­de­rechts-kon­form) mit 10 %-Anteil bei der HSB als Stand­ort­ge­meinde dabei. Vlnr: Mar­tin Stau­din­ger, Michael Simma, dahin­ter Tobias Gisinger

Auch Kurt Reich, Prä­si­dent der Schwei­zer Sek­tion und Ver­tre­ter des IBSM in der HSB, zeigt sich im Anschluss der Ver­trags­un­ter­zeich­nung erleich­tert, dass die gemein­same Ree­de­rei der bei­den Schiffe unter Dach und Fach ist.

Zwei glück­li­che „Gewin­ner“ der struk­tu­rel­len „Revo­lu­tion“ zur Betriebs-Fusion His­to­ri­sche Schiff­fahrt Boden­see: Jür­gen Zim­mer­mann, Initia­tor zur Ret­tung von MS Oes­ter­reich über­gibt ein Aqua­rell von Ger­hard Man­gold an Herr­mann Hess, VR-Prä­si­dent der SBS, die neu 20 % der Inha­ber­be­tei­li­gung übernehmen.

Andrea Ruf, CEO der SBS, über­bringt der Vize-Bür­ger­meis­te­rin von Hard, Nadine Häus­ler-Amann, ein Prä­sent der SBS aus Anlass der Ver­trags­un­ter­zeich­nung vom 1. Juni 2021: ein St. Gal­ler Schämpis.

Die Beleg­schaft der bei­den his­to­ri­schen Schiffe, hier ver­tre­ten durch Mitra Zoran, Kapi­tän Robert Köss­ler und Marion Gafgo, ist erleich­tert, dass die lan­gen Dis­kus­sio­nen um die Inte­gra­tion von MS Oes­ter­reich und kom­pli­zierte Abläufe ein Ende fin­den. Sie über­rei­chen Benno Gmür, dem Sanie­rer und Geschäfts­füh­rer der HSB ad inte­rim und Mar­kus Flatz, Gesell­schaf­ter-Spre­cher des Muse­ums­schif­fes Oes­ter­reich, eine HSB-Torte.

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Am Schluss des Blogs ist Ihr Kom­men­tar willkommen.

Hin­weise

1) Dazu ist zu bemer­ken, dass die «Hoh­ent­wiel» die letz­ten 30 Jahre aus­schliess­lich im Som­mer fuhr. Die «Oes­ter­reich» war von Anfang an auch für einen Win­ter­be­trieb aus­ge­stat­tet. Beide Schiffe zusam­men könn­ten in einer engen Koope­ra­tion also nicht nur eine Som­mer­sai­son, son­dern mit­ein­an­der zwei Som­mer- und eine Win­ter­sai­son pro Jahr «bespie­len». Das Stamm­per­so­nal könnte so für Nau­tik und Gas­tro­no­mie ganz­jäh­rig beschäf­tigt und fle­xi­bler auf bei­den Schif­fen ein­ge­setzt wer­den. Die Ein­kaufs­be­din­gun­gen sind für zwei Schiffe attrak­ti­ver als nur für eines, wäh­rend die Ver­mark­tung bei­der Schiffe gemein­sam wesent­li­che Ver­bes­se­run­gen bei nahezu glei­chen Over­head-Kos­ten bietet.

2) Der Schiff­fahrts­experte Mar­tin Uhlig zur Rolle von Hard: «Die ursprüng­li­che Kon­stel­la­tion rührt daher, dass die Gemeinde Hard der ‘Hoh­ent­wiel’ wäh­rend der Reno­vie­rung (1985 bis 1990) kos­ten­los einen Lie­ge­platz mit umfang­rei­cher Arbeits­flä­che zur Ver­fü­gung gestellt hat und dem Schiff seit der Wie­der­in­be­trieb­nahme einen Hei­mat­ha­fen bie­tet. Zur Wie­der-Inbe­trieb­nahme der ‘Hoh­ent­wiel» im Jahre 1990 benö­tigte das Dampf­schiff aber eine Kon­zes­sion für den Gele­gen­heits­ver­kehr auf dem Boden­see. Die damals ört­li­chen Kon­zes­si­ons­in­ha­ber waren die Öster­rei­chi­schen, die deut­schen und die Schwei­ze­ri­schen Bun­des­bah­nen (ÖBB, DB und SBB) und die spra­chen sich dage­gen aus, durch die ‘Hoh­ent­wiel’ eine wei­tere Kon­kur­renz zu bekom­men. In Öster­reich hat­ten aber ledig­lich der Bund, die Län­der und die Gemein­den einen unbe­ding­ten Anspruch auf eine sol­che Kon­zes­sion, und auch nur für eigene Betriebe. Bund und Land konn­ten sich nicht gegen die Staats­bahn stel­len, also blieb nur die Mög­lich­keit mit einer Gemeinde.

Auch hier sprang die Markt­ge­meinde Hard in die Pre­sche: So war es damals unab­ding­bar, dass die Gemeinde für ihre eigene Schiff­fahrts­ge­sell­schaft die Kon­zes­sion bean­tragte. Also musste die HSG gegrün­det und die Markt­ge­meinde Hard dabei die bestim­mende Mehr­heit erhal­ten. Ohne die mas­sive Unter­stüt­zung des dama­li­gen Bür­ger­meis­ters Ger­hard Köhl­meier (ÖVP, Vater des nach­ma­li­gen Bür­ger­meis­ters Harald Köhl­meier) hätte die ‘Hoh­ent­wiel’ damals also nicht wie­der in Betrieb gehen kön­nen. Aus den Umsät­zen und Gewin­nen der HSG wur­den an die Gemeinde Hard aber ledig­lich orts­üb­li­che Gebüh­ren und Steu­ern, nicht jedoch Gewinn­an­teile bezahlt. Die Gewinne flos­sen voll­um­fäng­lich in die Rück­la­gen des IBSM. Die Gemeinde Hard war also pri­mär am Erhalt des his­to­ri­schen Rad­damp­fers inter­es­siert, nicht jedoch an direk­ter Gewinn-Maxi­mie­rung zuguns­ten der Gemeindekasse.»

3) Eine sol­che Betei­li­gung erhoffte sich der Ver­ein MSOe auch vom IBSM, stiess aber beim dor­ti­gen Ver­eins­vor­stand auf Ableh­nung, siehe Knack­punkt 1.

4) Die HSG hat zusam­men mit Heino Huber die Hoh­ent­wiel-Gas­tro GmbH gegrün­det, die sich aber auf­grund sub­op­ti­ma­ler Infra­struk­tur an Land nur leid­lich ent­wi­ckeln konnte. Des­halb errich­tete die MS Oes­ter­reich GmbH für rund 3/4 Mil­lion Euro eine Land­kü­che beim Lie­ge­platz in Hard, von wo aus beide Schiffe bedient wurden.

Abkür­zungs-Ver­zeich­nis

HSG His­to­ri­sche Schiff­fahrt Boden­see GmbH (Ree­de­rei)

IBSM Inter­na­tio­na­les Boden­see Schiff­fahrts-Museum (Inha­be­rin DS Hohentwiel)

MSG Schiffs­gas­tro­no­mie GmbH (Inha­ber zu je 50 % IBSM und MSOe)

MSOe MS Oes­ter­reich GmbH (Inha­be­rin MS Oesterreich)

ÖVP Öster­rei­chi­sche Volkspartei

SPÖ Sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Par­tei Österreich

Wei­ter im Text

Tur­bu­lente Zei­ten für die «Hoh­ent­wiel»: neuer Geschäfts­füh­rer, neue Fir­men­struk­tur, neuer Unter­was­ser­an­strich (Link)

Impres­sum

Bild 1 M. Haef­ner, Bil­der 2 und 3 M. Schedl

Text und übrige Bil­der H. Amstad

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