Her­ein­spa­ziert“: Euro­päi­scher Tag des Denk­mals am Bei­spiel der Bas­ler Häfen

Am euro­päi­schen Tag des Denk­mals konnte ich zwi­schen vier nau­ti­schen Offer­ten aus­wäh­len, die mit einer Tages­reise zu errei­chen waren. In Lau­sanne gestat­te­ten die CGN und die Damp­fer­freunde ABVL und APL einen Blick in die offene Werft­halle, wo das Rad­mo­tor­schiff Ita­lie zur Zeit gene­ral­sa­niert wird. Auf dem Bri­enz­er­see war DS Lötsch­berg mit Fach­leu­ten unter­wegs, die den letz­ten Salon­damp­fer der Firma Escher Wyss aus Zürich erklär­ten. In Kon­stanz war die „alte Baden“ Aus­stel­lungs­ort für Füh­run­gen, wo unter ande­rem auch die denk­mal­ori­en­tierte Reno­va­tion von MS Schwa­ben im Zen­trum stand. Schliess­lich ent­schied ich mich für Basel, wo im Rhein­ha­fen rund 30 Attrak­tio­nen zum Thema Denk­mal, Städ­te­bau und Archi­tek­tur laut Ver­an­stal­ter 3 200 Besu­cher anzogen.

Ent­spre­chend führte der Andrang auch zu Ent­täu­schun­gen, weil viele der Dar­bie­tun­gen nur drei Mal auf dem Pro­gramm stan­den und die Grup­pen­grösse z.T. auf 25 beschränkt war. Bereits vor dem offi­zi­el­len Start der Ticket­aus­gabe bil­dete sich eine lange Schlange von inter­es­sier­ten Besu­chern, die aus der gan­zen Schweiz kamen, wie ich in Gesprä­chen fest­stel­len konnte. Bereits nach 10 Minu­ten waren die Ren­ner, z.B. die Indus­trie-Ikone Ber­noulli-Silo «aus­ver­kauft». Wir hat­ten Glück, da unsere „Wunschop­tio­nen“ nicht im Main­stream waren. Nach einer Stunde gab es über­haupt keine Ein­tritte mehr. Klaus Spech­ten­hau­ser, wis­sen­schaft­li­cher Redak­tor der Denk­mal­pflege Basel-Stadt, erklärt den Ansturm so: «Die Zukunft des Hafens ist seit eini­ger Zeit ein wich­ti­ges Thema in Basel, das auch in den Medien stets prä­sent ist. Die Orga­ni­sa­tion ist ziem­lich anspruchs­voll und ein enor­mer Auf­wand, alles abzu­klä­ren, zusam­men­zu­stel­len und zu koor­di­nie­ren. Pri­mär sind wir auf den Good­will der Betei­lig­ten angewiesen.“

Ers­ter Punkt war für mich um elf Uhr eine Schiff­fahrt mit der „Bas­ler­dy­bli“, wo Tho­mas Wal­tert und David Rin­der­knecht Aus­füh­run­gen mach­ten zur „tri­na­tio­na­len“ Zukunft im Gebiet des heu­ti­gen Bas­ler Rhein­ha­fens, des deut­schen Weil am Rhein und des fran­zö­si­schen Huni­n­gue. David Rin­der­knecht: „Vor 100 Jah­ren haben sich hier mit dem Bau der Häfen Stadt­teile ent­wi­ckelt, die einen durch­ge­hen­den Raum bil­den, der aber durch Gren­zen zer­schnit­ten ist. Der öffent­li­che Zugang zum Rhein ist zudem durch die indus­tri­elle Infra­struk­tur wie z.B. durch Güter­bah­nen ver­un­mög­licht.“ Seit fünf Jah­ren arbei­ten alle drei Städte zusam­men, um hier ein neues urba­nes Zen­trum zu pla­nen, ein „Man­hat­ten“ mit neuen Brü­cken und freien Zugän­gen zum Rhein.

Sämt­li­che Restau­rants im Quar­tier hat­ten geschlos­sen, aus­ser der „Ros­tige Anker“ (bei dem es aber am Mit­tag kein Essen gab) und dem Restau­rant Schiff, des­sen Küche ent­spre­chend ein­brach. Die­ses statt­li­che Restau­rant am Hoch­ber­ger­platz an bes­ter Lage auf dem Spa­zier­gang zu den Hafen­be­cken wurde 1927 von der Braue­rei Feld­schlöss­chen erbaut und beein­druckt durch seine Archi­tek­tur und die qua­li­täts­vol­len Wand­ma­ler­einen des Bas­ler Künst­lers Burk­hard Man­gold. Monu­men­tale Figu­ren und Flag­gen von Ree­de­reien rah­men den Ein­gangs­er­ker ein. Wir hat­ten dann schön Zeit, dies zu bewun­dern, bevor wir unver­rich­te­ter Dinge nach einer Stunde War­te­zeit wie­der davon zottelten.

Denn um 14 Uhr nahm uns das Bil­ge­nent­ölungs­boot Bibo Regio zu einer kom­men­tier­ten Hafen­rund­fahrt auf. Die Denk­mal­pfle­ge­rin Ste­pha­nie Fell­mann und der Schiffs­experte Urs Vogel­ba­cher wuss­ten auf der Fahrt ins Hafen­be­cken II Inter­es­san­tes zu erzäh­len. Urs Vogel­ba­cher: „Das erste Dampf­schiff, die ‚Stadt Frank­furt’, traf 1832 in Basel ein. Mit der Eröff­nung der Elsäs­ser­bahn (Ver­bin­dung Basel – Strass­burg) im Jahr 1844 war es dann wie­der vor­bei mit der durch­ge­hen­den Fracht- oder Pas­sa­gier­schiff­fahrt auf die­ser Stre­cke. Erst mit der zwei­ten indus­tri­el­len Revo­lu­tion und dem damit ver­bun­de­nen ver­stärk­ten Import von Eisen, Stahl und Kohle wagte Rudolf Gelpke im Jahr 1903 einen erneu­ten Ver­such mit dem Schrau­ben­damp­fer Jus­ti­tia, dem dann 1904 der erste Schlepp­zug (DSchl Knip­scheer IX und GSK Chris­tina) folgte. Dies war dann der Beginn der ‚moder­nen’ Rhein­schiff­fahrt bis Basel.“ Begon­nen hat Klein­hü­nin­gen als Hafen­stadt kurz nach dem Ers­ten Welt­krieg, wo 1919 – 22 das Hafen­be­cken I aus­ge­ho­ben wurde.

Erklä­run­gen an Bord des Schlep­pers Lai da Tuma gab es durch den Schiffs­füh­rer Karl­heinz Stein. Sein Vater Anton war schon Schiffs­füh­rer bei der Schwei­ze­ri­schen Ree­de­rei AG und seine Schwes­ter Monika bei der Cisal­pina Tan­k­ree­de­rei AG in der Lehre. Er ver­setze die Zuhö­ren­den in die ver­gan­gene Zeit der Schlepp­schiff­fahrt, die bis 1970 prä­gend war auf dem Rhein. Heute ist die „Lai da Tuma“ für Not­fälle gerüs­tet und des­halb 24 Stun­den durch einen Matro­sen belegt. Er wird 14-täg­lich abge­löst und hält das Schiff im Schuss. Einen har­ten Ein­satz hatte das Schiff beim Unter­gang der „Mer­lin“ von anfangs August 2014, wo sogar Schicht­be­trieb not­wen­dig war. Kürz­lich half das Schiff einem Selbst­fah­rer, bei dem einer der bei­den Moto­ren aus­fiel. Die Kos­ten von 800 Fran­ken pro Stunde sind in der Regel ver­si­chert. Auch pri­vat kann das schmu­cke Die­sel­schiff zum glei­chen Tarif gemie­tet wer­den; für die 50 Fahr­gäste wird dann hydrau­lisch ein Segel­dach auf­ge­klappt. Aus­ser­dem hat es eine Bar und im Unter­deck einen Semi­nar­raum. Wenn die Hoch­was­ser­marke von 700 cm über­schrit­ten ist, unter­stützt der Schlep­per alle ein­mo­to­rig betrie­be­nen Schiffe bei der Fahrt zu Berg. Dabei wird er ergänzt durch den zwei­ten in Basel noch exis­tie­ren­den Schlep­per Vogel Gryff. Die Tage die­ses his­to­ri­schen, in Basel erbau­ten Schif­fes aus dem Jahr 1958 sind aller­dings gezählt: «Die Scha­len­di­cke ist zu dünn gewor­den», ergänzt Karl­heinz Stein. Ich hoffe, dass es als Aus­stel­lungs­stück irgendwo eine neue Hei­mat findet.

Schliess­lich geniesse ich die Leer­fahrt zurück zum Lie­ge­platz bei der Revier­zen­trale, um anschlies­send beim Ros­ti­gen Anker ein­zu­keh­ren, einem lau­schi­gen Hafen­beizli, das fast nicht zu fin­den ist. Doch in Basel hat sich die Küche die­ser Schif­fer­spe­lunke längst her­um­ge­spro­chen: ab 1800 Uhr sind sämt­li­che Sitz­plätze reserviert.

MS Bas­ler­dy­bli im Hafen­be­cken I, umrahmt mit Kran­an­la­gen und Verladeeinrichtungen.

Das Schiff wäre durch­aus auch eine Erwäh­nung wert gewe­sen im Pro­gramm: ob die Bas­ler Denk­mal­pflege weiss, dass die­ser Raum (ohne die schlimme Decke) vom Orgi­nal-Erst­klass-Salon von DS Pila­tus (Vier­wald­stätter­see) stammt?

Die „Bibo Regio“ ist am Tag des Denk­mals als „Steh­platz­damp­fer“ unter­wegs, in Hin­ter­grund das wach­sende Quar­tier der Che­mie und links das Zelt, wo dar­un­ter für 210 Mil­lio­nen Euro das Erd­reich abge­tra­gen wer­den muss, Alt­las­ten eines fran­zö­si­schen Chemiewerkes.

Urs Vogel­ba­cher gilt als der beste Ken­ner der Bas­ler Schiff­fahrt, hier hin­ter der Steu­er­haus­scheibe der „Bibo Regio“, die das Glit­zern des Rheins spiegelt.

Die „Lai da Tuma“ fährt ans Ende des Hafen­be­ckens I, wo sie ihre Tore öff­net zum inter­na­tio­na­len Tag des Denkmals.

Die­ses Schiff ver­schwin­det bald vom Hafen­bild: die letzte Sai­son für die „Vogel Gryff“.

(Text und Bil­der H. Amstad)

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