In Solo­thurn und Luzern: Zwei Damp­fer­pa­raden an einem Tag erfreuen Jung und Alt

Die Will­kom­mens­parade war ursprünglich für den 1. Mai, anlässlich der Wie­der­in­be­trieb­nahme der «Stadt Luzern», vor­ge­sehen. Sie fand dann aber wegen covid­be­dingten, behördlich geschlos­senen Restau­rants erst fünf Monate später statt. Gemeinsam mit den Dampf­schiffen Unter­walden, Uri und Gallia, sowie mit dem Motor­schiff Diamant als Foto- und Begleit­schiff wurde das Flagg­schiff am 11. Sep­tember von den übrigen «Alten Damen» wieder in die Runde auf­ge­nommen. Nebst dem DS Unter­walden ist die «Stadt» nun das zweite Schiff der SGV, welches integral unter Denk­mal­schutz steht.

Die Vor­aus­set­zungen für eine stim­mungs­volle Damp­fer­parade waren gegeben: Bestes Wetter, schon lange kein grosser Nautik-Event mehr auf dem See, (fast) aus­ver­kaufte Plätze auf den Schiffen. Dass bei mir trotzdem keine Euphorie aufkam, könnte an fol­genden Punkten gelegen haben: Der Dampfer Schiller lag, mit einem ein­jäh­rigen Shutdown belegt, in der Werft; er fehlte! Anders als in anderen Jahren waren die Distanzen zwi­schen den Dampfern bei dieser Parade auf­fallend gross, was einer gewissen Emo­tio­na­lität Abbruch tat. Schliesslich bean­stan­deten Bewoh­ne­rinnen und Bewohner der Anrai­ner­ge­meinden, dass sämt­liche For­ma­ti­ons­ak­ti­vi­täten mitten im Vier­wald­stät­tersee statt­fanden. Hun­derte von Men­schen genossen das seltene Bild, so viele Schiffe auf einmal im Blickfeld zu haben, vom Ufer aus – aber leider jeweils Kilo­meter weit ent­fernt. So bekam ich Bilder aus Weggis und Beckenried, auf denen die Schiffe nur noch als kleine Striche wahr­nehmbar waren. Im Sinne eines Mul­ti­pli­ka­toren- und Wer­be­ef­fektes wäre zu über­legen, auf ein frü­heres Konzept zurück­zu­greifen, wobei sich z.B. die Dampfer vor einem Dorf in Stellung brachten oder dass, wie am Gen­fersee, eine Ort­schaft sogar die Orga­ni­sation eines Damp­fer­festes über­nehmen könnte.

Höhe­punkte bei der dies­jäh­rigen Parade waren nebst dem syn­chronen Ver­lassen der Schiffe ab den Lan­dungs­brücken 5 und 6 in Luzern, die Kehre im Küss­nach­ter­becken, die Para­den­ab­nahme der Rad­dampfer durch die «Diamant» und «Europa» (an diesem Tag auf Extrafahrt) und die kurzen Posi­ti­ons­wechsel der Rad­dampfer auf der Fahrt gegen Luzern zu, die sehr dyna­misch wirkten.

Nach der Ankunft in Luzern um 15.00 Uhr reichte es gerade noch dazu, den Zug Richtung Solo­thurn zu erreichen, um dort die abend­liche Aus­fahrt der Dampfboot-Kapitäne an Bord der «St. Urs» von Solo­thurn nach Altreu mitzuerleben.

Solo­thurn qualmt und dampft

Sozu­sagen als Par­al­lel­ver­an­staltung fand gleich­zeitig zur Luzerner Dampf­schiff-Parade die 1. Solo­thurner Dampfboot-Parade statt. Peter Lukas Meier, Prä­sident des Vereins Schif­faare, hat diesen Anlass zusammen mit dem Verein Schweizer Dampf­boot­freunde und dessen Vor­stands­mit­glied Thomas Schmid auf die Beine gestellt. Eigentlich hätte der Anlass schon letztes Jahr mit 25 Booten statt­finden sollen, doch damals war die Pan­de­mie­si­tuation zu unsicher und die geplante Parade fiel aus.

Der Verein Schif­faare lud die Bevöl­kerung ein, das Old­timer-Treffen von der Drei­beins­kreuz-Fuss­gän­ger­brücke aus zu bestaunen. Peter Lukas Meier: „Und sie kamen zu Tau­senden und bestaunten die Dampf­boote1, die sich schnaubend und zischend auf der Aare zwi­schen dem Hafen Solo­thurn beim Pier 11 und der Krummturm-Schanze prä­sen­tierten.“ Nur hupen durften sie nicht und so fiel ein wesent­licher Bestandteil einer solchen Ver­an­staltung ins (Aare-) Wasser. „Und der Abstand zwi­schen den Booten musste min­destens 100 Meter betragen, damit sich die Vögel nicht gestört fühlen“, meint kopf­schüt­telnd ein Mit­glied des Orga­ni­sa­ti­ons­ko­mitees. Das erste Dampf­boot­treffen in Solo­thurn zahlte „seinen Preis“: Weil es im Kanton Solo­thurn noch nie ein Dampf­boot­treffen gab, drückten die kan­to­nalen Bewil­li­gungs­be­hörden den Orga­ni­sa­toren aus Unkenntnis der Sachlage unsinnige Vor­schriften „aufs Auge“.

So war es gemäss Bewil­ligung nicht erlaubt, die Dampf­pfeife zu ziehen. Im Erlass stand aber nichts von einer Cal­liope2. Das ist eine mit Dampf betriebene Orgel. So spielte der Organist Peter Graf auf der „Vul­cania“ frisch munter eine Melodie nach der andern. Besonders für die Inter­pre­tation des Solo­thurner Liedes gab es Applaus. Zwi­schen 14 und 16 Uhr fuhren die kleinen damp­fenden Boote den Publi­kums­parcour. Die Parade sowie die ein­zelnen Boote wurden im Bereich der Drei­beins­kreuz-Brücke fach­män­nisch kom­men­tiert. Gele­genheit, die Dampf­boote zu besich­tigen, bot sich während des gesamten Wochen­endes beim Pier 11 beim Hafen von Solo­thurn. Für Inter­es­sierte fuhr das Öufi-Boot als Foto­schiff aus. Peter Meier: „Ich kann mir vor­stellen, dass es in fünf Jahren zur zweiten Ausgabe kommt. Dann ver­suchen wir, die Parade in der Innen­stadt zu planen.“

Die Ver­ei­nigung Schweizer Dampf­boot­freunde bleibt aktiv

Die Ver­ei­nigung Schweizer Dampf­boot­freunde VSD macht mit seinen 125 Mit­gliedern und 34 Dampf­schiffen an ihren Treffen immer wieder gute Öffent­lich­keit­arbeit. Dabei kommt dem Ver­eins­vor­stand und seinem Prä­sidium eine gewichtige Rolle zu, um die Ver­ei­nigung nach aussen zu ver­treten. Nach dem Rück­tritt ihres Prä­si­denten Michael Neuer suchte die VSD ver­gebens eine Nach­folge. Deshalb ent­schieden die Mit­glieder an der dies­jäh­rigen Gene­ral­ver­sammlung, ihre Sta­tuten so zu ändern, dass künftig der Vor­stand auch als Kol­lektiv gewählt funk­tio­nieren kann3. Michael Neuer zieht Fazit: «Der VSD-ASV ist dank dieser Änderung hand­lungs­fähig geblieben. An der nächsten GV im Frühling 2022 ist geplant, die Zukunft des VSD-ASV an die Hand zu nehmen. Wir sind auf einem guten Weg.»

Ob im Jahr 2022 irgendwo in der Schweiz ein grosses Dampf­boots­treffen statt­finden wird oder nicht, steht noch in den Sternen. Neuer: „Even­tuell könnte ein solches in Stansstad auf dem Vier­wald­stät­tersee statt­finden. Fest steht schon, dass unser 40-jäh­riges Jubiläum im Juni 2023 in Rap­perswil auf dem Zürichsee gefeiert wird.»

Auch im hohen Alter nichts an Eleganz ver­loren: Die alten «Damen», wie die «Uri», sind zur Parade in Luzern abfahrtsbereit.

Die Parade fand zu Ehren der Wie­der­in­be­trieb­nahme der «Stadt Luzern» statt.

Auf der Rück­fahrt prä­sen­tierte die Luzerner Feu­erwehr ihre jüngste und ein­satz­stärkste Einheit.

Als besondere Attraktion gab es in Solo­thurn DS Vul­cania von Pierre-Edgar Croci mit einer Cal­liope zu bestaunen. Dabei handelt es sich um eine auf einem Dampfboot instal­lierte dampf­be­triebene Orgel.

Von der Drei­beins­kreuz-Brücke konnten die Solo­thurner die Dampf­boote aus der Vogel­per­spektive bestaunen, hier im Bild der Rad­dampfer Liberty Belle.

Dampf­boot­ro­mantik an Bord der «St. Urs» der Gebrüder Schmid und ihren Familien.

«Hafen­stadt» Solo­thurn: Die Dampf­boote kreuzten sich auch mit den BSG-Schiffen (hier MS Siesta und MS Stadt Solo­thurn am Ufer) und mit den Schiffen vom Öufiboot (unter der Brücke erkennbar MS Wyssestei).

Bilder im Textteil: Ein für die Vier­wald­stät­tersee-Parade 2021 typi­sches Bild (oben). Der Publi­kums­auf­marsch der Solo­thurner war enorm und bereitete allen Boots-Kapi­tänen grosse Freude.

Durch Klick aufs Bild erscheint dieses im Grossformat.

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Hin­weise

1) Die betei­ligten Dampf­boote waren: «St. Urs» – als ein­hei­mische Einheit, Hei­mat­hafen Solo­thurn, «Dampf Hans» vom Walensee/​Limmat, «Isle of Jura» vom Bie­lersee, «Lag­avulin» vom Mur­tensee, «Liberty Belle» überall in Europa unterwegs, sta­tio­niert in Emmen­brücke, «Minette» vom Zürichsee/​Obersee, «Penelope», Zürichsee und sehr fle­xibel, «Steamy», Hei­mat­ge­wässer Hall­wi­lersee, unterwegs in der ganzen Schweiz. «Vaporosa», direkt von der Aare in Solo­thurn, «Vul­cania» mit Cal­liope vom Lac Léman und die für die Stadt Solo­thurn wichtige Nr. 11, die «Loui­siane» blieb in Le Lan­deron mit einem Kes­sel­spei­se­problem liegen.

2) aus dem grie­chi­schen, über­setzt «die Schönstimmige»

3) Der gewählte Vor­stand bestehend aus: Beat Lenel (Aktuar), Mimi Schmid (St. Urs), Isa­belle Sahli (Isle of Jura), Thomas Schmid (St. Urs), Michael Neuer (Dampf Hans).

Impressum

Bilder 2 und 3 sowie im Textteil oben B. Zum­stein, Bilder 5 und 7 sowie im Textteil unten P.L. Meier, Bild 4 H.P. Schläfli

Text und übrige Bilder H. Amstad

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