Inno­va­tio­nen in Romans­horn: grösste Werft am Boden­see, Vor­freude auf die Plattform

Bei der schwei­ze­ri­schen Boden­see-Schiff­fahrt SBS tut sich was: Ein Inves­ti­ti­ons­pro­gramm in der Höhe von 25 Mil­lio­nen Fran­ken hat vor zwei Jah­ren ein Ver­kaufs- und Ver­wal­tungs­ge­bäude geschaf­fen, letz­tes Jahr die Werft erneu­ert und bald ist eine Fla­nier­zone im gröss­ten Hafen des Boden­sees erstellt. Wenn ich vom Inter­city von Zürich kom­mend auf die Fähre nach Fried­richs­ha­fen umsteige, wirkt der Hafen leer und ein­sam, aber auch wohl­tu­end gross­zü­gig, ein span­nen­der Kon­tra­punkt zur über­stell­ten Anlage am Ziel­ha­fen. In der Ver­gan­gen­heit aller­dings war hier eini­ges los: Die Post hatte hier in rie­si­gen Lager­hal­len den Han­del mit Deutsch­land abge­wi­ckelt; den SBB gehör­ten die Lager­schup­pen, wel­che 1999 abge­brannt sind und der Zoll war in einem heute unter Schutz gestell­ten Gebäude im Nor­den tätig. Romans­horn war nach Basel der bedeu­tendste Hafen der Schweiz.

Der Hafen ist mit sei­ner ver­gleich­ba­ren Flä­che von 370 Ten­nis­plät­zen oder 7 Fuss­ball­sta­dien so gross, dass er Ver­klei­ne­rungs­ku­ren pro­blem­los ver­kraf­tet. 2009 erstellte die SBS im nörd­li­chen Teil einen Pri­vat­jacht­ha­fen. Und in die­sem Jahr rea­li­siert die SBS nun die Umset­zung der Fla­nier­zone in Form einer 1000 m² gros­sen Holz­platt­form und neue, attrak­tive Anle­ge­stel­len für fünf Schiffe, par­al­lel zur Auto­fähre gele­gen. Die­ses mari­time Flair wird die See­ufer­par­tie von Romans­horn wesent­lich auf­wer­ten. Die Pfähle für die Schiffe sowie für die schwim­men­den Pon­tons sind bereits gerammt und wir­ken zur Zeit wie Kunst­ste­len im Hafen­be­cken. Die Gemeinde betei­ligt sich mit 600 000 Fran­ken an den Erstel­lungs­kos­ten von 2,4 Mil­lio­nen. Die Holz­platt­form kommt direkt vor das Ver­wal­tungs­ge­bäude zu lie­gen. Dadurch wer­den die Betriebs­ab­läufe ver­ein­facht. Die Zugänge zu den Schif­fen wer­den behin­der­ten­ge­recht, was bis­lang nur bedingt der Fall war. Nach dem Bezug der neuen Anle­ge­stel­len Ende April blei­ben die bis­he­ri­gen Stege 1 und 2 bestehen, die Anle­ge­stel­len 3 und 4 wer­den spä­ter auf­ge­ho­ben. Ein Restau­rant mit einem Innen- und einem Aus­sen­be­reich wird Leben an den Hafen brin­gen, die Basis­kü­che besteht bereits. Die SBS räumt der Stadt ein Zugangs­recht für die Öffent­lich­keit ein, für den Unter­halt der Platt­form kommt die Schiff­fahrt auf.

Auch sonst soll Leben in den Hafen kom­men: ein Hotel­pro­jekt im Nor­den des Hafens ist spruch­reif, das His­to­ri­sche Museum des Kan­tons Thur­gau hofft auf ein Plätz­chen am Was­ser und der Boden­see-Velo­weg, der gemäss kan­to­na­lem Richt­plan am Hafen vor­bei füh­ren wird, könnte zusätz­li­che Gäste ins Geviert brin­gen. Geht nun die Ver­bau­ung des Hafens unver­blümt wei­ter? Her­mann Hess gegen­über dem St. Gal­ler Tag­blatt: „Wir wol­len die Was­ser­flä­che in ers­ter Linie frei las­sen. Und wir brau­chen wei­ter­hin Raum für siche­res Manö­vrie­ren. Der aus­ser­ge­wöhn­lich grosse Hafen hat für uns auch eine ästhe­ti­sche Qua­li­tät. Leere kann etwas Schö­nes sein, wie beim neuen Sech­se­läu­ten-Platz in Zürich.»

Bei einem Augen­schein* bin ich beein­druckt über die zweck­mäs­sige Infra­struk­tur der neuen SBS-Werft, in der Nähe des Hafens gele­gen. In den Annex­bau­ten befin­den sich top­mo­dern aus­ge­rüs­tete Fach­räume für Maler, Schrei­ner, Elek­tri­ker, Schlos­ser und Mecha­ni­ker. Nach neun­mo­na­ti­ger Bau­zeit und einer Inves­ti­tion von 9 Mil­lio­nen Fran­ken hat die Schwei­ze­ri­sche Boden­see-Schiff­fahrt am 6. Novem­ber 2014 die neue Werft ein­ge­weiht. Sie ist um zwei Fens­ter­ele­mente ver­län­gert und 1,2 Meter höher gewor­den. „Obwohl das 100-jäh­rige Gebäude unter Denk­mal­schutz steht durfte die Fach­kon­struk­tion des Dach­stuh­les ersetzt wer­den,“ erklärt Erich Hefti, Ober­ka­pi­tän der SBS, die unge­wöhn­li­che Innen­raum­höhe. Selbst das grösste Schiff am Boden­see fin­det jetzt Platz, die 84 Meter lange Fähre Lodi. Aus­ser die „Son­nen­kö­ni­gin“ – die bleibt auch künf­tig vor dem gröss­ten Roll­tor der Schweiz. Die Vor­arl­berg­li­nes wur­den von der SBS ein­ge­la­den, das finan­zi­elle Delta zum Auf­zie­hen ihres Schif­fes zu über­neh­men, was sie aber ablehnte.

Erich Hefti: „Mit Spunt­wän­den und einem Fang­damm wurde der Werft­ha­fen tro­cken gelegt, damit die Beto­nier­ar­bei­ten zur Hal­len­ver­län­ge­rung effi­zi­ent aus­ge­führt wer­den konn­ten.“ Dabei wurde der Werft­ha­fen auch aus­ge­bag­gert, um künf­tig alle Schiffe auch bei Nied­rig­was­ser pro­blem­los ein­fah­ren zu las­sen. „Die ein­zige böse Über­ra­schung des Baus war die unter­schätzte Menge des als Son­der­müll zu ent­sor­gen­den Schlam­mes. Satt der erwar­te­ten 1500 Kubik­me­ter wur­den 3000 dar­aus.“ Zur Zeit steht die Fähre Tabor in der Halle. Nach bloss 12 Jah­ren ist eine Total­sa­nie­rung der Kon­stan­zer Fähre nötig; sämt­li­che Fens­ter sind aus­ge­baut, das Schiff aus­ge­kernt. Vor allem bei den Über­gän­gen hat sich viel Rost am Bod­an­schiff gebil­det. Die Fähre fuhr übri­gens nur mit einem Antrieb nach Romans­horn; der eine Voith-Schnei­der-Antrieb wurde bereits in Staad aus­ge­baut, der andere dann in Romanshorn.

Nach der Schlies­sung der Bodan­werft im Jahr 2001 hat Her­mann Hess, der Besit­zer der SBS, mit dem mas­si­ven Aus­bau sei­ner Werft mutig gehan­delt. Dies ohne Gewiss­heit, ob der Plan auf­geht. Doch rund 30 Schiffe rund um den See müs­sen regel­mäs­sig gewar­tet wer­den. Und die SBS-Werft bie­tet auch die Infra­struk­tur, um künf­tige Schiffs­neu­bau­ten zu rea­li­sie­ren. Der Kan­ton Thur­gau hat eine Stu­die für einen Halb­stun­den­takt in Auf­trag gege­ben, um das Schwei­zer mit dem deut­schen Ufer bes­ser zu ver­bin­den. Das bedingt neue Fäh­ren, die etwas über 25 km/​h fah­ren kön­nen. Hefti: „Geplant sind klei­nere Ein­hei­ten als die heu­ti­gen.“ Die drei gros­sen Fäh­ren möch­ten die SBS und BSB trotz­dem behal­ten. Des­halb wer­den sowohl die „Fried­richs­ha­fen“ mit Jahr­gang 1966 in die­sem Früh­ling und die „Romans­horn“ (1958) im Win­ter 2015/16 neue Moto­ren bekommen.

Der am 15. Januar 2015 gegen­über dem Fran­ken um 20% abge­wer­tete Euro­kurs ist für die Kon­kur­renz­fä­hig­keit auf den ers­ten Blick nach­tei­lig für die Werft­be­trei­ber der Boden­see Schiffs­be­triebe. Dadurch aber, dass sie sel­ber keine Pro­duk­ti­ons­stät­ten unter­hal­ten, son­dern in ers­ter Linie die Werft mit­samt den Fach­räu­men aus­mie­ten, ist es denk­bar, dass Fir­men aus dem Euro­raum in Romans­horn arbei­ten und damit der hohe Schwei­zer Fran­ken nicht mehr so stark ein­schenkt. Probe auf Exem­pel wird die ab 2017 geplante neue Fähre auf der Schiffs­ver­bin­dung Kon­stanz-Meers­burg sein. Das Schiff haben die Kon­stan­zer Stadt­werke auf 12 Mil­lio­nen Euro bud­ge­tiert, im Jahr 2015 wer­den für die­ses Pro­jekt bereits 2,4 Mil­lio­nen Rück­stel­lun­gen gemacht. Ent­schei­dun­gen, wo die Fähre gebaut wird, sind noch nicht gefal­len. Die Chan­cen ste­hen für die Romans­hor­ner aber gut, zumal die deut­sche Werft in Fried­richs­ha­fen zu klein ist und die Öswag im öster­rei­chi­schen Fussach zwar über eine Hel­ling, nicht aber über eine Halle verfügt.

Für den Erwei­te­rungs­bau wurde der Werft­ha­fen tro­cken gelegt und die Halle um zwei Drei­er­fens­ter-Ele­mente ver­län­gert. Heute kann sowohl die „Lodi“ mit ihren 84 m Länge wie die hohe „Eure­gia“ in die Hallle gezo­gen werden.

Zur Zeit erfährt die Fähre Romans­horn eine Moto­ren­re­vi­sion. Ihr Ori­gi­nal­mo­tor der SLM Win­ter­thur (Vier­takt­mo­tor 8 VD 25 MT) wird ein letz­tes Mal der ordent­li­chen Revi­sion unter­zo­gen; nach sei­nem Ersatz im kom­men­den Win­ter wird er dann Ersatz­teil­la­ger für die „Zürich“ und „Thur­gau“, die dadurch ihre Moto­ren glei­chen Typs noch lange brau­chen können.

Erich Hefti zeigt den Raum der Schlos­ser­ab­tei­lung, davor die acht Zylin­der­köpfe der „Romans­horn“.

Ein aus­ge­bau­ter Kol­ben, ein Ven­til und der Pleuel zei­gen die beacht­li­che Dimen­sion im Grös­sen­ver­gleich des Palettes.

Die Kon­stan­zer Fähre Tàbor erfährt eine Total­re­vi­sion in der Halle.

Draus­sen war­tet ihr Voith-Schnei­der-Antrieb auf den Wie­der­ein­bau; schön sicht­bar sind die Antriebs­flü­gel in Form von Messern.

Bil­der 1 und 2 E. Heft, Text und übrige Bil­der H. Amstad

Durch Klick aufs Bild erscheint die­ses im Grossformat.

Am Schluss des Blogs ist Ihr Kom­men­tar willkommen.

Wei­ter im Text

Motor und Voith-Schnei­der-Antrieb der „Romans­horn“ Link; wei­te­rer Blog-Text SBS

Bewer­tung abgeben 🙂

[ratings]