Kurt Bräggers Kursbuch-Akrobatik führt zu einer speziellen Schiffssafari auf dem Zürichsee
13 verschiedene Schiffe an einem Tag tönt so spannend wie der berühmte Spruch „Sieben auf einen Streich“, den das tapfere Schneiderlein im gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm auf seinen Gürtel stickte, nachdem es ihm gelungen war, sieben Fliegen auf einen Streich zu erschlagen. Unser „Held“ schafft sogar 13 auf einen Streich, heisst Kurt Brägger und liebt Schiff-Fahren seit Kindsbeinen an. Obschon in der ganzen Schweiz auf den Gewässern unterwegs, ist er am häufigsten auf dem Zürichsee anzutreffen. Seine Herausforderung bestand darin, in einem Tag mit möglichst vielen verschiedenen Schiffen zu fahren. Brägger: „Ich habe das vor zehn Jahren schon mal gemacht, allerdings ohne Beweise in Form der entsprechenden Schiffsstempel.“ Ich treffe ihn zufälligerweise an Bord der „Linth“ an und bin erstaunt, dass sowas möglich ist.
So einfach auf den ersten Blick das Tagesprogramm aussieht, so komplex und anspruchsvoll ist für den ehemaligen Fahrdienstleiter der SBB die Planung: „Der papierene Fahrplan, die Fahrordnung und geografische Kenntnisse machen die Kursbuch-Akrobatik möglich.“ Der Computer muss hier „forfait“ geben, denn mit dem elektronischen Fahrplan kommt man nicht weit. Die Schiffe auf dem Zürichsee fahren an Werktagen von 6.30 Uhr (Küsnacht – Thalwil) bis um 22.00 Uhr (Limmatschiff). Kurt Brägger reicht aber ein „Arbeitstag“ von gut neun Stunden, um die maximal 13 (von 17) möglichen Schiffe zu besteigen. Als erstes bringt ihn MS Bachtel um 9.50 Uhr von Thalwil nach Heslibach*. Mit MS Albis und MS Uetliberg kurvt er anschliessend auf der kleinen Rundfahrt. Kreuzfahrten mit MS Helvetia, MS Panta Rhei, MS Säntis und MS Wädenswil bringen ihn via Rapperswil zum schwyzerischen Pfäffikon.
Hier passiert der einzige „Bruch“: nur dank der S8 gelingt es ihm, in weniger als einer halben Stunde wieder in Wädenswil zu sein, um mit der „Zimmerberg“ die Querfahrt nach Stäfa zu erreichen. Via „Linth“ und nochmals „Panta Rhei“ gelingt der Anschluss in Richterswil auf den Raddampfer Stadt Rapperswil. Bereits zum dritten Mal für heute hat Kurt Brägger rund eine Stunde Zeit sich zu erholen, da die andern zehn Fahrten zum Teil etwas eng getaktet sind. Am kürzesten war er auf der «Bachtel» und «Zimmerberg» mit je rund zehn Minuten.
Auch auf dem Vierwaldstättersee zu Hause
Kurt Brägger ist auch auf dem Vierwaldstättersee ein gern gesehener Gast. Gersau ist sein Lieblingsort. Hier verbringt er seit 63 Jahren seine Sommerferien, 48 Jahre in der «Sonne» und nun seit 15 Jahren im «Schwert». «Ich war viele Male mit DS Wilhelm Tell unterwegs, aber auch an Fahrten mit dem Dampfschiff Pilatus mag ich mich erinnern, das Mitte der Fünfzigerjahren jeweils den Kurs 24 supplementierte. Am 2. August 1963 fuhr ich mit der ‹Italia› den ersten Morgenkurs 6 von Gersau nach Kehrsiten-Bürgenstock.» Kurt Bräggers Geheimtipp in Gersau ist das Strandbad Kindli, zwischen Gersau und Brunnen gelegen: „Ich kenne schweizweit keine andere Badi, die so idyllisch gelegen ist.“ Und seine Lieblingsschifffahrt – wie könnte es anders sein – geniesst er auf dem Zürichsee mit einer Dampferfahrt in den Obersee.
Die Aufnahmen sind nicht alle am 23. August entstanden, aber alle im Sommer 2018. Die Chronologie der Bilder entspricht der Abfolge von Kurt Bräggers Schiffssafari. MS Uetliberg ist eines von drei gefälligen, mittleren Motorschiffen, die 1997, 1998 und 1999 in Kressbronn am Bodensee gebaut wurden. Die Bodanwerft war von 1952 bis 2001 rund 50 Jahre lang die Hauswerft der ZSG.
Die unscheinbare und unaufgeregte „Helvetia“ gilt trotz bloss zweier Decks und nur einem Motor als Flaggschiff der ZSG und fasst erstaunlichweise 1000 Personen.
MS Säntis ist 40 Jahre älter (1957) als die gleich grossen, ebenfalls 300 Personen fassenden Schiffe der „Albis“-Klasse (siehe Bild 1).
MS Panta Rhei, das jüngste ZSG-Schiff (2007), startete unter einem unglücklichen Stern; konstruktive Mängel beschäftigten die ZSG jahrelang.
MS Zimmerberg und sein Schwesterschiff MS Forch dienen seit 2001 in erster Linie als Fährverbindungen zwischen Wädenswil und Männedorf.
DS Stadt Rapperswil (1914) ist zusammen mit DS Stadt Zürich (1909) ein Publikumsliebling; leider sind beide gleichzeitig in letzter Zeit selten im Einsatz zu erleben. Kurt Brägger vor einem seiner Lieblingsschiffe.
In den Neunzigerjahren erlebte die ZSG mit sechs Neubauten eine regelrechte Erneuerungswelle; dazu gehörten auch die drei Limmatboote Turricum, Felix und Regula.
Bild 5 M. Fröhlich, Bild 6 F. Hächler, Text und übrige Bilder H. Amstad (red 10.19)
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Bemerkungen
*) K12 MS Bachtel Thalwil ab 0950 nach Heslibach an 1000
K12 MS Albis Heslibach ab 1016 nach Rüschlikon an 1037
K15 MS Uetliberg Rüschlikon ab 1041 nach Erlenbach an 1057
K105 MS Helvetia Erlenbach ab 1100 nach Richterswil an 1154
K104 MS Panta Rhei Richterswil ab 1159 nach Wädenswil an 1210
K101 MS Säntis Wädenswil ab 1227 nach Rapperswil an 1315
K107 MS Wädenswil Rapperswil ab 1335 nach Pfäffikon an 1355 (S8 Pfäffikon ab 1410 nach Wädenswil an 1422)
K2529 MS Zimmerberg Wädenswil ab 1432 nach Stäfa 1443
K110 MS Linth Stäfa ab 1503 nach Au an 1524
K113 MS Panta Rhei Au ab 1530 nach Richterswil an 1554
K112 DS Stadt Rapperswil Richterswil 1559 nach Erlenbach an 1653
K41/42 MS Pfannenspiel Erlenbach ab 1720 nach Zürch Bürkliplatz an 1805
K1018 MS Felix Bürkliplatz ab 1819 via Zürichhorn zurück zum Bürkliplatz an 1845
K1019 MS Turricum ab 1849 via Enge nach Zürich Bürkliplatz an 1915.
Nachtrag vom Herbst 2021: Kurt Brägger ist am 1. Oktober 2021 verstorben.
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