Mit Rauch­fah­nen in die weite Welt: Der Dampf­schiff­bau bei Escher, Wyss & Cie. 1870 – 1915 (Teil 2)

Nina Schläfli macht sich seit eini­gen Mona­ten daran, eine Dis­ser­ta­tion über den Dampf­schiff­bau in der Schweiz zu ver­fas­sen. Im ers­ten Teil des (B)Logbuch-Beitrages ging es um ihre Moti­va­tion zum Thema und über Leit­fra­gen des For­schungs­ge­gen­stan­des. Im zwei­ten Teil berich­tet Nina Schläfli nun über erste Erkennt­nisse und gesell­schaft­li­che Zusam­men­hänge, die weit über die eigent­li­che Pro­duk­tion von Schif­fen und Maschi­nen hin­aus gehen. Mit «Machsch de Dok­ter?» meint man umgangs­sprach­lich, dass jemand ein Thema sehr aus­führ­lich und gründ­lich behan­delt. Zwei­fels­ohne sind dies zwei Eigen­schaf­ten, die auch «im Ernst­fall» zum Erlan­gen eines beruf­li­chen Dok­tor­ti­tels von Bedeu­tung sind. Wel­che wei­te­ren Fak­to­ren füh­ren dazu, eine Dis­ser­ta­tion zu schrei­ben und erfolg­reich zu verteidigen?

Nina Schläfli: «Neben einem hohen Mass an Selbst­dis­zi­plin und eini­gen wich­ti­gen Kom­pe­ten­zen und Werk­zeu­gen aus dem Stu­dium ist es sehr hilf­reich, wenn man für sein For­schungs­thema ‘brennt’. Ansons­ten stelle ich es mir eher müh­sam vor, sich über Jahre hin­weg immer wie­der aufs Neue moto­vie­ren zu müssen.»

Escher Wyss baute 1836 mit der «Linth Escher» für den Walen­see das erste Dampf­schiff. Der letzte Damp­fer, die «Lötsch­berg» für den Bri­enz­er­see, ver­liess das Zür­cher Werk um 19141. Im Titel dei­ner Arbeit gren­zest du die Zeit­spanne auf 1870 bis 1915 ein. Wel­che Über­le­gun­gen führ­ten zu die­ser Reduktion?

«Ers­tens wäre eine Unter­su­chung des gan­zen Zeit­raums, in wel­chem Dampf­schiffe pro­du­ziert oder gar genutzt wur­den, zwar sehr span­nend, aber auch sehr lange, sodass zum Teil nur eine ober­fläch­li­che Behand­lung mög­lich wäre. Zwei­tens gibt es für die ers­ten Pro­duk­ti­ons­jahr­zehnte schlicht zu wenig Quel­len, um den Dampf­schiff­bau zu beschrei­ben. Die wich­ti­gen Aspekte der Zeit zwi­schen 1836 und 1870 werde ich aber in einem län­ge­ren, ein­lei­ten­den Kapi­tel abhan­deln. Drit­tens wur­den wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges fast keine Dampf­schiffe gebaut und beide Unter­neh­men kon­zen­trier­ten sich u.a. kriegs­be­dingt auf andere Pro­dukte. Dar­über hin­aus ver­lor das Dampf­schiff im Ver­gleich zu ande­ren Ver­kehrs­trä­gern nach dem Krieg rasant an Bedeutung.»

Im ers­ten, ein­füh­ren­den Teil dei­ner Arbeit zeigst du auf, wie das Pro­dukt «Dampf­schiff» zu Escher Wyss & Cie. nach Zürich kam. Wie konnte sich eine Abtei­lung «Schiff­bau» im Unter­neh­men eta­blie­ren und wel­che Per­so­nen und Fak­to­ren waren dafür notwendig?

«Das mit­ten in der Stadt Zürich ansäs­sige Unter­neh­men hatte sich seit der Grün­dung 1805 wäh­rend rund drei Jahr­zehn­ten im Bau von Tex­til­ma­schi­nen her­vor­ge­tan. Fir­men­grün­der und Unter­neh­mer Hans Cas­par Escher, ein ent­fern­ter Cou­sin des berühm­te­ren Zeit­ge­nos­sen Alfred Escher, besuchte auf sei­nen regel­mäs­si­gen Geschäfts­rei­sen unzäh­lige Maschi­nen­bau­be­triebe in West­eu­ropa. Neben neuen Pro­dukt­ideen, wie bei­spiels­weise die Tur­bine oder das Was­ser­rad, die Escher mit nach Zürich brachte, knüpfte er auf die­sen Rei­sen auch wich­tige Kon­takte zu ande­ren Unter­neh­mern und Ingenieuren.

Bei einem die­ser Kon­takte han­delte es sich um Wil­liam Fair­bairn, Dampf­schiff­pro­du­zent aus Man­ches­ter. Nach rund zehn­jäh­ri­ger erfolg­rei­cher Zusam­men­ar­beit in vie­len Berei­chen lie­ferte Fair­bairns Unter­neh­men 1834 in einer auf­wän­di­gen Trans­port­ak­tion die ‘Minerva’ nach Zürich. Der Damp­fer wurde bei Escher Wyss & Cie. zusam­men­ge­baut und kurz dar­auf als ers­tes Dampf­schiff auf dem Zürich­see in Betrieb genommen.»

Trans­na­tio­nale Technologietransfers

«Ende des Jah­res 1836 begann Escher Wyss & Cie selbst mit dem Bau von Dampf­schif­fen2. Hans Cas­par Escher begrün­dete den Ein­stieg in die völ­lig neue Bran­che in ers­ter Linie mit der Nach­frage nach eiser­nen Dampf­boo­ten auf den deut­schen und schwei­ze­ri­schen Gewäs­sern sowie mit der bes­se­ren Aus­las­tung sei­ner Werk­stätte. Wie seine eng­li­schen Geschäfts­part­ner betrach­tete auch er den Schiff­bau als ver­wandte Arbeit zum Maschi­nen­bau, sodass die Pro­duk­tion von Dampf­schif­fen ohne gros­sen zusätz­li­chen Auf­wand ins Fabri­ka­ti­ons­pro­gramm auf­ge­nom­men wer­den könne.»

Das klingt plau­si­bel und sim­pel. Ging die­ser Tech­no­lo­gie­auf­bau ohne Pro­bleme «von Stapel»?

«In der Rea­li­tät war die­ses Vor­ha­ben dann doch nicht so ein­fach. Tat­säch­lich waren dafür etli­che soge­nannte Tech­no­lo­gie- und Wis­sens­trans­fers not­wen­dig. Zum Auf­bau die­ser neuen Abtei­lung waren ers­tens legal und zum Teil auch ille­gal beschaffte Pläne, Anlei­tun­gen, Maschi­nen­teile, Antriebs­an­la­gen oder ein gan­zes Dampf­schiff vor Ort not­wen­dig. Zwei­tens arbei­te­ten viele junge Schwei­zer – einer von ihnen war z.B. der Sohn von Hans Cas­par Escher –, die sich im Bereich des Maschi­nen- oder Schiff­baus aus- oder wei­ter­bil­den las­sen woll­ten, jah­re­lang in eng­li­schen, fran­zö­si­schen oder deut­schen Fabri­ken, bevor sie ihr Wis­sen in der Hei­mat zur Anwen­dung brin­gen konn­ten. Und drit­tens war der Maschi­nen­bau­be­trieb Escher Wyss & Cie. mass­geb­lich auf eng­li­sche Fach­kräfte angewiesen.

Für den Auf­bau der Dampf­ma­schi­nen- und der Schiff­bau­ab­tei­lung holte Escher den eng­li­schen Inge­nieur Matthew Mur­ray Jack­son in die Firma. Für die neuen Abtei­lun­gen, aber auch für den Betrieb der Werk­stätte und der Kes­sel­schmiede brachte Jack­son wei­tere eng­li­sche Vor­ar­bei­ter nach Zürich; lei­der sind von ihnen nicht ein­mal die Namen über­lie­fert. Chef­inge­nieur Jack­son blieb fast 25 Jahre bei Escher Wyss & Cie. Erst gegen Ende des 19. Jahr­hun­derts konn­ten die Unter­neh­men ihre eige­nen Exper­ten aus­bil­den, waren aber wei­ter­hin auf aus­län­di­sche Fach­kräfte und Arbei­te­rin­nen und Arbei­ter angewiesen.»

Im zwei­ten Teil dei­ner Recher­chen beschreibst du ein anspruchs­vol­les Thema, näm­lich die Ent­wick­lungs­li­nien des Dampf­schiff­baus bei Escher Wyss & Cie. Gab es so etwas wie ein USP des Schwei­zer Herstellers? 

«Ab den 1860-er Jah­ren – die Lei­tung der Abtei­lung Schiff­bau lag wei­ter­hin in Jack­sons Hän­den – lässt sich gegen­über ande­ren euro­päi­schen Schiffs­bau­ern eine eigen­stän­di­gere Ent­wick­lung der Antriebs­an­la­gen, aber auch der Dampf­schiffe gene­rell fest­hal­ten. Jedes in der Schweiz gebaute Dampf­schiff – auch jene aus dem Hause Sul­zer – war im Nor­mal­fall eine Wei­ter­ent­wick­lung sei­nes Vor­gän­gers und jeweils auf dem neu­es­ten Stand der Tech­nik, was für die Pro­duk­tion einen stän­di­gen Wan­del bedeu­tete. Häu­fig han­delte es sich dabei wei­ter­hin um Adap­tio­nen und Trans­for­ma­tio­nen bereits ‘erfun­de­ner’ Sys­teme, viel sel­te­ner um eigent­li­che Inno­va­tio­nen. Diese neuen Antriebs­an­la­gen waren sehr erfolg­reich; zahl­rei­che inter­na­tio­nale Aus­zeich­nun­gen an Welt­aus­stel­lun­gen zeu­gen davon.

Neben immer detail­lier­te­ren Wün­schen der Kund­schaft wur­den auch die Vor­schrif­ten der staat­li­chen Behör­den immer wich­ti­ger. Die Kes­sel muss­ten vor der Abnahme kon­trol­liert wer­den3, die Test­fahr­ten wur­den von Exper­ten beglei­tet, und schliess­lich musste dem Bund sogar der Bau­plan und wei­tere tech­ni­sche Anga­ben des Schif­fes zur Prü­fung vor­ge­legt werden.»

Du fan­dest her­aus, dass ab den 1870-er Jah­ren die Pro­dukt­pa­lette deut­lich erwei­tert wurde. An was machst du diese Ent­wick­lung fest?

«Neben den Glatt­deck­damp­fern, die wei­ter­hin vor allem für brü­cken­rei­che Fluss­stre­cken bestellt wur­den, baute Escher Wyss & Cie die deut­lich kom­for­ta­ble­ren Halb­sa­lon- und Salon­damp­fer, Tra­jekt­fäh­ren für den Trans­port von Loko­mo­ti­ven und Eisen­bahn­wa­gen, kleine Schrau­ben­damp­fer, Schlepp­boote sowie ab den 1890-er Jah­ren auch Naphta‑, Motor- und Renn­boote für den pri­va­ten Gebrauch.»

Kon­kur­renz durch die Gebrü­der Sul­zer in Winterthur

«Trotz der nicht ein­fa­chen Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen stie­gen 1867 auch die Gebrü­der Sul­zer in die Dampf­schiff­pro­duk­tion ein. Die bei­den Indus­trie­be­triebe stan­den in direk­ter Kon­kur­renz zuein­an­der, über­lies­sen dabei aber nichts dem Zufall. Wie­der­holt teil­ten die bei­den Unter­neh­men den Schwei­zer Dampf­schiff­markt auf – der Zürich­see ging dabei immer an die Escher Wyss & Cie., der Gen­fer­see ab 1893 wurde aus­schliess­lich von Sul­zer belie­fert –, und spra­chen sich bei der Ein­gabe von Offer­ten an aus­län­di­sche Schiff­fahrts­ge­sell­schaf­ten ab.

Die an sich expe­ri­men­tier­freu­di­ge­ren Gebrü­der Sul­zer hat­ten grund­sätz­lich eine ähn­li­che Pro­dukt­pa­lette wie die Escher Wyss & Cie. und bau­ten eben­falls Damp­fer in ver­schie­de­nen Grös­sen, mit seit­li­chen Schau­fel­rä­dern oder Schiffs­schrau­ben, für Pas­sa­giere sowie zu rei­nen Trans­port- oder Arbeits­zwe­cken. Her­vor­ge­tan hatte sich das Unter­neh­men im Bau von präch­ti­gen Salon­damp­fern. Unter­schiede zwi­schen den bei­den Werf­ten stüt­zen sich auf Anhalts­punkte, die dar­auf hin­wei­sen, dass es eine Mischung war aus ver­än­der­ter Nach­frage, Abgren­zung gegen­über der Kon­kur­renz und ande­rer Ingenieure.

Han­di­cap Bin­nen­land Schweiz

Mit ver­än­der­ten Trans­port­zwe­cken woll­ten die meis­ten Schiff­fahrts­ge­sell­schaf­ten ihre Glatt­deck­damp­fer zu Halb­sa­lon- oder Salon­schif­fen umbauen las­sen. Die Auf­träge gin­gen häu­fig unab­hän­gig von der Bau­werft an eines der bei­den Unter­neh­men. Neben äus­ser­lich sicht­ba­ren Umbau­ten lie­fer­ten sie auch Ersatz­teile, führ­ten War­tungs- und Repa­ra­tur­ar­bei­ten aus und brach­ten die Antriebs­an­la­gen auf den neu­es­ten Stand der Tech­nik. Diese «Bei­pro­dukte» ent­wi­ckel­ten sich schnell zu einem zwei­ten wich­ti­gen Stand­bein der bei­den Schiffbauabteilungen.

Eine der gröss­ten Stand­ort­nach­teile der bei­den Unter­neh­men in Zürich und Win­ter­thur war wohl, dass sie nicht in der Nähe eines durch­gän­gig schiff­ba­ren Gewäs­sers waren. Bis zur Erschlies­sung mit der Eisen­bahn ver­kom­pli­zierte dies zum einen den Mate­ri­al­im­port ein­schliess­lich Bau­stoffe und zum ande­ren den Trans­port von fer­ti­gen Dampf­schif­fen oder Antriebs­an­la­gen. Häu­fig muss­ten diese direkt nach Fer­tig­stel­lung wie­der zer­legt und in Kis­ten ver­packt wer­den. Die Dampf­schiffe wur­den so in den ers­ten Jahr­zehn­ten noch mit Pferde- oder Och­sen­ge­span­nen und spä­ter mit der Eisen­bahn an ihren Ziel­ort trans­por­tiert. Lag ihr zukünf­ti­ges Ein­satz­ge­biet wei­ter weg, konnte es sogar pas­sie­ren, dass die ver­hält­nis­mäs­sig klei­nen Dampf­schiffe auf rie­si­gen Oze­an­damp­fern trans­por­tiert wur­den oder am nächs­ten schiff­ba­ren Fluss, so pas­siert auf Rhein oder Donau, zusam­men­ge­setzt und der Kund­schaft schwim­mend gelie­fert wurden.»

Als His­to­ri­ke­rin inter­es­siert dich nicht nur die Ent­wick­lung im wirt­schaft­li­chen und tech­ni­schen Kon­text, son­dern auch die Wech­sel­wir­kun­gen auf das gesell­schaft­li­che Leben, die du im drit­ten Teil der Arbeit unter­suchst. Kannst du uns das am Bei­spiel Ver­kehr, Infra­struk­tur und Umwelt näher erläutern?

«Prak­tisch alle Moder­ni­sie­rungs­funk­tio­nen, die in der Wis­sen­schaft der Eisen­bahn zuge­schrie­ben wer­den, tref­fen bereits vor­her auf das Dampf­schiff bzw. die dampf­be­trie­bene Schiff­fahrt zu4. Trans­porte und Rei­sen wur­den ab der ers­ten Hälfte des 19. Jahr­hun­derts pünkt­li­cher, plan­ba­rer und zuver­läs­si­ger. Der Eisen­bahn kommt nicht nur in der Geschichte der Schiff­fahrt, son­dern auch im Schiff­bau eine ent­schei­dende, wenn auch ambi­va­lente Rolle zu. Die Erschlies­sung von Hafen­städ­ten mit der Eisen­bahn führte kurz­fris­tig zu einem höhe­ren Trans­port­auf­kom­men auf vie­len Seen. Mit der Betriebs­auf­nahme von Eisen­bahn­stre­cken ent­lang der Seen brach die Nach­frage im Güter­trans­port weg; viele Schiffs­ver­bin­dun­gen wur­den eingestellt.

Der Waren­trans­port und das Dampf­schiff wur­den als öffent­li­ches (Nah-)Verkehrsmittel ab der zwei­ten Hälfte des 19. Jahr­hun­derts immer unwich­ti­ger und die Schiff­fahrts­ge­sell­schaf­ten lies­sen ihre Dampf­schiffe für rein tou­ris­ti­sche Zwe­cke um- bzw. neu bauen. Die statt­li­chen Halb­sa­lon- und Salon­damp­fer aus die­ser Zeit zeu­gen davon. Im glei­chen Zeit­raum erfuhr der Fähr­be­trieb, vor allem zur Que­rung von Gewäs­sern, eine starke Auf­wer­tung. Hier führte die Ankunft der Eisen­bahn auf eini­gen Rou­ten zu einem regel­rech­ten Boom. Dank der bei Escher Wyss & Cie. pro­du­zier­ten Tra­jekt­fäh­ren konn­ten Eisen­bahn­wa­gen ohne müh­sa­mes Umla­den über den See trans­por­tiert werden.

Die Ein­füh­rung der Dampf­schiff­fahrt, aber vor allem die immer grös­ser wer­den­den Dampf­schiffe erfor­der­ten dar­über hin­aus einen Aus- und Umbau der Infra­struk­tur. Die Natur­hä­fen waren für die Dampf­schiff­fahrt häu­fig zu knapp bemes­sen oder der Was­ser­stand war sai­so­nal zu tief. In klei­ne­ren Ort­schaf­ten reichte häu­fig der Bau eines Ste­ges, in grös­se­ren Gemein­den wur­den die Häfen neu errich­tet oder die bestehen­den Anla­gen deut­lich ver­grös­sert. Mit jeder neuen Schiffs­form änderte sich auch das Aus­se­hen und die Funk­tion die­ser Hafen­an­la­gen. Die Tra­jekte benö­tig­ten bei­spiels­weise einen direk­ten Gleis­an­schluss, und die Fokus­sie­rung auf den Tou­ris­mus- und Aus­flugs­ver­kehr der Salon­damp­fer erfor­derte eine ‘Auf­hüb­schung’ etwa in der Form von War­te­sä­len, sani­tä­ren Anla­gen oder Promenaden.

Der Betrieb der Schiff­fahrt machte schliess­lich immer wie­der auch Ein­griffe an den Gewäs­sern not­wen­dig: ent­we­der, weil Schä­den durch die Schiff­fahrt ver­ur­sacht wur­den, oder, weil die Gefah­ren wie Fel­sen oder Untie­fen auf der Schiff­fahrts­route besei­tigt wer­den soll­ten. In die­sen Fra­gen ver­hiel­ten sich beide Unter­neh­men eher pas­siv. Bei grös­se­ren Vor­ha­ben, wie der Schiff­bar­ma­chung des Hoch­rheins, betei­ligte sich die Escher Wyss & Cie. an Vor­pro­jek­ten und bekun­dete mehr­fach ihr Inter­esse. Neben mög­li­chen Auf­trä­gen für die Abtei­lung Schiff­bau erhoffte sich das Unter­neh­men dadurch sicher­lich auch eine Betei­li­gung am Bau neuer Wasserkraftwerke.»

Die Aus­füh­run­gen von Nina Schläfli enden mit einem kur­zen Aus­blick auf die letz­ten, in der Schweiz pro­du­zier­ten Dampf­schiffe sowie mit der – für man­che Men­schen durch­aus emo­tio­na­len – Frage: Was pas­siert mit einem Dampf­schiff, wenn es nicht mehr benö­tigt wird? Wir dür­fen auf die Ver­öf­fent­li­chung gespannt sein.

Trotz span­nen­der Inhalte bleibt bei einem Auf­wand von min­des­tens 2 000 Arbeits­stun­den viel Kno­chen­ar­beit in Form von Suchen, Lesen und Inter­pre­tie­ren. Auf Nina Schläf­lis Tisch liegt der Plan des Neu­baus für die Kes­sel­schmiede der EWC (heute bes­ser bekannt als Schiffbau).

Ein bei Escher Wyss & Cie. gebau­tes Tra­jekt auf dem Zürich­see, ca. 1885. Tra­jekte erhiel­ten sel­ten einen Namen, ihnen wurde höchs­tens eine Num­mer zuge­teilt. Tra­jekt­fäh­ren ver­kehr­ten auf dem Zürich­see wäh­rend nur knapp zehn Jahren.

Die «Bava­ria» wurde bei den Gebrü­dern Sul­zer 1869 als Glatt­deck­damp­fer gebaut und spä­ter zum Halb­sa­lon­damp­fer umgebaut.

Für die Gestal­tung der Salons oder für die ganze Innen­de­ko­ra­tion enga­gier­ten die Schiff­bauer Archi­tek­ten oder Innen­de­si­gner. Filippo Cas­sina gestal­tete 1901 z.B. den hier gezeig­ten Salon der 1. Klasse des Salon­damp­fers «Uri» (Bau­werft Sulzer).

Der Damp­fer Sem­pione für den Lago di Lugano wäh­rend des Baus in der Schiff­bau­halle der Firma Sul­zer in Win­ter­thur, 1903.

Bestel­lung von fünf Schrau­ben­damp­fer bei Echer Wyss & Cie. für den «Omni­bus­ver­kehr» nach Istan­bul: Die Boote wur­den 1911 in Kis­ten nach Regens­burg gelie­fert, in der Rut­hof­schen Schiffs­werft wie­der auf­ge­baut und anschlies­send auf der Donau und über das Schwarze Meer ans Gol­dene Horn geliefert.

Naph­ta­boote sind eine Über­gangs­form vom Dampf- zum Motor­schiff, bei Escher Wyss & Cie. wurde es noch als Vari­ante des Dampf­schif­fes betrach­tet.6 Die Abbil­dung stammt aus einem Kata­log der Escher Wyss & Cie. und zeigt den deut­schen Kai­ser mit sei­nem Naphtaboot.

Durch Klick aufs Bild erscheint die­ses im Grossformat.

Am Schluss des Blogs ist Ihr Kom­men­tar willkommen.

Hin­weise

1) Die Gebrü­der Sul­zer pro­du­zier­ten 1867 mit DS Schweiz für den Unter­see und Rhein ihr ers­tes Dampf­schiff. 1929 baute das Werk die letzte Dampf­ma­schine, jene für die «Stadt Luzern» III (Vier­wald­stätter­see). Die Dampf­schiff-Abtei­lung schloss 1934.

2) Noch ein paar Bemer­kun­gen zur Bau­art die­ser ers­ten bei Escher Wyss gebau­ten Schiffe: Die Glatt­deck­damp­fer waren Holz- und Eisen­schiffe mit einer Länge von 30 bis 50 Metern, die mit einer ein- oder zwei­zy­lin­d­ri­gen Kol­ben­dampf­ma­schine und seit­li­chen Schau­fel­rä­dern ange­trie­ben wur­den. Sie ver­füg­ten über eine Take­lage, um den Wind nut­zen zu kön­nen und bei einem Maschi­nen­aus­fall nicht ganz manö­vrier­un­fä­hig zu wer­den. Diese sehr flach gehal­te­nen Dampf­schiffe ohne grös­sere Deck­auf­bau­ten eig­ne­ten sich zum Trans­port von Waren, Vieh und Pas­sa­gie­ren glei­cher­mas­sen. Äus­ser­lich waren sie eher schlicht gestal­tet, im Innern waren zumin­dest die Auf­ent­halts­räume der 1. Klasse gemüt­lich ein­ge­rich­tet und die Maschi­nen häu­fig schmuck­voll gestaltet.

3) Im Juli 1892 explo­dierte der Dampf­dom des dama­li­gen Gen­fer­see-Flagg­schif­fes Mont-Blanc, ein Pro­dukt von Escher Wyss. Die­ser Vor­fall mit 26 Toten hatte starke regu­la­to­ri­sche Fol­gen. Zusam­men mit nicht zufrie­den­stel­len­den Pro­be­fahr­ten des neuen Escher Wyss-Halb­sa­lon­damp­fers Major Davel (1892) hatte die­ser Unfall zur Folge, dass fortan die CGN nur noch die Gebrü­der Sul­zer als Lie­fe­ran­ten berücksichtigten.

4) Die Eisen­bahn wird in der älte­ren For­schung gerne als ers­tes «moder­nes» Fahr­zeug bezeich­net, wel­ches grosse wirt­schaft­li­che und soziale Ver­än­de­rung mit sich brachte. Grund dafür waren etwa auch Fak­to­ren wie die bes­sere Plan­bar- und Zuver­läs­sig­keit von Trans­por­ten oder die Pünkt­lich­keit im Zusam­men­hang mit Fahr­plä­nen. Dabei wird über­se­hen, dass das Dampf­schiff in vie­len Regio­nen bereits Jahr­zehnte vor­her zum Ein­satz kam und eben­falls Aus­wir­kun­gen auf Gesell­schaft und Wirt­schaft hatte.

5) Nina Schläfli: «Nach wie vor bin ich auf der Suche nach inter­es­san­tem Quel­len­ma­te­rial wie Bau­pläne, Fotos von in der Schweiz gebau­ten Dampf­schif­fen aus dem 19. Jahr­hun­dert sowie wei­te­ren Infor­ma­tio­nen zum Dampf­schiff­bau in den bei­den Unter­neh­men Escher Wyss & Cie. oder den Gebrü­dern Sulzer.

E‑mail: nina.​schlaefli@​hist.​unibe.​ch

6) Naph­tamo­to­ren ver­damp­fen Petrol und kein Was­ser. Eigent­lich ist es ein Naph­ta­boot eine Über­gangs­form vom Dampf- zum Motor­schiff, bei Escher Wyss & Cie. wurde es noch als Vari­ante des Dampf­schif­fes betrach­tet. Diese Boote durf­ten auch von nur einer Per­son betrie­ben wer­den, weil keine eigent­li­che Dampf­ma­schine invol­viert war, und eig­nete sich des­we­gen auch für den pri­va­ten Gebrauch. Diese Boote wur­den als Luxus­pro­dukt ver­kauft und u.a. an diverse Königs­häu­ser in Europa und Nord­afrika geliefert.

Quel­len

Foto­nach­weis:

1) Zur Ver­fü­gung gestellt

2) https://de.wikipedia.org/wiki/Schweizerische_Nordostbahn#/media/File:Z%C3%BCrichsee_Trajekt.jpg (10.01.2019)

3) ETH-Biblio­thek Zürich, Bild­ar­chiv / Foto­graf: Sul­zer, Gebrü­der / Ans_05404-005-AL / Public Domain Mark

4) ETH-Biblio­thek Zürich, Bild­ar­chiv / Foto­graf: Sul­zer, Gebrü­der / Ans_05404-024-AL / Public Domain Mark

5) ETH-Biblio­thek Zürich, Bild­ar­chiv / Foto­graf: Sul­zer, Gebrü­der / Ans_05404-003-AL / Public Domain Mark (18.12.2020)

6) Stadt­ar­chiv Zürich VII.419.:34.1.5.3.1.1.

7) Escher Wyss & Cie.: Kata­log Motor­boote und Motor­yach­ten. Zürich 1912. S. 37.

Wei­ter im Text

Zu sei­nem 150. Geburts­tag wid­mete das (B)Logbuch Gun­nar Ham­mers­haimb, dem lang­jäh­ri­gen Lei­ter der Dampf­schiff- und Dampf­ma­schi­nen­ab­tei­lung der Firma Gebr. Sul­zer, einen Arti­kel (Link).

Wei­tere Lite­ra­tur­hin­weise siehe Teil 1 (Link) Mit Rauch­fah­nen in die weite Welt: Der Dampf­schiff­bau bei Escher, Wyss & Cie. 1870 – 1915

Impres­sum

Text: N. Schläfli

Redak­tion H. Amstad

Bil­der siehe Quellen

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