MS Aero: Nach 112 Jah­ren ver­lässt das erste SGV-Motor­schiff den Vierwaldstättersee

Still und fast (un)heimlich fährt das erste Motor­schiff im öffent­li­chen Kurs­ver­kehr auf dem Vier­wald­stätter­see auch nach sei­ner Aus­ran­gie­rung im Jahr 1958 auf sei­nem ursprüng­li­chen Gewäs­ser. Nun hat es am 17. März 2022 nach 112 Jah­ren den Vier­wald­stätter­see ver­las­sen und wird künf­tig auf dem Boden­see unter­wegs sein. Grund genug, dem rüs­ti­gen Oldie und sei­ner leb­haf­ten Geschichte nachzugehen.

Das Thema Vier­wald­stätter­see und seine alten Motor­schiffe ist ein schwie­ri­ges Kapi­tel. Es ist durch­aus nicht die Auf­gabe der SGV, eine Nost­al­gie-Motor­schiff­fahrt zu betrei­ben. Sie ste­hen bereits – dies auch unter öffent­li­chem Druck – in der Ver­pflich­tung, die fünf Rad­damp­fer mit Unter­stüt­zung der Damp­fer­freunde zu erhal­ten, was unter Strich sicher auch betriebs­wirt­schaft­lich Erfolg hat. Viel­mehr müsste ein Ver­ständ­nis für his­to­ri­sche Motor­schiffe bei den kan­to­na­len Denk­mal­pfle­gen und den Behör­den rund um den See vor­han­den sein, wie dies im Kan­ton Zürich und Zug sowie am Gen­fer­see zu beob­ach­ten ist.1

Auch andere Schiffe nebst den Rad­damp­fern sind schüt­zens­werte Objekte. Selbst Pri­vate, die wich­tige Schlüs­sel-Ver­kehrs­mit­tel ret­ten und erhal­ten woll­ten, wie im Fall von MS Mythen, wer­den behörd­li­cher­seits daran gehin­dert, sich erfolg­reich zu enga­gie­ren. Eine Aus­nahme bil­det Samih Savi­ris und Franz­sepp Arnold, die die „Reuss“ geret­tet haben – dank einem Stand­platz im Fir­men­areal der im Sand- und Kies­ab­bau täti­gen Fami­li­en­un­ter­neh­mung Arnold & Co. AG in Flüelen. Alois Fischer und Nicole Schwarz sind Eig­ner des noch ande­ren Motor­schiff-Oldies, das auf dem Vier­wald­stätter­see ver­blie­ben ist. Es han­delt sich um das erste Motor­schiff auf dem Vier­wald­stätter­see über­haupt, um die 1910 erbaute „Aero“. Die Eig­ner sind schluss­end­lich an den äus­se­ren Umstän­den geschei­tert, das Schiff wei­ter­hin auf dem Vier­wald­stätter­see zu behal­ten. „Ich konnte über Jahre hin­weg kei­nen geeig­ne­ten Stand­platz für das über 13 Meter lange Schiff aus­fin­dig machen,“ sagt Fischer.

Am 17. März fährt er ein letz­tes Mal seine nau­ti­sche „Perle“ vom wind­ge­plag­ten Lie­gepatz in Sis­i­kon über den Urner­see zum Mari­na­ha­fen Fal­len­bach bei Brun­nen, wo sie aus­ge­was­sert wird. Fischer schaut etwas weh­mü­tig zurück: „Es ist ein wun­der­schö­nes Schiff.“ Ein Tag spä­ter erreicht es auf einem Stras­sen­trans­port in Romans­horn den Boden­see, wo Alois Fischer das Ver­gnü­gen hat, sich auf der Über­füh­rungs­fahrt vom Schiff end­gül­tig zu ver­ab­schie­den. Seine Lebens­part­ne­rin Nicole Schwarz macht dies am Vor­tag: „Es ist ein eigen­ar­ti­ges Gefühl. Beson­ders bedaure ich, dass das Schiff nicht auf dem Vier­wald­stätter­see blei­ben kann.“ Die Stim­mung auf der letz­ten Fahrt ist etwas trot­zig, führt übers Rütli, nahe dem Schil­ler­stein und Treib­haus vor­bei, ohne dass jemand am Ufer weiss, dass die­ser Anblick nun der Ver­gan­gen­heit ange­hört. Ich wende ein: „Viel­leicht kehrt das Schiff eines Tages wie­der zurück? Man weiss nie…“

Der Zep­pe­lin braucht Pendler-Schiffe

Blen­den wir zurück zur vor­letz­ten Jahr­tau­send­wende. Der Tou­ris­mus erlebt (auch) in Luzern vor Aus­bruch des Welt­krie­ges einen sei­ner Höhe­punkte. Für die „High Society“ unter den Tou­ris­ten nimmt die Pari­ser Com­pa­gnie Géné­rale Tran­saé­ri­enne das 1909 erbaute Luft­schiff ein Jahr spä­ter unter dem Namen «Ville de Lucerne» in der Leuch­ten­stadt in Betrieb. Die Luzer­ner bauen im Gegen­zug zwei Kilo­me­ter süd­lich der Stadt­mitte, im sump­fi­gen Trib­schen­moos am Fusse des War­t­egg­hü­gels, eine fast 100 m grosse Halle für den Zep­pe­lin2. Für den Betrieb wer­den bei der Hitz­ler-Werft in Lau­en­burg zwei Zubrin­ger­schiffe3 bestellt, die die edlen Gäste vom Bahn­hof Luzern zur Trib­schen-Abflug­stelle fah­ren. Die bei­den Schiffe Aero und Astra kom­men auf Bahn­wa­gen von der Hitz­ler­werft in Lau­en­burg an der Elbe als Bau­num­mer 238 und 239 am 30. Juli 1910 in Luzern an und wer­den eine Woche spä­ter dem Bestim­mungs­zweck über­ge­ben. Dies, nach­dem die Luzer­ner Ver­kehrs­be­triebe weder das 1899 in Betrieb genom­mene Tram bis zur Luft­schiff­sta­tion ver­län­gern noch einen Auto­bus­be­trieb auf­neh­men wol­len. Mit den bei­den Schif­fen Astra und Aero kommt der Vier­wald­stätter­see zum ers­ten Motor­schiff sei­ner Passagierschifffahrt.

Die Schiff­fahrt soll im Preis der Zep­pe­lin-Rund­fahrt von 100 Fran­ken für den Stadt­rund­flug, resp. 200 Fran­ken, wenn es zur Rigi oder zum Pila­tus ging, inbe­grif­fen gewe­sen sein. Die­ses Luft­schiff ist das erste in der Schweiz und legt in den Jah­ren 1910 und 1911 bei ins­ge­samt 273 Auf­stie­gen 7 990 km zurück und beför­derte 2 590 Pas­sa­giere4. Obwohl der Luzer­ner Zep­pe­lin welt­weit für Beach­tung sorgt, kommt das Geschäfts­mo­dell nicht zum Flie­gen und bleibt defi­zi­tär. Nach einer Pan­nen­se­rie stellt man den Betrieb ein und für die zwei Zubrin­ger­schiffe sucht die DGV 1913 neue Ver­wen­dungs­zwe­cke. Wäh­rend die «Astra» voll­stän­dig umge­baut und um rund zwei Meter ver­län­gert wird bleibt die «Aero» in ihrer ursprüng­li­chen Form.

Lokal­kurse zum Kai­ser Karl und zum ers­ten gemischt­ge­schlecht­li­chen Frei­bad der Schweiz

Schiffs­experte Jürg Meis­ter recher­chierte: «1915 erbringt das Schiff nur 35 km und ein Jahr dar­auf 28 km im Werft­dienst.»5 Für die rest­li­che Dauer des Krie­ges gibt es keine Ein­sätze mehr. MS Astra kommt 1920 zur BLS auf den Thu­ner­see und erhält den Namen Gun­ten. Dort wird es 1998 aus­ser Dienst gestellt und ver­kehrt seit­her pri­vat auf fran­zö­si­schen Kanä­len. Für MS Aero begin­nen gleich­zei­tig inter­es­sante Lokal­ein­sätze, dies im Span­nungs­feld behörd­li­cher Auf­la­gen und Geschäfts­in­ter­es­sen der DGV. Meis­ter: „Das Bun­des­be­hör­den drän­gen auf einen Umbau ana­log der ‘Mars’; die DGV möchte dar­auf ver­zich­ten, weil das Boot meis­tens nur im Luzer­ner See­be­cken und nur aus­nahms­weise anderswo ver­keh­ren soll.» Der vor­ge­kom­mene Ein­satz der «Aero» in Flüelen bei Föhn hat zur Klage eines Drit­ten bei der Auf­sichts­be­hörde geführt, «was Öl ins Feuer der Argu­mente gegos­sen hat», so Jürg Meis­ter. Letzt­lich hat man sich dar­auf geei­nigt, die Betriebs­be­wil­li­gung zu belas­sen mit dem gegen­sei­tig akzep­tier­ten Zusatz: «MS Aero darf bei stür­mi­schem Wet­ter für Kurs­fahr­ten nur in geschütz­ten See­tei­len ver­wen­det werden».

Anfangs Zwan­zi­ger­jah­ren kommt der Tou­ris­mus wie­der auf und die Rigi-Süd­lehne mit den Gemein­den Her­ten­stein, Weg­gis und Vitz­nau sind belieb­ter denn je. «In Her­ten­stein lebt Kai­ser Karl von Öster­reich der­zeit im Exil und zieht das Inter­esse der Öffent­lich­keit auf sich. Das in Weg­gis eröff­nete erste Frei­bad der Schweiz ohne Geschlech­ter­tren­nung ist trotz mora­li­scher Beden­ken kirch­li­cher Kreise eine Attrak­tion und Anzie­hungs­punkt vie­ler Schau­lus­ti­ger. Auf Begeh­ren der Gemein­den Weg­gis und Vitz­nau wird nun MS Areo für Lokal­kurse ein­ge­setzt, zumal ein in den ers­ten Nach­kriegs­jah­ren stark aus­ge­dünnte Schiffs­fahr­plan den Bedürf­nis­sen nicht nach­kommt.» Die Gemein­den über­neh­men ein all­fäl­li­ges Defi­zit des Betrie­bes und so ver­kehrt das Schiff zwi­schen Her­ten­stein und Vitz­nau mit Bedie­nung des Strand­ba­des Weg­gis und der Lüt­zelau. 1920 nut­zen 10 615 Fahr­gäste die neue Ver­bin­dung. Auch die Ver­bin­dung zur Ober­matt (heute noch ein nur mit dem Schiff erreich­ba­res Restau­rant) und nach Kehr­si­ten soll die «Aero» aus­ge­führt haben.

An schö­nen Som­mer­sonn­ta­gen besteht für die nächs­ten Jahr­zehnte die Haupt­auf­gabe von MS Aero in der Ver­stär­kung der Lokal­kurse zur Her­mi­tage. Meis­ter: «Diese fin­den dann in jenen Jah­ren, in denen schon eine kurze Schiff­fahrt ein Sonn­tags­ver­gnü­gen dar­stellt, einen sol­chen Zuspruch, dass bis zu drei kleine Motor­schiffe dafür ein­ge­setzt wer­den müs­sen.» MS Aero, Nep­tun und Rütli fin­den sich auf der Fahr­ord­nung. Nach dem zwei­ten Welt­krieg sind eher län­gere Schiff­fahr­ten wie­der beliebt und so wird die «Aero» überzählig.

Ein bun­ter Rei­gen neuer Eigentümer

1958 ver­schwin­det die «Aero» am 23. August mit einer Fahr­leis­tung von 144 403 km von der Flot­ten­liste der DGV6. Am 10. März 1959 ver­kauft die DGV das Schiff an den Dal­len­wi­ler Fritz Nie­der­ber­ger, fir­miert als «Auto­gara­rage und Bag­ger­be­trieb Stans», im Volks­mund unter dem Begriff «Lum­pen­samm­ler» bekannt. Er braucht das Schiff für diverse Was­ser­bau­ar­bei­ten und Zei­tungs­be­rich­ten zufolge steht es dann jah­re­lang auf sei­nem Werk­hof in Dal­len­wil, spä­ter in der Werk­halle hin­ter sei­nem Hotel Rex in Stans­stad7.

1975 kauft der ehe­ma­lige SGV-Matrose und spä­tere Redak­tor beim «Nid­wald­ner Tag­blatt», Jules Lust­en­ber­ger aus Stans­stad, die «Aero» von Fritz Nie­der­ber­ger ab. Als ers­tes kon­ser­viert er die Schale fach­män­nisch und lässt dann unter sei­nem akti­ven hand­werk­li­chen Mit­wir­ken dar­aus ein Wohn­boot bauen. Der heu­tige Eigen­tü­mer der «Aero», Alois Fischer, recher­chierte: «Die heu­ti­gen Auf­bau­ten gehen im Ursprung auf die Idee und Rea­li­sa­tion von Jules Lust­en­ber­ger zurück, der in sei­ner Frei­zeit mit viel Herz­blut das MS Aero wie­der auf­er­ste­hen liess.» Er lässt sich dabei von Wal­ter Has­ler von der gleich­na­mi­gen Werft in Rotz­loch bera­ten. Die wesent­lichste bau­li­che Ver­än­de­rung ist der Ein­bau einer Bug­ka­bine anstelle der offe­nen mit einem Son­nen­se­gel über­spann­ten Bug­par­tie. Diese Kabine beinhal­tet das Steu­er­haus, eine kleine Küche, ein WC sowie Stau­raum. Eine eigens kre­ierte Gal­li­ons­fi­gur vom Mee­res­gott Nep­tun des Stan­ser Bild­hau­ers Robert Oder­matt schmückt fortan den Bug des Schif­fes. Am 19. Sep­tem­ber 1978 erlebt dann die «Aero» ihre zweite Jungfernfahrt.

Ein Wohn­sitz­wech­sel der Fami­lie Lust­en­ber­ger lässt den Plan rei­fen, das Schiff zu ver­kau­fen. 1985 über­nimmt Ruedi Stud­hal­ter, der Luzer­ner Olym­pia­pro­mo­tor und Lie­gen­schafts­händ­ler, das Steuer der «Aero». Er will das Schiff wie­der in ein Pas­sa­gier­schiff im Stile der Zwan­zi­ger­jahre zurück­bauen. Dabei sollte das Schiff dem dama­li­gen Zeit­geist fol­gend einen luxu­riö­sen Innen­aus­bau erhal­ten. Das MS Aero ver­fügte zu die­sem Zeit­punkt immer noch den ori­gi­na­len Ben­zin­mo­tor8, wel­cher mit­tels einer Hand­kur­bel gestar­tet wer­den muss. Für diese Arbei­ten kommt das Schiff in die Schiffs­werft von Rolf Würth in Weggis/​Hertenstein, wo man mit den Arbei­ten sofort beginnt. Die Schiffs­schale wird sand­ge­strahlt und einen Teil der Auf­bau­ten bereits abge­ris­sen. Als dann die erste Anzah­lung bei der Werft nicht ein­trifft stellt man die Arbei­ten ein und es muss ein neuer Käu­fer gefun­den werden.

Die umtrie­bige Kory­phäe in der Luzer­ner Schif­fer­szene, Ruedi Stud­hal­ter, lässt nicht locker. Er fin­det im Kon­text sei­ner Treu­hän­der­man­date einen Kauf­in­ter­es­sen­ten. Es fliesst Geld und die Arbei­ten an der «Aero» gehen nach fünf Jah­ren Still­stand wei­ter. Doch der Stern über dem Pro­jekt kehrt sich noch nicht zum Guten: auch die­sem Geschäfts­mann geht das Geld aus und er geht (in die­sem Fall) mit­samt der «Aero» in den Kon­kurs. Stud­hal­ter fin­det einen nächs­ten Käu­fer: Nach 15 Jah­ren Dorn­rös­chen­schlaf löst der in Luzern nie­der­ge­las­se­nen Hol­län­der Cor­ne­lis Kraai­je­veld im Jahr 2000 beim Kon­kurs­amt Luzern die «Aero» aus und gibt es der Boots­werft Bucher + Schmid AG zwecks «stil­ge­rech­tem» Wie­der­auf­bau. Für ein stil­vol­les Out­fit wird der Archi­tekt Sil­vio Kar­len aus Chur beigezogen.

Bei die­ser Total­ren­no­va­tion ver­än­dert sich die «Aero» nur noch mini­mal: neue Fens­ter mit abge­run­de­ten, obe­ren Abschlüs­sen, bequeme Holz­bänke für das offene Heck und einen funk­tio­na­le­ren Ein­stieg. Innen jedoch gelingt mit auf­wän­di­gen Holz­ar­bei­ten ein gemüt­li­cher und geräu­mi­ger Salon, der zum Ver­wei­len ein­lädt (vergl. Bild oben). Der aus dem Jahr 1910 stam­mende 4‑Zy­lin­der-Ben­zi­ner wird nun durch einen Die­sel­mo­tor8 ersetzt und im Steu­er­haus erin­nert nur noch das Ori­gi­nal-Steu­er­rad an das Jahr 1910, alles andere ist den aktu­el­len Bedürf­nis­sen der Nau­tik ange­passt. Neu unter­stützt ein Bug­strahl­ru­der die Manö­vrier­bar­keit für enge Pri­vat­hä­fen. Das MS Aero erlebt dann sei­nen drit­ten Früh­ling und nach 4 000 Arbeits­stun­den am 19. Sep­tem­ber 2001 eine wei­tere Jungfernfahrt.

Vom Vier­wald­stät­ter- zum Bodensee

Nach wei­te­ren 15 Jah­ren gelangt Cor­ne­lis Kraai­je­veld 2015 wie­derum an Rudolf Stud­hal­ter und wünscht sich etwas «Beque­me­res» als so ein his­to­ri­sches Vehi­kel. Stud­hal­ter nimmt ihm im Tausch mit einer Windy-Motor­yacht die «Aero» zurück und ver­kauft das Schiff am 28. Dezem­ber 2016 an Alois Fischer und sei­ner Part­ne­rin Nicole Schwarz. Die in Brun­nen wohn­haf­ten Eig­ner imma­tri­ku­lie­ren das Schiff im urne­ri­schen Sis­i­kon, zwi­schen­zeit­lich für wenige Jahre in Stansstad/​NW.

Alois Fischer: «In Sis­i­kon herrscht ein­fach immer Wind, auch bei schöns­tem Wet­ter.» Das freut zwar die Sur­fer und Seg­ler aufs Schönste, aber für ein Motor­schiff der Grösse der «Aero» ist die­ser Hei­mat­ha­fen «anstren­gend» und nicht ohne Risiko. So kommt es nicht sel­ten vor, dass selbst die gros­sen SGV-Schiffe bei Föhn Sis­i­kon mei­den und trotz Fahr­plan­pflicht einen gros­sen Bogen darum herum machen. Nun schlägt die «Aero» ein neues Kapi­tel auf, ohne das gewohnte Vier­wald­stätter­see-Was­ser, dafür mit bes­ten Aus­sich­ten, wei­tere Jahr­zehnte als Pio­nier­schiff der Schwei­zer Schiff­fahrts­ge­schichte erhal­ten zu blei­ben.12

Das schmu­cke Schiff hat schon viel erlebt in sei­ner 112-jäh­ri­gen Geschichte, zuletzt im Kan­ton Uri immatrikuliert.

Für den letz­ten Vier­wald­stätter­see-Eig­ner der „Aero“ ist wich­tig, dass die­ses nau­ti­sche Kul­tur­gut erhal­ten bleibt, Alois Fischer war stolz auf sein Schiff.

Quer­schnitt der ursprüng­li­chen „Aero“ beim Spant 4, Plan der Hitz­ler­werft Lauenburg

So sah das Schiff vor der Aus­ran­gie­rung um 1958 aus.

Juli 1977: Umbau­platz bei der Sust in Stans­stad, wo ein Salon­schiff entsteht.

Jules Lust­en­ber­ger (auf dem Dach sein Sohn Tho­mas) geniesst die „Aero“ als fah­ren­des Feriendomizil.

Nach der Aus­was­se­rung am 17. März bei der Marina Fal­len­bach geht es einen Tag spä­ter als Stras­sen­trans­port zur SBS-Werft in Romanshorn.

Erste Sta­tion der Boden­see-Über­füh­rung war Fried­richs­ha­fen zur Ver­zol­lung des Schif­fes; für die Wei­ter­fahrt zum vor­läu­fi­gen «Zwi­schen­ha­fen» in Kress­bronn erhielt die «Aero» dann das «Pro­be­fahrt-Kenn­zei­chen FN 62200».

Bil­der im Text­teil: Gene­reral­plan der „Aero“

MS Aero im Ursprungszustand

Som­mer­ver­gnü­gen an Bord der «Aero» mit Blick auf das Fisch­spe­zia­li­tä­ten-Restau­rant Schwy­bo­gen zwi­schen Treib und Rüte­nen (Becken­ried)

Wohn­li­che Atmo­sphäre an Bord der „Aero“

Rück­gabe der Fahr­be­wil­li­gung an das eidg. Amt für Ver­kehr, man beachte das dama­lige Logo der DGV.

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Hin­weise

1) Grund­sätz­lich haben sehr wenige der ins­ge­samt 13 aus­ran­gier­ten SGV-Motor­schiffe über­lebt: die sie­ben Schiffe Nep­tun, Del­phin, Brü­nig, Mythen, Wald­stät­ter, Rigi und Pila­tus wur­den abge­bro­chen; die drei Boote Astra, Mars und Bri­sen sol­len aus­ser­halb des Vier­wald­stät­tee­sees noch ver­keh­ren und nur die bei­den Oldies Reuss und Aero blie­ben auf dem Hei­mat­ge­wäs­ser. Dies im kras­sen Gegen­satz zur Bas­ler Rhein-Flotte der BPG: sie steht am andern Ende des Ran­kings, in dem sämt­li­che 11 aus­ge­mus­ter­ten Schiffe heute noch fah­ren. So über­leb­ten u.a. die statt­li­chen Motor­schiffe Rhein­fel­den, Rhy-Blitz, Stras­bourg, Stadt Basel und Läl­le­kö­nig mehr oder weni­ger unbe­scha­det ihr Bas­ler Ende und erfreuen sich gros­ser Beliebt­heit in halb Europa.

2) Heute steht dort die Kantonsschule.

3) Es gibt in der Lite­ra­tur Hin­weise, wonach die zwei Schiffe von der Genos­sen­schaft Aero bei der Hitz­ler-Werft bestellt wor­den sind (Quelle St. Butti in „Hitz­ler-Werf­ten“). Dem­ge­gen­über tritt die DGV als Kon­zes­sio­nä­rin auf, wie die mir vor­lie­gen­den Doku­mente zei­gen. Die genauen Umstände sind auch aus dem Stan­dart­werk „Die Geschichte der Schif­fahrt auf dem Vier­wald­stätter­see“ (1999, 2. erwei­terte Auf­lage) nicht ersicht­lich. Einer der Autoren, Josef Gwer­der, meint dazu: „Offen­bar hatte die Genos­sen­schaft Aero mit der DGV ein Abkom­men, den Betrieb zu führen.“

7) Für Nie­der­ber­ger, einem Pio­nier in Sachen Recy­cling als Geschäfts­mo­dell, ist die «Aero» das erste von drei aus­ran­gier­ten Schif­fen, die er der DGV in der Folge abkaufte. 1964 erwirbt er den Rad­damp­fer Hel­ve­tia und baut ein Trans­port- und Ramm­schiff namens Flip­per dar­aus. 1971 über­nimmt er den letz­ten koh­le­be­feu­er­ten Rad­damp­fer des Vier­wald­stätter­sees, die «Plia­tus» in seine Obhut.

8) Jürg Meis­ter: „Offen­sicht­lich hat der Ori­gi­nal­ben­zin­mo­tor von 1910 auch dank der stets nied­ri­gen Fahr­leis­tun­gen des Schif­fes bis zu die­sem Zeit­punkt durchgehalten.»

9) Yanmr 4JH3‑E Die­sel mit Radice-Pro­pel­ler 4 Blatt B7, 20 RH 17 11

12) Der neue Eig­ner heisst Stef­fen Hubert Schwen­cke, Weil a. Rhein. Er äus­sert sich über die Zukunft des Schif­fes gegen­über der Schiffs-Agen­tur wie folgt: «Das Schiff soll und muss so blei­ben wie es ist. Ich möchte es erhal­ten und pri­vat nut­zen, Aus­fahr­ten machen und es genies­sen. Den Hei­mat­ha­fen kann ich noch nicht sagen, hoffe aber auf einen Platz in Öster­reich, da ich mei­nen Wohn­sitz Rich­tung Bre­genz ver­le­gen möchte. Ich habe das Boot auf einem Inter­net­por­tal ent­deckt und mich sofort verliebt.»

Quel­len

4) Wiki­pe­dia 2022 (Link)

5) aus: „Die Geschichte der Schiff­fahrt auf dem Vier­wald­stätter­see» Thun-Gwatt, 2022 (die­ses Buch erscheint im Ver­laufe des Jahres.)

6) Gwer­der, Meis­ter, Liechti: „Die Geschichte der Schif­fahrt auf dem Vier­wald­stätter­see“ (2. Erw. Auf­lage 1999)

10) Doku­men­ta­tion von Alois Fischer, Brun­nen 2020

11) Anga­ben Werft Bucher + Schmid Luzern 2008

Impres­sum

Text H. Amstad

Bild 3 und Bild im Text­teil 1 BAR, Bestand Motor­schiff Aero; Repro: B. Zumstein

Bild 4 und Bild im Text­teil 2 Repro Cl. Jean­mair, Archiv J. Meister

Bild 6 Samm­lung A. Fischer, Bil­der 7 und 8 A. Fischer, Doku­ment 5 im Text­teil Samm­lung H. Amstad

Bil­der 1, 2, 5 und im Text­teil 3 und 4 H. Amstad

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