MS Delphin ergänzt die Lux-Flotte des Hallwilersees.
Die heute am Hallwilersee lebende Mundart-Popsängerin Ursula Bellwald aus dem Wallis, besser bekannt unter dem Künstlernamen Sina, meint in ihrer Taufrede in Meisterschwanden: „Würde das Schiff im Wallis fahren, wäre der Name ‚Matterhoru’ oder ‚Syrah-Assemblage“ angebracht,“ um wenig später das Geheimnis zu lüften: „Ich taufe dich auf den Namen MS Delphin.“ Der Taufgötti ist Ernst Fischer, eine Legende der Aargauer Gastro- und Hotellerieszene und der Seniorchef im Seehotel Delphin: „Wie der exotische Namen Delphin an den Hallwilersee kam, fand ich nicht heraus. Dokumentiert ist er bereits ab 1845, als die Liegenschaft ‚in der Rebe Delphin’ durch meine Vorfahren erworben wurde*. Mir kommen aus meiner Kindheit lediglich die TV-Sendungen mit dem Delphin Flipper in den Sinn.“
Die „Delphin“ ist das 14. Schiff in der 130-jährigen Geschichte der Schifffahrtsgesellschaft Hallwilersee (SGH) und das sechste Schiff in Folge aus dem Hause Lux. Für den SGH-Geschäftsführer Ueli Haller war klar, wer den Auftrag bekommen würde: „Die Verbundenheit des Hallwilersees mit der Familie Miebach entstand bereits unter Hans Häfeli, dem früheren Leiter der SGH. Die freundschaftlichen Beziehungen haben sich unterdessen noch verstärkt“, unterstreicht Haller die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen der Werft und dem See anlässlich der Jungfernfahrt des Schiffes. Auch Elmar Miebach, der Geschäftsführer der Mondorfer Werft äussert sich begeistert: „Es ist einzigartig, mit welcher Freude die Hallwilersee-Schifffahrt von der Bevölkerung getragen wird.“ Dann ertönt der Fahnenmarsch aus den Lautsprechern und Bruno Fischer, der Kapitän der „Delphin“, wechselt feierlich die Lux-Werftflagge mit der SGH-Reedereiflagge aus.
Die Lux-Werft hat auch für den Schweizer Markt eine Bedeutung und gehört zusammen mit der ÖSWAG in Linz und der Shiptec in Luzern zu den drei grössten Lieferanten von Schweizer Fahrgastschiffen. Johann Lux legte im Mai 1945 kurz nach Kriegsende den Grundstein für die Werft. Eine neue Schiffbauhalle entstand 1963/64 unmittelbar am Rhein bei Stromkilometer 660,9. Mit dem Fahrgastschiff Willi Ostermann (Bau-Nr. 18) folgte der erste Grossauftrag. 1984 wurde nochmals eine doppelt so grosse Schiffbauhalle angebaut, 2012 erfolgte die jüngste Erweiterung. Seit 1957 betätigt sich Lux auch als Betreiberin von Fahrgastschiffen auf diversen Seen, seit 2006 kommen Fährbetrieb dazu, z.B. zwischen Mondorf und Graureindorf oder zwischen Bad Godesberg und Niederdollendorf (Bonn und Königswinter)**.

Ueli Haller, Geschäftsführer der SGH: „Das Schiff bringt mit dem markanten Bügel ein neues Erscheinungsbild in die Flotte und wird das Bild des Hallwilersees prägen“. Nimmt man das Steuerhaus, die Einstiegspartie und den Ausbaustandard ins Visier, so sind die Lux-Charakteren des Schiffes unverkennbar. Etwas eigenwillig ist der Personenlift, der als offener Container die beiden Decks behindertengerecht verbindet. Das Oberdeck weist dank den mit Netzen bestückten Schanzkleidern eine hohe Transparenz auf, das fixe Zeltdach erweist sich hingegen akustisch als harter Reflektor. Ich finde den direkten Einstieg in den Salon bei windigem und kaltem Wetter suboptimal, er ist aber bei vielen vor allem deutschen Schiffen oft anzutreffen. Immerhin gehören nun die besten Plätze in der Bugpartie wieder den Fahrgästen; Küche und Infrastruktur-Räume sind auf dem Hauptdeck achtern angeordnet. Der Geschäftsleiter Ueli Haller zum Schiff: „Das Schiff ist für den Hallwilersee zu 100 % gelungen, wir haben nun eine zukunftsorientierte Flotte für die nächsten Jahrzehnte. Wir sind stolz, dass es möglich war, eine solche Investition zu tätigen.“
MS Delphin ersetzt die „Fortuna“, die am Muttertag, 13. Mai 2018 ihren letzten Einsatz auf dem Hallwilersee hatte. Sie wurde an den früheren Besitzer der Gilles-Schifffahrt von Vallendar verkauft. Vallendar ist ein schmucker Ort, sechs Kilometer unterhalb von Koblenz, hinter der grössten (und bewohnten) Insel Niederwerth des Rheins gelegen und aus Sicht der Grossschifffahrt versteckt. Mit an Bord der „Delphin“ ist auf der Jungfernfahrt auch der Chef Werner Gilles zu treffen. Er hat zum Hallwilersee ebenfalls eine spezielle Beziehung: von Vallendar kam 1963 die „Fortuna“ vom Rhein auf den Hallwilersee. Gilles: „Sie hat für unser Familienunternehmen eine besondere Bedeutung, weil beim Bau dieses Schiffes im Jahr 1963 einige Schalenbleche und andere Teile von unserer allerersten Einheit – ebenfalls ‚Fortuna’ genannt – verwendet wurden.“ Er zeigt mir sowohl die „Fortuna“ von 1905*** wie jene Teile, die für den Um‑, oder sagen wir doch besser Neubau der nachfolgenden Hallwilersee-Fortuna eingebaut wurden. „1920 hat mein Grossvater Friedrich Gilles begonnen, den Linienverkehr Vallendar – Koblenz mit dem Fahrgasschiff Fortuna aufzubauen.“
Das noch namenlose MS300, MS Seetal (2010) und MS Brestenberg (1990) warten im Triopack an der Schifflände Meisterschwanden Delphin auf den Taufakt.
Der blaue Bügel wird das Charakteristikum der „Delphin“ bilden.
Rainer Miebach ist zusammen mit seinem Bruder Elmar Miebach und Petra Lux sowie Wolfgang Keeseberg in der Geschäftsleitung der Lux-Weft.
Er freut sich im Steuerhaus der „Delphin“ über das gelungene Werk.
Elmar Miebach und Verwaltungsratspräsident Jürg Roth überbringen dem Schiff und der SGH Glückwunschworte.
Werner Gilles ist nun wieder glücklicher Inhaber der nach fast 50 Jahren im Exil lebenden „Fortuna“; auf der präsentierten Bildertafel sind Bilder der „Fortuna“ I zu sehen.
Die „Fortuna“ II wird in Vallendar den Lebensabend als Büroschiff der Schifffahrt Gilles verbringen.
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Hinweise
*) In der Tat tappen Namensforscher im Dunkeln, wie der Name Delphin nach Meisterschwanden kam. Die Dozentin und Namensforscherin Inga Siegfried der Universität Zürich kennt keine Datengrundlage, die hier erhellend wäre. „Sollte sich der Name wirklich zunächst auf Rebland bezogen haben, käme ein Personenname in Frage. Bereits im 14. Jahrhundert ist Delphin als Familienname in Bern belegt. Durch die grosse Wertschätzung, die der Delfin in der antiken Mythologie erfuhr (Symbol der Treue, der Rettung und der Liebe) wurde er seit dem Mittelalter auch zu einer wichtigen Figur der Heraldik und war ein häufiges Wappentier. Über seine Symbolik und seine Verwendung als Wappentier war er wiederum Motiv vieler mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Hausnamen, nicht nur im deutschsprachigen Raum. Genaueres kann ich leider nicht sagen, ausser, dass der Name Delphin in der Vergangenheit in der Schweiz gar nicht so exotisch war.“
**) Auf folgenden Gewässern betreibt die Lux-Werft Fahrgastschiffe: Hengsteysee, seit 1957, heute mit MS Freiherr v. Stein • Harkortsee, seit 1957, heute MS Friedrich Harkort • Biggesee, seit 1967, heute mit MS Westfalen • Möhnetalstausee, seit 1970, heute mit MS Möhnsee • Sorpestausee, seit 1970, heute mit MS Sorpesee • Hennetalstausee, seit 1970, heue mit MS Hennesee • Brombachsee (seit 1972, heute mit dem Trimaran Brombachsee • Rhein Fährbetrieb zwischen Mondorf und Graurheinufer, seit 2006 • Rhein Autofähren zwischen Bad Godesberg und Niederdollendorf, seit 2014, heute mit MS Konrad Adenauer und MS St. Christophorus II.
***) 1905 Fortuna (I) • 1963 Fortuna (II) mit Teilen von Fortuna (I); 1969 auf den Hallwilersee, 2018 zurück nach Vallendar • 1969 Fortuna (III)
Quellen
Bild 7 SGH, Text und übrige Bilder H. Amstad.
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