MS Rhy­stärn: ein Geburts­tags­ge­schenk der Bas­ler Bevöl­ke­rung an die BPG zum 50-jäh­ri­gen Firmenjubiläum

Rhyb­ligg, Rhy­stärn, Stadt­liebi, Emi­lie Louise Frey und Basi­lea waren die Namen für das neue Schiff der BPG, vor­se­lek­tio­niert aus 1 777 Namens­vor­schläge aus der Bevöl­ke­rung. „Basi­lea“ war mein Favo­rit, auch 60 % von 1 100 Leser/​innen einer Lokal­zei­tung sahen es so. Aber es kam anders: Die Bas­ler Per­so­nen­schiff­fahrt BPG begrün­det die Wahl des Namens Rhy­stärn mit einem leicht-eso­te­ri­schen Hauch: „Sterne sym­bo­li­sie­ren Roman­tik und ste­hen für Schutz und Beglei­tung, für Träume und beson­dere Wün­sche, wir­ken geheim­nis­voll wie inspi­rie­rend. Diese Sym­bo­li­ken pas­sen per­fekt zum Schiff und zu einer Fahrt auf dem Rhein.“ Und ich denke mir: „Rhy­stärn“ passt wirk­lich gut zu „Bas­ler­dy­bli“ und „Läl­le­kö­nig“.

Nur, meine Argu­men­ta­tion greift zu kurz. Wie an der Medi­en­kon­fe­renz zu erfah­ren ist, will sich die BPG defi­ni­tiv von der 38-jäh­ri­gen „Läl­le­kö­nig“ tren­nen*. Geschäfts­füh­rer Peter Stal­der: „Wir wol­len die ‚Drei-Schiff-Stra­te­gie’ bei­be­hal­ten.“ Nun gilt es, im August, wenn die „Rhy­stärn“ defi­ni­tiv in den Kurs­ver­kehr kommt, und im Sep­tem­ber die vier Schiffe zu genies­sen. Die „Läl­le­kö­nig“ ver­lässt gegen Ende Okto­ber Basel, einer der Inter­es­sen­ten ist die KD. Daniel Thi­riet, Ver­wal­tungs­rats­prä­si­dent der BPG, recht­fer­tigt den Neu­bau wie folgt: „MS Läl­le­kö­nig benö­tigt sehr grosse Inves­ti­tio­nen.“ Die­ser Auf­wand würde sich aus Aus­ga­ben zusam­men set­zen, die mit neuen inter­na­tio­na­len Vor­schrif­ten auf dem Rhein im Zusam­men­hang stün­den, aus aktu­el­len Kun­den­wün­schen, die sich in den letz­ten 30 Jahre ver­än­dert hät­ten und aus Abnüt­zungs­er­schei­nun­gen des Inventars.

Dar­auf meinte ein anwe­sen­der Jour­na­list, die BPG habe an MS Läl­le­kö­nig schon sehr lange nichts mehr gemacht, nun sei der Inves­ti­ti­ons­be­darf natür­lich sehr gross. „Und warum trennt man sich nicht von MS Bas­ler­dy­bli“, fragte er nach. „Das MS Bas­ler­dy­bli ist uns ans Herz gewach­sen; die Bas­ler lie­ben die­ses Schiff“, gibt Thi­riet ein flam­men­des Bekennt­nis ab. Aus­ser­dem habe das Schiff eine ideale Grösse für klei­nere Gesell­schaf­ten und für Schlecht­wet­ter­tage mit klei­nen Kurs­fre­quen­zen. Peter Stal­der: „Wir ver­mie­ten unsere Schiffe 200 Mal im Jahr – Schiff­schar­ter sind in Basel sehr popu­lär.“ Auch MS Bas­ler­dy­bli ist in die Jahre gekom­men und braucht für eine Reno­va­tion min­des­tens 1,2 Mil­lio­nen Fran­ken, die die BPG aber nicht hat. «Wir möch­ten das Schiff einem Club über­ge­ben, der es hegt und pflegt“, ver­rät Daniel Thi­riet die Stra­te­gie des Ver­wal­tungs­ra­tes. Die BPG wür­den dann jeweils bei Gebrauch das Schiff vom noch zu grün­den­den Ver­ein anmie­ten. In einem Jahr wisse man mehr.

Nun zum Neu­bau: Zum letz­ten Mal gab es in Basel eine Schiffs­taufe vor über 25 Jah­ren mit MS Chris­toph Merian. „Als ich 2011 in den VR kam, war ein neues Schiff bereits ein Thema,“ erläu­tert Thi­riet. „Da die BPG-Aktien zu 100 % der Stadt Basel gehö­ren, war die Pro­zess­dauer bis zur Ent­schei­dungs­fin­dung lange.“ Die Pla­nun­gen für das Schiff haben ins­ge­samt fünf Jahre gedau­ert. Das basel­städ­ti­sche Kan­tons­par­la­ment bewil­ligte schliess­lich im Mai 2016 neun Mil­lio­nen Fran­ken dafür. Zum Raum­pro­gramm des Schif­fes sagte Daniel Thi­riet: „Ein gros­ser Saal für 300 Per­so­nen und viel Platz auf dem Son­nen­deck waren die Vor­ga­ben.“ Beide Ziel­set­zun­gen sind sehr gut umge­setzt: Obwohl der Saal nun für 320 Gäste Essens­plätze bie­tet wirkt er ange­nehm über­sicht­lich. Peter Stal­der kennt das Geheim­nis: „Die Raum­höhe von 260 cm netto ist mehr als auf jedem andern Schwei­zer Schiff, aus­ser jenen mit einem Atrium.“ Dies im Gegen­satz zur „Chris­toph Merian“, die für mich im unte­ren Salon eine bedrü­ckende Atmo­sphäre ver­brei­tet. Die farb­lich ver­än­der­bare, gross­flä­chige Licht­de­cke mit­ten im Saal der „Rhy­stärn“ trägt eben­falls zum sehr ange­neh­men Raum­ge­fühl bei. Stal­der: „Emo­tio­nen sind wich­tig. Der Fahr­gast soll sich wohl fühlen.“

Das Son­nen­deck bie­tet jedem Geschmack etwas: Schat­ten- und Son­nen­lätze in gros­ser Anzahl, sol­che zum Anleh­nen und Ein­zel­stühle und andere mit Bän­ken, die auch zum Lie­gen ein­la­den, ins­ge­samt 250 Plätze. Peter Stal­der: „Die Bedürf­nisse der Kun­den haben sich seit 1992 (Ein­füh­rung des MS Chris­toph Merian) stark ver­än­dert. Die Men­schen wol­len wie­der draus­sen sit­zen, keine Kom­pro­misse auf klei­nen Decks ein­ge­hen, gross­zü­gige Raum­vo­lu­men sind gefragt.“ Das Entrée ist der „Chris­toph Merian“ nach­emp­fun­den mit Platz für Gar­de­robe, Mög­lich­kei­ten für Steh­apé­ros, den Lift und den Abgän­gen zu den beson­ders gestal­te­ten Toi­let­ten. Zur Innen­ge­stal­tung zog die BPG Jan-Peter Kel­ler von der art­Emo­tio­nal GmbH Basel bei. Diese Firma beschreibt ihren Schwer­punkt mit: „Bera­tungs­leis­tun­gen für Kun­den-Emo­tio­na­li­sie­rung, Aus­stel­lun­gen und Insze­nie­run­gen“, wo sie auch 12 Jahre für den Euro­pa­park Rust arbei­tete. Auch hier gab der VR eine stra­te­gi­sche Marsch­rich­tung vor. Thi­riet: „Wenn man ins Schiff ein­tritt, sollte das Inté­ri­eur einem das Gefühl von Basel ver­mit­teln.“ Die auf­wän­dige „Kunst am Bau“ wurde von den Rhein-Sali­nen gesponsert.

Beim Bau gab es in Linz zeit­li­che Ver­zö­ge­run­gen der Werft. Der an der Medi­en­kon­fe­renz anwe­sende Öswag-Pro­ku­rist und Pro­jekt­lei­ter Rein­hard Rath erklärte gegen­über der SA die Gründe: „Wir haben das gesamte Pro­duk­ti­ons­sys­tem auf 3‑D umge­stellt. Das ermög­licht effi­zi­en­tere Pro­zesse bis hin zur Metall­fräs­ma­schine. Diese Umstel­lung dau­erte län­ger als geplant. Aus­ser­dem hat uns der für die Umstel­lung zustän­dige Pro­jekt­lei­ter aus pri­va­ten Grün­den ver­las­sen und sein Vize bezog Vater­schafts­ur­laub.“ Auch andere ÖSWAG-Pro­dukte wie MS Öster­reich (Boden­see) und MS Engel­berg (Bie­ler­see) waren von der Ver­zö­ge­rung betroffen.

Nach einer zehn­tä­gi­gen Über­fahrt von Linz über die Donau, den Main-Donau-Kanal, den Main und den Rhein und über 1 226 zurück­ge­leg­ten Kilo­me­tern kam das Schiff am 11. Mai 2018 in Basel an. Rein­hard Rath: „Das war die längste Pro­be­fahrt eines ÖSWAG-Schif­fes.“ Den offi­zi­el­len Tauf­akt auf dem Rhein nahm Kath­rin Renggli, Lei­te­rin des Euro­päi­schen Jugend­chor Fes­ti­val Basel EJFC, am 16. Mai vor. Die Jung­fern­fahrt war dann nach der BAV-Abnahme am 28. Mai. Die knappe Zeit reichte nicht, das Schiff für den Strom­ab­schnitt ober­halb der mitt­le­ren Rhein­brü­cke abzu­neh­men. An der Jung­fern­fahrt navi­gierte Flo­rian Sul­zer, der für die „Rhy­stärn“ zustän­dige Kapi­tän und Aus­bild­ner. Am Tag der offe­nen Schiffe vom 16. Juni durf­ten dann die „Spon­so­ren“, sprich die Bas­ler Bevöl­ke­rung, das Schiff besich­ti­gen: 2 350 Besu­chende zählte die BPG. Den Juli brauchte man für die Instruk­ti­ons­fahr­ten der Schiffs­füh­rer, wäh­rend das ste­hende Schiff an den lauen Som­mer­aben­den offen stand für einen chil­li­gen Aus­gang. Stal­der: “Wir konn­ten 7 500 Gäste bewir­ten, es war ein vol­ler Erfolg.“ Die ers­ten Kurs­fahr­ten star­te­ten am 1. August. 2018 fei­ert die BPG ihr 50-jäh­ri­ges Fir­men­ju­bi­läum als Akti­en­ge­sell­schaft**. Damit gönnt sie sich das schönste Geburts­tags­ge­schenk, das sich eine Schiff­fahrts­ge­sell­schaft wün­schen kann: ein neues Schiff.

Auch nach aus­sen strahlt die „Rhy­stärn“ eine Gross­zü­gig­keit aus.

Trotz der Saal­grösse von über 300 Essens­plät­zen wirkt der Salon licht­durch­flu­tet und leicht.

Der Pro­jekt­lei­ter der Öwag, Rein­hard Rath, zeigt uns den Maschinenraum.

Der Rhy­stärn-Kapi­tän Flo­rian Sul­zer fühlt sich bereits auf den Pro­be­fahr­ten wohl im Steu­er­haus der „Rhy­stärn“.

BPG-Geschäfts­lei­ter Peter Stal­der ist glück­lich über den Neu­bau: „Die Rhy­stärn-Crew kann auch ein anspruchs­vol­les Kli­en­tel pro­blem­los zufrie­den von Bord lassen.“

Dazu wird sicher auch die Küche ihren Bei­trag leisten.

Blick aufs Ober­deck mit sei­nem „hän­gen­den Garten“.

Und schliess­lich ein „Por­trait“, auf­ge­nom­men am Kraft­werk Augst.

Bild 1 BPG, Text und übrige Bil­der H. Amstad.

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Bemer­kun­gen

*) MS Läl­le­kö­nig wird vor­aus­sicht­lich vom 25. bis 28.10.18 in Rich­tung Nor­den fah­ren und den Bestim­mungs­ha­fen ansteu­ern. Die BPG plant mit Euro­bus eine Begleit­reise. Vor­gän­gig wer­den noch ein­zelne Erleb­nis­fahr­ten auf der „Läl­le­kö­nig“ statt­fin­den. Die BPG wird den Abschied in Basel auf dem digi­ta­len Weg posten.

**) Bereits 1832 erreichte der Pas­sa­gier­damp­fer Stadt Frank­furt Basel. Diverse andere Dampf­schiffe waren für den Waren- und Per­so­nen­trab­sport ab 1838 im regel­mäs­si­gen Ein­satz zwi­schen Basel und Stras­bourg. Das Ganze kam nicht zum Ren­tie­ren und so stellte man die Pas­sa­gier­schiff­fahrt 1849 wie­der ein. Erst 1907 kamen dank der Initia­tive von Rudolf Gelpke die Rad­damp­fer Chris­toph Mus­ma­cher und 1908 DS Mül­heim am Rhein nach Basel und boten erfolg­rei­che Rund­fahr­ten. Der 1. Welt­krieg setzte 1914 ein Ende die­ser Epi­sode. 1924 wurde dann die „Bas­ler Per­so­nen­schif­fahrts-Gesell­schaft“ in Form einer Genos­sen­schaft gegrün­det, wor­auf 1925 MS Rhein­fel­den die moderne Per­so­nen­schiff­fahrt begrün­dete. Seit­her fah­ren regel­mäs­sig Pas­sa­gier­schiffe auf dem Bas­ler Rhein. 1926 gab es durch die BRAG Kon­kur­renz. Statt mit ihr zu koope­rie­ren führte der Allein­gang 1929 in den Kon­kurs der Genos­sen­schaft. 1968 wurde die BRAG an ein aus­län­di­sches Unter­neh­men ver­kauft und der Per­so­nen­ver­kehr aus­ge­la­gert. Umge­hend wurde die Bas­ler Per­so­nen­schiff­fahrts-Gesell­schaft BPG in Form einer Akti­en­ge­sell­schaft neu gegründet.

Techn. Daten MS Rhystärn

Werft ÖSWAG Linz, 2018, L 69,9 m, B 11,4 m, m 460 t leer, 550 t bela­den, v 21 km/​h im Still­was­ser, 2 x 331 kW 6‑Zylinder Rei­hen­mo­tor Sca­nia, 2 Schot­tel STP 150, Bug­strah­ler STT 60, 600 pax Fassungsvermögen.

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