MS Rigi als schwimmende Kulturbühne auf dem Vierwaldstättersee: kunstaheu.
Schiffe sind spannende Orte auch für Kunst, Kultur und Ausstellungen. In der Anfangszeit der „Sonnenkönigin“ gab es verschiedene Konzertreihen, die ich regelmässig besuchte. MS Stadt Bern wurde 2010 in Thun zu einem Kunstprojekt von Heinrich Gartentor. DS Helvétie war während der Umbauphase des Musée Olympique in Lausanne für zwei Jahre ein schwimmendes Museum auf dem Genfersee. Kulturanlässe kennen auch MS Jura auf dem Bielersee und MS Schwan auf dem Zugersee. Auf Luzerner Dampfschiffen stellen im Sommer Fotografen ihre Impressionen in den Kajüten aus. Ein ganz neues Angebot bietet im kommenden Sommer die schweizerische Bodenseeschifffahrt SBS an: jeden Dienstag und Donnerstag gibt es während der ganzen Hauptsaison ein Ganztagesangebot mit drei Kunstführungen in Rorschach und Lindau, kulinarischen Leistungen und entsprechenden Schifffahrten dazwischen*.
Es waren die beiden SGV-Angestellten Catherine Schmid und André Emmenegger, die ihre Idee in die Tat umsetzten. André Emmenegger: „2011 mieteten wir für zwei Wochen MS Rigi, um unseren zweiten ‚Beruf’ einer Öffentlichkeit zu zeigen, daraus entwickelte sich die Idee für eine Kunstplattform“. André Emmenegger ist Fotograf, Catherine Schmid Keramikerin und Schmiedin. Im ersten Quartal 2015 dann stand die „Rigi“ für drei Monate als schwimmende Kulturschiff zur Verfügung. Der Maler Pius Felder, ebenfalls Kassier bei der SGV, eröffnete die kunstaheu-Saison 2015. An 353 Öffnungsstunden gab es 15 Veranstaltungen, darunter vier längere Ausstellungen, die von fast 8000 Personen besucht wurden. Emmenegger: „Eine Salle Modulable en miniature ist unsere Plattform geworden, dazu noch an bester Lage beim KKL platziert“.
Der Erfolg bewog die SGV, ebenfalls als Sponsor mitzumachen; sie stellt das Schiff nun für die Saison 2016 zur Verfügung. Bedingung ist, dass während den Öffnungszeiten ein Schiffführer an Bord anwesend ist. „Dies führte zur Gründung eines Vereins,“ resumiert André Emmenegger. Vereinsmitglieder verpflichten sich zu Arbeitseinsätzen. 20 SGV-Schiffführer machen nun mit und leisten mit einem Frondiensteinsatz eine tolle Unterstützung für Kunst und Kultur. Einer davon ist Marco Bisegger, über seine Motive: „Ich liebe einerseits das Besondere und Aussergewöhnliche. Auf der Rigi gibt es bei den vielen Kunstprojekten, die regelmässig wechseln, immer wieder Neues zu entdecken. Selbst Kaffeetrinken aus den verschieden gestalteten Tontassen wird zum Erlebnis. Andererseits bin ich gerne bereit das spannende Projekt von Arbeitskollegen mit Fronarbeit zu unterstützen“.
„kunstaheu“ heisst der Trägerverein, der inzwischen von der Kunstschaffenden Pia Frey präsidiert wird. Im Titel kunstaheu hat es eine Anspielung auf „Ahoi“ drin, aber nur aufs Wasser möchte sich der Verein nicht reduzieren lassen. Pia Frey: „Unser Ziel ist, aussergewöhnliche Orte aufzuspüren und in temporäre Kunstplattformen zu verwandeln. Wir versuchen mit unserer Initiative, lokalen Kunstschaffenden einen Treffpunkt zu bieten, Arbeiten zu zeigen und sich mit dem Publikum auszutauschen.“ Das 1955 erbaute Schiff eignet sich sehr gut für verschiedenartige Events. Der Einstieg erfolgt über das Vorschiff, wo eine breite Ausladung noch an eine Zeit erinnert, wo man Milchkarren und Güterwagen verlud, wenn das Mittelschiff mit Gütern bereits besetzt war. Das ganze Mobiliar der „Rigi“ ist ausgeräumt. Catherine Schmid: „Auf dem Hauptdeck stellen im Vorder- und Hecksalon einzelne oder Gruppen von Künstlern ihre Objekte aus. Zudem befindet sich hier unser kleines Bord-Bistro als Treffpunkt für Kunst- und Kulturgespräche. Das Oberdeck mit seinem ehemaligen Erstklass-Salon bietet Gelegenheit zum Verweilen bei Lesungen, Musik, Theater und Unterhaltung.“
Die Tage der „Rigi“ indes sind gezählt. Das neue MS 2017 wird im kommenden Jahr den Betrieb aufnehmen und früher oder später den Motorschiffklassiker ersetzen. Vor 1962 hatte die „Rigi“ ein ähnlich wohl proportioniertes Erscheinungsbild wie das vier Jahre jüngere Schiff Schwyz. Die elegante Form mit seinen Oberdeckgalerien war geprägt durch einen stolzen Kamin und maritimen Masten. Der Umbau zum Unterqueren der Achereggbrücke tat dem Erscheinungsbild der „Rigi“ nicht gut. Die Chancen, das Schiff zu retten und gar wieder in den Bauzustand von 1955 zurück zu versetzen, stehen dem Zeitgeist entgegen. Das Bewusstsein, solche Meisterwerke der Schiffbaukunst zu retten, mündet noch nicht in eine Volksbewegung wie einst in den Siebzigerjahren, wo die Dampfer vor ähnlichem Schicksal standen. Ich bin überzeigt, dass man in 20 Jahren diesen Sachverhalt anders beurteilen würde. Ein Trost bleibt. Catherine Schmid: „Es gibt ein kunstaheu auch nach MS Rigi.“
Im Hochwinter ist MS Rigi jeweils als schwimmende Kunstbühne direkt neben dem KKL vertäut.
Eine markante Holzfigur weist den Weg zur Ausstellung.
Die Holzbildhauer-Figuren des Urner Künstlers Peter Bissig aus Isenthal haben bereits ein internationales Renommee, hier mit einer Figur ausgestellt im Vordersalon neben dem Schiffsmodell (Januar 2016).
SGV-Kassier André Emmenegger ist einer der Initianten des Projektes Kunstaheu, fotografiert im Hecksalon der „Rigi“ mit mannshohen Bissig-Figuren. Er selber wird im März ebenfalls seine Werke zeigen.
Der sog. „Erst-Klass-Salon“ dient als Eventraum, der Teppichboden mit den sehr eigenwilligen Blumensujets muss jeweils abgedeckt werden… Hier spielt das Cuerdas Gitarrenquartett mit Helen Büchler, Elise Tricoteaux, Stefanie Schnider sowie Marek Wetzel (vlnr.).
Vor einem Jahr stellte Esther Wicki-Schallberger aus Kriens aus; ihre Collagen, die das Buch „Die Clubhütten des Schweizer Alpen-Club im Jahre 1927“ mit Dampfschiffen von damals verbindet, gefielen mir sehr.
Durch Klick aufs Bild erscheint dieses im Grossformat.
Quellen
Text und Bilder H. Amstad.
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