Museum am Hafen Romanshorn – Sonderausstellung 40 Jahre Ende der Trajektschifffahrt Bodensee.
Das Museum am Hafen in Romanshorn organisiert regelmässige Veranstaltungen unter dem Titel „Romishorner Runde“. Der aktive Verein bietet ein buntes Jahresprogramm*. Ich besuche den Vortrag „Lastschiffe auf dem Bodensee“ und begegne an diesem Abend vier interessanten Persönlichkeiten, die sich dem Thema Bodensee und seiner Schifffahrt verschrieben haben und mit Leib und Seele sich für dessen Dokumentation einsetzen.
Max Brunner führt mich durchs Museum. Er ist Präsident des Vereins „Museumsgesellschaft Romanshorn“. Max Brunner: „Seit 1988 zeigen wir die Romanshorner Verkehrsgeschichte. 2006 mussten wir mit dem Verkauf des Zollgebäudes wieder raus, bis es 2008 Peter Fratton von der SBW Romanshorn gekauft hat und wir glücklichweise 2009 in den Dachstock einziehen konnten.“ Der Ausstellungsraum ist in drei Sektionen unterteilt: Die Dauerausstellung zeigt die Verkehrsgeschichte von Romanshorn mit dem Highlight der vier Stadtmodelle des Hafenareals um 1800, 1855, 1900 und 2000. Dann gibt es einen Eventraum z.B. für Sonderausstellungen wie die heutige über das Thema „Eisenbahntrajekt“, sonst auch geeignet für Veranstaltungen jeder Art sowie drittens ein Lagerraum als Depot der nicht ausgestellten Gegenstände.
Anton Heer ist Autor des Buches „Bodensee-Geschichte(n) – Ein illustriertes Logbuch“**. Er wird am kommenden 16. September im Rahmen der Romishorner Runde „über den Vater Rhein oder die Frage, wie lange es den See noch geben wird“ referieren. Heer als ein Kenner der Technikgeschichte hat einst die Geschichte der Dienstbahn der Internationalen Rheinregulierung (das Rhybähnli/Rheinbähnle) aufgearbeitet***. Die Trajektschifffahrt auf dem Bodensee stellte er 2014 im Rahmen zweier Semaphor-Aufsätze dar. In seinem nun neusten Buch nimmt er Zeitungsartikel der letzten 200 Jahre als Grundlage, den Bodensee vorab aus schweizerischer Sicht zu beschreiben, als Verkehrs-Drehscheibe (mit 36 Seiten Schiffsthemen), als Ressource (z.B. Trinkwasser), als Kulturraum und Festzelt sowie im Banne der Aviatik – die Dornier-Werke sind nur eines von vielen Beispielen.
Otto Bauer wird auch Billett-König genannt. Er zählt weit über 150 000 diverse Tickets aus aller Wekt in seiner Sammlung. Hier im Museum Romanhorn ergänzte er die zuvor in Friedrichshafen gezeigten Tafeln zu 2/3 neu. Wer also dort zuvor die Ausstellung gesehen hat wird sie hier in Romanshorn kaum noch erkennen. Bauer hat den Teil der Schweizer Ergänzung gestaltet: So über drei weitere Trajektbetriebe auf Schweizer Seen, zum Teil erstmals veröffentlichte Bilder vom Trajekt von den verschiedenen Landungsbrücken am Bodensee, interessante Transport- und Postbelege sowie verschiedene Gegenstände vom ehemaligen Trajektbetrieb. Weitere «Hingucker» sind die vier verschiedenen Filme mit meistens historischen Aufnahmen sowie das 3×1 m grosse HO Diorama der Landungsbrücke von Romanshorn. Die Sonderschau dauert noch bis zum 21. Oktober 2016, geöffnet jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr (für Gruppen und bei Voranmeldung jederzeit möglich).
Hans-Ulrich Wepfer machte heute Abend am 29. Juni 2016 mit 140 Dias eine Bildreise entlang dem Bodenseeufer mit dem Fokus Lastschifffahrt. Wepfer schmunzelnd: „Mit einer Powerpoint-Präsentation gibt’s oft am Anfang Schwierigkeiten, bei einer Diaschau manchmal zwischendurch“. Ich vernahm einiges Neues. Zum Beispiel, dass der Stadtname Friedrichshafen eine Erfindung der Neuzeit ist. Der Ort vis-à-vis von Romanshorn hiess bis 1811 Buchhorn, hergeleitet von mit Buchen bewachsene Landschaftsausbuchtung. Der vorher als Reichstadt geltende Ort kam 1802 zu Bayern, dann 1810 zu Württemberg, wo der regierende König Friedrich sich einen Hafen und ein Denkmal setzen wollte: Friedrichshafen. Auch wurde mir in Wepfers Vortrag klar, woher der Dialekt-Ausdruck „rossen“ kommt (bedeudet heute: mit roher Kraft grobschlächtig Hand anlegen). Das Wort kommt aus der Treidelschifffahrt: flussaufwärts wurden die Schiffe mit Pferden (Rosse) gezogen, dem Treideln sagte man auch „Rossen“.
Rorschach war früher weit bedeutender als Romanshorn, auch für den Schiffsverkehr. Das war dem Kloster St. Gallen zu verdanken, das sich dort einen Platz zum Handel und zur Schifffahrt einrichtete. Das imposante Kornhaus erinnert noch heute an diese Zeit. Das erste betriebstüchtige Bodensee-Dampfschiff Wilhelm verband 1824 fahrplanmässig Friedrichshafen mit Rorschach. Erst 1855, als die Nord-Ost-Bahn NOB ihre Geleise nach Romanshorn baute und gleichzeitig den flächenmässg grössten Hafen am Bodensee schufen, verlagerte sich der Schwerpunkt des Handels von Rorschach nach Romanshorn.
Ausschnitt aus der Dauerausstellung des Museums am See – Geschichte eines Aufschwungs.
Dieser Teil des Dachstuhles vom ehemaligen Zollgebäude dient zur Zeit der Sonderausstellung zum Thema „40 Jahre Ende des Trajektverkehrs“.
Die Vortragsserie „Romishorner Runde“ ist jeweils gut besucht.
Auf diesem Kartenausschnitt vom historischen Atlas der Schweiz erklärte H.U Wepfer in seinem Vortrag die schiff- und flössbaren Gewässer und die Bedeutung des Bodensees im 18. Jahrhundert (rote Linien sind Postkutschenverbindungen, die gestrichelten blauen sind Flösserstrecken).
Drei Generationen von Schiffen in Ermatingen auf einem Bild: eine noch in Betrieb stehende Lädine, das 1936 erbaute MS Munot und am Kopf der Landungsbrücke DS Schaffhausen (1913), aus Wepfers Vortrag.
Emsiges Treiben im Hafen von Romanshorn; während im Vordergrund die Trajektkähne beladen abfahrtsbereit sind stehen Personendampfer für den Einsatz bereit. Im Hafen von Romanshorn waren in der Blütezeit 36 km Geleise verlegt, 167 Weichen standen in Betrieb und gesteuert wurde die ganze Anlage von sechs Stellwerken aus. Romanshorn war eine der grössten Eisenbahnanlagen der Schweiz.
Durch Klick aufs Bild erscheint dieses im Grossformat.
Hinweise
*) Standort: am Westufer des Hafens Romanshorn, Programm: Link / **) Das lesenswerte Buch ist bei uns erhältlich für nur CHF 29.00, Bestellung: Link / ***) Über das Rheinbähnle ist ein weiterer (B)Logbucheintrag nachzulesen: Link.
Quellen
Bilder 3 bis 6 Sammlung H.-U. Wepfer,
Text und restliche Bilder H. Amstad
Weiter im Text
Über die Trajektschifffahrt und die Ausstellung in Friedrichshafen berichteten wir bereits am 24.01.2016 –> Link
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