Nach zwei Jahren Pause: Biel/​Bienne emp­fängt die euro­päi­schen Bin­nen­schiffer am IBT 2022

Nach 40 Jahren hat das 65. Bin­nen­schiff­fahrts­treffen das dritte Mal in Biel statt­ge­funden. Dabei hat sich die grösste, aus­schliesslich zwei­spra­chige Stadt der Schweiz als idealer Aus­tra­gungsort dieses inter­na­tio­nalen Stell­dicheins von Nau­tikern erwiesen. Sie alle pflegen an diesem Kon­gress Kame­rad­schaften und bilden sich im regen Erfah­rungs­aus­tausch weiter. 270 Teil­neh­mende aus ver­schie­denen Ländern haben 69 Gesell­schaften ver­treten. Biel hat genug Hotel­betten, ein statt­liches Kon­gress­zentrum und einen attrak­tiven Hafen inklusive Hafen­re­staurant und öffent­lichem Bus-Anschluss. Die Bie­ler­see­flotte umfasst neun Schiffe mit Jahr­gängen von 1953 (MS Stadt Biel) bis 2018 (MS Engelberg), die drei Seen mit zwei Kanälen und den Fluss Aare bis nach Solo­thurn bedienen. Mit solcher Vielfalt, Kom­paktheit und den erwähnten Rah­men­be­din­gungen kann kaum ein anderer Aus­tra­gungsort auf­warten. Dies wird wohl nicht der Grund sein, warum an der abschlies­senden Dele­gier­ten­ver­sammlung sich für das kom­mende Jahr kein Schiff­fahrts­be­trieb finden liess, das nächste IBT zu orga­ni­sieren1.

Trotz eupho­ri­schen Trümpfen hat die Jura-Seen­land­schaft auch Nach­teile: während ein Hoch in der Höhe für son­niges Wetter sorgte, blieb das Drei­see­enland während drei Tagen im Nebel. Nur gerade am Eröff­nungs­abend zeigte die unter­ge­hende Sonne, wie es hier aus­sehen könnte. An den fol­genden zwei Tagen besuchten im Wechsel die eine Hälfte der Teil­neh­menden die Ambassa­do­ren­stadt Solo­thurn über den Was­serweg mit dem MS Rousseau, während die andere Gruppe mit dem MS Peter­s­insel in La Neu­veville anlegte, um in der Staats­kel­lerei Bern die edlen Tropfen dieser Wein­gegend zu degus­tieren. Auf beiden Tages-Events stellte die Bord­gas­tro­nomie mit einem Mit­tag­essen oder einem aus­gie­bigen Brunch ihre Leis­tungs­fä­higkeit unter Beweis. Etwas über­rascht waren sie dann auf der Fon­duefahrt am dritten Abend ob dem Quantum, die die Schiffler zu ver­zehren vermochten…

Am Gala­abend liessen es sich die beiden Stadt­re­gie­rungen von Biel und Solo­thurn nicht nehmen, sym­pa­thische Gruss­worte an die Bin­nen­schif­fe­rinnen und Schiffer zu richten. So konnte Erich Fehr, der Stadt­prä­sident von Biel, auch in der Rolle des BSG-Ver­wal­tungs­rats­prä­si­denten seine Insi­der­kennt­nisse zum Besten geben. In- und aus­län­dische Gäste staunten nicht schlecht, welchen pom­pösen Bau als Kon­gress­halle die 55 000-See­len­stadt Biel vor­zu­weisen hat. Es sei, so der Stadt­prä­sident, die grösste frei­hän­gende Decken­kon­struktion Europas. Was er uns ver­schwiegen hat, wir aber schnell gemerkt haben: der ein­drück­liche Bau hat wahr­scheinlich auch die anspruchs­vollste Akustik aller Hallen Europas. Schlägt man bei Wiki­pedia nach, so liest man über diesen Bau: „Der Baustil gehört zu den Anfängen des Bru­ta­lismus der 1960er-Jahre.»

Der grosse Aufwand lohnt sich

Eine Beson­derheit an diesem IBT war, dass auch ein zweites Stadt­prä­sidium die inter­na­tio­nalen Gäs­te­schar begrüsste: jenes von Solo­thurn. Vize-Stapi Pascal Walter zeigte sich hoch erfreut, dass der Festakt am 11.11. statt­ge­funden hat, ist doch die Zahl 11 für Solo­thurn so etwas wie heilig2. Denn alles dreht sich in der schönsten Barock­stadt der Schweiz um die Zahl 11.

Dem tech­ni­schen Leiter der BSG, Erich Hofmann, und seinen OK-Mit­gliedern Katja Zwahlen, Thomas Müh­le­thaler und Reto Wahlen ist es gelungen, ein gemüt­liches IBT zu orga­ni­sieren. Für mich waren die drei High­lights am Gala­abend der Auf­tritt der Gruppe EFJ, die Aare­fahrt inklusive der anfäng­lichen Par­al­lel­fahrt der beiden MS Rousseau und MS Peter­s­insel sowie die nächt­liche Fon­duefahrt, wo die beiden Schiffe Berna und Peter­s­insel zusammen gebunden durch den Bie­lersee und den See-Nebel pflügten und eine mys­tische Stimmung – und dies trotz November bei ange­nehmen Tem­pe­ra­turen – zau­berten. Die Gruppe EFJ steht für die drei Namen Egli, Friedli und Jungen. Mit ihrem Pro­gramm (und CD) «Seen­platte» widmen sie 19 ein­gängige Musik­titel 19 Gewässern3. wobei alle Titel selber getextet und kom­po­niert sind. Felix Egli ist nicht nur ein begna­deter Sänger, Kla­ri­nettist und Texter, sondern auch ein Nau­tiker mit Herzblut: jeweils am Montag und Mittwoch trifft man ihn weder im Schul­zimmer (als Lehrer), noch im Ton­studio an, sondern als BSG-Mit­ar­beiter auf den Bielersee-Schiffen.

Biel war Aus­tra­gungsort des 65. Inter­na­tio­nalen Bin­nen­schiff­fahrts­treffens 2022. Eines der High­lights war die Fondue-Aus­fahrt im Koppelverband.

Musi­ka­li­scher Aus­klang am vierten Ver­an­stal­tungstag an der Ländte 1 im Bieler Hafen; danach gings für einige Uner­müd­liche noch auf das sonn­täg­liche Kur­schiff Chasseral.

Ein zufrie­dener OK-Prä­sident: Erich Hofmann leitete auf der „Peter­s­insel“ die Dele­gier­ten­ver­sammlung und durfte – auch für sein Team – viele aner­ken­nende Worte des Dankes entgegennehmen.

Während die eine Gruppe mit der „Peter­s­insel“ in die Staats­kel­lerei Bern in La Neu­veville fuhr, navi­gierte Martin Brechbühl (im Bild rechts) die andere Gruppe auf der „Rousseau“ nach Solothurn.

Von der Schiffs­uniform in die Bay­ern­tracht: Inter­na­tio­nales Stell­dichein bem IBT

Gesel­ligkeit, Erfah­rungs­aus­tausch und Wei­ter­bildung sind wert­volle Ele­mente beim Stell­dichein der 270 teil­neh­menden Schiffersleute.

Novem­ber­nebel umhüllt MS Berna auf seiner Fonduefahrt

Stell­ver­tretend für alle guten Geister auf und hinter der Bühne freuen sich Heinz Bracher und Ändu Marti, dass der Anlass nach zwei Jahren Pause wieder statt­finden konnte.

Bilder im Textteil: Am ersten Tag sahen die vielen, auch erst­malig nach Biel her­ge­reisten Teilnehmer/​innen den schönen Hafen der Uhren­stadt in der Abend­sonne. Der November ist am Jura­südfuss der prä­de­sti­nierte Nebel­monat im Jahr. Zum Glück schim­merte ab und zu die Sonne durch, um wie hier im (3.) Bild die Fas­zi­nation der Aare und der andern Jura­ge­wässer auf­blitzen zu lassen.

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Hin­weise

1) Eigentlich war 2020 der Obersee und der Grei­fensee als Aus­tra­gungsort vor­ge­sehen (mit Aus­gangs­punkt Rap­perswil), doch Corona liess (auch) dieses Vor­haben platzen. Wegen ver­än­derten Rah­men­be­din­gungen kann dieses Projekt fürs 2023 nicht einfach so aus der Schublade geholt werden, sodass sich das Zürcher OK auf­gelöst hat. Der Brom­b­achsee im Frän­ki­schen Seenland war fürs 2021 vor­ge­sehen, doch getrauten sich die Franken nicht, der Corona-Befürch­tungen zu trotzen und sagten das Treffen bereits im Frühling 2021 ab. Da der Brom­b­achsee in Biel nicht anwesend war, konnte an der Dele­gier­ten­ver­sammlung nicht geklärt werden, warum diese Schiff­fahrts­ge­sell­schaft, die der Lux-Werft gehört, sich ganz zurückzog.

2) Die „Ver­ehrung“ der Zahl 11 geht auf das Jahr 303 zurück. Die beiden Stadt­hei­ligen Urs und Viktor waren der Legende nach zur Zeit des Römi­schen Reiches in der 11. The­bäi­schen Legion und wurden, da sie christ­lichen Glaubens waren, in Solo­thurn ent­hauptet. 1773 beendete Paolo Pisoni die Solo­thurner Kathe­drale, der dann in Anlehnung an diese Legende die Zahl 11 im ganzen Bau ver­wirk­lichte. Pisoni ver­baute 11 Glocken, 11 Altäre, 3 x 11 Stufen zum Aufgang, 6 x 11 Meter Höhe des Turmes und vieles mehr. Seither ist die 11 zum «Mar­ken­zeichen» Solo­thurns geworden.

3) Die 19 Titel des Albums „Seen­platte“ heissen: Belle Epoque (Lac Léman), Gam­ba­rogno (Lago Mag­giore), Wal­liser Fee (Hall­wi­lersee), Fisch ir Reuse (Rhein Basel), Blüem­lisalp im Aberot (Thu­nersee), Lue mi aa (Aare), Catherine de Cud­refin (Lac de Neu­châtel), Mis­sis­sippi (Bie­lersee), Schwan (Zugersee, ein besonders reiz­volles Lied), Mys Bootli, es heisst Heimat (Grei­fensee), Pot­z­wägeri (Äge­risee), Mor­ge­schiff (Vier­wald­stät­tersee), Camione (Lagi di Lugano), Sie si cho (Bodensee), Ohne Bönigen (Bri­enz­ersee), Dr Rhy dürab (Untersee und Rhein), Wieh­nachts­wunder ufem Walensee (Walensee), Uf dr chlyne Rund­fahrt (Lac de Morat), Ufenou (Zürichsee). Kost­probe (Link)

Weiter im Text

Mit­schnitt zum IBT-Konzert der Gruppe WFJ im Kon­gresshaus Biel Link

IBT 2019 (Link), IBT 2018 (Link), IBT 2017 (Link)

Impressum

Text und Bilder H. Amstad

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