Reisebericht: 20. Radschiffparade Genfersee aus Sicht der «Lakshme»
Zum 20. Mal jährt sich ein nautischer Grossanlass auf dem Genfersee: alle jeweils fahrbereiten Radschiffe machen seit 1995 eine Art Wasserballett und sorgen an Bord wie an Land für eine gute Werbung in eigener Sache. In der Vergangenheit haben schon acht Radschiffe daran teilgenommen, in diesem Jahr sind es sechs gewesen. Ich bin optimistisch, dass der Plan umgesetzt wird, bis Ende der Zwanzigerjahre alle Radschiffe saniert zu haben. Der Verwaltungsrat der Division „CGN Belle Epoque SA“ formuliert die Absicht, wann welches Radschiff zur Revision kommen wird: Seit einigen Tagen ist die „Italie“ im Trockendock der Werft in Lausanne-Bellerive; sie dürfte bis Ende 2016 generalsaniert sein. Dann kommt die „Rhône“ an die Reihe, die bis 2020 eine Gesamtrevision nötig hat; die letzte Renovation datiert aus den Jahren 1968/69. Die Krönung wäre, dass anschliessend auch die „Helvétie“, die zur Zeit noch vor dem Olympischen Museum in Lausanne-Ouchy als Restaurantschiff steht, wieder in Fahrt gebracht wird. Hier ist der Traum noch nicht ausgeträumt, dass auch dieses Schiff wie im Jahre 2001 schon die „Montreux“ mit einer neuen Dampfmaschine bestückt werden könnte. Damit hätte die CGN sechs Raddampfer und zwei dieselelektrische Radschiffe („Vevey“ und „Italie“) im Portfolio. Anschliessend dürfte die „Simplon“ an der Reihe sein, weil hier bislang lediglich Teilsanierungen (2005 und 2011) auf dem Programm standen. Diese Strategie setzt voraus, dass es gelingt, die Nachfrage zu steigern, einen besseren Fahrplan (insbesondere ab Genf) zu kreieren und die unter Schutz gestellte Flotte weltweit zu vermarkten.
Die Schiffs-Agentur hat zum Jubiläum „20 Jahre parade naval“ das historische Motorboot Lakshme* gemietet. Der Name kommt von der indischen Göttin der Fruchtbarkeit, des Wohlstandes und Glücks… Gleich zu Beginn unserer dreistündigen Fahrt haben wir Glück: es gibt nahe Begegnungen mit dem ehemaligen Werkstatt- und frühere Güterschiff der CGN, der „Venoge“ (1905 durch Sulzer erbaut, seit 2005 an einem privaten Verein verkauft, fährt als Personenschiff VD 18 Venoge seit 2008 wieder) und mit der sorgfältig renovierten „Walkyrie“ GE 82 einer ehemaligen Privatdampfyacht aus dem Jahre 1882**.
Der Eigner und Schiffsführer Daniel Morsier positioniert sein Schiff anschliessend bei der „Simplon“ und „La Suisse“, die wir an der Anlegestelle in Rolle vom Wasser aus der Froschperspektive betrachten, geniessen und fotografieren können. Eine Parallelfahrt mit der „Savoie“ und der „Rhône“ ergeben herrliche Portraits im richtigen Licht. Dieses „Vorprogramm“ gibt sehr viel her. Als dann die eigentliche Parade beginnt wird es zunehmend schwieriger, zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein. Denn eine stärkere Bise verunmöglicht die vom 1. Kapitän der CGN Olivier Chenaux vorbereitete Choreografie. Die CGN hat vor Wochenfrist unseren Organisator vor Ort Roland Kallmann mit dem Programm zwecks optimaler Vorbereitung bedient. Doch es kommt anders: Der starke Wind aus Nord-Ost zwingt die Kapitäne ein geändertes Programm zu fahren. Das Ziel vom Foto mit allen sechs Radschiffen erreiche ich nur mit Mühe. Aber auch andern ergeht es so, wie ich aus dem Pressespiegel erkennen kann. Infolge des zum Teil massivem Wellengangs, den notwendigen Kursänderungen des Schiffes und dem Bemühen um die besten Fotoplätze ist die Fahrt insgesamt ein bewegter Anlass. Der offerierte Weisswein aus der Gegend und die feinen Canapés bekommen deshalb kaum den gebührenden Raum und nötige Aufmerksamkeit. Robert Horlacher, der heute auf diese besondere Art seinen Geburtstag feiert: «Programm hin oder her: Eine Parade so zu erleben ist immer spannend. Der Wind und die speziellen Positionen von der Wasseroberfläche erlaubten dynamische Aufnahmen, vor allem von der ‚Rhône’. Da fehlte auch das Gruppenbild nicht, und es war eine gelungene Geburtstagsfeier ohne viele Worte, dafür aber mit vielen schönen Impressionen.»
Ich wechsle ein paar Worte mit dem erfahrenen Schiffsführer der „Lakshme“. Der ehemalige Direktor und Besitzer der Société des Mouettes Genevoises (SMG) weiss viel zu berichten. Die „Lakshme“ ist schon auf dem Mittelmeer, auf vielen Flüssen, Seen und Kanälen in halb Europa gefahren und ist heute das einzig eidgenössisch immatrikulierte Taxiboot der Schweiz. Wenn es im Ausland verkehrt, hat MB Lakshme Basel als administrativer Heimathafen. Das Schmuckstück ist im Jahre 1922 durch einen Genfer Industriellen bei der berühmten Werft von François Celle, Excelsior Amphion-les-Bains (Haute-Savoie) bestellt worden. Ihr Rumpf ist aus Teakholz, doppelt gesäumt und genietet, die Aufbauten aus Mahagoni. Im Jahr 1974 kauft Jean-Daniel de Morsier das Schiff für seine Société und gibt ihm die Nummer MG 3. Die „Lakshme“ wurde dann komplett restauriert. Nach dem Verkauf der Schifffahrtsgesellschaft an Roland Charrière behielt Morsier die „Lakshme“ und setzte in den Jahren 1997/98 nochmals viel Geld und Herzblut in eine weitere Rennovation, wo auch der inzwischen aberkannte Benzinmotor durch einen Dieselantrieb ersetzt wurde. Seitdem bringt ein Steyr-Motor mit 140 PS das schnittige Boot auf 28 km/h.
DS La Suisse aus ungewöhnlicher Perspektive an der Anlegestelle in Rolle.
Jean-Daniel Morsier führt sein Motorboot zu den Radschiffen der Parade, im Hintergrund die „Vevey“.
Die sechs Schiffe salutieren vor Rolle, die bunten Ballone werden vom Winde verweht.
Hunderte von Klicks ergaben sich aus der Sicht unseres Begleitbootes zum Beispiel für DS Rhône.
Das formschöne Boot Lakshme MG 3 fotografiert in Rolle.
Im Hintergrund die zwei grössten Dampfschiffe Europas: DS La Suisse und DS Simplon.
Bild 5: A. Mischler, Bild 6 E. Mischler, Text und übrige Bilder H. Amstad
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Hinweise
Video: Link
Bemerkungen
*) Länge 9.98 m, Breite 2.57 m, Tiefgang 0.75 m, Zulassung 18 Personen, Heimathafen ist Prangins, port des Abériaux. Detaillierte Angaben über MS Lakshme findet man in der Dampferzeitung 1/1999 S 13ff.
**) Dampfbetrieb bis 1924, Motorantrieb ab 1925. Die letzte Renovation wurde durch die CGN-Technique in der Werft von Lausanne-Bellerive 2014/15 ausgeführt. Dieses historische Motorboot gehört seit 2014 dem Genfer Privatbankier Charles Pictet, der sich beim ehemaligen Besitzer Jaques Naef verpflichtet hat, das Motorboot gründlich zu renovieren und zu erhalten. Es wurde am 28. März 2015 wieder in Betrieb genommen. Es ist zur Zeit die älteste Motoryacht, das auf dem Lac Léman verkehrt.
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