Rei­se­be­richt: Mit his­to­ri­schen Schif­fen Tsche­chien ent­deckt (Teil 1)

25 erwar­tungs­volle Gäste ste­hen am Ter­ras­sen­ufer in Dres­den und sind gespannt auf neun etwas aben­teu­er­li­che Tage. Der Titel der Reise lau­tet „Tsche­chien – das Land der Pas­tell­far­ben vom Schiff aus erle­ben“. Über­setzt heisst das: Wir rei­sen von Dres­den nach Wien und durch­que­ren dazwi­schen ganz Tsche­chien mit über einem Dut­zend his­to­ri­schen Schif­fen auf typi­schen Was­ser­we­gen. Es sind dies die Elbe (Labe auf tsche­chisch), die Mol­dau (Vltava) und einige Stau­seen (Preh­rady) auch aus­ser­halb von Elbe und Mol­dau. Dazu benüt­zen wir ins­ge­samt fünf Kurs­schiffe und char­tern exklu­siv für unsere Rei­se­gruppe wei­tere zehn Schiffe, unter ande­rem die nau­ti­schen High­lights DS Labe/​Elbe, DS Vltava und MS Munot. „Diese Reise ist etwas ver­rückt, aber auch ein­zig­ar­tig“, meint der schrei­bende Rei­se­be­glei­ter bei der Begrüs­sung, „es wird sie nur ein­mal geben, näm­lich jetzt.“

Das anfäng­lich gars­tige Wet­ter hat den Vor­teil, dass wir den säch­si­schen Per­so­nen­damp­fer Meis­sen fast für uns allein haben, obwohl dies an die­sem Tag, am 23. Juni 2023, gemäss Fahr­plan bei „Nied­rig­was­ser Pegel 79 – 60“, die ein­zige Schiffs­ver­bin­dung in Rich­tung Säch­si­sche Schweiz ist. Ein Anschluss­bruch in Pill­nitz gibt uns Gele­gen­heit, unsere Start­fahrt bis zum Ort Stadt Weh­len wei­ter­zu­füh­ren, also genug Zeit für einen SDS-Begrüs­sungs­apéro an Bord und ein Mit­tag­essen im hin­te­ren Salon auf Haupt­deck. Der impro­vi­sierte, zwei­ein­halb-stün­dige Auf­ent­halt in der Stadt Weh­len ermög­licht neue Erleb­nisse: Eine am Vor­tag orga­ni­sierte Füh­rung in der Rad­fah­rer­kir­che zum Bei­spiel und vor allem eine län­gere Wan­de­rung durch den Weh­le­ner Grund, die wegen über­ra­schen­den Fels­hin­der­nis­sen den Teil­neh­men­den noch lange in Erin­ne­rung blei­ben wird.

Die Dampf­er­fort­set­zung mit DS Kur­ort Rathen bringt uns nach Bad Schandau, wo uns kurz vor 19.00 Uhr ein Char­ter­bus ent­lang der Elbe über Hrensko und Děčín zum ers­ten Hotel­auf­ent­halt hoch über Usti bringt. Nun kommt auch der Zeit­punkt, dass sich unser Rei­se­lei­ter Fran­tišek Vichta vor­stel­len und erste Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowohl münd­lich wie schrift­lich zum Start der Reise geben kann.

Welt­ra­ri­tät und tech­ni­sches Denkmal

Am andern Mor­gen stellt Teil­neh­me­rin Nadja Jöhr mit Blick aufs Pro­gramm fest: „Heute ist ein rich­ti­ger Schul­rei­se­tag: mit dem hotel­ei­ge­nen Luft­seilb­ähnli zu Tal fah­ren, mit dem Zug unter­wegs sein, Vor­träge anhö­ren und Filme anschauen, eine Car-Fahrt erle­ben und mit einem Ses­se­li­lift in die Höhe schwe­ben, eine lange Schiff­fahrt genies­sen und zum Schluss eine zwei­stün­dige, wie sich dann am Abend her­aus­stellt, wun­der­schöne Höhen­wan­de­rung zurück in Hotel unter­neh­men.“ Hat so viel über­haupt Platz in einem ein­zi­gen Tag? „Hat“, würde da Fran­tišek Vichta kurz und bün­dig sagen. Zuge­ge­ben, nicht jeder Tag war dann so inten­siv, doch für den zwei­ten Rei­se­tag war das als Pau­ken­schlag ganz pas­send. An die­ser Stelle seien zwei Pro­gramm­punkte von die­sem Tag beson­ders zu hervorgehoben.

Das Schiff­fahrts­mu­seum in Děčín über­rascht. Hier ist die Fach­kom­pe­tenz unse­res Rei­se­lei­ters und Haupt­or­ga­ni­sa­tors die­ser Reise, Fran­tišek Vichta, gefragt. Er über­setzt auch in den fol­gen­den Tagen Erklä­run­gen von ein­hei­mi­schen Füh­rern und Fach­per­so­nen ins Deut­sche, er ergänzt dank sei­nem umfas­sen­den Wis­sen und kom­men­tiert Zusam­men­hänge. Vichta: „Zu die­sem Museum habe ich eine spe­zi­elle Bezie­hung: Als Jugend­li­cher war ich jeden Monat auf einer Ver­samm­lung des Ver­eins der Schiff­fahrts­freunde (Spo­lek přá­tek plavby), die jeweils hier im Tet­sche­ner Museum statt­fan­den. Da es damals in Prag kei­nen ähn­li­chen Freun­des­kreis der Schiff­fahrts­ge­schichte gab, waren viele legen­däre Schiffs-His­to­ri­ker als Mit­glie­der in die­sem Club1“. Ein­drück­li­che Filme aus his­to­ri­schen Dampf­er­zei­ten sowie die umfas­sende Aus­stel­lung über die Schiff­fahrt auf der Elbe zie­hen uns in den Bann. „Da spürt man viel Herz­blut“, meint Rei­se­teil­neh­mer Beat Bolz­ern treffend.

Ein zwei­fel­los ers­ter Höhe­punkt der gan­zen Reise war dann eine „letzte Schwei­ze­rin“: Die 1952im Patent Von Roll erbaute Quer­sitz-Ses­sel­bahn vom Typ VR101 gilt welt­weit als die letzte ihrer Art. Das Beson­dere daran sind nicht nur die Kind­heits­er­in­ne­run­gen an zahl­rei­che sol­che Anla­gen in der Schweiz, son­dern auch der Umstand, dass die Bahn im Ori­gi­nal­zu­stand erhal­ten blieb2. Die rein mecha­ni­sche Anlage erfor­dert für das Bedie­nen sowohl an der Tal­sta­tion in Krupka wie auf der Berg­sta­tion des Mücken­ber­ges (Kněžiště) zwei Per­so­nen. Es klot­tert und rum­pelt in der Tal­sta­tion und der Start ist wie auf einer Chil­bi­bahn. Herr­lich dann die über 15-minü­tige Fahrt, wo es auf und ab durch Wäl­der geht, wo die Baum­wip­fel stets über uns vor­bei schwe­ben. Manch­mal hat man gar das Gefühl, den Roten Fin­ger­hut (Digi­ta­lis pur­pu­rea)3 mit den Füs­sen berüh­ren zu kön­nen. Ein Besuch die­ser Anlage ist aus­ser­or­dent­lich emp­feh­lens­wert, wobei zu beach­ten ist, dass der Betrieb nach Fahr­plan fährt. Dies wurde uns fast zum Ver­häng­nis; eine leichte Ver­spä­tung des Bus­ses führte zu einer klei­nen Zit­ter­par­tie, sonst hät­ten wir 50 Minu­ten auf die nächste Fahrt war­ten müssen.

Ein Revi­val für den Rad­damp­fer Labe

Sonn­tag, 25. Juni: dar­auf haben sich alle gefreut. Nach Jah­ren des Still­stan­des wird der Traum wahr. Der ehe­ma­lige tsche­chi­sche Rad­damp­fer Labe hat eine wahre Odys­see4, ver­gleich­bar mit jener der „Hoh­ent­wiel“ (Boden­see) oder der „Unter­wal­den“ (Vier­wald­stätter­see) hin­ter sich und nimmt uns heute für eine drei­stün­dige Char­ter­fahrt an Bord. Auch der neue Inha­ber und Betrei­ber Mar­tin Komrska von der Děčí­ner Ree­de­rei Labská pla­vební spo­leč­nost s.r.o. (Elbe-Schiff­fahrts­ge­sell­schaft GmbH) kommt kurz an Bord und schaut zum Rech­ten. Die ursprüng­lich geplante Route von Děčín nach Hřensko auf der Elbe zum Tor des Natio­nal­parks der Böh­mi­schen Schweiz musste wegen Nied­rig­was­ser auf den Ober­lauf der Stau­stufe ver­scho­ben wer­den. Die «Labe/​Elbe», wie der Damp­fer neu heisst, fährt nun auf dem Stře­ko­ver Stau­see zum roman­ti­schen Kies­see von Píšťany und zurück.

Bevor es am Abend Rich­tung Prag geht, steht wie ges­tern ein wei­te­rer «Berg» auf dem Pro­gramm. Bei unse­rer ers­ten Pla­nung fuhr noch eine Luft­seil­bahn hin­auf auf den Jesch­ken (1012 m), doch lei­der stürzte 2021, am letz­ten Betriebs­tag vor der plan­mäs­si­gen Revi­sion, nach einem Riss des Zug­seils eine Gon­del ab, wobei der Seil­bahn­füh­rer ums Leben kam. Die zweite Gon­del mit 14 Fahr­gäs­ten wurde von der Trag­seil­bremse abge­bremst. Statt­des­sen fah­ren wir nun mit dem Bus an einen nahe gele­gen Park­platz, von wo ein Fuss­weg zum Hyper­bo­loid, einem Bau des kom­mu­nis­ti­schen Moder­nis­mus führt. Die Wärme und erste Müdig­keits­er­schei­nun­gen len­ken uns etwas von der wun­der­ba­ren Aus­sicht ab. Der Berg Ješ­těd (deutsch: Jesch­ken, 1012 m ü. M.) bie­tet näm­lich eine Rund­sicht, die einen Drit­tel der Flä­che Tsche­chi­ens abdeckt!5. Das futu­ris­ti­sche Gebäude, das vor genau 50 Jah­ren eröff­net und ein Sym­bol für das Iser­ge­birge und die Stadt Libe­rec gewor­den ist, bil­det den zwei­ten Schwer­punkt unse­res drit­ten Rei­se­ta­ges. In der Fach­welt wurde die Hyper­bo­loid-Kon­struk­tion zum wich­tigs­ten Bau­werk des 20. Jahr­hun­derts in Tsche­chien erklärt.6

Die Gol­dene Stadt Prag mit einer viel­fäl­ti­gen Schifffahrt

Für die nächs­ten vier Nächte ist Prag Aus­gangs­punkt wei­te­rer nau­ti­scher Ent­de­ckungs­rei­sen. Die Dop­pel­zim­mer sind im Boat-Hotel Matylda unter­ge­bracht, die Ein­zel­zim­mer im Botel Admirál7. Beide Loca­ti­ons bil­den als schwim­mende Unter­kunft ein urchiges Schiffs­er­leb­nis und über­zeu­gen nicht zuletzt wegen ihrer für uns ver­kehrs­tech­nisch güns­ti­gen Lage und mit den jewei­li­gen Aus­sen­decks zum Ver­wei­len und Erho­len von unse­rem ansons­ten voll befrach­te­ten Reiseprogramm.

Am vier­ten Rei­se­tag erle­ben wir Prag von sei­ner unbe­kann­ten und sehr reiz­vol­len Seite: Ein Nost­al­gie­t­ram mit Bau­jahr 1928 (Ring­hof­fer Typ DSM) über­quert mit und für uns drei Mal die Mol­dau, um nach einer Stunde Fahrt beim Baum­gar­ten in der Nähe des Zoos zu stop­pen. Gestärkt durch einen net­ten Brunch in der ehe­ma­li­gen Tram-Remise machen wir uns danach auf einen Spa­zier­gang durch das könig­li­che Gehege Prags in Rich­tung Zoo, bota­ni­schen Gar­ten und Schloss Troja. Das nach­mit­täg­li­che Kurs­schiff Odra bringt uns zurück ins Stadt­zen­trum. Kapi­tän Filip Hou­dek9 heisst uns an Bord herz­lich will­kom­men und ermög­licht uns inter­es­sante Ein­bli­cke ins Steu­er­haus und in den Moto­ren­raum, der kürz­lich mit einem moder­nen John Deere-Motor aus­ge­rüs­tet wurde. Somit besteht die gute Chance, dass auch die­ses Schiff eines Tages zu einem Denk­mal für einen Schiffs­typ wird, der in kom­mu­nis­ti­schen Zei­ten auf der Werft Gdaňska Stocz­nia Rzeczna in Polen erbaut (Schiffs­typ: SPJD – Sta­tek Pasaźersky Jezio­rowy Duźy) und heute prak­tisch von der nau­ti­schen Bild­flä­che ver­schwun­den ist. Auch Prag hat nur noch einen ein­zi­gen Zeu­gen die­ses legen­dä­ren Schiffs­typs im Ein­satz, nach­dem das Schwes­ter­schiff Visla 2017 ver­kauft wurde und seit­her als Restau­rant abge­stellt ist. Die Fahrt vom Zoo zur Pala­cky-Brü­cke, die im Som­mer öffent­lich drei Mal ange­bo­ten wird, ist sehr attrak­tiv, führt sie doch durch die ganze Stadt mit­samt zwei Schleu­sun­gen in Stva­nice und Smíchov.

Über den zwei­ten Teil der Tsche­chi­en­reise wird ein wei­te­rer, in Kürze fol­gen­der, (B)Logbuch-Eintrag berichten.

Auf gutes Gelin­gen“ stos­sen die 25 Teilnehmer/​innen beim Start der neun­tä­ti­gen Tsche­chi­en­reise an. Der gemüt­li­che Salon der „Meis­sen“ der Säch­si­schen Dampf­schif­fahrt bil­det dazu den guten Rah­men auf der Fahrt von Dres­den in Rich­tung tsche­chi­sche Grenze.

Mys­ti­sche (bis aben­teu­er­li­che) Impres­sio­nen aus dem Weh­le­ner Grund. Ein durch das Nied­rig­was­ser der Elbe ver­ur­sach­ter Anschluss­bruch der zwei Rad­damp­fer ermög­li­chen einen Erkun­di­gungs­land­gang in der Stadt Wehlen.

Das mit viel Herz­blut und Fach­wis­sen gestal­tete Děčí­ner Schiff­fahrts­mu­seum zeigt die breite Facette der Tsche­chi­schen Binnenschifffahrt.

Die „letzte Schwei­ze­rin“, eine von Roll-Quer­sitz-Ses­sel­bahn: In 15 Minu­ten geht es über 29 Mas­ten und über 2,3 km Länge zum Mücken­türm­chen auf dem 807 m ü. M. hoch gele­ge­nen Mückenberg.

Die „Orion“ legt bald in Lito­me­rice an. Auf der Fahrt nach Děčín genies­sen wir ein Abend­essen vom gross­zü­gi­gen Buffet.

Der ehe­ma­lige Pra­ger Damp­fer Elbe ist nun seit die­sem Jahr regel­mäs­sig auf der Elbe bei Děčín im Ein­satz und unter­nimmt an ein­zel­nen Tagen auch öffent­li­che Fahrten.

Genuss pur: Auf der Char­ter­fahrt zum Kies­see Píšťany konn­ten wir den Damp­fer aus­gie­big erkun­den und dar­auf auch ein böh­mi­sches Knö­del-Mit­tag­essen einnehmen.

Fach­sim­peln im Maschi­nen­raum der „Labe/​Elbe“: Ört­li­che Mecha­ni­ker haben die Maschine soweit auf „Vor­der­mann“ gebracht, dass sie wie­der einen ruhi­gen Lauf hat.

Die „Odra“ an der Pra­ger Sta­tion Zoo, kurz bevor sie durch das gesamte Stadt­zen­trum von Prag durch zwei Schleu­sen zur Pala­cky-Brü­cke fährt.

Bil­der im Text­teil: Blick auf die böh­mi­sche Elbe, hier Labe genannt, im Abendlicht.

Ree­der Mar­tin Komrska von der Děčí­ner Ree­de­rei Labská pla­vební spo­leč­nost s.r.o. und Rei­se­lei­ter Fran­tišek Vichta auf dem Vor­deck der wie­der in Tsche­chien behei­ma­te­ten «Labe», die nun «Labe/​Elbe» heisst.

Boat-Hotel Matylda und Botel Admi­ral beher­ber­gen die Rei­se­gruppe der Schiffs-Agentur.

Durch Klick aufs Bild erscheint die­ses im Grossformat.

Am Schluss des Blogs ist Ihr Kom­men­tar willkommen.

Hin­weise

1) Fran­tišek Vichta blickt gerne auf diese Zeit zurück: „Ich erin­nere mich an die Her­ren Miros­lav Hubert, Bauer und Laube und natür­lich auch an Michael Bor. Die Anreise zum monat­li­chen Tref­fen des Clubs erfolgte für die ‘Pra­ger’ immer gemein­sam; wir nah­men jeweils am ers­ten Diens­tag im Monat den Eil­zug um 13 Uhr vom Masa­ryk­s­bahn­hof in Prag – also nie den Euro­City, denn die alten Her­ren hiel­ten den damals bestehen­den EC-Zuschlag für ziem­lich unwür­dig. Die Zug­fahr­ten waren toll; ich als Jun­ger sass still da und hörte zu. Sie spra­chen über das, was gerade neu war in der Geschichte der Schiff­fahrt, aber auch über das Leben und die Geschichte im All­ge­mei­nen, und ich hörte viele Geschich­ten aus ihrem rei­chen Leben. Und natür­lich kom­men­tier­ten sie meine Ver­su­che, meine ers­ten Arti­kel über Schiff­fahrts­ge­schichte zu schrei­ben, in direk­ter und offe­ner Form. Es gab immer einen Fisch­sa­lat aus dem Bis­tro des Muse­ums, den ich nie mochte, und dann ging es zu einem Vor­trag, wo ich auch Legen­den der säch­si­schen Schiff­fahrts­ge­schichte traf wie Johan­nes Hirsch aus Dres­den oder Theo­dor Grötschel aus Breitenhagen.»

2) Drei Schwei­zer Seil­bahn­freunde (Jakob Schuler sowie Peter und Köbi Gumen) küm­mern sich seit 16 Jah­ren um diese inzwi­schen zum Uni­kat gewor­dene Seil­bahn. Durch neue tech­ni­sche Vor­schrif­ten und Moder­ni­sie­run­gen gilt das Seil­bahn­mo­dell der Firma Von Roll mitt­ler­weile als aus­ge­stor­ben. Des­we­gen kämp­fen die drei Freunde für den Erhalt der welt­weit letz­ten Anlage die­ser Art. Jedes Jahr leis­ten sie zusam­men mit befreun­de­ten Tsche­chen eine Woche Fron­dienst zu Guns­ten der his­to­ri­schen Ses­sel­bahn und unter­stüt­zen das Betriebspersonal.

Die Länge der Seil­bahn beträgt 2 348 m und hat 29 Stüt­zen. Sie gehört zu den längs­ten ein­tei­li­gen Ses­sel­bah­nen in Mit­tel­eu­ropa. Die Tal­sta­tion in Krupka befin­det sich auf einer Höhe von 326 m, die Berg­sta­tion in Kněžiště auf einer Höhe von 808 m. Mit der Seil­bahn kön­nen in eine Rich­tung 225 Per­so­nen pro Stunde beför­dert wer­den. Die Sitze ver­las­sen die Sta­tion in einem Abstand von 30 Sekun­den. Die Abfahrts­zei­ten sind stünd­lich ab 08.30 bis 18.30; dazwi­schen ruht der Betrieb.

3) Rei­se­teil­neh­mer Beat Rösli fährt nicht nur gerne Schiff, son­dern kennt sich in der Bota­nik fach­män­nisch gut aus: „Die spe­zi­elle Pflanze, der Rote Fin­ger­hut (Digi­ta­lis pur­pu­rea) wird wegen der Länge der Blü­ten vor allem von Hum­meln bestäubt. Sie steht bei uns unter Schutz und ent­hält Gift­stoffe, die in klei­nen Dosen als Heil­mit­tel bedeu­tend sind für Herz­be­schwer­den. Bei uns ist sie eine grosse Rari­tät – so viele schöne Exem­plare wie wäh­rend der Ses­sel­lift­fahrt habe ich bei uns noch nie angetroffen.»

4) Die „Labe“ ist einer der jüngs­ten Rad­damp­fer Euro­pas. Wäh­rend auf dem übri­gen Kon­ti­nent die Ent­wick­lung 10 Jahre zuvor in Rich­tung Schrau­ben- und Die­sel­an­trieb geht (MS Thur­gau und Zürich z.B. auf dem Boden­see), set­zen die Pra­ger noch auf ihre bewähr­ten Damp­f­er­pro­duk­tion der Firma PRAGA. Der zweite Welt­krieg führte zu einer neun­jäh­ri­gen Ver­zö­ge­rung des 1941 begon­nen Neu­baus. Die „Labe“ wurde am 14. Juli 1949 ein­ge­weiht und kam gleich anschlies­send in den täg­li­chen Som­mer­ein­satz nach Slapy und führte die­sen Dienst Jahr­zehnte lang zuver­läs­sig durch. Kurz nach­dem der Rad­damp­fer mit Gäs­ten der Dampf­er­zei­tung von Prag bis nach Hrenzko fuhr, ent­stand im Jahr 1986 ein Kes­sel­scha­den. Dies bedeu­tete lei­der das Aus des von vie­len Damp­fer­freun­den aus der gan­zen Welt besuch­ten Raddampfers,

Nach vie­len Jah­ren des Still­stan­des sank die „Labe“ infolge durch­ge­ros­te­ter Scha­len­ble­che im Jahr 1997. Die Ret­tung kam aus Deutsch­land, der Rad­damp­fer wurde geho­ben, in einem deso­la­ten Zustand zur Werft Lau­be­gast (Dres­den) gebracht und dort wie­der fahr­bar gemacht. 2001 kam das Schiff unter dem Namen „Wap­pen von Min­den“ auf die Weser und fuhr dort bei der Min­de­ner Fahr­gast­schiff­fahrt. Nach­dem die Ren­ta­bi­li­tät nicht zu errei­chen war, wurde das Schiff 2015 nach Bre­men ver­kauft und dort als „Weser­stolz“ in Betrieb genommen.

Umbau­ar­bei­ten für den auch für See­was­ser­stras­sen gewünsch­ten Ein­satz wollte der Eigen­tü­mer der Weser­dampf­schiff­fahrt GmbH6 aus Kos­ten­grün­den nicht umset­zen, sodass der Damp­fer 2020 still­ge­legt und zum Ver­kauf aus­ge­schrie­ben wurde. Der Děčí­ner Ree­de­rei Labská pla­vební spo­leč­nost s.r.o. (Elbe-Schiff­fahrts­ge­sell­schaft GmbH) hat das Schiff erwor­ben. Am 2. Mai 2022 kam der Damp­fer nach mona­te­lan­ger Ver­zö­ge­rung aus eige­ner Kraft zurück ins Hei­mat­land. Zufäl­li­ger­weise waren viele Schwei­zer Damp­fer­freunde wegen der 1. Mai-Parade der Dresd­ner Dampf­schiffe noch vor Ort, als das „ver­lo­rene Dampf­schiff“ durch Dres­den fuhr und freu­dig von allen Damp­fer-Kol­le­gen mit lan­gen Dampf­pfif­fen begrüsst wurde. Die Reno­va­ti­ons­ar­bei­ten auf der Werft in Děčín-Křešice dau­er­ten dann rund ein hal­bes Jahr. Am 15. April 2023 begann die Sai­son mit sechs Rund­fahr­ten auf der Elbe in Děčín. Wie es um die Zukunft des Rad­damp­fers aus­sieht, will nie­mand so recht sagen. Fach­kräfte an Bord schei­nen ebenso zu feh­len wie das lang­sam ver­lo­ren gehende Fach­wis­sen, Repa­ra­tu­ren durch­zu­füh­ren und feh­lende Ersatz­teile selbst herzustellen.

5) Fran­tišek Vichta liebt Aus­sichts­berge, so auch in der Schweiz z.B. den Nie­der­bauen. Hier auf dem Jesch­ken erklärt er: „Wir sehen von hier aus auch die höchs­ten Gebirge Tsche­chi­ens, die Krko­n­oše (deutsch: Rie­sen­ge­birge). Der höchste Berg Tsche­chi­ens, der 1602 m ü.M. lie­gende hohe Sněžka (Schnee­koppe) befand sich an die­sem Tag lei­der in einer klei­nen Wolke, wir sahen jedoch die Vysoké kolo (Hohe Rad, 1509 m ü.M.) und den Jíno­noš in Polen (Szre­nica oder Reif­trä­ger, 1362 m ü.M.). Links vom Rie­sen­ge­birge erstre­cken sich die Iser­ge­birge mit mäch­ti­gen Fels­for­ma­tio­nen auf vie­len Gip­feln. Wei­ter links sind die Lau­sit­zer Gebirge und dann das so genannte Böh­mi­sche Para­dies zu sehen, ein Land der tau­sen­den Sand­stein­fel­sen, lie­be­vol­len Grün­den und uralten Geschichten.»

6) Damals erhiel­ten der Archi­tekt Karel Hubá­ček und der Bau­in­ge­nieur Zdeněk Patrman für ihr Pro­jekt den renom­mier­ten Per­ret-Preis von der inter­na­tio­na­len „Union Inter­na­tio­nale des Archi­tec­tes“. Aller­dings durfte der Archi­tekt nicht zur Eröff­nungs­feier im Jahr 1973 kom­men, da er wäh­rend des Pra­ger Früh­lings das „Mani­fest der 2000 Worte“ mit­un­ter­zeich­net hatte. «Der Fern­seh­turm und das Berg­ho­tel Ješ­těd sind in ihrer Kom­bi­na­tion aus tech­ni­schem Fort­schritt und gesell­schaft­li­chem Zweck – von Fern­se­hen und Tou­ris­mus – ein ein­zig­ar­ti­ger Gebäu­de­kom­plex, für das man welt­weit schwer einen Ver­gleich fin­det. Als Berg­ho­tel setzt der Bau die Tra­di­tion ähn­li­cher Ein­rich­tun­gen fort, die seit dem spä­ten 19. Jahr­hun­dert als Reak­tion auf die sich ent­wi­ckelnde Wan­der­be­we­gung und die wach­sende Beliebt­heit des Win­ter­sports gebaut wur­den. Der Sen­der ver­tritt einen jün­ge­ren Bau­typ von Fern­seh­tür­men», berich­tet ein Archi­tek­tur­jour­nal. 1998 wurde der Ješ­těd zum natio­na­len tech­ni­schen Denk­mal und 2005 zum natio­na­len Kul­tur­denk­mal erklärt.

7) Die Ree­de­rei Hal över Schrei­ber hatte das Schiff in Voll­char­ter und betrieb das Schiff; in guten Jah­ren jeden Sonn­tag auch für öffent­li­che Fahr­ten von Mitte Mai bis Mitte September.

8) Auch Hotel­schiffe haben ihre Geschich­ten: Das Botel Admi­ral, wo unsere Ein­zel­ka­bi­nen unter­ge­bracht waren, wurde 1971 als das letzte von vier schwim­men­den Hotels erbaut und am lin­ken Mol­dau­ufer zwi­schen der Pala­cky- und der Zelez­nici-Brü­cke ver­an­kert. Der Schiffs­kör­per wurde als drei­stö­cki­ges Objekt aus Stahl gebaut und an die Infra­struk­tur der Stadt Prag (Elek­tro- und Was­ser­an­schlüsse, Kana­li­sa­tion und Gas­lei­tung für die Hei­zung) ange­schlos­sen. Nach rund 20 Jah­ren wurde das Botel 1993 pri­va­ti­siert. Gleich­zei­tig wurde die «Admi­ral» reno­viert und sein Inte­ri­eur im heu­ti­gen, rus­ti­kal-nau­ti­schen Stil erneu­ert. Wie die ande­ren drei schwim­men­den Hotels (Botel Marina, Botel Vod­nik und Botel Alba­tros) gehört das Botel Admi­ral heute zum Stadt­bild Prags und bie­tet auf sei­nem Ober­deck mit Restau­rant und Bar eine Aus­sicht auf die Pra­ger Burg, das Emaus-Klos­ter und das Natio­nal­thea­ter sowie auf die zahl­rei­chen, ver­täu­ten Schiffe am gegen­über­lie­gen­den Ufer der Mol­dau. Das Botel ist im ***-Ster­ne­seg­ment anzu­sie­deln, hat 34 (eher kleine) Zim­mer mit Dpp­pel­bet­ten und 12 Vier­bett-Kajü­ten. Für den Schiff­fahrts­fan hat das Botel eine gute Lage, befin­det sich doch die PPS schräg vis-à-vis über der Brücke.

Noch etwas näher an der eigent­li­chen Alt­stadt (aber gleich weit ent­fernt von der PPS wie die «Admi­ral») liegt das Boat-Hotel Matylda (mit 6 Zim­mern), das eigent­lich aus zwei Schif­fen besteht, zusam­men mit der «Klo­tylda» (18 Zim­mer). Die Schiffe wur­den am 15. Januar 2007 eröff­net und lie­gen in Nové Město, in einem rech­ten Sei­ten­arm des Mol­dau­ufers in der Nähe der Kořensko-Schleuse zwi­schen der Jirá­ské-Brü­cke und dem Beginn von Slo­van­ské ostrov.

9) Filip Hou­dek (32) ist die Nach­wuchs­hoff­nung in der Fach­gruppe der Pra­ger Mol­dau-Schiff­fahrt. Nach dem Tod der Legende Michael Bor von 2022 hat Hou­dek die Betreu­ung von Bors Samm­lung über­nom­men und wird diese im Sinne von Michael wei­ter­füh­ren und pflegen.

Wei­ter im Text

Inter­es­sante Film­chen zur Ses­sel­bahn siehe Link

Gute Zusam­men­fas­sung der Geschichte DS Labe/​Elbe siehe Link

Impres­sum

Text H. Amstad, Bild 1 im Text­teil A. Röösli, übrige Bil­der H. Amstad

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