Reisebericht: Vom Bodensee zu den landschaftlich reizvollen Tiroler Stauseen
Der Sommer 21 geht meteorologisch und wirtschaftlich (covidbedingt) als schwierige Reise- und Feriensaison in die Annalen ein. Uns blieb zumindest die Hoffnung, dass das bisher „gepachtete“ Glück mit Prachtswetter auf all den letztjährigen Dreitages-Schiffsreisen uns auf der diesjährigen Dreitages-Reise zu den Tiroler Seen begleiten würde. Es hat nicht sollen sein… So richtig „eingelassen“ hat sich der Regen zwar erst am dritten Reisetag. Unglückicherweise kamen für einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch gesundheitliche (Magen-) Probleme dazu. Trotzdem gab es viele Momente mit Reiseglück. Dass das Sprichwort „Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen“ seine Berechtigung hat, beweist der folgende Bericht.
Der Schwerpunkt des ersten Reisetages lag im österreichischen Teil des Rheintales und war dem Thema „130 Jahre Rheinregulierung“ gewidmet. Massive Überschwemmungen von 1888 und 1890 sowie der Druck auf Gewinnung von Kulturland führten 1892 zum ersten von drei Staatsverträgen zwischen Österreich und der Schweiz, die zum Ziel hatten, den Alpenrhein zwischen Meiningen (südlich von Feldkirch) und dem Bodensee zu „zähmen“ und, wie zu dieser Zeit üblich, zu begradigen. Damals war in diesem Bereich der Rhein zwischen drei und vier, bei Hochwasser um die zwölf Kilometer breit. Bereits um 1900 wurde das erste grosse Werk der Rheinregulierung seiner Bestimmung übergeben: Beim sog. Fussacher Durchstich wurde der Rhein zwischen St. Margrethen und Rheineck um sieben Kilometer ostwärts Richtung Bregenz verschoben und der Flusslauf um ebenfalls sieben Kilometer verkürzt.1
Für dieses und spätere Projekte wurde eine Dienstbahn erstellt, die Arbeiter, Steine vom Kadelberg, Kies und weiteres Material transportierte. 1895 stand sie noch unter Dampf.1950 wurde sie elektrifiziert und 2008 für touristische Zwecke dem Verein Rhein-Schauen übergeben2. Wir bestiegen in Widnau diese Bahn mit Spurweite 750 mm und fuhren mit einem Extrazug zum Werkhof Lustenau. Vom Damm her genossen wir die Aussicht auf den Rhein, in die Gärten der Einfamilienhäuser und auf zahlreiche Sportplätze. In Lustenau angekommen begleitete uns ein Guide durch die neu gestaltete Ausstellung Rhein-Schauen, die uns die Komplexität der Rheinregulierung vor Augen führte. Dabei erfuhren wir auch, dass im Zusammenhang mit dem nun gestarteten nächsten Rheinregulierungsprojekt Rhesi (Rhein, Erholung, Sicherheit) die aktuelle Anlage der Rheindämme massgeblich anders gestaltet wird. Da diese Rheindämme aber das Trassee der Dienstbahn tragen, könnte der Fortbestand der Museumsbahn gefährdet sein.
Alter Rhein mit MS ex-Höri und MS Rhynegg
Der um 1900 abgetrennte Teil des Rheins zwischen St. Margrethen und dem Bodensee, der sogenannte Alte Rhein, war unser nächstes Ziel. Nach wenigen Kilometern erreichten wir Gaissau, wo das ehemalige Reichsbahnschiff Höri (ab 1964 als MS Überlingen unterwegs) als Restaurant abgestellt ist, und Gäste wie uns bedient. Seit 25 Jahren heissen die Eigentümer Hu, die entsprechend ihrer Nationalität seither ein chinesisches Restaurant führen, welches weitherum bekannt ist für seine Küche3. Dies mag ein Grund sein, dass die Küche bei unserer Mittagseinkehr zeitlich etwas in Rückstand geraten war – an diesem gewöhnlichen Werktag war jeder Platz besetzt.
Das nun stark umgebaute Halbsalonschiff mit ehemaligem Doppelschraubenantrieb hat eine interessante Geschichte hinter sich: 1927 bei der Bodanwerft erbaut, ersetzte es zusammen mit dem Schwesternschiff Mainau die Raddampfer Stadt Überlingen (I) und Mainau (II). 1944 sank das Schiff im Krieg, nachdem es von Tieffliegern beschossen und mehrmals getroffen worden war. 1950 kam es umgebaut bis zur Ausrangierung 1969 wieder in Betrieb. Der Segelclub Marina Lindau übernahm das Schiff als Clublokal. 1978 gelangte es als schwimmende Gaststätte an den heutigen Ort. 1982 zerstörte ein Brand einen Grossteil der Inneneinrichtung. Wieder aufgebaut begann für die ehemalige «Höri» ihr nächstes «Leben». Seit dem letzten Inhaberwechsel 1996 heisst es nun «Hu Bin» (chinesisch «Schiff von Hu»).
Dank einem sportlichen Zwischenspurt erreichten alle noch das Kursschiff ab Rheineck Richtung Rorschach. Zum Glück nahm die «Rhynegg» einige Verspätungsminuten in Kauf, um auf uns zu warten. Erste Regentropfen verdrängten die morgendlichen Sonnenstrahlen. Rheineck ist mit rund 400 m ü. M. die höchstgelegene Schiffstation am Rhein. Eine Infotafel erklärt: Von hier aus trennen uns 160 km von der Rheinquelle und 1145 km von der Mündung ins Meer. Die Fahrzeit hinaus zum Bodensee zur Station Altenrhein dauert 30 Minuten und führt durch eine idyllische, natürliche Flusslandschaft. Wenn der Bodenseepiegel unter 395.50 m ü. M. fällt, muss die Schifffahrt auf diesem Teil eingestellt werden. Das kommt besonders im Frühjahr öfters vor, bevor dann die Schneeschmelze in den Bündner Alpen genügend Wasser in den Bodensee bringt. Unser Schiff brachte uns über den Bodensee nach Rorschach, wo uns der Busfahrer bereits erwartete.
Der Zweite Reisetag
Trotz Corona machte das Reisen nach Vorarlberg und ins Tirol keine Mühe und wir konnten das Programm zur Freude unserer gutgelaunten Reisegruppe ohne jegliche Einschränkungen durchführen. Aber die Vorbereitungen waren um ein x‑faches aufwändiger als in normalen Zeiten. So sagte uns 14 Tage vor Reisebeginn bereits das zweite gebuchte Hotel ab, weil sie „behördliche Massnahmen“ umsetzen mussten und uns wieder „ausluden“. Das in „letzter Minute“ gefundene Hotel Hauserwirt in Münster (auf der Anfahrtsstrasse von Jenbach in Richtung Achensee4) war dann aber ein Glücksfall. Der Familienbetrieb Wagner hiess uns herzlich willkommen und wies darauf hin, dass unser Wochenende das einzige „Loch“ in ihrer Buchungsagenda sei. Statt nautische Gegenstände und Schiffe um uns herum waren es für dieses Mal Pferde, die uns beim Nachtessen durch grosse Fensterscheiben zuschauten und wir ihnen.
Der zweite Reisetag galt ganz der Achensee-Region. Die Reiseteilnehmerinnen und ‑teilnehmer hatten heute die Gelegenheit das Programm nach ihren persönlichen Vorlieben und Möglichkeiten zu gestalten. Einzig die Nostalgiebusfahrt mit einem altehrwürdigen Original-Postauto der PTT auf die Gramaialm und die abendliche grosse Seerundfahrt waren fix gesetzt. Zur Auswahl standen eine Fahrt mit der Karwendel-Gondelbahn, für Trittsichere eine Wanderung auf einem spektakulären Höhenuferweg dem Achensee entlang zur Gaisalm, eine Werftführung oder der Besuch des Tiroler Steinölmuseums5.
Hubert Wöll, Inhaber eines Sportgeschäftes und einer Transportfirma in Pertisau, ist bekennender Liebhaber von alten PTT-Postautos. Deshalb erwarb er wohl den Berna-Bus mit Jahrgang 1959, als dieser auf der Diemtigtal-Linie im Berner Oberland ausrangiert wurde. Mit den bisher 1,8 Millionen Fahrkilometern hätte er 45-mal um die Welt fahren können. Wöll unterhält im Sommer mit diesem Bus einen Fahrplanbetrieb zwischen Pertisau (Schiffstation) und der Gramaialm. Dort befindet sich eine nette Freizeitanlage unter anderem mit einem Restaurant, wo wir unser Mittagessen einnahmen. Diese Fahrt löste echte Nostalgiegefühle aus und erinnerte mich an die Postautoverbindung von Stans nach Beckenried (Seelisberg), wo in den Sechzigerjahren genau solche Vehikel das ländliche Strassenbild prägten. Der heutige Inhaber schaut minutiös darauf, dass nichts verändert wird: Selbst die bei jedem Sitz angebrachten Aschenbecher ziert das PTT-Logo und defekte Netzlis für die Hutablage werden jeweils nachgestrickt. Auch vom Chauffeur wird nach alter Väters Sitte ein feinfühliges Bedienen des Veterans abverlangt: Vor einer Steigung kurz vor dem Ziel musste er in den ersten Gang schalten, wobei er den richtigen Kupplungspunkt mit Gespür treffen musste, damit das Getriebe nicht „chrosed“…
Eine spannende Werftführung
Im Rahmen des Auswahlprogrammes begrüsste Roland Hölbling, seit 2020 Betriebsleiter der Achenseeschifffahrt, Interessierte für eine Werftführung. Die Werft besteht aus einem Gebäude mit modern und zweckmässig eingerichteten Werkstätten und mehreren Slip-Anlagen, wo er zusammen mit seinem Team die Schiffe jeden Winter aus dem Wasser nimmt. Der Grund? Hölbling: „Da der Achensee (auch) ein Stausee6 ist, senken die Tiroler Wasserwerke zwecks Stromproduktion den Seespiegel im Winter um bis zu fünf Metern ab.“ Seit 1887 fahren auf diesem landschaftlich reizvollen See Kursschiffe. Zwei Jahre später schloss die Dampf-Zahnradbahn von Jenbach aus den See ans Inntal an. Seit 1924 gehört die Schifffahrt der Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG).
Die Flotte auf dem Achensee besteht aus drei stattlichen Zweideckschiffen aus dem Hause Öswag bei Linz. Die «Tirol» aus dem Jahr 1995 ein Fassungsvermögen von 600 Pesonen. Die «Stadt Innsbruck», das Schwesternschiff von MS Zug vom gleichnamigen Schweizer See (Baujahr 2007) ist für 470 Personen zugelassen. Das dritte Schiff, die «Achensee», dient in erster Linie als Eventschiff und fasst 500 Leute (Baujahr 2016). Es ist auch das Reserveschiff, falls eines der andern beiden im Kursverkehr ausfällt, wie dies letztes Jahr fast während Wochen wegen eines Getriebe-Schadens bei MS Tirol der Fall war. Noch vor einem Jahr sichtete ich auf dem Achensee das interessante holländische Grachtenboot Tirol, ein Schwesterschiff der «Angelika» auf dem Sihlsee (bei Einsiedeln) – heute ist es weg. Hölbling: «Das Schiff wurde im Frühling 2021 an den Schiffsbetrieb Ratz an den Wolfgangsee verkauft.» Roland Bammer und Monika Ratz betreiben die ehemalige «Tirol» nun als MS Falkenstein.
Als Abschluss ds Tages besteigt die gesamte Reisegruppe die „Stadt Innsbruck“ und staunt, wieviel Volk bei diesem Hudelwetter auf dem See unterwegs ist. Den Apéro nehmen wir im vorderen Hauptdeck-Salon ein und geniessen die Geselligkeit und die vorbeifahrende, nasse Felsen- und Waldlandschaft des Achensees. Als krönenden Abschluss öffnet uns Kapitän Ernst Fankhauser auf der anschliessenden Sonderfahrt Tür und Tor, vom Steuerhaus bis zur Küche, für eine Besichtigung7.
Die drei Schiffe Innsbruck, Tirol und Achensee nehmen im Sommerhalbjahr nahezu 250 000 Fahrgäste an Bord. Für mich ist es erstaunlich, dass eine alpine Gegend mit dem Ausgangpunkt Pertisau mit 750 Einwohnern jährlich derart viele Leute auf die Schiffe bringt! Neun Schiffskurse in den nördlichen Seeteil nach Scholastika und sieben Angebote in den südlichen Seeteil nach Seespitz, wo bis vor Kurzem ein attraktiver Dampfzahnradbahn-Anschluss ins Inntal nach Jenbach4 eine Attraktion war, ergeben in Pertisau 16 Schiffsabfahrten, sozusagen alle halbe Stunde ein Schiff. Selbst heute, an einem wirklich unwirtlichen Tag bei maximal 12 Grad Celsius und wiederholt heftigen Schauern, ist praktisch jeder Innenplatz der zwei grossen Doppeldeckschiffe Tirol und Stadt Innsbruck besetzt. Dabei verbindet die Flotte höchst bescheidene Anlegestellen: Auf der Gaisalm, wo ebenfalls jedes Schiff hält, steht ein einziges Gebäude (ein Restaurant allerdings), so auch in Seespitz (die Endstation der im Frühling 2022 wieder fahrenden Achenseebahn) und in Buchau gar keines.
Allerdings liegt das Atoll, eine grössere, moderne Freizeitanlage mit Schwimmbad und Wellness, einem Spielplatz mit dem ehemaligen MS St. Benedikt (seit 2018 neu genutzt) und vielem mehr, bloss 15 Gehminuten von der Schiffstation Buchau entfernt. Welche “mystische“ PR-Firma wirkt da „Wunder“ oder macht so raffinierte Werbung, dass andere Seen etwas daraus lernen könnten? Betriebsleiter Roland Hölbling: „Das hat eine historische Komponente. Der Gegend gelang es, das seit Jahrzehnten gute Image durch innovative Angebote und vor allem einer breit aufgestellten und attraktiven Hotellerie zu pflegen. Besonders in die Infrastruktur der Hotels wurde neulich viel investiert, was sich nun auszahlt.“
Der dritte Reisetag: Unbekannter Heiterwanger- und Plansee
Auf der Rückreise in die Schweiz, per Bus von der Murer-Reisen Baar, machten wir noch zwei nautische Abstecher. Der erste führte uns zum und auf den Heiterwanger- und Plansee. Auch diese zwei Seen sind, wie der Achensee, Staugewässer und mit hochalpinem Charakter. Ein 1908 herausgegrabener ein Kilometer langer Kanal verbindet die beiden Seen. Nur auf der Nordseite des Plansees befindet sich eine Strasse. Die Südseite und die Ufer des Heiterwangersees sind lediglich über Wanderwege erreichbar. Bei beiden Seen handelt es sich um eine noch weitgehend unberührte Natur. Mit Ausnahme der drei Hotels an den drei Schiffsstationen sind die Seeufer unverbaut. Das Unberührte zwischen den Bergen schafft hier eine ganz besondere Atmosphäre und lockte trotz Regen viele von uns aufs Oberdeck des MS Margrethe.
Heute verkehren auf dem See zwei Schiffe: nebst der «Margrethe» noch MS Wilhelm. Sie sind bereits die Nummer 9 und 10 auf der historischen Flottenliste und tragen die Namen der Eltern der Inhaberfamilie Bunte, denen auch das Hotel Fischer am See gehört. Zwischen 10.10 Uhr und 16.20 fahren beide Schiffe drei Mal in je rund zwei Stunden die beiden Seen ab. Mit kriegsbedingten Unterbrüchen verkehren auf den beiden Seen seit 1906 Kursschiffe.
Der zweite nautische Zwischenhalt auf unserer Heimreise steht dann in Friedrichshafen auf dem Programm. Unser Bus fährt «just in time» etwas nach 16 Uhr in der Zeppelinstadt auf die Fähre Romanshorn. Die 40-minütige Überfahrt nutzen wir für ein heisses Getränk und um die erlebnisreiche Reise Revue passieren zu lassen und Adieu zu sagen, denn in Romanshorn verlassen uns die ersten Gäste Richtung Bahnhof.
Der wolkenverhangene Achensee von der Gondel der Karwendel Bergbahn aus mit Blick auf Pertisau
Das Wetter tat der guten Laune auf der Sonderfahrt eines Berna-Buses (1959) keinen Abbruch. Reiseleiter Andreas von Deschwanden begrüsst unseren Fahrer (und Inhaber des Buses) Hubert Wöll.
Gruppenbild vor der Felswand des Sonnjochs bei der Gramai Alm
Roland Hölbling ist Betriebsleiter der Achensee-Schifffahrt und führte uns durch die Werft.
Zwischen dem Hintergrundbild, auf dem Werftarbeiter vor der neu zu bauenden „Stella Maris“ (später in „Stadt Innsbruck“ unbenannt) posieren und einer Teilgruppe unserer Schiffs-Agentur-Reise liegen 111 Jahre…
Kapitän Ernst Fankhauser zeigt uns auf der Sonderfahrt von der Gaisalm nach Seespitz das imposante Naturschutzgebiet des Naturparkes Karawendel, mit 727 km2 das grösste seiner Art im Tirol.
Ein auf dieser Reise seltenes Ereignis fotografisch festgehalten: ein blaues Wolkenloch am alpinen Heiterwangersee während unsere Reisegruppe die „Margrethe“ (Werft Molenaaar Holland) besteigt.
Landschaftlicher Höhepunkt der Reise: die Kanalfahrt vom Heiterwanger- zum Plansee auf rund 1000 m ü. M.
Bilder im Textteil: Gemütliche Runde beim Apéro im Vordersalon des Achensee-Schiffes Stadt Innsbruck, dem Schwesterschiff vom MS Zug des Zugersees.
Auch in diesem Jahr kooperierten die beiden Unternehmen Murer-Reisen und die Schiffs-Agentur erfolgreich.
Ein Geheimtipp: Schifffahrten auf dem Plansee.
MS Wilhelm (Werft Linz) kreuzt uns auf dem Plansee.
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Hinweise
1) Die Rheinregulierungsarbeiten dauern bis heute an. Ein zweites Grossprojekt brachte 1923, nach 14 Jahren Bauzeit, den Dieboldsauer Durchstich. Danach musste korrigiert werden: Das neue Flussbett war zu breit geraten, was zu massiven Ablagerungen im Flussbett und dadurch zur Anhebung der Flusssohle mit neuen Überschwemmungen führten. Also wurde um 1960 das Flussbett eingeengt, damit die stärkere Strömung das Geschiebe zum Bodensee hinaus transportiert. Um die Verlandung der Harder- und Fussacher-Bucht zu minimieren, sind seit 1985 weitere Arbeiten im Gang, die bis heute andauern. Kürzlich ist ein weiteres Grossprojekt unter dem Namen Rhesi (Rhein, Erholung, Sicherheit) gestartet worden, wo die Vorteile der Renaturierung für ein ökologisches Gleichgewicht genutzt werden sollen.
2) Für den Museumsbetrieb umfasst der Fahrzeugpark heute fünf Diesellokomotiven, drei Elektro-Diesel-Lokomotiven und zwei Dampflokomotiven: die 1920 bei Maffei gebauten «Liesl» und «Widnau» (ehemals «St. Gallen», Baujahr 1910, von der Lokomotivfabrik Arnold Jung). Von der Trogenerbahn wurden die Personenwagen 11 bis 13 übernommen. Die 1954/55 gebauten Fahrzeuge stammen ursprünglich von den «Transports publics de la région lausannoise» (TL). Sie sind 13,54 m lang und weisen 32 Plätze auf.
3) Das österreichische Spezialitätenrestaurant ist von der Schweiz aus einfach zu erreichen: Bem SBB-Bahnhof Rheineck die Perron-Unterführung nehmen und auch die Autobahn unterqueren; nach der Unterführung nicht nach links zum Kursschiff gehen, sondern nach rechts Richtung Gaissau (flussaufwärts); nach 300 m links die Rheinbrücke überqueren. Unmittelbar danach befindet sich wiederum links das Restaurantschiff Hu Bin am österreichischen Ufer, etwas versteckt hinter den Uferbüschen. Rückweg mit dem SBS-Schiff ab Rheineck im Sommer um 13.10 Uhr oder 15.50 Uhr; Gehdistanz zum SBS-Schiff ca. 15 Minuten (gleicher Weg zurück).
4) Allzu gerne hätten wir auch eine Fahrt mit der weltberühmten Dampfbahn, die vom Bahnhof Jenbach zur Schiffstation Seespitz am Achensee führt, in unsere Reise eingeplant. Doch politische Prozesse verhinderten eine zeitlich speditive Sanierung des Trassees, das in die Jahre gekommen und in den letzten Jahren mangelhaft unterhalten worden war. Der Betriebsleiter der Achensee-Schifffahrt Roland Hölbling bedauert, dass nun die Bahn bereits das dritte Jahr stillsteht: „Dieses Desaster kostete uns pro Jahr konservativ geschätzt 20 000 Passagiere“, ärgert er sich. Doch besteht die Hoffnung, dass sie im kommenden Sommer 2022 wieder fährt. Der Betriebsleiter: „Mit Saisonstart am 30. April 2022 begegnen sich wieder die Züge mit den Schiffen und das mit einem abgestimmten Fahrplan wie zur Gründerzeit der Unternehmen. Wir freuen uns schon auf die erste Zusammenkunft in Seespitz.“
5) Eine Reise nach Pertisau ohne Besuch des Steinölmuseums ist wie ein Besuch eines Asiaten in Luzern ohne Abstecher zu Bucherer oder zum Löwendenkmal. Die kleine, aber feine Ausstellung über die Geschichte des gesundheitsfördernden Steinöls endet mit einem informativen Film und dem obligaten Verkaufsladen, den man aber auch ohne Probleme ungeachtet verlassen kann. Wer aber hier Schönheits- und Wellnessprodukte kauft und daheim verschenkt, ist sich der bereiteten Freude auf sicher.
Im Jahr 1902 stiess Martin Albrecht am Seeberg, nahe an der Gaisalm am Achensee, auf Ölschiefer. Mühevoll wurde das Material von Hand abgebaut, zerkleinert und ausgebrannt (durch Hitze flüssig gemacht). Das Produkt war Steinöl, das dem Erdöl gleicht, aber zu therapeutischen und kosmetischen Zwecken verwendet wird. Trotz mehrfachen Rückschlägen gibt es die Steinölproduktion noch heute, dies in der vierten Generation Albrecht.
6) Wo ist beim Achensee „unten“ und wo „oben“? „Gar nicht so einfach zu beantworten“, antwortet uns auf der Sonderfahrt mit MS Stadt Innsbruck der Kapitän Ernst Fankhauser, „sowohl als auch…“. Vor der Stauung 1927 entwässerte sich der Achensee ausschliesslich in Scholastika über die Seeache, also im Norden des Sees nordwärts; das Wasser fliesse durch die Ache, die dann in die Isar münde und später bei Deggendorf in die Donau, erklärt er. „Die Achenseekraftwerke, denen auch unsere Schiffe gehören, führen nun seit 1927 im Süden des Sees, zwischen Seespitz und Pertisau das Wasser hauptsächlich durch einen Druckstollen mit 375 m Fallhöhe südwärts in den Inn.“ Also hat der Achensee zwei Ausflüsse.
7) Damit fehlt dem See eine kleinere Einheit für Dienst- und Sonderfahrten für kleinere Gruppen. Könnte das die Chance für die «St. Joseph» sein, die seit 2015 wintersicher eingepackt auf dem Werftareal herumsteht? Roland Hölbling: «Es bleibt Gott sei Dank erhalten und für die nächste Zeit gut geschützt im Werftgelände abgestellt.» Bleibt zu hoffen, dass die TIWAG mit Unterstützung des Landes Tirol daraus ein Bijoux macht. Immerhin ist die «St. Josef» mit Jahrgang 1887 das allererste auf dem Achensee und zugleich das älteste Passagierschiff Österreichs.
Quellen
Aufzeichnungen während der Reise durch Andreas von Deschwanden und Recherchen des Autors
Impressum
Text und Bilder H. Amstad
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Der Reisebericht «Vom Bodensee zu den landschaftlich reizvollen Tiroler Stauseen» hast Du sehr ausführlich und mit technischen Details geschrieben. So bleibt die Reise besser in Erinnerung. Auch der Beschrieb, wie man privat zum Hu Bin-Schiffsrestaurant kommt, ist eine Bereicherung. Leider vergisst man auf der Reise schnell die Namen der örtlichen Reisebegleiter, wie z.B. Herr Hubert Wöll vom Berna Bus. Auch wenn das Wetter nicht immer optimal war, war es eine sehr interessante und schöne Reise. Schade, dass ich die Schiffsagentur nicht schon früher kannte.