Reisebericht: Vom Trompeter von Säckingen zu «Basel am mym Rhy» – eine Kombination zweier Rheinschifffahrten
Die Melodie vom Trompeter von Säckingen* ist in Baden Würthemberg so bekannt wie das Volkslied “S Basel a mym Rhy“ in der schweizerischen Nachbarschaft. Der sonntägliche Ausflug der Schiffs-Agentur hat beides verbunden. Dabei zeigt sich einmal mehr, welche nautische Erlebnisse auch in der kalten Jahreszeit der Hochrhein zu bieten hat. Wir feiern den 1. Advent auf zwei sehr unterschiedlichen Schiffen, aber auf dem gleichen Fluss, dem Rhein. Die Distanz von 40 km zwischen den beiden heute besuchten Schiffen können wir wegen den zwei, bloss drei Kilometer auseinanderliegenden Kraftwerken Ryburg-Schwörstadt und Rheinfelden leider nicht mit dem Schiff zurücklegen. Zwischen dem Umkehrpunkt unserer ersten Schifffahrt und der Schiffstation Rheinfelden der BPG liegen keine sechs Kilometer. Doch der Reihe nach.
Auf dem Hochrhein zwischen Basel und Stein am Rhein gibt es eine vielfältige Schifffahrt von rund einem Dutzend Schiffsbetrieben.
Johann-Peter Michlmayr: „Bis 2015 hielten wir auch in Schwörstadt an, doch seither verhindert dies eine Sandbank. Es ist nun geplant, die Station Schwörstadt zu verlegen.» Wir fahren rheinabwärts, denn die beim Startpunkt in Sichtdistanz befindliche Staumauer des Rheinkraftwerkes Säckingen hat keine Schleuse. Auch das «untere» Kraftwerk in Ryburg-Schwörstadt bietet bedauerlicherweise keine solche Einrichtung, sodass also der „Auslauf“ der „Trompeter von Säckingen“ auf 15 km Rheinlänge begrenzt ist. Auf unserer Brunchfahrt erkennen wir steuerbords mit dem Hotzenwald die Ausläufer des Schwarzwaldes, backbords die Schweizer Hügel der Mumfer Fluh.
Blick in die Geschichte der Säckinger Schifffahrt
Die Schifffahrt ab Bad Säckingen gibt es seit 1979, feiert also in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen. Der Gründer und erster Betreiber der Personenschifffahrt in Bad Säckingen war Gottfried Michlmayr (1936−2013). Der gebürtige Österreicher aus St. Florian bei Linz kam nach der Schulentlassung zur Schifffahrt. Zuerst fuhr er auf der Donau, dann war er als Kapitän mit einem Frachtschiff auf der Strecke von Basel nach Rotterdam unterwegs. 1980 kam er nach Bad Säckingen und eröffnete mit dem Schiff Hochrheinpionier Kunz die dortige Personenschifffahrt. Was bedeutet der zweite Schiffsname «Kunz»? Johann-Peter Michlmayr: „Kunz war im Regierungspräsidium Freiburg tätig und sorgte als grosser Förderer der Fahrgastschifffahrt auf dem Hochrhein mit seinem politischen Einfluss für die nötigen Bewilligungen.»
Interessanterweise startete das Schiff oberhalb des Kraftwerkes Säckingen in Obersäckingen und fuhr hinauf über die Schleuse Laufenburg bis nach Hauenstein, einem Ortsteil von Luttingen zwischen Laufenburg und Albbruck gelegen. Das Kraftwerk Säckingen hat einst wie heute keine Schleuse. 1997 wird die „Hochrheinpionier Kunz“ durch MS Hochrhein Star ersetzt. Im Jahr 2000 wird diese landschaftlich attraktive Schifffahrtslinie aber aufgegeben, die «Hochrhein Star» wird in den Unterlauf des Kraftwerkes gezügelt. Michlmayr: «Die Fahrgäste wollten von Bad Säckingen nicht zuerst nach Obersäckingen laufen, dieser Kilometer war für viele der Kunden zu weit weg.» Ab nun wird die Schifffahrt nur noch flussabwärts angeboten. Denn schon 1985 eröffnet Gottfried Michlmayr mit dem Fahrgastschiff Trompeter die Schifffahrt zwischen Bad Säckingen und Schwörstadt hinunter.
Von den 11 Kraftwerken sind nur drei mit einer Schleuse ausgerüstet: Birsfelden, Augst und Laufenburg, weshalb eine durchgehende Schifffahrt trotz genug Wasser und Tiefgang leider nicht möglich ist.
1996 wird mit der «Trompeter von Säckingen» ein neues Schiff in Betrieb genommen, das die «Trompeter» ersetzt. 2002 übergibt der Eigner Gottfried Michlmayr das Geschäft an einen seiner drei Söhne Johann-Peter Michlmayr. Er sieht, dass die Rechnung für zwei Schiffe (MS Hochrhein Star und MS Trompeter von Säckingen) nicht aufgeht und verkauft die «Hochrhein Star» nach Bergedorf/Hamburg.
Nach dem ausgiebigen Frühstück mit leicht föhnigem Wetter führt ein kleiner Marsch über die Grenze zu einem erstaunlichen Erlebnis: Mit 204 m Länge ist die 1272 erbaute Brücke zwischen dem deutschen Bad Säckingen und dem schweizerischen Stein-Säckingen die längste gedeckte Holzbrücke Europas, genau 80 cm länger als die Kapellbrücke der Stadt Luzern. Bis 1979 wickelte sich über dieses wunderschöne Bauwerk der ganze Strassenverkehr zwischen den beiden Ländern ab. Teilnehmer Ernst Bieri erzählt: «Ich arbeitete damals im Bahnhof Stein und ich erinnere mich, wie sich jeweils die Autos in beiden Orten kilometerlang stauten und die Städtchen verstopften. Der Verkehr über die schmale Brücke war, durch eine Lichtsignalanlage geregelt, nur einspurig befahrbar.» Die neue «Fridolinsbrücke» ist also ebenso 40-jährig wie die hiesige Schifffahrt.
MS Rhystärn im Erstadvent-Look
Per Bahn und Tram erreichen wir die Schifflände in Basel. Die wohlig geheizte «Rhystärn» wird heute am 1. Adventssonntag ihrem Namen voll gerecht: elegante Lichtsterne begleiten uns auf der Fahrt auf dem Basler Rhein beim dem Blick hinaus zu den dezent beleuchteten Häuser-Zeilen der Basler Innenstadt. Die erste Stunde geht’s rheinabwärts zum Hafen, wo uns auch MS Christoph Merian und MS Baslerdybli im Hafen ins Auge stechen. Immer wieder werden wir gefragt, was nun mit der «Baslerdybli» geht, nachdem der BPG-Verwaltungsrat beschlossen hat, das schmucke Nostalgieschiffe an einen Verein abzugeben und dieses dann nach Bedarf zu mieten.
BPG-Geschäftsführer Peter Stadler schreibt uns dazu: «MS Baslerdybli hat noch eine gültige Bewilligung bis zum Herbst 2021. Wir haben bei der Shiptec ein Gutachten in Auftrag gegeben, um die notwendigen Sanierungsaufwendungen für eine längerfristige Betriebserlaubnis durch die SUK Basel zu erlangen. Die Kostenschätzung belaufen sich auf rund 2,4 Millionen Franken (+/- 20 %). Der Verwaltungsrat hat sich entschieden, keine aktive Geldsuche zu starten. Eine Investition durch die Unternehmung, bzw. durch den Eigentümer (Kanton BS) ist betriebswirtschaftlich nicht vorgesehen. Das Schiff ist zwar ein beliebtes Unikat, aber nicht ein historisches Schiff. Wir planen ab 2022 nicht mehr mit dem MS Baslerdybli. Was allerdings mit dem Schiff geschieht ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen.»
Auf der zweiten Fahrt führt die Route rheinaufwärts bis zum Unterlauf des Kraftwerkes Birsfelden. Sowohl bei der morgendlichen Fahrt in Bad Säckingen wie hier in Basel ist der «Perimeter» sehr begrenzt und ich frage mich, ob es den Baslern (abgesehen von den Schiffsführern) nicht «langweilig» vorkommen muss, den ganzen Winter (und ein schöner Teil des Sommerfahrplans) stets zwischen den Umkehrpunkten Rheinhafen und der Schleuse Birsfelden hin und her zu tuckern, sechs Kilometer in der Distanz. Die Gegensätze der beiden heute besuchten Schiffe sind krass und spannend zugleich. Die Meinungen, was nun gemütlicher ist, gehen unter den Teilnehmer auseinander. Ich geniesse die grosszügigen Platzverhältnisse auf der «Rhystärn» und die trotz Modernität warme Gestaltung des Innenraumes.
Gottfried Michlmayr war der Gründer der Schifffahrt in Bad Säckingen (1936−2013).
MS Trompeter von Säckingen bei seinem letzten Anlegen der Saison 2019; wohl gestärkt verlassen die Teilnehmer des SA-Ausfluges das Schiff.
Der schmucke Ort Bad Säckingen ist nebst dem Gedicht, Stummfilm und Musikstück «Trompeter von Säckingen» berühmt wegen seiner längsten gedeckten Holzbrücke Europas.
Johann-Peter Michlmayr blickt auf eine gute Saison zurück: «Schon das zweite Jahr in Folge hatten wir keine Betriebsunterbrüche wegen Niedrig- oder Hochwasser».
Vor 40 Jahren begann auf dem Rheinabschnitt zwischen Schwörstadt und Hauenstein eine öffentliche Schifffahrt. MS Hochrheinpionier Kunz verkehrte oberhalb des Kraftwerkes Säckingen.
1985 eröffnete das MS Trompeter die Schifffahrt unterhalb des Kraftwerkes Säckingen.
1997 löste die «Hochrhein Star» MS Hochrhreinpionier Kunz ab und blieb bis 2002 in Bad Säckingen.
Zum Abschluss unserer Rhein-Erkundigung bringt auf der Fahrt in Basel die «Rhystärn» den 1. Advent zum Erleuchten.
Bilder 4 – 6 und Textteil Personenschifffahrt Bad Säckingen, Karte und Tabelle siehe Quellen, Text und übrige Bilder H. Amstad
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Hinweise
Schiffsliste der Schifffahrt Michlmayr Bad Säckingen
1 Hochrheinpionier Kunz
Baujahr 1963/64, Yachtwerft Cammenga in Wormer (Niederlande) / von bis in Bad Säckingen: 1979 – 1997 / 18,30 m (andere Quellen: 21 m) L, 4,20 m B, 1,20 m T / 2 x MWM Diesel total 100 PS auf 2 Festpropeller (Baujahr Motor 1987) / 100 Personen (1999) / 70 Personen (1965)
Verlauf: 1964 vermutlich in Amsterdam / 1965 als «Karl Schnetzler» für die Häfen in Karlsruhe / 1971 als «Mont Royal» Schiffsbetrieb Urmetzer auf der Mosel / 1980 als «Hochrheinpionier Kunz» für Gottfried Michlmayr, Rhein Bad Säckingen / 1997 als «Irene» bei Personenschiffahrt Manfred Kunze auf dem Rhein in Sasbach / 2007 als «Lyra» in Westerkappeln (Stichkanal, Mittellandkanal) / 2019 noch in Fahrt (Link)
2 Trompeter
Baujahr 1960, Werft Büsching & Rosemeyer in Uffeln** / von bis in Bad Säckingen 1985 – 1996 / 25,00 m L, 5,40 m (andere Quellen: 5,25 m) B x 0,70 m, 0,8 m T / 150 PS (andere Quellen: 115 PS, wahrscheinlich auf Schottel-Ruder-Propeller / 218 Personen (Zustand MS Pollux)
Verlauf: 1960 als «Pollux» für Mindener Fahrgastschiffahrt M. Torges in Minden / 1985 als «trompeter» für Gottfried Michlmayr, Bad Säckingen / 1996 als «Festung Dömitz» für Boizenburger Fahrgastschiffahrt Elbe-Eldefahrten-Fährbetrieb Günther Schröder, Boizenburg / 1997 nach Belgien verkauft, Verbleib unbekannt
3 Trompeter von Säckingen
Baujahr 1995, Polen (Kasko) und Holland Molenaar (Ausbau) / von bis in Bad Säckingen 1996 – heute / 31,00 m L, 7,00 m B, 1,2 m T / Verdrängung 130 t (leer); 170 t (max. beladen) / 2 x 187 kW / 250 Personen, heute 190
Verlauf: 1996 als «Trompeter von Säckingen» für Gottfried Michlmayr in Bad Säckingen, 2002 unter gleichem Namen für Personenschifffahrt Bad Säckingen (Johann-Peter Michlmayr) / 2019 noch in Fahrt
4 Hochrhein Star
Baujahr 1992, Kufra Werft, Lübeck / von bis in Bad Säckingen: 1997 – 2002 / 24,80 m (andere Quellen 24,50, resp. 25,50 m) L, 5,20 m B, 0,8 m (andere Quellen 0,61 m) T / Verdrängung 28 t (beladen) / 2 x Cummins mit je 89 kW (242 PS gesamt) auf 2 x feststehender Propeller / 150 Personen (100 Personen später als «Serrahn Star») / ENI: 05114020 / Lokale Nr. in Hamburg H 6029
Verlauf: 1992 als «Kufra Star» für KuFra Schiffslinien GmbH in Lübeck (bis Dezember 1997) / 1998 als «Hochrhein Star» für Personenschiffahrt Bad Säckingen Gottfried Michlmayr / 2001 als «Serrahn Star» (ab 12. November) für Bergedorfer Schifffahrtslinie Buhr GmbH (BSL) Heiko Buhr, Hamburg-Bergedorf / 2019 noch in Fahrt
Zusammengestellt von Thomas Albert, Kapitän und Schiffsforscher Breisach
*) Hörprobe, (Link)
**) Uffeln wurde am 01.01.1973 in die Stadt Vlotho eingegliedert.
Quellen
Recherchen bei J‑P. Michlmayr und Th. Albert durch H. Amstad, Schiffs-Agentur
Karte und Tabelle Wikipedia (Link)
Weiter im Text
Über MS Rhystärn (Link)
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