Rei­se­be­richt: Von geheim­nis­vol­len und idyl­li­schen Bag­ger­seen am Zürichsee

Der heu­tige Sonn­tag – ohne Nebel und mit einem gedämpf­ten Novem­ber­licht – bie­tet eine starke Kulisse für eine aus­ser­ge­wöhn­li­che und span­nende Fahrt zu und auf fünf Bag­ger­seen am Zürich­see. „Bag­ger­seen“… passt das zum Zürich­see? Vom ZSG-Kurs­schiff aus sieht man sie nicht; die Ein­fahr­ten in zum Teil beacht­lich gross­flä­chige Kunst­seen lie­gen dis­kret ver­steckt. Der Schiffs­füh­rer der „Mönch­hof“, Tho­mas Brön­ni­mann, kennt sie. Er peilt das Ufer an und erst einige Meter vor dem ver­meint­li­chen Ende erkenne ich, dass da der Zürich­see noch wei­ter­geht. Die im letz­ten Jahr­hun­dert aus­ge­bag­ger­ten Seen haben eigene Namen. Auf der von der Schiffs-Agen­tur orga­ni­sier­ten Ent­deckungsreise erha­schen wir zu Beginn einen Blick ins Walen­seeli. Direkt nach dem Ober­see­ka­nal fährt die „Mönch­hof“ dann steu­er­bord­sei­tig in das Hur­de­n­er­seeli, bes­ser gesagt in ein heute stark ver­zweig­tes Kanal­sys­tem. Nach­dem zuerst das wert­volle Kies abge­tra­gen wurde, wodurch die vom Zürich­see her per Ledi­schiff gut erreich­ba­ren Bag­ger­seen ent­stan­den, wurde spä­ter diese Bucht mit Aus­bruch­ma­te­rial der S‑Bahn Zürich wie­der auf­ge­füllt und rena­tu­riert. Dabei ent­stan­den Halb­in­seln, auf denen hier teure Vil­len und um die herum Kanäle ent­stan­den sind.

Unser Schiff, die „Mönch­hof“, wurde 1929 von den Gebr. Sul­zer in Win­ter­thur für die Mou­et­tes Gene­voi­ses gebaut und war in Genf unter den Namen „M.G. 15“ bis zum Jahr 1941 im Ein­satz. Dann über­nahm die LNM (Société de navi­ga­tion des lacs de Neu­châ­tel et Morat) das Schiff zusam­men mit einem Schwes­ter­schiff M.G. 16. Die „M.G. 15“ hiess nun „Grèbe“. 1953 kaufte Eugène Buh­ler, Inha­ber einer Kies-Firma, beide Schiffe und ver­kaufte sie sogleich an sei­nen Freund Wal­ter Koel­li­ker, der sie umbaute. Koel­li­ker erwei­terte damit die mit der „MS Roman­die“ ein Jahr zuvor eröff­nete Schiff­fahrts­li­nie von Neu­en­burg bis nach Solo­thurn. Die «Grèbe» taufze Koel­li­ker in „Nau­ti­lus III“ um.

Ehren­gäste an Bord

Gross war unsere Über­ra­schung, als gerade an die­sem Tag zwei Koel­li­ker-Töch­ter mit ihren ältes­ten Söh­nen die Fahrt mit­mach­ten. Eine davon, Mari­nette, war sech­zehn, als sie das erste Mal die „Nau­ti­lus“ selbst­stän­dig steu­ern durfte – und sie steht heute nach fast 50 Jah­ren sicht­lich berührt wie­der hin­ter dem glei­chen Steu­er­rad: „Ich freue mich sehr, dass ich die Spur die­ses Schif­fes gefun­den habe.“ Auch für ihre Schwes­ter Fran­çoise ist die Fahrt mit der heu­ti­gen „Mönch­hof“ ein auf­re­gen­des Erleb­nis: „Alle Schiffe bedeu­te­ten uns sehr viel; es war eine kurze und inten­sive Zeit.“

Die „Nau­ti­lus“ kommt dann 1966 zur BSG, wech­selt aber­mals den Namen und wird nun zur „MS Roman­die II“. Bei der BSG erhält das Schiff den Über­na­men „Schnuggi“. 2005 trennt sich die Bie­ler­see­flotte vom Schiff, und Mar­cel Capec­chi vom Restau­rant­be­trieb Mönch­hof in Kilch­berg am Zürich­see setzt es ab 2006 als Par­ty­boot ein. Sein Hei­mat­ha­fen liegt in Feldmeilen.

Das dritte von uns befah­rene Bag­ger­seeli hat eben­falls eine beacht­li­che Flä­che und ist als Indus­trie­ha­fen (vor­läu­fig) noch in Betrieb: Im Hafen von Nuo­len befin­det sich ein hal­bes Dut­zend Ledi­schiffe, wobei die „Saturn“, „Verena“ und „Wer­ner“ noch regel­mäs­sig im Dienst ste­hen. Gleich dane­ben bie­tet das Kie­bitz­seeli Platz für Sport­boote, und eine offi­zi­elle Lan­dungs­brü­cke erin­nert daran, dass frü­her ZSG-Schiffe an Sonn­ta­gen auf die­sem Weg den Ort Nuo­len ange­fah­ren sind. In der glei­chen Bucht liegt das Dampf­schiff „Hel­ve­tia“ auf Grund.

Natur pur dann im nächs­ten Bag­ger­see mit dem Namen Bät­zi­matt ganz oben am Zürich­see in der Nähe des Linth­ka­nal-Ein­flus­ses. Auf der Heim­fahrt besu­chen wir als Kon­tra­punkt noch den Hafen von Wan­gen. Bei der Ein­fahrt in den Hafen set­zen über uns Sport­flug­zeuge zum Lan­den an und wir zie­hen unwill­kür­lich die Köpfe ein. In Thal­wil ver­las­sen mit uns auch die bei­den Koel­li­ker-Töch­ter (die dritte, Cathe­rine, konnte nicht dabei sein) das Schiff. „Für mich war die heu­tige Fahrt wun­der­bar und per­fekt“, sagt Mari­nette mit einem char­man­ten fran­zö­si­schen Akzent.

Die „Mönch­hof“ (1929) emp­fängt die Fahr­gäste in Wädenswil.

Fröh­li­che Fahr­gäste an Bord der «Mönch­hof» anläss­lich der Schiffs-Agen­tur-Fahrt in unbe­kannte Zür­cher Baggerseen

Das Hurd­ner­seeliist heute eines der gröss­ten Kanal­sys­teme in der Schweiz.

Die einen Bag­ger­seen die­nen heute als dis­krete Wohn­la­gen luxu­riö­ser Villen…

… andere als Indus­trie­hä­fen wie hier im Hafen von Nuolen.

Am Kie­bitz­seeli befin­det sich die Sta­tion Nuolen.

Die zweite und dritte Gene­ra­tion nach Wal­ter Koel­li­ker, dem Begrün­der der Koel­li­ker-Schiff­fahrt auf der Aare, an Bord ihres frü­he­ren Schif­fes: rechts Fran­çoise Samart­zis und hin­ten Mari­nette Swe­dor mit ihren Söhnen.

Aus dem mit­ge­brach­ten Foto­al­bum der Fami­lie Koel­li­ker: vlnr die «Roman­die II», «Nau­ti­lus III» (Heute MS Mönch­hof) und die «Roman­die» I

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Text und Bil­der H. Amstad (refresh 10.2021)

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