Schif­fer­kon­gress IBT 2017 stand im Berner Oberland „unter Dampf“.

Am Inter­na­tio­nalen Bin­nen­schiff­fahrts­treffen (IBT) gab es viel „Schiff“ – und das im dop­pelten Sinne. Die 304 Teil­neh­menden des IBT konnten bei stun­den­langen Auf­ent­halten an Bord von sieben Schiffen ihre Kamerad- und Freund­schaften pflegen und sich fach­tech­nisch aus­tau­schen. Und: Das Wetter trug den anderen Teil des „Schiffes“ bei. Die sonst fan­tas­tische Kulisse der beiden Berner Ober­länder Seen blieb vielfach in Wolken ver­hüllt. Das „Epi­zentrum“ des IBT lag in Inter­laken, wo im November zahl­reiche Hotels güns­tigere Über­nach­tungen anboten.

Der „Kickoff“ der Ver­an­staltung fand an Bord der „Lötschberg“ im Osten des Kanals statt. Am Don­ners­tag­nach­mittag (9.11.17) kam bereits eine gemüt­liche Stimmung auf und gegen 17 Uhr ging schon mal das Bier aus… Im Westen des Kanals emp­fingen die Teil­neh­menden dann MS Berner Oberland und MS Schilthorn zur Abend­ver­an­staltung. Am Tag danach fuhr DS Blüm­lisalp auf einem Zickzack-Kurs zur Schiffs­werft Schadau, damit die Gäste die inter­es­san­testen Ufer­ab­schnitte des Thu­nersees aus der Nähe betrachten konnten. In der Schadau wurde wenige Tage zuvor die Werft­halle fertig erstellt. Der „Berner Oberland“, dem grössten BLS-Schiff, fällt nach der IBT-Ver­an­staltung die Ehre zu, die Halle erstmals auf ihre Taug­lichkeit zu prüfen. Die Haupt­re­vision der „BO“ ist über­fällig; sie konnte während des IBT nur als Restau­rant­schiff ein­ge­setzt werden. Die Transfers nach Inter­laken schaffte das Schiff nur noch ein­mo­torig und ohne Fahr­gäste. Die Dimen­sionen der neuen, noch leeren Halle mit 87,4 m Länge, 24 m Breite und 18 m Höhe lassen sich am IBT-Tag ohne Schiff schlecht erahnen. Doch ich kann es mir gut vor­stellen: die „BO“ ist 57 m lang und 12 m breit. Das flutbare Dock fasst 4,5 Mil­lionen Liter Wasser, das sind 4 500 m3 oder 30 000 gefüllte Bade­wannen. Die Pumpen können 287 Liter Wasser pro Sekunde aus der Anlage befördern; geflutet wird mit natür­lichem See­wasser-Druck. Der Neubau kostete 12,8 Mio. Franken, wovon 8,5 Mio. der Kanton Bern und 4,3 Mio. die Anrai­ner­ge­meinden bezahlten. Die BLS inves­tierte zusätzlich eine Million in die Annex­bauten, in denen die Werk­stätten unter­ge­bracht sind.

Die Stiftung BLS „Das his­to­rische Erbe“ mit Sitz in Burgdorf zeigte in einem dieser Bauten alte Filme über Schiffe und das öffent­liche Ver­kehrs­wesen im Berner Oberland. MS Ober­hofen machte stündlich Rund­fahrten ab der Werft. Auf der „Blümlisalp“-Rückfahrt nach Inter­laken war zu ver­nehmen, dass die BLS mit ihrer Schiff­fahrt Grosses vor hat. In den nächsten 20 Jahren stehen Inves­ti­tionen von 40 Mio. Franken an. Dabei will sich die BLS von vier Schiffen trennen: auf dem Thu­nersee sollen die „Nie­derhorn“ und die „Bubenberg“ oder die „Stadt Bern“ ver­schwinden, auf dem Thu­nersee die „Isletwald“ und die „Inter­laken“. Der Bri­enz­ersee wird ein neues Schiff bekommen.

Am dritten Kon­gresstag standen der Bri­enz­ersee und seine char­manten Dampf­ak­ti­vi­täten im Zentrum des Inter­esses. Die Schrau­ben­dampfer Steamchen und Val­halla begrüssten die ein­fah­rende „Lötschberg“ mit einem Pfeif­konzert und beglei­teten die grosse „Schwester“ zur Ländte Brienz. Die Fahrten mit der Bri­enzer Rothorn-Bahn bis zur Zwi­schen­station Gel­dried litten ebenso unter dem Wetter wie die Dorf­füh­rungen und die Rund­fahrten mit den beiden Dampf­booten Val­halla und Steamchen ab dem Peda­losteg in Brienz. Ab hier legte früher die „Harder“ jeweils für die Nach­mit­tags­rund­fahrten los.

Das Rund­spanten-Boot Val­halla* von Rudolf Bind­schedler, Kurt Will und Ruedi Wettach wurde 1986 von David Young aus Goss­bri­tannien erbaut. Die aus dem gleichen Hause stam­mende, ste­hende 2‑Zy­linder-Zwil­lings­ma­schine leistet 7.5 PS. Der Kessel (38 Liter, 8.5 bar) hat eine Holz- und Koh­le­feuerung. Das Schiff wurde vom Erbauer in die Schweiz über­führt. Peter Lais, der nach­fol­gende Eigner, liess eine neue Ruder­anlage und ein neues Verdeck ein­bauen. 1996 wech­selte das Schiff zum heu­tigen Eigen­tümer und somit vom Thuner- auf den Bri­enz­ersee. 1998 erhielt das Boot ein neues Schanz­kleid in Mahagoni, 1999 wurde das Dach ver­längert und erhöht.

Das Dampfboot Steamchen* wurde durch den vor­ma­ligen Eigner Otto Thomsen ent­worfen und in Mülheim a.d. Ruhr erbaut. Das Rund­spanten-Holzboot ist aussen mit Glas­faser beschichtet. Im Oktober 1996 kam es in Betrieb und stand in England und in der Schweiz unter Dampf. Ab Ende März 1997 kam es dann auf den Bri­enz­ersee. Die Maschine (1995) stammt von Roger Mal­linson, Windermere/​GB. Die ste­hende Zwil­lings­ma­schine leistet bei 300 U/​min 6 PS. Der Kessel wurde 1996 von Michael Webber, Lancing/​GB, konstruiert.

Den Abschluss des dritten Tages war der Galabend im stim­mungs­vollen, denk­mal­ge­schützten Kursaal von Inter­laken. Der im Jahr 1910 erbaute Prunksaal hat eine Fläche von 1200 m² (was sechs Ten­nis­plätzen ent­spricht). Zum Tanz und zur Unter­haltung spielte das Rimo Quintett und mit ihm der Bri­enz­ersee-Kapitän Beat Feuz (Bass, Key­board, Akkordeon, Gesang) auf. Der OK-Prä­sident Claude Merlach**, seines Zei­chens der Leiter der Schiff­fahrt, blickt zurück: „Wir euro­päi­schen Bin­nen­schiffer pflegen seit über 60 Jahre lose beruf­liche Ver­bin­dungen, eine Amical ohne grosse For­ma­li­täten. Es gelingt, jedes Jahr ein attrak­tives Treffen unter Profis zu orga­ni­sieren. Berufs­leute vom Maschi­nisten bis zum Steu­ermann, vom Matrosen bis zum CEO einer Schiff­fahrts­ge­sell­schaft erlebten im Berner Oberland span­nende vier Tage auf den beiden Seen. Es ist erstaunlich, wie diese Tra­dition auch ohne offi­zielle Ver­eins­struktur immer noch so lebendig ist. Und schon haben sich wieder ver­schiedene Schiff­fahrts­ge­sell­schaften für die Aus­tragung der nächsten Jahre ange­meldet, so dass ich über­zeugt bin, dass auch das 100. IBT noch statt­finden wird…“

Am Sonntag endete die 62. Ausgabe des IBT mit der Dele­gier­ten­ver­sammlung, die Claude Merlach in rekord­ver­däch­tigem Tempo „durch­peitschte“, denn draussen war­teten für kurze Zeit (und erstmals an diesem IBT) die Sonne und eine würzige Ober­länder Grill­wurst auf ein Bye-bye von Inter­laken.*** Einige der Teil­neh­menden wählten dann die Rück­reise über den Brünig, da die BLS um 12.05 Uhr ausser Plan eine öffent­liche Fahrt mit der „Lötschberg“ anbot. 225 Fahr­gäste pil­gerten an diesem November-Sonntag auf den Bri­enz­ersee und am Abend zählte der Kapitän eine Gesamt­fre­quenz von 450. Einer­seits war die „Lötsch“ aus den Vor­tagen bereits auf­ge­dampft. Ander­seits konnte mit dieser Win­ter­fahrt der Wirt der Bri­enz­ersee-Flotte stil- und wür­devoll ver­ab­schiedet werden. Peter Schenkel, Inhaber und Gas­tronom der Gastro-Lac AG, hatte nach 20 Jahren sehr zum Bedauern der treuen Kund­schaft seinen Vertrag auf Ende 2017 gekündigt.

Claude Merlach begrüsst die Teil­neh­menden des IBT 2017 an Bord der „Berner Oberland“.

Ein sel­tenes Bild und dies noch im November: die „BO“ als Festsaal, die „Schilthorn“ als Bar­schiff und die „Blüm­lisalp“ als Tages-Aus­flugs­dampfer über­nachten in Inter­laken West.

Die Schiffs­leute konnten während des Kon­gresses die Flotte auch aus unge­wöhn­lichen Per­spek­tiven bestaunen, hier vom Maschi­nenraum der „Blüemlere“.

Brienz prä­sen­tierte sich als Damp­fer­mekka des Berner Ober­landes und machte so mächtig Reklame für die nächsten Dampftage vom 29. Juni bis zum 1. Juli 2018.

DS Lötschberg voll unter Dampf.

Auf dem Mit­teldeck des DS Lötschberg sorgten die Volks­mu­siker des Wolf­gangsees für gute Stimmung. Stim­mungs­voller Abschluss des 62. IBT in Inter­laken West am Sonntag, 12. November 2017 mit der BLS-Brassband.

Am Sonntag endete die 62. Ausgabe des IBT mit der Dele­gier­ten­ver­sammlung, die Claude Merlach in rekord­ver­däch­tigem Tempo „durch­peitschte“, denn draussen war­teten für kurze Zeit (und erstmals an diesem IBT) die Sonne und eine würzige Ober­länder Grill­wurst auf ein Bye-bye von Interlaken.

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Hin­weise

*) • Wal­halla: L 6.30 m, B 1,74 m, T 0.50 m, Ver­drängung 980 kg, v 8 kn. • Steamchen: L 7.17 m, B 2.04 m, T 0.55 m, Ver­drängung 1050 kg, v 6 kn.

**) Im OK des IBT 2018 arbei­teten mit: Claude Merlach, René Anliker, Beat Hodel, Beat Feuz, Martin Schild, Martin Schöni, Jürg Graber, Yves Lehmann, André Amacher, Cor­nelia Graf und Karin Graf.

*** Das 63. IBT findet in Frank­reich statt: Vom 26. bis 28. Oktober 2018 weilt der Kon­gress in Besançon. Der nau­tische Schwer­punkt wird aber in in Villers-le-Lac sein. In der dort ansäs­sigen Werft werden viele der „Bateaux mouches“ für fran­zö­sische Gewässer gebaut. Der Ort liegt auf 750 m ü. M. am Doubs, der hier die Grenze zur Schweiz bildet. Der Fluss wird von der fran­zö­si­schen Gesell­schaft und der Schweizer Schiff­fahrts­ge­sell­schaft NLB befahren. Der Doubs wird vier Kilo­meter unterhalb von Villers-le-Lac durch einen Felsen gestaut; der dadurch gebildete, knapp 1 km² grosse und bis zu 27 m tiefe See ist eine Tou­ris­ten­at­traktion und heisst bei den Fran­zosen Lac de Chaillexon und bei den Schweizern Lac de Brenets. Die nächsten Aus­tra­gungsorte des IBT sind: 2019 Bregenz / 2020 Zürichsee / 2021 Brom­b­achsee / 2022 Bielersee.

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