Schiff­fahrt auf dem Dni­pro: der Krieg zer­stört Leben, Sys­teme und Hoff­nun­gen (Teil 1)

Seit 365 Tagen ist in Europa Krieg. Was da in der Ukraine abgeht, über­steigt meine Vor­stel­lungs­kraft, da fehlt mir jeg­li­ches Ver­ständ­nis und macht mich betrof­fen und sehr trau­rig. Ich bereiste die Ukraine mehr­fach, fuhr den gan­zen Dni­pro (Dnjepr) her­un­ter und hin­auf, dort wo im Osten heute zum Teil die Kriegs­front ver­läuft. Ich fla­nierte bei früh­lings­haf­tem Wet­ter und Vogel­ge­zwit­scher über den Maj­dan-Platz in Kiew, wo 2013 Pro­teste blu­tig nie­der­ge­schla­gen wur­den. Ich kam ins Gespräch mit offe­nen, poli­tisch sen­si­bi­li­sier­ten Bewoh­nern. Beim Hin­auf- und Her­un­ter­stei­gen der Potemkin’schen Treppe von Odessa erin­nerte ich mich an den Film Pan­zer­kreu­zer Potem­kin. Ich war beein­druckt vom Donau-Delta, wo der nörd­li­che Arm der Donau vor der Ein­mün­dung ins Schwarze Meer an ukrai­ni­sches Fest­land grenzt. Zum Jah­res­tag des rus­si­schen Ein­mar­sches in die Ukraine vom 24. Februar 2021 soll die­ser (B)Logbuch-Eintrag ein beschei­de­ner Bei­trag sein, einen spe­zi­el­len Blick auf die Ukraine zu wer­fen, auch im Sinne einer Doku­men­ta­tion einer nun ver­gan­ge­nen Epo­che. Er ist mei­nen ukrai­ni­schen Schiffs­freun­den gewid­met, ver­bun­den mit soli­da­ri­schen und bewun­derns­wer­ten Gedanken.

Es gibt drei nau­ti­sche The­men im Zusam­men­hang Ukraine und Schiff­fahrt. Die Ukraine ist nebst Russ­land flä­chen­mäs­sig der grösste euro­päi­sche Staat1 und grenzt im Süden ans Schwarze Meer, womit der erste Zugang zum Thema Schiff­fahrt defi­niert ist. Odessa ist die bedeu­tendste Hafen- und Kul­tur­stadt und liegt an der 2 800 km lan­gen ukrai­ni­schen Küste. Die Stadt ist für ihre pracht­vol­len Bau­ten aus dem 19. Jahr­hun­dert bekannt. Vor dem Krieg hatte der Schiffs­ver­kehr auf dem Schwar­zen Meer die grösste Bedeu­tung für den Export der Pro­dukte der sog. «Korn­kam­mer Euro­pas». Wegen den rela­tiv kur­zen Fahr­di­stan­zen zu berühm­ten Häfen war das Schwarze Meer auch für Kreuz­fahr­ten sehr beliebt. Seit dem Kau­ka­sus­krieg in Geor­gien 2008 und der Krim­krise 2014 (in bei­den Fäl­len grif­fen die Rus­sen an) ist aber der Beliebt­heits­grad für den inter­na­tio­na­len Tou­ris­mus gesun­ken, sodass es heute den ehe­ma­li­gen Klas­si­ker «6 Schwarz­meer-Län­der in 8 Tagen» gar nicht mehr gibt.

Zum Zwei­ten: Der nörd­lichste der drei Donau-Haupt­arme, der soge­nannte Kilija-Arm, fliesst auf ukrai­ni­schem Boden ins Schwarze Meer. Fluss­kreuz­fahrt­schiffe hal­ten gerne in Wyl­kowe (ukrai­nisch, deut­sche Schreib­weise: Wil­kowo) an. Es ist der letzte besie­delte Ort vor der Ein­mün­dung der Donau ins Schwarze Meer und Aus­gangs­punkt von Schiffs­tou­ren mit klei­ne­ren Pas­sa­gier­schif­fen ins UNSESCO-Welt­kul­tur­erbe des Donau­delta-Bio­sphä­ren­re­ser­va­tes. Der dritte nau­ti­sche Zugang ist der 2 200 km lange Fluss Dni­pro2 (ver­deutscht Dnjepr), der auf 1 800 km schiff­bar ist, über den ich nun berichte.

Der Fluss Dni­pro prägt die Stadt Kiew

Wir star­ten die Schiff­fahrt auf dem Dni­pro in der Haupt­stadt Kiew und errei­chen das Schwarze Meer in Kher­son (Cher­son). Wei­ter geht es der Küste ent­lang, wo wir auf der Höhe der Schlan­gen­in­sel in einen Sei­ten­arm des Kilija-Kanals der Donau ein­mün­den und am Ort Wyl­kowe wen­den. Auf der Rück­reise besu­chen wir Odessa und fah­ren dann wäh­rend einer wei­te­ren Woche nord­wärts zurück nach Kiew. Par­al­le­len zum aktu­el­len Kriegs­ge­sche­hen drän­gen sich ebenso auf wie geschicht­li­che Kom­men­tare, die wir an Bord unse­res Schif­fes Print­sesa Dni­pra durch unsere enga­gierte Rei­se­lei­te­rin Gala Alek­sand­rova erfah­ren durften.

Gemein­sam mit 190 Gäs­ten aus Spa­nien, Eng­land, Deutsch­land, Ame­rika, Kanada, aus der Tür­kei und aus der Ukraine waren elf Schwei­zer an Bord. Unter Letz­te­ren ent­stand wäh­rend der Fahrt ein herz­li­ches Ver­hält­nis und ich bin bis heute mit einer Wal­li­ser Fami­lie, die mit ihrer Adop­tiv­toch­ter aus dem Dom­bas unter­wegs war, befreun­det. Dass diese durch­aus her­aus­for­dernde, aber höchst inter­es­sante Fluss­reise etwas Ein­ma­li­ges war für uns, wuss­ten wir damals natür­lich noch nicht. Aber mit Blick auf die heu­ti­gen, grau­en­haf­ten Zustände in der Ukraine lässt sich eines sagen: «Lebe die Träume jetzt».

Kiew über­rascht. Ein­drück­li­che Sakral­bau­ten (wie das sehens­werte Fel­sen­klos­ter) und gross­zü­gige Park­an­la­gen sind gut zu Fuss zu erkun­den. Gepflegte Fuss­gän­ger­ver­bin­dun­gen und ver­kehrs­freie Ein­kaufs­stras­sen ste­hen im Gegen­satz zur sechs­spu­ri­gen Schnell­strasse, die link­suf­rig direkt dem Dni­pro-Fluss folgt. Drei Linien einer gut funk­tio­nie­ren­den Metro haben vor dem Krieg mit zwei Mil­lio­nen Fahr­gäs­ten täg­lich die Haupt­last des öffent­li­chen Ver­kehrs getra­gen. Bei der Sta­tion Arse­nalna zum Bei­spiel füh­ren mich meh­rere, am Stück 65 Meter lange Roll­trep­pen gefühlte unend­lich lange, kon­kret 105 Meter in die Tiefe. Die Sta­tion gehört zu den tiefst gele­ge­nen der Welt und ist heute Schutz­bun­ker für die noch rund eine Mil­lion in der Stadt ver­blie­be­nen Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner; zwei Mil­lio­nen haben die Haupt­stadt ver­las­sen und sind in ganz Europa verteilt.

Noch bevor wir able­gen, fährt vom Nor­den her ein zwei­tes Hotel­schiff im Per­so­nen­schiffs-Hafen Kiews ein, die «Viking Sineus». Der Blick täuscht nicht: Sie ist ein Schwes­ter­schiff unse­rer «Print­sesa Dni­pra» (ver­eng­lischt «Dnie­per Prin­cess»). Beide statt­li­chen Vier­deck­schiffe gehö­ren zur sog. Vla­di­mir-Ilyich-Klasse3, wel­che auch als Pro­jekt 301 oder BiFa 125 M (über­setzt: Bin­nen­fahr­gast­schiff 125 Meter) bekannt ist. Die ehe­ma­lige VEB Elbe­werft in Boizenburg/​Rosslau baute zwi­schen 1974 und 1983 für Russ­land 22 die­ses Schiffs­typs. Auf den zwei­ten Blick las­sen sich schnell Unter­schiede erken­nen: Die ame­ri­ka­ni­schen Gäste befin­den sich auf einem west­li­chen Schiff der in Basel behei­ma­te­ten Ree­de­rei Viking. Alle Kabi­nen haben dort einen Pri­vat­bal­kon und das Inte­ri­eur ist «heu­ti­gem» Design nach­emp­fun­den. Mir hin­ge­gen ist es auf unse­rer «sozia­lis­ti­schen», kol­lek­tiv-ori­en­tier­ten Innen­ar­chi­tek­tur der «Print­sesa» sehr wohl: Anstelle der Bal­kone hat unser Schiff auf jedem Deck durch­ge­hende Gale­rien und Mög­lich­kei­ten, sich über­all im Schiff im Aus­sen­be­reich bewe­gen und auf­hal­ten zu können.

Nach 24 Stun­den «Ange­wöh­nungs­zeit» an Bord und ers­tem Ken­nen­ler­nen der ukrai­ni­schen Haupt­stadt legen wir am 3. August 2018 ab. Der Fluss Dni­pro ist nach der Donau und der Wolga der dritt­längste Strom Euro­pas. Erst durch den Bau von sechs Schleu­sen, die zwi­schen 1932 und 1978 fer­tig­ge­stellt wur­den, wurde der Fluss schiff­bar. Vor­her war er stel­len­weise für die kom­mer­zi­elle Schiff­fahrt zu flach, denn er über­win­det auf 2 200 km Länge bloss einen Höhen­un­ter­schied von 220 m, was einem durch­schnitt­li­chen Gefälle von 0.1 ‰ ent­spricht (oder 10 cm Gefälle auf 1 km Länge). Nur noch wenige Kilo­me­ter fährt unsere „Print­sesa Dni­pro“ auf dem ursprüng­li­chen Fluss, denn die Schleu­sen bil­den sechs gigan­ti­sche Stau­seen. So ist zum Bei­spiel der Kre­ment­schuker Stau­see mit sei­nen 2 252 km² Flä­che vier Mal grös­ser als der Gen­fer­see. Eine Fluss­fahrt auf dem Dni­pro strahlt eher See- und Mee­res­fee­ling aus und gehört aus land­schaft­li­cher Sicht im inter­na­tio­na­len Ver­gleich nicht zu den Spit­zen­rei­tern. Die Fahrt bie­tet aber trotz­dem über­durch­schnitt­li­che Erleb­nisse und eine leben­dige Aus­ein­an­der­set­zung aktu­el­ler euro­päi­scher Geschichte, dies schon vor dem heu­ti­gen Krieg.

Der Aus­ver­kauf der stol­zen Dnipro-Flotte

Die Ukraine wird erst 1991 ein unab­hän­gi­ger Staat. Michail Gor­bat­schow kommt 1985 dank einer hauch­dün­nen Mehr­heit als obers­ter Kreml-Chef an die Macht. Ein geschei­ter­ter Putsch­ver­such 1991 stärkt seine Posi­tion als Kreml­chef und er ermög­licht die Auto­no­mie vie­ler öst­li­cher Sowjet­re­pu­bli­ken, womit das Ende der Sowjet­union ein­ge­läu­tet wird. Putin nennt dies spä­ter «den gröss­ten Feh­ler der Geschichte». Die Ukrai­ner spre­chen sich mit 93 % dafür aus, erst­ma­lig in ihrer Geschichte unab­hän­gig zu wer­den. Doch weder das Sys­tem noch die Men­schen wis­sen, wie eine Unab­hän­gig­keit funk­tio­niert. Ent­spre­chend schlit­tert das Land in meh­rere Krisen.

Als nach der 2. Mai­dan-Revo­lu­tion im Februar 2014 Pro­tes­tie­rende nach blu­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen den kom­mu­nis­ti­schen Prä­si­den­ten Wik­tor Janu­ko­wytsch ins Asyl zwin­gen, ist der Weg frei, sich in Rich­tung Wes­ten, zur NATO und zur EU zu ori­en­tie­ren. Dort wer­den die Ukrai­ner nur halb­her­zig, höchs­tens mit Lip­pen­be­kennt­nis­sen will­kom­men geheis­sen, denn Mos­kau übt auf den Wes­ten mas­si­ven Druck aus, die Ukraine nicht zu unter­stüt­zen. Die Men­schen in der Ukraine füh­len sich betro­gen und sind ent­täuscht, wie ich von vie­len Bewoh­nern ver­neh­men muss. Gleich­zei­tig annek­tiert Putin als Reak­tion auf diese ukrai­ni­sche West-Annä­he­rung ihre Halb­in­sel Krim und pos­tiert4 im Dom­bass, im Osten der Ukraine, pro­rus­si­sche Separatisten.

Es wie­der­ho­len sich wei­tere bit­tere Erfah­run­gen eines uner­fah­re­nen Staa­tes mit kom­mu­nis­ti­scher Ver­gan­gen­heit: Nur ganz wenige Chefs und Direk­to­ren ken­nen das (faire) Spiel der freien Markt­wirt­schaft und reis­sen sich die Filet­stü­cke der ukrai­ni­schen Indus­trie und Infra­struk­tur «unter den Nagel». Olig­ar­chen kön­nen sich eta­blie­ren und die poli­ti­sche Élite ver­sinkt in der Kor­rup­tion. Auf mei­ner mehr­wö­chi­gen Ukraine-Reise im Jahr 2018 wird dar­über im Land offen gere­det; ich bekomme den Ein­druck, das Volk sei reif für einen Sys­tem­wech­sel. Das Land wird poli­tisch insta­bil, will sich wei­ter­hin öff­nen und ist mit innen­po­li­ti­schen Her­aus­for­de­run­gen kon­fron­tiert5.

Dank die­ser Zusam­men­hänge wird es für mich etwas ver­ständ­li­cher, wieso in mei­nem Besu­cher­jahr von den 1991 noch fah­ren­den 17 Kreuz­fahrt­schif­fen noch ganze zwei auf dem Dni­pro fah­ren und der vor 1991 gut funk­tio­nie­rende Trag­flü­gel­boot-Schnell­ver­kehr des Typs «Raketa», «Vos­hod», «Meteor» und «Kometa» zwi­schen Kiew sowie meh­re­ren Mil­lio­nen­städ­ten und dem Schwar­zen Meer ganz ver­schwun­den ist. Mit zwei Aus­nah­men sind sämt­li­che Trag­flü­gel­boote nach Russ­land und anderswo ver­scher­belt wor­den. Ein Trag­flü­gel­boot dient als Restau­rant, eines macht noch die Ver­bin­dung von Kiew nach Kaniw. Und von den eins­ti­gen ukrai­ni­schen Hotel­schif­fen sind, wie erwähnt, auch nur noch zwei übrig­ge­blie­ben: die „Viking Sineus“ (die vor fünf Jah­ren von der Wolga kam) und die „Print­sesa Dni­pro“ der Ree­de­rei Cher­vena Ruta. Die andern sind alle­samt zuerst von der pri­va­ti­sier­ten Akti­en­ge­sell­schaft „Ukrai­ni­sche Donau-Ree­de­rei“ (UDASKO) an Meist­bie­tende ver­kauft und anschlies­send aus Kiew abge­zo­gen worden.

Die Ree­de­rei Cher­vena Ruta mit Ver­bin­dun­gen zur Schweiz

Bis 2017 hat die Ree­de­rei Cher­vena Ruta6 noch drei Schiffe. Doch seit dem Krieg im Don­bass und der schwer­wie­gen­den Krim­krise, als Putin 2014 das Feri­en­pa­ra­dies Krim als rus­si­sches Hoheits­ge­biet pro­kla­miert, sinkt die Lust auf Dni­pro-Rei­sen auf «Null». Dies war schon 1986 nach dem Reak­tor­un­fall von Tscher­no­byl unmit­tel­bar nörd­lich von Kiew der Fall. Hans Kauf­mann vom Fluss­rei­se­ver­an­stal­ter Thurgau­Tra­vel, befreun­det mit dem ukrai­ni­schen Teil­ha­ber der Ree­de­rei Cher­vena Ruta, holt 2014 mit Hilfe eines rumä­ni­schen Rei­se­bü­ros die „Print­sesa Dni­pra“ nach Rumä­nien und bie­tet zuerst auf dem Schwei­zer Markt und ein Jahr dar­auf euro­pa­weit, erfolg­reich ein­wö­chige Schiffs­tou­ren ab dem rumä­ni­schen Ort Fes­testi aus­schliess­lich im Donau­delta an. Das ret­tete die Ree­de­rei Cher­vena Ruta vor dem Kon­kurs. Doch die andern zwei Schiffe der bis­her erfolg­rei­chen Flotte ros­ten lang­sam vor sich hin und müs­sen 2017 nach Russ­land ver­kauft wer­den: Die ehe­ma­lige „Dne­pr­star“ fährt nun auf der Wolga als „Tschai­kow­sky Rap­sody“ und die ehe­ma­lige „Gene­ral Watu­tin“ als „Schwa­nen­see“7. Fort­set­zung folgt,

Das Vier­deck-Mons­ter­schiff Print­sesa Dni­pra (Bug­an­schrift auf ukrai­nisch, Sei­ten­an­schrift Dnie­per Prin­cess in eng­lisch) passt sich optisch im Pas­sa­gier­ha­fen von Kiew ein in die archi­tek­to­ni­sche Umge­bung, die geprägt ist von einem ex-kom­mu­nis­ti­schen Baustil.

Begrüs­sungs­apero mit Kapi­tän Vla­di­mir Alek­s­a­schin und der Hotelmanagerin

Ein Team von rund 60 ost­deut­schen Inge­nieu­ren und Archi­tek­ten schu­fen vor 50 Jah­ren in Boi­zen­burg Schiffe, die bis heute in ihrer Qua­li­tät über­zeu­gen; hier ein Detail des Ober­deck-Heck­sa­lons mit Fens­ter­grös­sen, die für dama­lige Ver­hält­nisse unge­wöhn­lich waren.

Auch das Inte­ri­eur lädt zum Ver­wei­len ein.

Die 1949 fer­tig erbaute Krjukiw-Brü­cke ist die ein­zige Gele­gen­heit zur Fluss­que­rung in Kre­ment­schuk (auf der Karte Kremt­schuk bezeich­net, deutsch); die nächste Gele­gen­heit bie­tet die rund 100 km ent­fernte Stau­mauer des Kam­jans­ker Stau­sees. Die obere Etage ist für den Geh- und Stras­sen­ver­kehr, auf der unte­ren Etage fährt die Eisen­bahn. Damit unser Schiff die Brü­cke unter­fah­ren kann, wird der Eisen­bahn-Teil angehoben.

Auch die Som­mer­idylle in Zapo­rizhz­hia, wo ein fei­ner Sand­strand zum Baden lädt, ist heute Kampf­zone: im Ort steht das grösste Atom­kraft­werk Euro­pas, das seit letz­tem Okto­ber von Russ­land besetzt ist.

In Kher­son (Cher­son) brin­gen uns Lokal­schiffe auf eine Fischer­insel im Dni­pro-Delta; heute ver­läuft mit­ten im Fluss die Front­li­nie, nach­dem in den ers­ten Tagen des rus­si­schen Über­falls spe­zi­ell das Umland der Stadt Schau­platz schwe­rer Gefechte war.

Am Wen­de­punkt der Reise ange­kom­men: Idylle in Wyl­kowe, wo der Ort durch­zo­gen ist mit Kanä­len (links im Bild angedeutet).

Bil­der im Text­teil: Die «Print­sesa Dni­pra» befährt in 14 Tagen nebst dem Dnie­pro auch das Schwarze Meer und hier die Donau, die sich nach einem star­ken Gewit­ter kurz­zei­tig braun ver­fährt hat.

Der Dni­pro prägt das Stadt­bild von Kiew, hier mit dem Höh­len­klos­ter im Vordergrund.

Die sechs Stau­stu­fen des Dni­pros bil­den jeweils rie­sige Seen; der kleinste, jener von Sapo­rischschja ist mit 410 km2 dop­pelt so gross wie der Neu­en­bur­ger­see. Mit sechs Reak­to­ren ist Sapo­rischschja das grösste Kern­kraft­werk Euro­pas und wird seit Anfang März 2022 von rus­si­schen Trup­pen kontrolliert.

Über­sichts­karte des schiff­ba­ren Dniepros-Teiles

Durch Klick aufs Bild erscheint die­ses im Grossformat.

Am Schluss des Blogs ist Ihr Kom­men­tar willkommen.

Hin­weise

1) Den ers­ten Platz macht mit von 668 763 km² eigent­lich Frank­reich aus. Das fran­zö­si­sche Fest­land aber schlägt hier­bei mit einer Grösse von 547 026 km² zu Buche und ist somit klei­ner als die Ukraine mit 603.700 km².

2) Ich ver­wende im Blog den ukrai­ni­schen Namen die­ses Flus­ses: Dni­pro. Der Fluss fliesst auch durch Russ­land, wo er Dnepr heisst und durch Weiss­russ­land, wo man ihn Dnja­pro nennt. Ins Deut­sche tran­skri­biert heisst er Dnjepr, ins Eng­li­sche Dnie­per. Unser Schiff ist an der Seite in Eng­lisch Dnie­per Prin­cess und am Bug in Rus­sisch Print­sesa Dni­pra angeschrieben.

3) Namens­ge­ber die­ser Schiffs­klasse war der kom­mu­nis­ti­sche Poli­ti­ker und mar­xis­ti­sche Theo­re­ti­ker Lenin, der mit bür­ger­li­chem Namen Wla­di­mir Iljitsch Ulja­now hiess. Er gilt als Begrün­der der Sowjet­union. Die Serie der 22 Schiffe ist nach ihm benannt, weil das erste aus­ge­lie­ferte Schiff 1974 sei­nen Namen trug. Die zwei heute noch ver­blie­be­nen Fluss­kreuz­fahrt­schiffe hies­sen vor dem Zer­fall der Sowjet­union Mikhail Lomo­no­sov (1979 Bau-Nr. 338 aus der Serie 2, heute Viking Sineus) und Jew­geni Wut­sche­titsch (1976 Bau-Nr. 328 aus der Serie 1, heute Print­sesa Dnipra).

4) Unser Rei­se­an­ge­bot führte noch zwei Jahre zuvor auf die Insel Krim nach Jalta, damals Sym­bol für medi­ter­ra­nes Leben und süs­sen Urlaub schlecht­hin. Heute sehen wir die grösste Schwarz­meer-Hab­in­sel nur vom Schiff aus. Die Crew ist auf die­ses Thema nicht gut zu spre­chen, an Bord ver­sucht man, das Thema Krim zu vermeiden.

5) Für die übrige Welt über­ra­schend, für die Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner aber eine logi­sche Kon­se­quenz: Der Aus­sen­sei­ter Wolo­di­mir Selen­ski gewinnt die Par­la­ments­wahl am 22. Juli 2019 und das bis­he­rige kor­rupte poli­ti­sche Estab­lish­ment tritt in den Hintergrund.

6) Die heu­tige Ree­de­rei Cher­vona Ruta ist 1991 als ers­tes pri­va­tes Fluss­kreuz­fahrt-Unter­neh­men in der Ukraine als Nach­folge der vor­mals staat­li­chen Ree­de­rei her­vor­ge­gan­gen und hiess zuerst «Ortho­dox Cruise Com­pany». Sie gehört einem Drei­er­kon­sor­tium, bestehend aus einem Ukrai­ner, einem Israeli und einem Zyprio­ten. Diese sind auch Inha­ber des Donau­schif­fes Fide­lio und des ehe­ma­li­gen KD-Schif­fes Rüdes­heim, heute MS Rosa Vic­to­ria auf dem Dni­pro in Kiew. 2018 kommt ein wei­te­res Donau­schiff dazu: MS Dnjepr Star (ex-Dni­pro).

7) Die frü­he­ren Namen der drei Cher­vona-Dni­pro­flotte hies­sen: • Jew­geni Wut­sche­titsch ab 2003 Print­sesa Dni­pra (engl. Dnie­per Prin­cess, rus­sisch: Prin­cessa Dni­pra) • Mar­shal Rybalko, ab 2003 Dnie­per­star (rus­sisch: Zirka Dni­pra), ab 2018 Tschai­kow­sky Rap­sody auf der Wolga (Russ­land). • Gene­ral Watu­tin, ab 2018 Schwa­nen­see auf der Wolga (Russ­land).

Quel­len

Bifa 301: die Vla­di­mir-Ilyich-Klasse, wel­che auch die Baunr. 328 dazu gehört, heute «Print­sesa Dni­pra» Link

Bifa 302: die Dmit­riy-Fur­ma­nov-Klasse Link

Wei­ter im Text

Bericht aus dem Jahr 2015 über eine andere Fahrt mit der «Print­sesa Dni­pra»: Eine Woche Schiff­fahrts- und Natur­ge­nuss am Donau-Delta (Link)

Bericht über das Schiff «Print­sesa Dni­pra» (2015): MS Print­sesa Dni­pra – ein Mons­ter­schiff mit viel Charme (Link)

Impres­sum

Text und Bil­der H. Amstad, Karte im Text­teil Samm­lung H. Amstad

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