Schweizer Münzstätte prägt wertvolle Silbermünzen mit drei Raddampfer-Sujets von Ueli Colombi
Im Zeitraum von drei Jahren gab die Schweizer Münzprägungsstätte Swissmint* eine Dreierserie von hochwertigen Silbermünzen heraus, die von Ueli Colombi geschaffen und gestaltet wurden. Die Sujets zeigen drei unterschiedliche Raddampfer von verschiedenen Seen: DS Uri der SGV, DS La Suisse der CGN und DS Blümlisalp der BLS.** Diese drei repräsentieren die Geschichte aller heute noch fahrenden Schweizer Dampfschiffe. Den Abschluss der Serie nahm ich zum Anlass, das immense Schaffen des Künstlers Ueli Colombi näher kennen zu lernen und in einen Zusammenhang mit den drei Münzen zu bringen.
Ueli Colombi, 1940 in Thun geboren, war in vier Berufen tätig, die allesamt einen Teil zu seinem heutigen Erfolg beigetragen haben. 1956 begann er bei der schweizerischen Reederei AG in Basel eine Lehre als Rheinschiffer. Ueli Colombi ergänzt: „Nach dieser abgeschlossenen Ausbildung folgte eine Lehre als Hochbauzeichner in Zürich.“ Nachher fuhr er zur See und begann bei P&O London auf den Schiffen Arcadia und Canberra die Ausbildung als Seekadett. Für ihn war klar: „Ich wollte See-Offizier werden, mein grossmütterlichseits englisches Blut in mir drängte mich dazu bis hin zum Kapitän.“ Doch es sollte anders werden: „Die Trigonometrie war mein Stolperstein. Während meine Kollegen im Hantieren mit Sextanten und Seekarten am Ziel ankamen, landete ich mit meinen Berechnungen in Ägypten. Das machte auf die Dauer einfach keinen Sinn und war frustrierend.“ Deshalb brach er diese Ausbildung ab und zog wieder aufs Land. Ein Architekturstudium am Technikum Biel war nun angesagt.
Thun – Vancouver retour
„Gleich nach dem Ende des Studiums bin ich nach Vancouver BC ausgewandert. Dort wohnte ich im 22. Stock eines Hauses, direkt am Strand des Pazifiks gelegen, und sah (und hörte) die Schiffe ein- und auslaufen. Stell dir das mal vor!“ kommt Colombi noch heute ins Schwärmen. Eine prägende Zeit: „Am Arbeitsplatz des Architekturbüros, 448 Seymour Street, direkt oberhalb des CPR-Piers, das gleiche Schauspiel. Dieser Pier war (und ist heute noch als Centennial-Pier benannt) der Terminal für die grossen Passagierschiffe. Die Passagierliner waren in ganz Vancouver präsent. Wenn ihre Typhons ertönten, hörte man es in der ganzen Stadt. Wenn die “Canberra” pfiff, zitterte der Boden in den Räumen, so tief war ihre Stimme. Und wenn die Schiffe am Abend ausliefen, da pfiffen sie meist vier Mal lang, bevor sie die Lyons Gate Bridge passierten. Hunderte von Autohupen antworteten, Dutzende von Herzen brachen, denn die meisten dieser Liner waren ja im Liniendienst; Kreuzfahrten waren zu meiner Zeit noch eher selten.“ ***
Beruflich war er in Kanada erfolgreich: „Mein interessantestes Projekt war der Bau des damals grössten Shoppingcenters von ganz Nordamerika.“ Die Liebe brachte ihn zurück in die Schweiz. „Um anzukommen brauchte ich aber zehn Jahre, denn in den Jugendjahren sagte ich mal ‚nie mehr Schweiz‘.“ Doch, man soll nie „nie“ sagen. Sein Vater war der bekannte Thuner Architekt Livio Colombi. Er stellte seinen Sohn nun als Bauzeichner an. „Das war keine gute Zeit“, sinniert Ueli Colombi im Rückblick. „Hüsli bauen war nicht meine Herzensangelegenheit, die Architektur hat mich nie ganz gefesselt.“
Sein dritter «Beruf» als Schiffbauer interessierte ihn umso mehr: „Leider viel zu spät“, meint Colombi. Seine vierte Tätigkeit brachte ihm internationale Anerkennung als Kunstmaler. Bekannt wurde Ueli Colombi dank rund 25 Steinlithografien von sämtlichen Schweizer Raddampfern sowie DS Hohentwiel und zwei Segelschiffen. Wer kennt sie nicht, diese präzisen, perspektivisch spannenden und farblich dreidimensional wirkenden Kunstbilder, jedes Sujet rund 150 Mal abgezogen. Sie hängen von Genf bis Rorschach, von Basel bis Locarno und weit darüber hinaus in den Stuben von Dampferfreunden. Inzwischen arbeitet Colombi mit Acryltechnik auf feiner Leinwand und experimentiert erfolgreich mit neuen Darstellungsmitteln im Wechsel von schwarz-weiss und Farben und mit exzentrischen Rändern. Demnächst wird im Rebbaumuseum Spiez eine Sonderausstellung über die Thunersee-Dampfschiffe eröffnet. Zwei Jahre werden hier Colombis neuste Werke zu bestaunen sein. Seine Sehkraft lässt leider nach. Krankheitsbedingt wird der Sehnerv nicht mehr mit genügend Blut versorgt, das rechte Auge ist bereits – in der Sprache seines Augenarztes – ‘futsch’.
Numismatik: Schiffe in Münzprägungen
Ein weiterer Höhepunkt seiner Karriere als Kunstmaler basiert auf einem Auftrag der Schweizer Münzprägungsstätte Swissmint, eine Dreierserie der Schweizer Raddampfer Uri, La Suisse und Blümlisalp zu realisieren****. Colombi liess es bei der Gestaltung der Münzen nicht bloss bei dem ihm eigenen Stil bewenden, sondern ergänzte jedes Sujet mit einem weiteren, für den jeweiligen Raddampfer typischen, Element. Auf der Uri-Münze erweist der Künstler mit den Salon-Schnitzereien und dem kunstvollen DGV-Emblem eine Referenz an die Ausgestaltungskunst der Schweizer Salonraddampfer. Stellvertretend für alle andern technischen „Wunderwerke“ des Maschinenbaus der beiden grossen Erbauerfirmen Escher Wyss in Zürich und der Gebr. Sulzer aus Winterthur zeigt die La Suisse-Münze zusätzlich zum Schiff noch die Dampfmaschine im Querschnitt. DS Blümlisalp schliesslich wird ergänzt durch einen besonders raffinierten Ausschnitt einer Schaufelrad-Konstruktion. Ich meine von Sujet zu Sujet eine Steigerung feststellen zu können. Colombi: „Ja, die Blüemlere-Münze ist schön geworden, sehr formatfüllend, die gefällt mir auch am besten.“
Die drei Schiffe waren vorgegeben. „Es war nicht Swissmint, die das bestimmte. Sie verrieten mir aber nicht, wer die Auswahl getroffen hatte. Man wollte ein ‚Gstürm‘ vermeiden. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich für den Genfersee die ‚Montreux‘ ausgewählt, denn sie ist weitaus der schönste Dampfer der CGN. Mit der Auswahl konnte ich aber gut leben; sie ist sehr ausgeglichen. Überraschenderweise sind die Wogen unter den Dampferfreunden ausgeblieben, obschon kein Zürcher Raddampfer dabei ist.“
Die „Uri“ ist der älteste Raddampfer der Schweiz und hatte 1901 ihre Jungfernfahrt. Sie wurde, wie viele andere Schiffe, in der klassischen Sulzer-Bauart hergestellt. Deren Eigenschaften sind bis heute geschätzt: Ausgezeichnetes nautisches Verhalten, Stabilität im Sturm und Sparsamkeit im Brennstoffverbrauch. Als die „La Suisse“ 1908 bei den Gebr. Sulzer in Auftrag gegeben wurde, hatte die Belle-Epoque in der Schweiz ihren Höhepunkt erreicht. Der Schaufelraddampfer sollte das grösste und eleganteste aller Schweizer Schiffe von dazumal werden. 2009 umfassend renoviert ist heute die „La Suisse“ die Schwerarbeiterin unter allen Raddampfern, vermutlich der Welt: Mit 30 000 km legte DS La Suisse im Jahr 2017 zum Beispiel eine doppelt so grosse Distanz wie DS Uri auf dem Vierwaldstättersee zurück. Das dritte Sujet stammt vom 1906 erbauten Raddampfer Blümlisalp. Wegen zunehmender Konkurrenz durch die grossen Motorschiffen wurde die „Blüemlere“ am 1. August 1971 ausser Betrieb genommen und entkam in der Folge nur durch Glück dem Schicksal der Verschrottung. Dank einem unglaublichen Engagement konnte das Schiff gerettet und 1992 erfolgreich wieder in Fahrt gebracht werden. Es ist stellvertretend für ähnliche „Kämpfe“ der Dampferfreunde wie jene um DS Unterwalden in Luzern oder DS Hohentwiel auf dem Bodensee.
Colombi als Schiffbauer und ‑gestalter
Beim Thema “Schiffbauer“ kommt Ueli Colombi „in Fahrt“ und erzählt über den Umbau zahlreicher Schiffe. So war er Gesamtprojektleiter der umfassenden Renovationen von DS Blümlisalp 1991/92 und DS Montreux 1998 bis 2001, „dazu gehörte alles, von der Projektplanung bis zur Abrechnung.“ Ein weiterer Auftrag erhielt Colombi von der KD, die „Goethe“ zu renovieren. „Leider wurde in dieser Phase die KD an die Westdeutsche Landesbank verkauft und die Banker verstanden es, die das Traditionsunternehmen zu Boden zu reiten,“ ärgert sich Colombi noch heute. Die Pläne dazu wären im Berner Oberland immer noch vorhanden… Beim Thema „Blüemlere“ kommt Ueli Colombis‘ Erzählen ins Stocken, unschöne Erinnerungen kommen hoch: „Das war beruflich der grösste Schmerz.“ Nach fixfertig durch ihn ausgearbeiteten Plänen kamen dann in der zweiten Renovationsphase 2006 andere zum Zuge, „sein“ DS Blümlisalp umzubauen.
Zum Schluss meines Besuches in seinem im 18. Jahrhundert erbauten Holzhaus in Merligen, wo Ueli Colombi seit drei Jahren wohnt und glücklich ist, frage ich ihn, worauf er rückblickend am meisten stolz sei. Er überlegt lange und sagt dann kurz und bündig: „Auf die Schiffe.“ Welchen Wunsch möchte er noch erfüllt haben? „Ich suche Möglichkeiten, meine Werke auszustellen.“ Galeristen und Kuratoren von Museen: lasst euch diese Chance nicht entgehen!
Am gleichen Tag, an dem MS Diamant ihre Jungfernfahrt feierte, wurde auch – sozusagen als Kontrapunkt – die erste Silbermünze von Ueli Colombi der Öffentlichkeit vorgestellt (links von Colombi SGV-CEO Stefan Schulthess, rechts Marketingleiter der Swissmint Urs Liechti).
Jede Münze kann auch in einem Folder erworben werden; die 6‑seitige Tasche wirkt sehr repräsentativ und enthält Kurzinformationen zum Schiff und Künstler.
Auf der Vergrösserung erkennt man die vielen Details einer solchen Münze, hier von DS Blümlisalp. Colombi hat den Entwurf jeweils im Massstab 10:1 gezeichnet.
Ueli Colombi in seinem Atelier in Merligen, links seine verwendeten Acrylfarben.
Für die bevorstehende Ausstellung hat er sämtliche Bauzustände des “Spiezerli“s detaillierter, als jedes Foto dies zeigen könnte, gestaltet.
In der unteren Etage seines Zuhauses wirkt die helle Stube wie ein Kunstmuseum im Kleinformat; da fährt z.B. die „Oriana“ durch den Suezkanal, von der Wüste Sinai direkt in die Wohnung Colombis.
Im hinteren Teil hängen die grossformatigen Acrylwerke mit den Sujets DS Beatus, DS Helvetia, DS Bubenberg und DS Stadt Bern.
Text und Bilder H. Amstad
Durch Klick aufs Bild erscheint dieses im Grossformat.
Hinweise
**) Die Ersterscheinungsdaten der Münzen: DS Uri 04.05.2017, DS La Suisse 26.04.2018, DS Blümlisalp 24.01.2019
***) Ueli Colombi erinnert sich noch gut an die Namen der Schiffe: Allen voran natürlich die P&O‑Orient-Liner (P&O und Orient hatten fusioniert) “Canberra”, “Oriana”, “Arcadia”, “Iberia”, “Chusan”, “Oronsay”, “Orsova”, dann die Amerikaner “Monterey”, “Mariposa”, dann die Sitmar-Schiffe “Fairsky”, “Fairstar” oder die Orient Overseas-Liner der Tung Gruppe “Oriental Carnaval”, “Oriental Esmeralda” und, und, und, um nur ein paar zu nennen.
****) Die drei Dampfschiffmünzen haben eine Legierung von 0,835 Silber, ein Gewicht von 20 g und einen Durchmesser von 33 mm. Der Nennwert beträgt CHF 20.00, die Auflage 30 000 Stück (bei DS Blümlisalp 20 000) plus je 5 000 mit polierter Platte.
Erhältlich ist die Rarität bei www.swissmintshop.ch zum Preis von 30 bis 60 Franken (je nach Mach- und Präsentationsart).
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