Som­mer­li­cher Win­ter­dampf mit DS Uri: Gross­ver­kehr auf dem Vier­wald­stätter­see am Swis­s­Ci­ty­Ma­ra­thon Lucerne

Sonn­tag, 30. Okto­ber 2022: Jeweils am letz­ten Okto­ber-Sonn­tag fin­det der Swis­s­Ci­ty­Ma­ra­thon Lucerne statt. Rund 60 000 Zuschauer feu­ern 9 143 Lauf­be­geis­terte an. Die See­brü­cke, die ver­kehrs­tech­ni­sche Haupt­schlag­ader der Stadt Luzern mit 30 000 Auto­fre­quenz pro Tag, ist für sämt­li­chen Ver­kehr gesperrt. Der Mara­thon ist seit 2007 ein Gross­ereig­nis Mit­ten in der Leuch­ten­stadt und rund um die Halb­in­sel Horw herum. Das ist jeweils auch ein gros­ser Tag für die Schiff­fahrts­ge­sell­schaft Vier­wald­stätter­see (SGV). Der See­weg wird für einen Tag zur wich­tigs­ten inner­städ­ti­schen Ver­kehrs­ver­bin­dung. Pend­ler­schiffe der SGV sor­gen im dich­ten Takt für einen ein­wand­freien Ser­vice, der für alle, Sport­ler und Zuschauer, kos­ten­frei ist. Kapi­tän Roger Mau­rer koor­di­niert per Funk den rei­bungs­lo­sen Ablauf, denn zwi­schen den ins­ge­samt 46 Shut­tle­an­fahr­ten im Ver­kehrs­haus „fädeln“ sich auch noch über 12 ordent­li­che Kurs­zu­fahr­ten bei der Mara­thon-Haupt­sta­tion Verkehrshaus/​Lido ein.

Roger Mau­rer gelingt damit ein pla­ne­ri­sches Bra­vour­stück: es gilt mit geschick­ten Schiff­s­ein­sät­zen für den Swis­s­Ci­ty­Ma­ra­thon keine War­te­zei­ten ent­ste­hen zu las­sen. Man muss sich das vor­stel­len: in der Rush­hour strö­men 300 Per­so­nen alle 10 Minu­ten auf ein bereit­ste­hen­des Schiff. Aus­ser­dem sind sechs Schiffe in der Fahr­ord­nung ein­ge­teilt für den regu­lä­ren Win­ter­fahr­plan-Betrieb. Da Som­mer­tem­pe­ra­tu­ren ange­sagt sind müs­sen zusätz­lich die Kurse 11, 20 und 426 sup­ple­men­tiert wer­den. Pla­ne­ri­sches Geschick ist gefragt, Lücken zu erken­nen, somit ankom­mende Kurs­schiffe anschlies­send noch im Pen­del­dienst ein­zu­set­zen oder geplante Kurs­schiffe vor ihrem Ein­satz noch einen Shut­tle­dienst aus­füh­ren zu las­sen. So ste­hen ins­ge­samt sie­ben Schiffe im Ein­satz, um den Vier­schiffe-Ser­vice im 10-Minu­ten-Takt auf­recht zu erhal­ten: MS Europa (2 Kurs­paare), MS Win­kel­ried (10 Kurs­paare), MS Wald­stät­ter (1 Kurs­paar), MS Brun­nen (12 Kurs­paare), MS Flüelen (15 Kurs­paare), MS Cir­rus (3 Kurs­paare) und MS Saphir (3 Kurs­paare). Eine sorg­fäl­tige Pla­nung ist das eine, spon­ta­nes Ein­grei­fen und sich der momen­ta­nen Situa­tion anpas­sen das andere. Am Abend ist der „Regis­seur“ Mau­rer aber glück­lich: „Es war auch für mich ein ganz tol­ler Tag mit noch­ma­li­gen Spit­zen­fre­quen­zen! Das macht grosse Freude und alle Gäste rund um den See kamen pünkt­lich an ihr Ziel mit teil­weise dop­pelt geführ­ten Kursen.»

In der Tat: mit fast 28 000 Per­so­nen Fre­quenz1 dürfte die­ser Sonn­tag als neuer Okto­ber-Rekord in die Geschichte der Vier­wald­stätter­see-Schiff­fahrt ein­ge­hen und über­trifft man­che Sonn­tags­fre­quenz im Hoch­som­mer. Davon ent­fal­len 14 617 Pas­sa­gere auf die 92 ein­zel­nen Mara­thon-Shut­tle­fahr­ten, was einer mitt­le­ren Aus­las­tung von rund 160 Per­so­nen pro Fahrt aus­macht. «Gefühlt» kann man diese Zahl fast ver­dop­peln, da am Mor­gen die Schiffe vom Lido fast leer zurück­fah­ren und am Abend eine Gegen­be­we­gung statt­fin­det. Denn das Start­ge­lände liegt in der Nähe des Ver­kehrs­hau­ses (VHS) und das Ziel befin­det sich im Museum drin.

Ein herr­li­ches Bild

Ich stehe um 10 Uhr beim Lido und zähle im Luzer­ner See­be­cken neun fah­rende Schiffe, dies Ende Okto­ber, wo bereits der Win­ter­fahr­plan die Regie über­nom­men hat. Zu die­ser Zeit besor­gen die Pan­ora­ma­schiffe Brun­nen und Flüelen, MS Win­kel­ried und MS Europa den Stadt­ver­kehr; sie fah­ren zum Teil mit sehr nied­ri­gen Tou­ren, um beim VHS kei­nen Schiffs-Stau zu pro­vo­zie­ren. So muss die „Win­kel­ried“ von der KKL-Brü­cke 6 kom­mend beim Ver­kehrs­haus drei andere Schiffe den Vor­tritt las­sen: MS Brun­nen, das vor­gän­gig noch Hun­derte von Pend­lern im Lido aus­stei­gen lässt, MS Dia­mant, das von einer VIP-Fahrt mit Funk­tio­nä­ren kom­mend anlegt sowie DS Uri, das den Flüel­e­ner­kurs 11 aus­führt und die Sta­tion Lido bedient. MS Bür­gen­stock „gumpt“ zum Bür­gen­berg, MS Saphir muss die „Uri“ sup­ple­men­tie­ren und MS Cir­rus macht sich von der Werft her bereit für die Brunch­fahrt. Action pur und dies bei bes­ten meteo­ro­lo­gi­schen Ver­hält­nis­sen. Dank dem war­men Wet­ter sind auch alle Aus­sen­plätze der Schiffe besetzt.

Som­mer­tag mit Winterdampf

Die SGV hat mit einem erhöh­ten Fahr­gast­auf­kom­men gerech­net und früh­zei­tig den Ein­satz der „Uri“ für den Kurs 11 – 20 geplant und kom­mu­ni­ziert. Ein Blick in die Werft zeigt drei Motor­schiffe, die nicht zur Ver­fü­gung ste­hen. MS Gott­hard erfährt die ordent­li­che (und seit län­ge­rem geplante) Win­ter­re­vi­sion; der Zeit­plan der Revi­sio­nen ist eh sport­lich, wenn bis zum Früh­ling wie­der die ganze Flotte von 19 Ein­hei­ten fit sein soll. Das zweite „Revi­si­ons­schiff“ ist (not­ge­drun­ge­ner­weise) die „Weg­gis; sie steht seit län­ge­rem in der Werft und deren Aus­fall hat einige zusätz­li­che Dampf­schif­f­ein­sätze im Herbst­fahr­plan ermög­licht. Nach den Grün­den des län­ge­ren Aus­fal­les gefragt, erklärt Chef­ka­pi­tän Michel Scheu­rer: „Das MS Weg­gis erlitt am Sonn­tag, 25. Sep­tem­ber 2022 aus noch uner­klär­li­chen Grün­den einen Scha­den am Unter­was­ser­ge­triebe des Back­bord-Ruder­pro­pel­lers. Der Pro­pel­ler wurde aus­ge­baut und zur Firma Schot­tel nach Spay trans­por­tiert, um die genau Ursa­che zu ana­ly­sie­ren. Die Firma Schot­tel hat uns bestä­tigt, dass die Rit­zel­welle gebro­chen ist und somit keine Kraft­über­tra­gung mehr auf den Pro­pel­ler erfol­gen konnte. Der Ruder­pro­pel­ler wird nun genau ana­ly­siert und durch die Firma Schot­tel repariert.»

MS Schwyz schliess­lich fehlt schon län­ger an allen Ecken und Enden; das Schiff wurde als Folge der Corona-Krise aus Kos­ten­grün­den für die­ses Jahr ex-imma­tri­ku­liert und hat somit bis Ende des Jah­res 2022 keine Fahr­be­wil­li­gung. Offen­bar hat die SGV nicht mit einer so schnel­len Erho­lung der Fre­quen­zen gerech­net. Die übri­gen 10 Motor­schiffe waren heute im Ein­satz (plus eben DS Uri).

Ver­bes­ser­tes Winterangebot

Die nächs­ten drei Win­ter-Gross­an­lässe für die SGV sind am Mitt­woch, 9. Novem­ber fürs Rüt­li­schies­sen (Kurs­ver­kehr plus drei öffent­li­che Son­der­schiffe im nor­ma­lem Tarif­sys­tem, Son­der­fahr­plan siehe Web­site der SGV), am Mon­tag, 5. Dezem­ber 2022 mit den Fahr­ten zum Klaus­ja­gen in Küss­nacht (mit vor­aus­sicht­lich vier Schif­fen) und die Sil­ves­ter-Fahr­ten (mit mind. fünf Son­der­schif­fen) vom Sams­tag, 31. Dezem­ber 2022.

Der Win­ter­fahr­plan weist im Übri­gen ein paar inter­es­sante Neue­run­gen auf: Nach den zwei mage­ren Coro­na­win­tern, wo es beim Schiffs­fahr­plan im mitt­le­ren See­teil bis zu vier Stun­den lange «Löcher» im Ange­bot gege­ben hat, bie­tet nun die SGV ein wesent­lich ver­bes­ser­tes Ange­bot für den Win­ter 2022/23. Es ist nun mög­lich, zum Bei­spiel in Becken­ried jede Stunde ein Schiff zu bestei­gen und damit die Gemein­den am andern See­ufer zu errei­chen, die wie­derum mit guten Bus­ver­bin­dun­gen unter­ein­an­der ver­bun­den sind. Das ergibt im mitt­le­ren See­teil täg­lich 10 Schiffs­ver­bin­dun­gen, was an Werk­ta­gen nicht ein­mal der Vor­co­rona-Fahr­plan schaffte. Wei­ter­hin auf ein ver­bes­ser­tes Win­ter­an­ge­bot muss der Urner­see war­ten.2

Die Fahrt des Rad­damp­fers Uri zog am Sonn­tag Mas­sen von Leu­ten an. Auf­fal­lend war, dass selbst nach Vitz­nau und Becken­ried, wo nor­ma­ler­weise viele Aus­stei­gende zu einer Beru­hi­gung der ange­spann­ten Platz­ver­hält­nisse füh­ren, die­ses Mal das Schiff wei­ter­hin bis auf den letz­ten Platz belegt war. Dank den aus­ser­ge­wöhn­li­chen Som­mer­tem­pe­ra­tu­ren waren die vie­len, nöti­gen Steh­plätze auf dem Frei­deck für die Kun­den erträg­lich. Die Innen­plätze waren eh auf der gan­zen Fahrt besetzt. Die­ser ein­drück­li­che Erfolg könnte die SGV moti­vie­ren, sich zu über­le­gen, nach der sonn­täg­li­chen Advents­brunch-Rund­fahrt vom 27. Novem­ber bis zum 18. Dezem­ber den Kurs 23 – 24 (Luzern ab 14.12 Uhr) durch die „Uri“ aus­füh­ren zu las­sen. Oder, falls die Gas­tro­no­mie mehr Zeit braucht, den Brunch auf­zu­räu­men, den Kurs 25 – 26 (Luzern ab 15.12 Uhr) damp­fen zu las­sen. Die „Uri“ wäre bereits auf Betriebs­tem­pe­ra­tur und daher wäre eine sol­che Über­ra­schung sowohl öko­lo­gisch wie öko­no­misch sinn­voll. Ganz abge­se­hen vom Sym­pa­thie­bo­nus, der PR-wirk­sam ein­ge­setzt wer­den könnte. Ein sol­ches Sup­ple­ment könnte die Damp­fer­freunde dar­über hin­weg­trös­ten, dass in die­sem Jahr der Win­ter­dampf über die Fest­tage auf dem Vier­wald­stätter­see ganz wegfällt.

Gross­be­trieb im Luzer­ner See­be­cken: je ein Schiff steht in Luzern (Foto­stand­ort MS Brun­nen) und eines beim Lido (im Bild MS Flüelen) zum Ein- und Aus­stei­gen der Fahr­gäste, die zwei ande­ren sind unter­wegs (hier MS Win­kel­ried links und MS Europa): die SGV-Schiffe wickeln den gesam­ten Ver­kehr vom rech­ten zum lin­ken See­ufer ab, weil die ein­zige Stras­sen­ver­bin­dung der Innen­stadt von Luzern, die See­brü­cke, den gan­zen Tag gesperrt bleibt.

Roger Mau­rer gibt als Tages-Ein­satz­lei­ter der Shut­tle­ver­bin­dung in der Swis­s­Ci­ty­Ma­ra­thon-Zei­tung Ein­blick in seine Vorbereitungsarbeiten.

14 617 Sport­ler und Zuschauer benüt­zen das Schiff zum Ziel- oder Startgelände.

Der Gross­ver­tei­ler Coop darf als einer der Haut­spon­so­ren unge­wohnte Wer­bung machen an Schif­fen und Stationen.

Win­ter­dampf dank Swis­s­Ci­ty­Ma­ra­thon: DS Uri kommt zu einem uner­war­te­ten Einsatz.

Buoch­ser- und Stans­er­horn (rechts) im Blick­feld der Uri-Gäste, die trotz war­men Tem­pe­ra­tu­ren wegen dem Fahrt­wind win­ter­lich beklei­det sind.

Aus­ge­las­sene Stim­mung im Mit­tel­deck des Sulzer-Raddampfers

Bil­der im Text­teil: Die ers­ten drei Schiffe ste­hen um 7 Uhr bereit: eine Stunde spä­ter beginnt der Grosseinsatz.

Die sou­ve­räne Abwick­lung der alle 10 Minu­ten star­ten­den Schiffs­ab­fahr­ten und die Über­fahrt wir­ken beru­hi­gend und wer­den von Sport­lern wie Zuschau­ern geschätzt.

Auch nach der Sta­tion Becken­ried ist die „Uri“ sehr gut besetzt.

Bereits die Fahr­ord­nung liess einen span­nen­den Tag erwar­ten; zahl­rei­che zusätz­li­che Ein­sätze kamen dann noch dazu.

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Hin­weise

1) Die Fre­quen­zen im Detail, in ver­dan­kens­wer­ter Weise mit­ge­teilt von der SGV: Mara­thon-Shut­tle 14 617, SGV-Kurs­schiffe 11 086, SEAG mit MS Bür­gen­stock 2 220

2) Der vor Corona aus­ge­zeich­nete Win­ter­fahr­plan nach Flüelen ist noch in wei­ter Ferne. Der neue Nach­mit­tags­kurs (Luzern ab 12.00 Uhr, Flüelen ab 15.00 Uhr) ist in vie­ler­lei Hin­sicht unat­trak­tiv: meis­tens fährt MS Tit­lis (oder ein Pan­ora­ma­schiff) und dies mit Aus­nah­men nur am Wochen­ende, es gibt kein Restau­ra­ti­ons-Ange­bot und beide Stre­cken sind gebro­chen. Nach Flüelen muss der Fahr­gast in Vitz­nau und auf dem Rück­weg in Becken­ried umstei­gen. Somit dient die­ser zweite Flüel­e­ner­kurs vorab loka­len Bedürf­nis­sen: er ver­bin­det den mitt­le­ren See­teil opti­mal und bie­tet ab Brun­nen eine hüb­sche Urnersee-Rundfahrt.

Impres­sum

Text und Bil­der H. Amstad, Bild 1 im Text­teil ab Webcam

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