Titi­ca­ca­see: höchst gele­gene kom­mer­zi­elle Schiff­fahrt der Welt auf 3812 müM

Erika und Andreas Wer­ner pfle­gen zwei aus­ser­ge­wöhn­li­che Hob­bies. Erika ist als Lai­en­schau­spie­le­rin in ver­schie­de­nen Thea­ter­grup­pen enga­giert und Andreas restau­riert Dampf­lo­ko­mo­ti­ven, zum Bei­spiel im Ver­ein Mikado in Brugg. In den Ferien wer­den sie zu wah­ren Wel­ten­bumm­lern, wobei die exo­tischs­ten Ecken der Erde nach Damp­fern abge­sucht wer­den. So fuh­ren sie schon mal mit Dampf­schiff auf dem rus­si­schen Fluss Lena oder in Aus­tra­lien und Neu­see­land. 2013 fan­den sie die letz­ten dampf­be­trie­ben Schiffs-Gigan­ten auf den kana­di­schen Gros­sen Seen. Im Novem­ber 2014 hiess das Ziel auf ihrer Süd­ame­ri­ka­reise Titi­ca­ca­see. Andreas Wer­ner: „Die­ser welt­weit höchste kom­mer­zi­ell schiff­bare See liegt ver­gleichs­weise nur gerade acht Meter tie­fer als die Berg­sta­tion der Seil­bahn aufs Klein-Mat­ter­horn und ist mit sei­ner Flä­che von 8 288 km² über 15 mal so gross wie der Boden­see samt Unter­see.“ Der See liegt im Wes­ten von Boli­vien und im Osten von Peru, wo die Staats­grenze im leich­ten Zick­zack unge­fähr in der Mitte des Sees durch­läuft. Woher der Name Titi­ca­ca­see kommt ist nicht klar: titi heisst grosse Katze und kak heisst Fel­sen. Wer die Land­karte auf den Kopf stelle, könne mit etwas Fan­ta­sie eine Katze erken­nen, heisst es in der Reiseliteratur.

Wer­ners reis­ten von der boli­via­ni­schen Metro­pole La Paz her, rund 90 km vom Titi­ca­ca­see ent­fernt, wo noch bis 2008 eine Bahn­li­nie nach Gua­qui führte (Link). Erika Wer­ner: „Heute ist der Bahn­hof der 750 000-Per­so­nen Stadt La Paz abge­bro­chen. Von sei­ner Stelle aus führt nun eine der drei (von ins­ge­samt fünf geplan­ten) futu­ris­ti­schen Gon­del­bah­nen von Doppelmayr/​Garaventa erbaut in die höher gele­ge­nen Stadt­teile, um die immensen Ver­kehrs­pro­bleme zu lösen.“ Durch die Schlies­sung der Eisen­bahn­li­nie zum Titi­ca­ca­see steht lei­der auch die Eisen­bahn­fähre Manco Capac (1970) untä­tig im Hafen von Puno (Peru). Der einst wich­tigste boli­via­ni­sche Hafen am Titi­ca­ca­see, Gua­qui, ver­kam innert kur­zer Zeit zur Bedeu­tungs­lo­sig­keit. In Puno wäre der Eisen­bahn­an­schluss immer noch in Betrieb, aller­dings nur noch mit einer rein tou­ris­ti­schen Ver­bin­dung pro Tag nach Cuzco.

Der See ist in drei Teile unter­teilt: im Süden der kleine Lago Menor (auch Lago de Huinay­m­arca genannt), der durch die bloss 800 Meter breite See­enge von Tiquina vom Lago Manor (auch Lago Chu­cuito gen­n­ant) getrennt ist. Der dritte Teil ist der Golf von Puno. Wer­ners gelang­ten man­gels nau­ti­scher Alter­na­ti­ven mit dem Auto zur „Strasse von Tiquina“ und setz­ten mit einem Schnell­boot von San Pablo de Tiquina nach San Pedro de Tiquina über. Andreas: „Es wer­den für die Stras­sen­fahr­zeuge grosse Holz­pon­tons ver­wen­det, ange­trie­ben durch Aus­sen­bord­mo­to­ren von ca. 60 PS. Die Fahr­gäste der Busse und PWs müs­sen in kleine Kabi­nen­boote umstei­gen. Die Über­fahrt kos­tet 30 Rap­pen pro Per­son. Die Fern­strasse Ruta 2 ver­bin­det die Metro­pole La Paz über die­sen ‚See­weg’ mit der Copa­ca­bana-Halb­in­sel und Peru.“ Bis um 1990 dampfte hier auch DS Ollanta auf den Fahr­ten zwi­schen Puno in Peru und Gua­qui in Boli­vien vor­bei, wor­über wir in einem zwei­ten Blog-Bei­trag berich­ten werden.

Bun­tes Trei­ben in der „Strasse von Tiquino“ mit „schwim­men­den“ Bus­sen, LKW und Autos. Bild 3 zeigt den Hafen von Copa­ca­bana; von hier aus fah­ren klei­nere Boote, Kata­ma­rane und Trag­flü­gel­boote auf die Inseln mit Inkakulturen.

Auf dem Land­weg erreich­ten unsere Bericht­erstat­ter Copa­ca­bana, aber nicht zu ver­wech­seln mit dem berühm­ten Stadt­teil von Rio de Janeiro. Der boli­via­ni­sche 7000-See­len­ort ist durch seine Lage und tou­ris­ti­sche Infra­struk­tur bei Indi­vi­du­al­tou­ris­ten beliebt, die auf der Süd­route durch Peru unter­wegs sind oder im boli­via­ni­schen Hoch­land einen Abste­cher machen. Dort befin­det sich in einer Basi­lika die „Dunkle Jung­frau“, ent­spre­chend ist Copa­ca­bana der bedeu­tendste Wall­fahrts­ort Boli­vi­ens. Der Ort ist auch Aus­gangs­punkt für Über­fahr­ten zu den tou­ris­ti­schen Inka­stät­ten auf der Isla de la Luna (Mond­in­sel) oder Isla del Sol (Son­nen­in­sel), wo Wer­ners zwei Nächte ver­brach­ten. Andreas: „Es domi­nie­ren Holz- und Kunst­stoff­boote bra­si­lia­ni­scher Her­stel­ler für ca. 30 bis 50 Per­so­nen, eben­falls mit Aus­sen­bor­der ange­trie­ben.“ Von hier aus kön­nen Tou­ris­ten mit den berühm­ten Schilf­boot-Kata­ma­ra­nen auf Segel­törns gehen (Link). Zum Bau die­ser Boote wer­den jeweils meh­rere Stän­gel Totora-Schilf zu einem Bün­del zusam­men­ge­schnürt. Zwei oder drei Bün­del geben dann die tra­gen­den Ele­mente die­ser Boote; die sehr poröse Struk­tur die­ser Grä­ser ermög­licht den nöti­gen Auftrieb.

Die nächste Sta­tion auf unse­rer Titi­ca­ca­see-Reise hiess Puno. Hier lohnt sich ein Zwei­ta­ges­auf­ent­halt, um vor allem die abge­stell­ten Schiffe zu besu­chen, vorab die Damp­fer Coya und Ollanta sowie die ehe­ma­lige „Yapura“, heute MS Puno. Sie sind zwar alle seit Jah­ren nicht mehr in Betrieb, zum Teil aber wenigs­tens unter Schutz gestellt oder als Restau­rant im Ein­satz. Zusätz­lich ist die „Yavari“ zu erwäh­nen, ein schwim­men­des Hos­tel- und Muse­ums­schiff mit einem Bol­in­der-Die­sel­mo­tor von 1914. Das Schiff soll nach Anga­ben der Eig­ner im 2015 wie­der fah­ren (Link). Andreas Wer­ner: „Die­ses Schiff wurde in 2766 Ein­zel­tei­len von Eng­land über den Atlan­tik um das Kap Hoorn herum nach Peru und nach­her über die Maul­tier­pfade hier hin­auf geschafft und zusam­men­ge­baut. Zuerst mit getrock­ne­tem Lama-Mist befeu­ert, spä­ter mit Öl – die­ses Schiff von 1862 ist eine Sensation.»

Die Natio­nal­strasse Ruta 2 führt von La Paz nach Peru und über­quert an die­ser Stelle in Tiquina den Titicacasee.

Wäh­rend die Fahr­zeuge auf Pon­tons über­set­zen, wer­den die Chauf­feure und Mit­fah­re­ren­den mit Per­so­nen­boo­ten befördert.

Schilf­boote sind Segel­schiffe mit zwei Rümpfen.

Neu­er­dings unter­neh­men Kata­ma­rane mit Über­nach­tungs­mög­lich­kei­ten auch Mehrtagestouren.

Bil­der A. Wer­ner, Text H. Amstad, Karte Ste­fan Loose Rei­se­füh­rer Peru – Frank Herr­mann – Google Books

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