Kunst am Boden­see per Schiff: auch im 2019 wie­der im Ange­bot der SBS

Win­ter­stürme und Regen­wet­ter machen’s mög­lich, auf­zu­räu­men. Da kommt mir ein Mäpp­chen in die Hände mit dem Titel «Kunst­fahr­ten Boden­see». Datiert mit dem 24. August 2018 prä­sen­tiert mir das Foto-Pro­gramm pas­sende Bil­der dazu. Eine Nach­frage am Boden­see bestä­tigt: «Wir wer­den 2019 auch wie­der Kunst­fahr­ten durch­füh­ren.» Somit macht es Sinn, über mei­nen Besuch im letz­ten Som­mer zu berich­ten, auch wenn die Pro­gramm-Abfolge für 2019 geän­dert wird. Hanna Falk, ver­ant­wort­li­che Pro­gramm­lei­te­rin: „Da es oft Zeit braucht, bis ein Pro­jekt anläuft, haben wir ent­schie­den, es über meh­rere Jahre zu tes­ten. 2017 war schon ein biss­chen bes­ser als 2016 und 2018 lief es nicht schlecht. Die Leute, die davon Kennt­nis haben und auch schon teil­ge­nom­men haben, sind alle­samt begeis­tert.“ Ich auch.

Offi­zi­ell beginnt das von der SBS aus­ge­schrie­bene und vom Forum Würth orga­ni­sierte Tages­pro­gramm um 11.00 Uhr in Ror­schach*. Das ermög­licht mir dem Motto «Kunst­fahr­ten» ent­spre­chend stan­des­ge­mäss per Schiff anzu­rei­sen. Als ob’s sein müsste steht hier­für die reno­vierte «Sän­tis» am Steg in Romans­horn bereit. Der kom­plett neue Innen­aus­bau** hat durch­aus kunst­volle Archi­tek­tur-Ele­mente, die in ers­ter Linie auf Extrafahr­ten zur Gel­tung kom­men. Auf Kurs­fahr­ten wie heute ist das Schiff eher unge­eig­net, da die Gesamt-Plätze zum Wohl der ein­zel­nen Gäste (auf Son­der­fahr­ten) redu­ziert wur­den. Da heute Regen­wet­ter ange­sagt ist blei­ben die Mas­sen aus und die Fahrt nach Ror­schach am Mor­gen früh ist ein Genuss. Die «Sän­tis» kommt dann in den Kurs­ver­kehr, wenn ein ande­res Schiff eine Son­der­fahrt hat.

Nach einem kur­zen Spa­zier­gang dem See und einem inter­na­tio­na­len Beach­vol­ley-Tur­nier ent­lang errei­che ich das Würth-Haus in Ror­schach. Im gros­sen Glas­ge­bäude der inter­na­tio­nal täti­gen Würth-Gruppe macht das Forum Würth hoch­ka­rä­tige, zeit­ge­nös­si­sche Kunst für die Öffent­lich­keit zugäng­lich und erleb­bar. Auf der Füh­rung des Schiffs-Ange­bo­tes „Kunst­fahr­ten“ bekommt auch der Laie und mit Kunst weni­ger Inter­es­sierte zu span­nen­den Infor­ma­tio­nen und Erleb­nis­sen. Damit ergänzt das tou­ris­ti­sche Ange­bot „Kunst­fahr­ten“ die kul­tu­relle Viel­falt der Drei­län­der­re­gion am Boden­see aufs Feinste. Ich habe das Ange­bot bereits einige Jahre in der SBS-Wer­bung gese­hen; manch­mal brau­che ich aber eine Weile, bis dann alles passt, ein sol­ches Ange­bot zu besu­chen. 2016 waren die Kunst­fahr­ten aus­schliess­lich von Lin­dau aus gestar­tet wor­den, ohne Erfolg. Ror­schach ist dann 2017 dazu genom­men und im 2019 wird es nur noch ab Ror­schach statt­fin­den. Die Medi­en­spre­che­rin Hanna Falk vom Forum Würth: „Die Wer­bung auf der ande­ren See­seite ist lei­der sehr müh­sam. Seit wir den Beginn in Ror­schach hin­zu­ge­fügt haben, ist die Reso­nanz viel besser.“

Drei unter­schied­li­che Museums-Konzepte

Im Forum Würth sind im Som­mer 18 drei Aus­stel­lun­gen zu sehen. Katha­rina Haack führt unsere Gruppe durch die zwei Aus­stel­lun­gen „Bi öös deheem“ (Gemal­tes Appen­zel­ler und Tog­gen­bur­ger Land­le­ben) und „Mena­ge­rie“, eine iko­ni­sche Tier­schau aus der Samm­lung Würth. Sie hat für die Füh­rung eine Stunde zur Ver­fü­gung und wählt char­mant ein paar Werke aus. „Hier steht die Kunst in har­ter Kon­kur­renz zur Natur“, meint sie ein­lei­tend und die Bli­cke schwei­fen hin­aus zum fas­zi­nie­ren­den Boden­see und hin­ein in eine span­nende Archi­tek­tur des Gebäudes.

Das Mit­tag­essen nimmt man im edlen, fir­men­ei­ge­nen Restau­rant „Weit­blick“ ein und begibt sich nach­her zum Hafen Rot­schach ins Korn­haus. Pas­cal Fuhri­mann führt als Muse­ums­lei­ter MIK (Museum im Korn­haus) unsere Gruppe durch the­ma­tisch ganz unter­schied­li­che Berei­che. Fuhri­mann: „MIK ver­mit­telt Wis­sen und neue Sicht­wei­sen, ist ein Museum zum Anfas­sen und Mit­ma­chen, bie­tet Unter­hal­tung sowie Anre­gung und ist ein Ort, der gerne wie­der­holt besucht wird.“ Hier sehen wir etwas über Pfahl­bau­ten am Boden­see und über die öster­rei­chi­sche Kai­se­rin Zita (sie logierte auf Schloss War­t­egg), dort Abtei­lun­gen über Mathe-Magie und Optik-Illu­sio­nen, die ans Tech­norama erin­nern. Der Raum „Ver­kehrs­tech­nik“ offen­bart im drit­ten Stock als Fund­stück eine Modell-Eisen­bahn-Anlage der Spur I von Wer­ner Stübi, Prä­si­dent vom Modell­bau­club und Bahn­hof­vor­stand von Ror­schach. Die Spur 1 hat den Mass­stab 1 : 32. Die Nor­mal­spur (mit einer Spur­weite von 1435 mm) weist dabei eine Modell-Spur­weite von beacht­li­chen 45 mm auf.

Ans deut­sche Ufer

MS Zürich, sel­ber mit zwei fah­ren­den Muse­ums­stü­cken namens Lang­sam­läu­fer-Moto­ren der SLM Win­ter­thur aus­ge­rüs­tet, bringt unsere Gruppe nach Lin­dau. Nach einer Stadt­füh­rung, wo ich über­ra­schende Ecken und Häu­ser ent­deckt bekomme, geht’s hin­ein ins dritte Museum von heute. August Macke, der bekann­teste deut­sche Maler des Expres­sio­nis­mus, ist im Stadt­mu­seum Lin­dau ein Publi­kums­ma­gnet. Unsere Stadt­füh­re­rin: «Die Gemälde wir­ken hei­ter und leicht, alles Tra­gi­sche ist ihnen fremd.» Seine Kunst befrie­digt die Sehn­sucht nach posi­ti­ven Bil­dern einer hei­len Welt, die in sei­ner Zeit alles andere als intakt war. Er fällt mit 27 jun­gen Jah­ren 1914 an der Front in Frankreich.

MS Zürich bringt uns zurück in die Schweiz. Ein anre­gen­der Tag geht zu Ende, der nach einer Wie­der­ho­lung ruft.**** Die Unter­schiede der drei Museen sind frap­pant, irri­tie­rend und fas­zi­nie­rend zugleich. Würth mit kla­rem Kon­zept und über­schwäng­li­chen Räu­men über­zeugt durch die Reduk­tion der betrach­te­ten Werke. Das Korn­haus fällt mit haus­ge­mach­tem Lay­out auf, spru­delnd von vie­len The­men und viel Herz­blut. Lin­dau mit einem kon­ven­tio­nel­len Kon­zept, wie es frü­her in allen Kunst­häu­sern halt so aus­ge­se­hen hat, aber mit jeweils hoch­ka­rä­ti­gen Themen.

Ein Ticket für alles.

Zwei Innen­auf­nah­men mit Kunst-Ansprü­chen: Der Ober­deck-Salon der «Sän­tis» auf der Fahrt von Romans­horn nach Rorschach …

… und die Ein­gangs­halle des Forum Würth in Rorschach.

Das Korn­haus Ror­schach beher­bergt Aus­stel­lungs­teile im Bereich der «natur­kund­li­chen und lokal­po­li­ti­schen The­men sowie Bil­dungs­wel­ten» (Home­page); der Höhe­punkt ist sicher die Modell­ei­sen­bahn der Spur 1 von Wer­ner Stübi. Da brau­sen die Kro­ko­dil-Loko­mo­ti­ven nur so herum.

Regen­wet­ter ist idea­les Muse­ums- und Schiff-Wet­ter: die «Zürich», sel­ber ein Werk der Schiff­bau­in­ge­nieur­kunst aus dem Jahr 1933, bringt uns Muse­ums­be­su­chende von Ror­schach nach Lindau.

Im Stadt­mu­seum fand im 2018 die Aus­stel­lung «august macke» statt.

Platz­re­gen und per Schiff von Lin­dau zurück in die Schweiz

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Hin­weise

*) Start­zeit im 2019 ist neu um 0900 Uhr im Korn­haus Ror­schach an fol­gen­den Ter­mi­nen: 14. Juni, 12. Juli, 9. und 30. August. Anmel­dung bis zwei Tage im Vor­aus erfor­der­lich unter: rorschach@​forum-​wuerth.​ch • Infos unter: www​.kunst​fahr​ten​-boden​see​.ch

**) Statt das Schiff im Zeit­geist der Fünf­zi­ger­jahre zu reno­vie­ren, gibt die Zür­cher Archi­tek­tin Susanne Fritz der «Sän­tis» ein völ­lig ande­res Gesicht. Sie hat bereits das SBS-eigene Restau­rant am Romans­hor­ner Hafen gestaltet.

***) Würth ist mit 77 000 Mit­ar­bei­tende welt­weit der grösste Her­stel­ler von Schrau­ben, Mon­tage- und Befes­ti­gungs­ma­te­rial mit 125 000 ver­schie­de­nen Pro­duk­ten. Gegrün­det 1945 In Kün­zelsau (DE) hat die Würth-Gruppe ihren Haupt­sitz in Schwä­bisch Hall. Dank freund­schaft­li­chen Bezie­hun­gen des Thur­gau­ers Peter Frat­ton zur Fami­lie Würth kamen sie­ben Fir­men der Würth-Gruppe nach Ror­schach. Die Schweiz ist für die Fami­lie Würth auch wegen Jahr­zehnte lan­ger Feri­en­auf­ent­halte in Davos eine beliebte Desti­na­tion. Würth ist Haupt­spon­sor des Speng­ler-Cups. Der Sohn des Grün­ders, Rein­hold Würth, trat aus­ser als Spon­sor von gros­sen Sport­gross­an­läs­sen auch als Mäzen der Kunst auf. 18 000 Kunst­werke sind mitt­ler­wei­len zusam­men­ge­kom­men, die Werke stam­men aus­schliess­lich zwi­schen 1850 und heute. Allein in der Schweiz unter­hält Würth aus­ser dem Forum in Ror­schach wei­tere Kunst­häu­ser in Chur und Arle­sheim, in Europa sind es ins­ge­samt 14 Museen.

****) Für CHF 73 erhält man fol­gende Leis­tun­gen: 2 Schiff­fahr­ten. 3 Kunst­füh­run­gen, ein Mit­tags­menü inkl. Getränk sowie auf dem SBS-Schiff ein Getränk. Falk: „Ein­fach anmel­den und mit­zu­fah­ren, um den Rest küm­mern wir uns.“ Etwas geprellt kom­men sich GA-Besit­zer vor, weil für sie das Schiff kos­ten­frei wäre, das Forum Würth preis­lich dar­auf aber keine Rück­sicht nimmt.

(B)Logbuch-Einträge wie die­ser hier wer­den unab­hän­gig und ohne Auf­trag geschrie­ben. Sie ent­ste­hen ohne mate­ri­elle Unter­stüt­zung. Aus­nah­men wer­den expli­zit erwähnt.

Impres­sum

Bild 6 Kul­tur Lin­dau, Text und übrige Bil­der H. Amstad (aktu­lai­siert 03.2021)

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