Reisebericht: Impressionen von der Schweizer Marine auf dem Vierwaldstättersee
Die Dampferfreunde Vierwaldstättersee und die Schiffs-Agentur machten gemeinsame Sache. Die „Gallia“ schloss an ihrem 99. Betriebstag am 5. Oktober die Jubiläumssaison 2013 mit einer Themenfahrt „auf den Spuren militärischer Schifffahrt“ ab. Es wurde zu einem erlebnisreichen Tag mit vielen Exklusivitäten, wo das zum Teil regnerische Wetter keinen Abbruch der guten Stimmung tat. Der Start war im Verkehrshaus der Schweiz VHS, wo die einen in Kleingruppen die (ewige) Baustelle DS Rigi I besichtigten und andere die Zeit nutzten, die Schifffahrtsabteilung zu besuchen. In dieser befindet sich auch das zu Museumszwecken aufgeschnittene Patrouillenboot Spiez der Schweizer Armee.
Per Extrabussen gelangten wir anschliessend ins ehemalige Zeughaus in Rain, in dem das Verkehrshaus 5 500 Objekte lagert, unter anderem ausgesprochene Raritäten. Im VHS selber sind „bloss“ 2 500 Objekte ausgestellt, wie der Leiter Ausstellung und Sammlung Daniel Geissmann erläuterte. Auf diesem eindrücklichen Rundgang ist hier das Siegerboot des America-Cups Alinghi zu sehen, dort das Swissair-Archiv, in einem nächsten Gebäude eine der weltweit grössten (An-) Sammlung von Zweirädern, in einem andern eindrückliche «Amischlitten» aus James-Bond-Filmen. Da es sich hier nicht um eine Ausstellung sondern um ein Lager handelt, wirkt alles viel unmittelbarer auf mich – entsprechend gehen die 120 Besucherinnen und Besucher mit grossem Respekt durch das weitläufige Zeughausareal.
Die «Gallia» umzingelt von Militärbooten
Zurück am Lido beim Verkehrshaus empfängt die „Gallia“ über 300 Dampferfreunde zu einer exklusiven Rundfahrt, der Kapitän Hans Wipfli mit einem interessanten Jahresrückblick und Hansjakob Burkhardt mit Ausführungen zu unserer Themenfahrt „auf den Spuren militärischer Schifffahrt“. Das erste Betriebsjahr der „Gallia“ 1913 war ja bloss ein Jahr vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Europa wurde dann wenig später nochmals erschüttert durch den grössten militärischen Konflikt in der Geschichte der Menschheit, dem 2. Weltkrieg, der in der Schweiz zur Reduit-Philiosophie führte. Zu diesem Zweck entstanden z.B. an der unteren und oberen Nas je eine Festungsanlage und zudem ein schwimmenden Seehindernis, die 840 m breite Seeenge zu sperren. Eine Waffenstellung öffnete für unsere Fahrt „ihre Tore“, d.h. sie wurden zum Teil sichtbar, während sie sonst mit Felsbemalung getarnt sind. Der Kenner und Autor Hansjakob Burkhardt* stellte uns dann als erstes das Patrouillenboot Uri vom Typ Risch II vor, dem ersten Kampfboot der Schweizer Marine. Gesteuert von Rolf Gwerder imponiert die wunderbare Form des Schnellbootes, das heute durch einen Verein gepflegt und unterhalten wird (Heimathafen Rütenen Beckenried).
Dann erscheint das Patrouillenboot der 2. Generation P41, die „Thun“, ein Schwesterschiff der oben erwähnten „Spiez“, gesteuert durch den Eigner Dany Bernhard (Heimathafen Stansstad). Die acht P‑41 hatten verschiedene Motoren, sie erreichten eine Geschwindigkeit von 40 bis 45 km/h. Die „P‑41“ war eine Weiterentwicklung der Firma Werner Risch in Wollishofen. Bewaffnet waren die P41 mit einer 24 mm Tankbüchse im Bug und einem 7,5 mm Flab-Doppel-Maschinengewehr am Heck. Dazu kamen ein Suchscheinwerfer sowie später das Schutzdach, der Radar und die Funkausrüstung.
Und schliesslich tauchte die 3. Generation von Patrouillenboote auf: die „Mars“ vom Typ P80. Sie ist eines der derzeit fünf in der Lützelau stationierten Boote zur Ausbildung des Bootsschützenzuges. Die Auszubildende absolvieren jeweils in Brugg und im «Ausbildungszentrum Nas Vitznau» ihre Rekrutenschule. Die insgesamt 11 Patrouillenboote P80 der Motorbootkompanie 10 werden von der Armee auf den Grenzseen zur Aufklärung und Überwachung und unbewaffnet auch von der Grenzwache eingesetzt. Den Besatzungen dienen eine moderne Radar- und Funkanlage sowie ein Wärmebildgerät, Echolot und GPS. Die Bewaffnung besteht aus zwei Maschinengewehren Mg 64 (12,7 mm). Die zwei Volvo-Penta Turbo-Dieselmotoren mit je 230 PS bringen 65 km/h aufs Wasser.
Während die Dampferfreunde mit der „Gallia“ wieder nach Luzern zurückkehren gibt es für die Teilnehmenden der Schiffs-Agentur Spritzfahrten (im wahrsten Sinne des Wortes) mit der „Uri“ und der „Thun“. In Lützelau besichtigten wir unter der Führung von Adj Stephan Honegger ebenfalls die „Mars“ von innen. Der Abschluss des intensiven Tages war ein Besuch im Restaurant Schiff bei Vitznau, wo uns Toni Zimmermann einige Reminiszenzen zum Besten gab: so z.B. warum der Bug und das Steuerhaus des SGV-Dampfschiffes Pilatus in den Hotelgarten oder wie Requisiten und Teile des Salons eines Frachtschiffes aus Southampton nach Vitznau kamen und heute das Interieur des Restaurant schmücken.
Im VHS erhalten wir Einblicke in das „Innenleben“ eines Patrouillenbootes der Generation P41.
Sicht auf die „Gallia“ von der Themenfahrt der Dampferfreunde…
… und umgekehrt auf die P41 «Thun».
Auch die neuste Generation P80 wird vorgeführt, mittlerweilen 33-jährigig und noch bestens „im Schuss“. Eine neue Generation ist in Planung.
Die „Uri“ war das erste Kampfboot der Schweizer Armee und besticht durch ihre Eleganz.
«Innenleben» der P41
Speziell für unseren Anlass wurde die Tarnfelsen der oberen Nas entfernt und die Schiess-Scharten werden für einmal sichtbar.
Toni Zimmermann erläutert das Intérier des Restaurant Schiff.
Durch Klick aufs Bild erscheint dieses im Grossformat.
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*) Weitere Artikel über und von Hansjakob Burkhardt: Sprengstoff-Fabrik Isleten Link, Erinnerungen: mein Schulweg über den Urnersee Link. Weitere Details zu den Patrouillenbooten: Link und www.pbooturi.ch. Das Buch «Seesperre Nas – Schweizer Marine» ist beim Nidwaldner Museum in Stans erhältlich (museum@nw.ch).
Impressum
Bild 2 H. Bürkli, Text und übrige Bilder H. Amstad (aktualisiert 8.2021)
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