Apé­ro­fahr­ten MS Schwan 2017 auf dem Zuger­see: win­dig, krea­tiv, unterhaltsam.

Der Föhn läuft heute, am 11. Mai, bis ins Zuger­land, was sel­ten vor­kommt. Auf Wunsch unse­res Spe­zi­al­gas­tes steu­ern Schiffs­füh­rer René Sim­men und Aspi­rant Simone Küt­tel Buo­nas an, und gelan­gen so trotz des böigen Süd­win­des in eine ruhige Bucht. Zwar stürmt es hier auch, aber im Schutz der Halb­in­sel gibt es kei­nen Wel­len­gang, wie auf dem See, wenn wir jeweils die Fahrt unter­bre­chen, um dem „Spe­cial Guest“ zuhö­ren. An Bord: der Zuger Autor Carlo Meier. Seine Best­sel­ler sind die Kamin­ski-Kids – sie umfas­sen inzwi­schen 20 Bände und gehö­ren zu den gros­sen Erfolgs­ge­schich­ten der Schwei­zer Kin­der- und Jugend­li­te­ra­tur. Bereits in drei Spra­chen über­setzt sind die Bücher heute ein Selbst­läu­fer, beliebt und emp­foh­len von Päd­ago­gen und Lite­ra­tur­ge­sell­schaf­ten. Rezen­sen­ten loben, dass seine Werke beson­ders rea­li­täts­nah seien. Er recher­chiert Inhalte bei Fach­leu­ten und bei der Poli­zei ein zu eins. Für den neus­ten Krimi für Erwach­sene „Hope Road“ hat er sogar einige Zeit in Lon­don gelebt: „Es ist mein vier­ter Krimi für Erwach­sene.“ Ich habe das Buch anschlies­send gele­sen und fühlte mich an den Ort des Gesche­hens ver­setzt. Seine Aus­füh­run­gen hier auf MS Schwan erzeu­gen viele Lacher – seine Geschich­ten über die Geschich­ten, die er schreibt, erzählt er gerad­li­nig, unter­halt­sam und nie um eine Pointe verlegen.

Der 1961 in Zug gebo­rene und hier lebende Autor hat im letz­ten Win­ter den ers­ten Band einer Tri­lo­gie namens Para­dise Val­ley lan­ciert. Carlo Meier bedient sich in die­sem Werk stark der Film­spra­che: schnelle Wech­sel, klare Schnitte, ein span­nungs­ge­la­de­nes Kino zum Lesen. Noch bevor das Buch erschie­nen ist, wird es bereits preis­ge­krönt und erhält den Zen­tral­schwei­zer Lite­ra­tur­preis. Die Erwar­tun­gen sind also hoch. Wie geht der Autor mit die­sem Druck um? Meier: „Das gibt Schub, das moti­viert. Diese Art Druck ist für mich posi­tiv.“ An Bord der „Schwan“ hält er die 2000. Lesung und signiert im Anschluss seine zwei mit­ge­brach­ten Titel: Hope Road und Para­dise Val­ley. Die Fahr­gäste sind begeis­tert, wir stos­sen auf sei­nen Jubi­lä­ums­an­lass an.

Der zweite Apéro-Abend.

Beim zwei­ten Event, am 8. Juni, ist eine expe­ri­men­tier­freu­dige Kul­tur­per­sön­lich­keit mit an Bord. Die in der West­schweiz auf­ge­wach­sene und mit Unter­brü­chen seit bald 50 Jah­ren in Zug lebende Verena Voser ist bild­ne­ri­sche Künst­le­rin. Ihre Tech­nik in der Ver­bin­dung ver­schie­de­ner Mate­ria­lien hat sie stets wei­ter­ent­wi­ckelt. Für ihre aktu­el­len Arbei­ten trägt sie flüs­si­ges Por­zel­lan auf Japan­pa­pier auf und schafft so Lini­en­struk­tu­ren. Pig­mente und Gra­fit sor­gen für Farb­fel­der, und Bie­nen­wachs ergibt die erwünschte Transparenz.

Die Künst­le­rin wünscht sich vom Schiffs­füh­rer Marco Biseg­ger als ers­ten Zwi­schen­halt das Bad See­li­ken. „Meine erste Begeg­nung mit dem Zuger­see war schmerz­haft. Im Som­mer 1969 trat ich hier in der See­li­ken auf einen ros­ti­gen Nagel, der die Haupt­schlag­ader traf,“ erin­nert sich Voser an ihr aller­ers­tes Bad im See. Mit Blick stadt­wärts erklärt sie den Gäs­ten, dass der Zuger­berg und der Zuger­see viel mit der Kunst gemein­sam hät­ten: „Kunst ist nicht zweck­ge­bun­den, hat kei­nen prak­ti­schen Sinn. Kunst bie­tet Raum für Zeit und Lang­sam­keit. Und damit für Erfah­run­gen, für Emp­fin­dun­gen, für das Den­ken. Hier sehe ich Par­al­le­len zum Zuger­berg und zum Zuger­see. Kunst muss nicht auf den ers­ten Blick schön sein, aber sie soll Schön­heit erfahr­bar machen, die Wahr­neh­mung von Ästhe­tik aus­lö­sen. Das tun der See und der Berg auch.“

MS Schwan tuckert wei­ter in Rich­tung Buo­nas. Vom Schiff aus sieht Zug ganz idyl­lisch aus. Für Verena Voser ist aber klar: „Wir haben jetzt keine Sicht auf Stras­sen­züge, die durch die Inter­na­tio­na­li­sie­rung jeg­li­che Iden­ti­tät ver­lo­ren haben. Beim Gang durch die Post­strasse, Baar­er­strasse, Gubel­un­ter­füh­rung, an Parkt­ower und Upt­own vor­bei, zum Feld­hof und zum Feld­park bis in die Nord­strasse bleibt die ganze Trost­lo­sig­keit an den Schuh­soh­len kle­ben. Diese geballte Häss­lich­keit gilt es aber zu rela­ti­vie­ren, denn nebst dem sicht­bar Häss­li­chen ist stets auch das unsicht­bar Schöne da. Oder umgekehrt.

Das wun­der­schöne Wet­ter von heute unter­streicht ihre Aus­sage und gibt Gegen­steuer zur rea­lis­ti­schen Ein­schät­zung ihrer Stadt. „Nur die Kunst schafft es, die Schön­heit und die Häss­lich­keit zusam­men­zu­fü­gen. Das Sicht­bare mit dem Unsicht­ba­ren zu ver­bin­den. In mei­ner Kunst ver­knüpfe ich Gegensätze.“

In Buo­nas ange­kom­men offen­bart Verena Voser ihre Liebe zu Feu­er­stel­len: „Feuer fas­zi­niert mich. Man­gels Hau­ses mit Gar­ten zieht es mich in den Wald oder an den See, wo lie­be­voll gestal­tete Plätze zum Feu­ern ein­la­den. Das Bren­nen von Ton­erde und Por­zel­lan stand übri­gens ganz am Anfang mei­ner Kunst. Der Wan­del von der wei­chen, geschmei­di­gen Ton­erde hin zum har­ten, star­ren Pro­dukt hatte damals sei­nen ganz beson­de­ren Reiz.“

Der dritte Apéro-Abend.

Ein vir­tuo­ses musi­ka­li­sche Feu­er­werk gibt es auf der „Schwan“ am 7. Sep­tem­ber: Der dritte Apéro-Abend ist der Musik gewid­met und einem ebenso vir­tuo­sen wie eigen­wil­li­gen Künst­ler, der zugleich Lebens­künst­ler ist: Julian von Flüe. Der 22-jäh­rige Hünen­ber­ger ist gelern­ter Satt­ler, liebt Old­ti­mer und kann trotz sei­nes jugend­li­chen Alters von sei­ner Musik und sei­nem viel­sei­ti­gen hand­werk­li­chen Kön­nen leben. Seit 12 Jah­ren ist er auf Büh­nen prä­sent, tritt kon­zer­tant auf Klein­büh­nen auf, stim­mungs­ma­chend in Ski­hüt­ten, sou­ve­rän auf Open Air-Büh­nen und ist all­zeit bereit für Fami­lien- und Fir­men­fei­ern. Seine Ursprungs­fa­mi­lie hat ihn musi­ka­lisch geprägt: Zusam­men mit sei­nem Vater und sei­nen zwei Geschwis­tern spielte er auch in der erfolg­rei­chen Fami­li­en­ka­pelle „Folka“.

Auf der ein­jäh­ri­gen Tour­nee mit Marc A. Trauf­fer 2016 lernte Julian von Flüe die gros­sen Büh­nen und Pro­duk­tio­nen inklu­sive TV-Auf­tritte ken­nen. „Dabei habe ich sehr viel pro­fi­tiert und auch gelernt.“ Den­noch sagte er nach rund 70 Kon­zer­ten Tschüss und wid­met sich nur noch sei­ner eige­nen For­ma­tion „Julian von Flüe & Band“ und eini­gen Gast­en­ga­ge­ments auf Bühne und im Stu­dio. Julian von Flüe ist mit sei­nem vir­tuo­sen Akkor­de­on­spiel jeder Live-Situa­tion gewachsen.

So auch im inti­men Rah­men vor unse­ren Gäs­ten an Bord des MS Schwan. Es spielt also keine Rolle ob grosse Kon­zert­büh­nen oder eben im ganz klei­nen Rah­men. Die Musik von Julian – ob solo, im Duo oder in der kom­plet­ten Band­be­set­zung mit Gesang – begeis­tert. Bereits nach weni­gen Stü­cken an Bord der „Schwan“ sind die Coun­try- und Blues-Ein­flüsse sei­ner Musik hör­bar und die Har­mo­nien und Spiel­tech­ni­ken aus dem Osten Euro­pas erkenn­bar. „Ich bin mit der tra­di­tio­nel­len und der neuen Schwei­zer Volks­mu­sik auf­ge­wach­sen, aber Coun­try, Blues, Jazz, Cajun, Zydeco, Gypsy-Swing bis Schla­ger oder Ober­krai­ner gehö­ren genauso zu mir“, sagt der gran­diose Musiker.

Der Salon von MS Schwan bie­tet eine unge­zwun­gene Atmo­sphäre für den Mix aus Apéro, Unter­hal­tung und Kultur.

Carlo Mei­ers ver­schmitz­tes Lachen fin­den die Lese­rin und der Leser in sei­nen Büchern wieder.

So auch in „Hope Road“, dem köst­li­chen Krimi für Erwachsene.

Auf­merk­same Zuhö­rende lau­schen den Aus­füh­run­gen von Verena Voser.

Sie zeigt anhand mit­ge­brach­ter Werke ihre inten­sive und hoch­ste­hende Aus­ein­an­der­set­zung mit The­men und Materialien.

Julian von Flüe ist bereits mit jun­gen Jah­ren ein gern gese­he­ner Gast in ver­schie­de­nen For­ma­tio­nen im In- und Ausland.

Auch in Solo­auf­trit­ten, wie hier auf MS Schwan, weiss er zu überzeugen.

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Quel­len

Text und Bil­der H. Amstad.

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