Flottenshow auf dem Küssnachtersee, attraktive Kursspezialitäten auf der SGV-Nebenlinie.
Der Taktfahrplan hat grundsätzlich viele Vorteile: er ist kundenfreundlich, die Zeiten sind leicht zu merken und die Betreiber profitieren von Vereinfachungen in den Abläufen. Die gleichen Vorteile gelten auch für den Vierwaldstättersee, wo der Takt seit 2009 gilt. Mit einher ging ein beachtlicher Angebotsausbau, wodurch bislang störende „Fahrplanlöcher gestopft“ und alte Kundenwünsche, auch die von Anrainergemeinden, erfüllt werden konnten. Dass bei diesem Systemwechsel die Buochserbucht zu den Verlierern gehörte war weniger der Taktidee anzulasten als vielmehr dem Konzept, dass die SGV mit einer kürzeren Fahrzeit nach Flüelen die Kosten des Angebotsausbaues teilweise kompensieren wollte. Dies führte in Buochs und Ennetbürgen zu lauten Protesten. Leise Kritik war auch von Vielfahrern zu hören: der Verkehr werde monoton, die Verbindungen langweilig, weil immer zur gleichen Zeit meist das gleiche Schiff jahraus jahrein unterwegs sei. Insider und Habitués monierten wegfallende Umsteigemöglichkeiten an verschiedenen Stationen.
Seit der Einführung des Taktfahrplanes sorgen Kursspezialitäten, also spezielle Schiffseinsätze, für den besonderen Reiz der Abwechslung und Besonderheiten. So wurde in der Saison 2017 der Küssnachtersee zum Eldorado einer eigentlichen Flottenschau.
Wie kunterbunt die Schiffseinsätze auf der Küssnachterlinie waren, zeigte sich in den letzten vier Wochen des Sommerfahrplanes 2017 (in der Reihenfolge Kurse 151, 153, 155, 157): Am 19. August eröffnete MS Titlis den Reigen, gefolgt von DS Unterwalden, MS Flüelen und DS Uri. Einen Tag darauf kam MS Schwyz nach Küssnacht, gefolgt von der „Unterwalden“, „Brunnen“ und der „Cirrus“. Am 1. September legten nacheinander MS Europa, DS Unterwalden, MS Cirrus und MS Flüelen in Küssnacht an. Edel wurde Küssnacht einen Tag darauf mit DS Gallia, DS Unterwalden, MS Brunnen und MS Diamant bedient. Am 9. September machte MS Flüelen den Morgenkurs, dann kamen DS Unterwalden, MS Gotthard und MS Waldstätter zum Ort an der Hohlen Gasse. Diese aussergewöhnliche Vielfalt war in erster Linie der Eröffnung des Bürgenstock-Ressorts zu verdanken. MS Titlis wird seither nämlich den ganzen Tag für den Pendeldienst von Luzern nach Kehrsiten eingesetzt.
In diesen vier Wochen standen auf dem Kurs 151 (Luzern ab 1000 h) acht verschiedene Schiffe im Einsatz (Ti, Sz, Ci, Eu, Ga, Wa, Go, Fn) und auf dem Kurs 153 (Luzern ab 1200 h) immer die „Unterwalden“. Auf dem Kurs 155 (Luzern ab 1400 h) verkehrten sechs verschiedene Schiffe (Fn, Bu, Ci, Ti, Wa, Go) und auf dem Abendkurs 157 (Luzern ab 1600 h) wurden sieben verschiedene Schiffe eingesetzt (Wa, Ur, Ci, Ti, Fn, Bu, Di). Dank der verschiedenen Kombinationen war selten ein Tag gleich wie der andere: mit 12 verschiedenen Schiffen wurden die Küssnachter geradezu verwöhnt.
Dieser nautische Hotspot war in der Vergangenheit aber alles andere als eine Lieblingslinie der SGV. Immer wieder musste der Bezirk Küssnacht politisch intervenieren, damit die Linie einigermassen bedient wurde. Nicht selten war die „Mythen“ selbst im Hochsommer das höchste der Gefühle. In den Siebzigerjahren galten während des Sommerfahrplanes für die Küssnachterlinie drei komplett verschiedene Fahrpläne: einer für die Werktage vom 1. Juli bis 24. August, einer für die übrigen Werktage und einer für die Sonntage. Der Hauptkurs (damals um 1415 h) führte vor 1967 in der Regel MS Waldstätter (II) aus. Oft wurde auch an Sonntagen MS Rütli oder, wie erwähnt, MS Mythen eingesetzt. Seit seiner Inbetriebnahme 1966 war dann MS Pilatus ab 1967 Jahrzehnte hauptsächlich auf der Küssnachterlinie anzutreffen. Aber auch die „Titlis“ und „Waldstätter“ waren in Küssnacht regelmässige Stammgäste. Den Morgenkurs machte oft MS Rütli und ab dem 4. Juli 1981 dann MS Brisen.
An den Werktagen vor dem Juli und nach Ende August hatten das Schiff und die Mannschaft nach der Ankunft nach 15.00 Uhr kapp zwei Stunden Pause. 1977 arbeitete ich als Saisonkassier und erinnere mich noch gut an diese Fahrten. Man braucht keine grosse Fantasie, um sich vorzustellen, wie jeweils diese „Pause“ genutzt wurde. „Ab i d Beiz“. Ausgelassen ging es jeweils in der Dorfknelle zu und her, wo nicht selten bereits am späten Nachmittag die Stimmung top war und ein Tabledance der Serviertochter für guten Umsatz sorgte. Für mich als „Landei“ waren diese Erlebnisse eine spezielle Art von Weiterbildung… Nicht selten kam es vor, dass auf der Rückfahrt mit der „Pilatus“ der „Alte“ mich bat, die Kasse geschlossen zu halten und ihn im Steuerhaus zu begleiten und so nach dem Vieraugenprinzip nach Luzern zu fahren… So köstlich das heute anmuten mag, so verständlich und gut ist es, dass diese Zeiten vorbei sind.
In den für dieses Phänomen bekannten Achtzigerjahren erfasste unter Direktor Ruedi Ineichen der Rationalisierungswahn auch die SGV. (Selber erlebte ich, wie MS Rütli z.B. bei Regenwetter den Stadt Luzern-Kurs 13 ausführte…) So bekam die Küssnachterlinie 1983 den Fahrplanzusatz „Täglich vom 26. Juni bis 28. August, übrige Zeit nur bei schönem Wetter“ verpasst. Die Pause in Küssnacht verschwand, in der Hochsaison gab es fortan drei Kurse: um 0935 h, 1320 h und 1555 h. Als dann 1988 Hans Meiner das Zepter übernahm, entfiel dann das unsinnige „Schönwetterzeichen» wieder. Die Luzerner Abfahrtszeiten wurden leicht angepasst: ab 1015 h (später 1020 h), 1330 h (später 1335 h) und 1550 h (später 1545 h).
2009 bekam dann der Küssnachtersee zuerst einen „Hinketakt“: 1015 h, 1400 h und 1600 h. Doch ein Jahr später konnte sich die Küssnachterbucht dann voll entfalten: Erstmals in der Geschichte der öffentlichen Schifffahrt fuhren nun vier Schiffe in den Nordarm des Vierwaldstättersee und das erst noch mit einem ab Luzern „sauberen“ Zweistunden-Takt: 1000 h, 1200 h, 1400 h und 1600 h. Die Freude der Küssnachter bekam dann allerdings einen kurzen Dämpfer: von 2012 bis 2016 liess sich die SGV auf das Experiment ein, den Zmittagdampfer exklusiv, sozusagen ausserhalb des Fahrplanes und dessen Tarife laufen zu lassen. Das hatte zur Folge, dass um 1200 h wieder kein Schiff mehr nach Küssnacht fuhr. Seit 2017 nun ist die Taktordnung wieder hergestellt und der beliebte Zmittagdampfer Unterwalden sticht erneut allmittäglich in den Küssnachtersee. Hoffen wir für uns Konsumenten und für den Bezirk, dass dies noch möglichst lange so bleiben wird. Wann waren Sie das letzte Mal auf diesem lieblichen Arm des Vierwaldstättersees?
Die „Waldstätter“ peilt von der Morgensonne beleuchtet auf Kurs 151 die nördlichste Station aller SGV-Anlegestellen an.
Der Flecken Küssnacht wird erst nach der Einmündung in die Bucht schön sichtbar, hier aus der Optik der „Cirrus“.
Das Anlegemanöver bedarf der Konzentration der Schiffsführer: es bleibt für grosse Schiffe wenig Platz für das 90°-Manöver (Bild an Bord der „Diamant“).
Ein seltenes Bild: MS Diamant auf Kurs 157 in Küssnacht.
Und ein häufiges Sujet: DS Unterwalden auf Kurs 153.
Die „Cirrus“ hat eigentlich die ideale Grösse für das Verkehrsaufkommen auf dem Küssnachterarm, mit vielen Innen- und für diese Kurse genügend Aussenplätzen.
MS Schwyz ist an Sonntagen oft auf dem Morgenkurs in Küssnacht, dies in Verbindung mit dem Zmorgeschiff.
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Quellen
Text und Bilder H. Amstad.
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