Die Oberseefähre im 3. Betriebsjahr: Die „J.J.Rousseau“ beschert ein Sommervergnügen
Eine nautische Sommerattraktion startet auf dem Obersee in ihre dritte Saison. Neu verbindet MS J.J. Rousseau die Rosenstadt Rapperswil mit den gegenüberliegenden Gemeinden Lachen und Altendorf. Der Wander- und Freizeitshuttle verkehrt noch bis zum 8. August im Stundentakt von morgens um 10 bis abends um 21 Uhr. Bestellerin ist der Verein Agglo Obersee1 und Rapperswil Zürichsee Tourismus, das Schiff gehört seit 2014 dem Verein Aqua Nova2 und für den Betrieb während den 14 Tage ist die Schiffs-Agentur zuständig. Im Zusammenhang mit dem Erlebnisweg Obersee ist die temporäre Schiffsverbindung eine tolle Ergänzung, den rund 37 km langen Rundweg (Schweiz Mobil Route 84) über den See abzukürzen oder am Abend einen Restaurantbesuch am andern Ufer zu geniessen4.
«Bereits im ersten Betriebsjahr 2019 nahmen 5 623 Personen den Dienst in Anspruch und im letzten Jahr waren es auf der ‘J.J.Rousseau’ 3 743 und auf der ‘Ufenau’3 2 239 beförderte Passagiere,» resümiert Stefan Hellstern, der den operativen Betrieb der Oberseefähre umsetzt. Zum laufenden Betriebsjahr ergänzt er: «Bereits gegen 3 500 Gäste genossen die ersten zehn Fahrtage der Oberseefähre in diesem Jahr an Bord von MS J.J. Rousseau und dies trotz sehr durchzogenen Wetterverhältnissen. Bei trockenem und einigermassen sonnigem Wetter ist der Publikumsandrang so gross, dass entschieden wurde, am Freitag, 6. August mit MS Seestern ein zweites Schiff als Oberseefähre einzusetzen.»
Daniel Landös, Präsident des Vereins Aqua Nova Schiff-Fahrten: «Wir freuen uns sehr, dürfen wir ein weiteres Mal mit unserem gemütlichen Schiff vielen Menschen aus der Region zauberhafte Momente auf dem See bescheren. Mit der Eröffnung des neuen Stegs bei der Hochschule Rapperswil (OST) wird die Route dieses Jahr nicht mehr über Busskirch führen, sondern von der Ostschweizer Fachhochschule OST nach Lachen und via Altendorf zurück nach Rapperswil. Damit dient die ‘J.J.Rousseau’ als Oberseefähre einer breiten Öffentlichkeit und ergänzt unsere ursprüngliche Idee des Themen- und Kulturschiffes bestens.» In der Tat ist nun die Oberseefähre vom Bahnhof Rapperswil sehr gut erreichbar, sogar näher gelegen als der ZSG-Steg. Bahnreisende verlassen die Unterführung auf der Seite der Fachhochschule. Rechts haltend ist der See bald in Sicht und damit auch die in diesem Jahr neu erbaute Schifflände.
Ein neuer Steg mitten in Rapperswil
In der heutigen Zeit eine neue Schiffstation zu bauen kommt einem politischen und finanziellen Bravourstück gleich. Ich wollte von Peter Göldi, dem engagierten Geschäftsführer der Agglo Obersee und «Vater» der Obersee-Fähre, wissen, wie dies gelang: «Zum Erfolg beigetragen haben sicher auch günstige Umstände. Die Seeuferanlage ist im Eigentum der Stadt. Ein entsprechender Baukreditantrag des Stadtrates wurde von den Stimmberechtigten genehmigt. Das Bauprojekt wurde sehr sorgfältig erarbeitet, es gab keine Einsprachen und die Naturschutzauflagen konnten eingehalten werden. Es hat glücklicherweise einfach alles geklappt.»
In diesem Jahr landet die Oberseefähre nicht mehr in Busskirch. Die idyllische Anlage mit Kirche und altem Pfarrhaus am See ist eine Oase für Ruhesuchende und wird auch von Badenden genutzt, was ab und zu mit Wartenden der Fähre zu Irritationen geführt hat. Göldi: «Zudem ist der Anlegesteg nicht für grössere Schiffe ausgelegt und erfüllt auch nicht die Anforderungen der Behindertengleichstellung. Mit dem Steg bei der Hochschule ist die Oberseefähre nun auch optimal an den öffentlichen Verkehr angebunden.»
Schiffsagebote im Obersee ein Politikum
Die Oberseefähre kommt auch aus politischen Gründen gelegen. In Rapperswil und am Obersee ist die ZSG-Schifffahrt in Kritik geraten. Der Marktführer ZSG ist als Zürcher Unternehmen auch zugleich Mitglied des Zürcher Verkehrsverbundes ZVV. Die Orte Rapperswil und Schmerikon sind aber St.Galler Gemeinden – Altendorf sowie Lachen gehören zum Kanton Schwyz. Anders als im Kanton Zürich gilt in Schwyz und St. Gallen die Schifffahrt als Freizeitangebot und nicht als öV und wird deshalb von den Kantonen finanziell nicht unterstützt. 2020 zog sich der Kanton Zürich von Beiträgen an ausserkantonale Anlegestege zurück. Dadurch stieg der Beitrag für die Schifffahrt für die Schwyzer und St. Galler Gemeinden am Zürichsee auf mehr als das Doppelte.
In Rapperswil-Jona wurde das Referendum gegen den massiv höheren Beitrag an die Kosten der Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft ergriffen. Schliesslich stimmte eine Mehrheit der Rapperswiler den höheren Beiträgen zu. Die Schwyzer Gemeinden und Schmerikon verweigerten die neuen Forderungen4. Die ZSG strichen die landschaftlich attraktiven Rundfahrten im Obersee nach Lachen und Schmerikon auf letzten Sommer zusammen: Statt täglich verkehren die ZSG-Schiffe in der Hochsaison nur noch am Wochenende. Umso grössere Bedeutung kommt der Oberseefähre zu. Sie füllt während 14 Tagen die Lücke auf dem Obersee und verbindet die gegenüberliegenden Ufer. Peter Göldi wünscht sich daher eine Oberseefähre während den ganzen Sommerferien: «Dies bedarf jedoch einer Konzession. Zudem muss die Finanzierung stehen».
Lange Vorgeschichte der Oberseefähre
Peter Göldi: «Die Schifffahrt ist ein wichtiges und verbindendes Verkehrsmittel. Sie verknüpft auf erlebnisreiche Weise verschiedene Angebote rund um den See. Mit der Eröffnung des neuen ‘Erlebnisweg Obersee’ kommt einem fahrplanmässigen Schiffsbetrieb auf dem Obersee in Ergänzung und als Zubringer zu den Längsverbindungen der Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft (ZSG) eine noch grössere Bedeutung zu.»
Der Kanton Schwyz machte im Jahr 2000 den Anstoss zur Diskussion; diese Seegemeinden liebäugelten schon lange damit, den Schiffsbetrieb zwischen ihren Seeanrainerorten auszubauen. Vor rund 20 Jahren fasste er die vom Verein MS Etzel gerettete Zürichsee-Schwalbe dafür ins Auge, was sich dann zerschlug. 2006 kam mit der Ausrangierung der «Glärnisch» – heute als trauriges Wrack in Wädenswil stehend – neuen Schwung in das Vorhaben. Der damalige Rapperswiler Stadtrat und spätere St. Galler Regierungsrat Martin Klöti trieb das Projekt voran und auch die ZSG machten mit dem Betriebsleiter Thomas Hartmann mit. Das fertig ausgearbeitete Projekt einer in Rapperswil stationierten Oberseefähre scheiterte dann an den Finanzen; es war niemand bereit, das ausrangierte Schiff technisch zu überholen.
Der 2009 gegründete Verein Agglo Obersee brachte in Zusammenarbeit mit der Hochschule Rapperswil die Idee der Oberseefähre vor und stellte 2018 in den Grundzügen das heute umgesetzte Konzept vor. Geschäftsführer Peter Göldi traf bei der Suche nach einem geeigneten Schiff auf MS Jean Jacques Rousseau. Am 27. Juli 2019 stach das kurz davor renovierte Schiff als Oberseefähre in See! Ermöglicht wurde dies durch die Stadt Rapperswil-Jona sowie die Gemeinden Lachen und Altendorf.
Die „J.J. Rousseau“ verkehrt als Oberseefähre bis in die späten Nachtstunden und ermöglicht so auch Restaurantbesuche ennet dem Seeufer.
Auch auf den Fussgänger-Einfallsrouten Richtung Schiffländen bemachen grosse Plakate auf das Angebot der Oberseefähre aufmerksam.
Rapperswil hat im Ostteil ihres Zentrums auf diesen Sommer hin bei der Technikhochschule (Gebäude im Hintergrund) und Knies Kinderzoo eine neue Schifflände erhalten.
Das idyllisch gelegene Busskirch wird in diesem Sommer nicht mehr bedient, damit der angestrebte Stundentakt der Oberseefähre mit der neuen Station Rapperswil eingehalten werden kann.
Das ehemalige Bielersee-Schiff J.J. Rousseau steht seit 2019 auf dem Zürichsee im Einsatz, mit Heimathafen Schmerikon.
Im Jahr 2020 war auch die “Ufenau“ als zweite Oberseefähre unterwegs, um die Corona-Vorschriften einhalten zu können und der Bevölkerung trotzdem das Sommervergnügen zu gönnen. Seit 2021 hat das Schiff neue Eigner und trägt wiederum den Original-Schriftzug.
Der Geschäftsführer der Agglo Obersee, Peter Göldi (rechts), feiert mit Schiffseigner Daniel Landös die Einwasserung der «J.J.Rousseau» am 7. Juni 2019.
Bilder im Textteil: 1) Die Obersee-Fähre ist ein Angebot der Agglo Obersee.
2) Eine Tageskarte zu sieben Franken ermöglicht unbeschränkte Fahrten und beinhaltet für einen Franken einen Warengutschein, der in allen Unterstützungsgeschäften eingelöst werden kann. Hier verlässt de Oberseefähre die Fahrrine von Rapperswil in Richtung Lachen.
3) Aus dem Tages-Anzeiger vom 20. Januar 2006: das konkrete Projekt MS Glärnisch scheiterte damals an der Finanzierung des Umbaus.
Durch Klick aufs Bild erscheint dieses im Grossformat.
Hinweise
1) Die Gemeinden des Vereins Agglo Obersee verteilen sich über drei Kantone rund um den namensgebenden oberen Zürichsee, genannt Obersee. Hier leben rund 150 000 Einwohner_innen und arbeiten rund 70 000 Beschäftigte. Um den stetig wachsenden Herausforderungen in diesem stark vernetzten Gebiet im Metropolitanraum Zürich aktiv zu begegnen, wurde im Juli 2009 der Verein Agglo Obersee gegründet. Mitglieder sind vier St. Galler, neun Schwyzer und vier Zürcher Gemeinden sowie die Kantone St. Gallen, Schwyz und Zürich.
2) Zur Inhaberin der «J.J. Rousseau mehr im Link.
3) Um die Corona-Vorgaben des Bundes einhalten zu können wurden im Jahr 2020 zwei Schiffe für die Obersee-Fähre eingesetzt. Die beiden Schiffe wurden nur zur Hälfte beladen und verkehrten abwechslungsweise im Halbstundentakt. Nebst der «J.J. Rousseau» kam damit auch die «Ufenau» der damaligen Inhaberin «Schifffahrtsbetrieb Hensa AG» (heute Genussschiff AG) zum Einsatz. MS Ufenau gehörte zwischen 1977 und 2000 zur Flotte der ZSG und wurde dann von der Hensa Rapperswil gekauft. Während einer Dauervermietung von 2007 bis 2017 hiess das Schiff «Davidoff». Zurück mit altem Namen ging es 2021 zum neuen Besitzer Genussschiff AG über; die neuen Inhaber sind die damaligen Organisatoren der «Davidoff».
4) «Die Gäste werden eingeladen, auf der anderen Seeseite auszusteigen und das gegenüberliegende Ufer zu entdecken, etwas zu essen oder zu trinken“, erklärt Peter Göldi. Damit dies auch gut gelingt, kann das Fährticket wiederum bei verschiedenen touristischen Partnern in Lachen, Altendorf und Rapperswil-Jona als Wertgutschein eingesetzt werden. Bei den im Projekt involvierten Partnern bekommt man z.B. einen Kaffee, ein Menü oder ein Glacé einen Franken günstiger. Mit dabei ist auch Knies Kinderzoo. Hier kann das Ticket für einmal Rösslireiten eingelöst werden. „Einfach genial, wie auch dieses Jahr neue Leistungsträger fürs Mitmachen begeistert werden konnten“, freut sich Samira Burgaretta von Rapperswil Zürichsee Tourismus gegenüber den Medien.
5) Dem Stadtrat von Rapperswil-Jona gelang es, mit dem ZVV einen Kompromiss auszuhandeln. Statt die geforderten CHF 750 000 war dann der ZVV mit CHF 600 000 einverstanden. Bis 2019 musste Rapperswil noch CHF 150 000 im Jahr an die ZSG abliefern. Seit 2020 belief sich der Betrag auf 270 000 Franken. Ab 2021 wurden dann die Kosten nochmals mehr als verdoppelt. Nach diesem Einlenken gab es ein Referendum, das dann an der Urne am 9. Mai 2021 allerdings scheiterte, womit Rapperswil (bis zum nächsten finanziellen Seilziehen) von der ZSG regulär angefahren wird.
Impressum
Bild 1: M. Bisegger, Text und übrige Bilder (Textteil: Sammlung) H. Amstad
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