Unter­wegs auf Flüs­sen: das Kreuz­fahr­ten-ABC (1. Teil).

Ein Hand­buch als „Gebrauchs­an­wei­sung“ für Gäste einer Flusskreuzfahrt

Kreuz­fahr­ten auf den Flüs­sen erfreuen sich einer stei­gen­den Beliebt­heit. Sie machen ein Rei­sen bequem, die Kof­fern blei­ben wäh­rend der gan­zen Fahrt aus­ge­packt und das schwim­mende Hotel fährt von Stadt zu Ort, von Sehens­wür­dig­kei­ten zu Natur­land­schaf­ten, durch Kanäle oder Schluch­ten, durch Ebe­nen oder Hügel­land­schaf­ten. Schleu­sen, Häfen, Ankern, Brü­cken­füh­run­gen sind erleb­bare Nau­tik. Und Erho­lung vom Feins­ten. Sie möch­ten das auch ein­mal pro­bie­ren? Ein­mal ist es das erste mal. Oder möch­ten ihre per­sön­li­chen Fluss­reuz­fahrts-Erfah­run­gen mit jenen ande­rer abglei­chen? Das vor­lie­gende, drei­tei­lige Kreuz­fahr­ten-ABC für Fluss­rei­sen soll einige Fra­gen beant­wor­ten und Tipps weitergeben.

Zuden Bil­dern. Das ehe­ma­lige Deil­mann-Schiff König­stein ist im 2018 vom 14. April bis 6. Juli im stän­di­gen Pen­del­dienst Saar­brü­cken – Koblenz und Koblenz – Saar­brü­cken je in einem 6‑Ta­ges-Tur­nus ein­ge­setzt. Serv­Rail Schweiz hat das Schiff, das sonst zwi­schen Pots­dam und Rügen für Favo­rit-Rei­sen unter­wegs ist, für diese Sai­son in Voll­char­ter. Ich war auf der ers­ten Fahrt auf der Saar und Mosel dabei und genoss die geruh­same Tour; auch aus­ser­halb des Start- und Ziel­punk­tes dau­er­ten die Auf­ent­halte in Trier, Bern­kas­tel und Cochem nebst der Nacht mind. einen hal­ben Tag. Die aus­ge­dehn­ten Land­gänge sind bei den Gäs­ten durch­wegs gut angekommen.

A All inclusive

In der Regel sind im Pau­schal­preis alle Leis­tun­gen inbe­grif­fen aus­ser die Land­aus­flüge, die Getränke an Bord und die Trink­gel­der. Sind Rei­sen spe­zi­ell gekenn­zeich­net mit „all inclu­sive“ meint man, dass auch die Getränke zu den Mahl­zei­ten und die­je­ni­gen zwi­schen­durch im Grund­preis ent­hal­ten sind. Der fran­zö­si­sche Anbie­ter „Croi­sie Europe“ und die Schwei­zer Gesell­schaft Viva haben für viele Ange­bote ein All inclu­sive; die aller­meis­ten Anbie­ter aber ver­zich­ten dar­auf. Zum einen ist „all inclu­sive“ bei den Schwei­zer Fahr­gäs­ten nicht sehr beliebt und zum andern bedeu­tet der Ver­kauf von Geträn­ken für die Rei­se­ver­an­stal­ter eine zusätz­li­che Einnahmequelle.

Buchen

Das Buchen von Fluss­kreuz­fahr­ten übers Inter­net ist heute Stan­dard. Alle Anbie­ter ver­fü­gen über ent­spre­chende Platt­for­men. Rei­se­bü­ros ver­mit­teln sol­che Rei­sen eben­falls, die Aus­wahl ist aber ein­ge­schränkt; die Mar­gen für den Zwi­schen­han­del sind klein.

Char­ter

Rei­se­ver­an­stal­ter mie­ten bei einer Ree­de­rei (Betrei­be­rin von Schif­fen) auf eige­nes Risiko Schiffe an (sie char­tern sie), manch­mal über meh­rere Jahre. Bei­spiel: Thur­gau Tra­vel hat MS Edel­weiss von der Ree­de­rei Scylla Tours in einem mehr­jäh­ri­gen Voll­char­ter, MS Dnjepr Prin­zess von der Ree­de­rei Cher­vona Ruta in einem Teil­ch­ar­ter, zusam­men mit andern Rei­se­ver­an­stal­tern (Stand 2018).

D Dresscode

Kreuz­fahr­ten mit Klei­der­vor­schrif­ten waren zu Beginn die­ser Rei­se­art weit ver­brei­tet. Heute hin­ge­gen geht das – zumin­dest auf den Flüs­sen – locker zu und her. In den meis­ten Fäl­len gilt das infor­melle Motto: „sport­lich“. Am Gala­din­ner ist ein Kit­tel gern gese­hen. Kurze Hosen sind am Abend­essen auch im Hoch­som­mer ver­pönt. Gute Erfah­run­gen machte ich, fol­gende Klei­de­ru­ten­si­lien in die Kof­fer zu packen: Bade­hose (anstelle einer Stadt­füh­rung ist ein Besuch eines Bades oder einer Well­ness­oase an Land eine schöne Alter­na­tive) sowie warme Mütze und Hand­schuhe (selbst in den Über­gangs­zei­ten kann es auf dem Aus­sen­deck ganz schön zie­hen und selbst im Hoch­som­mer am Mor­gen früh mit dem Fahr­wind sehr frisch sein).

 Eigner

Die inter­na­tio­nale Pas­sa­gier-Schiff­fahrts­bran­che wirkt intrans­pa­rent. Die Über­sicht ist schwie­rig, da jeweils meh­rere Part­ner am „Pro­dukt Schiff“ betei­ligt sind: eine Finan­zie­rungs­ge­sell­schaft, ein Eig­ner, eine Ree­de­rei (Betrei­be­rin) und ein Rei­se­ver­an­stal­ter, der das Schiff char­tert. Dabei kön­nen auch zwei oder drei die­ser „Part­ner“ der­selbe sein und inner­halb der glei­chen Firma ver­schie­denste „Kul­tu­ren“ gepflegt wer­den. Bei der fran­zö­si­schen Croisi Europe kommt alles aus einer Hand, das ist eher die Aus­nahme. Bis vor kur­zem galt dies auch für die A’Rosa-Flotte. Seit Februar 2018 aber hat der bri­ti­sche Finanz­in­ves­tor Duke Street die Flotte über­nom­men, die aber wei­ter­hin unter der deut­schen Ree­de­rei aus Ros­tock fährt. In der Öffent­lich­keit wahr­ge­nom­men wird dann der Ver­an­stal­ter (z.B. Mit­tel­thur­gau oder Thurgau­Tra­vel) und allen­falls noch die Ree­de­rei (z.B. River Advice oder Scylla). Die Eig­ner der Schiffe hin­ge­gen wir­ken dis­kret. Meh­rere Schif­fen gehö­ren z.B. in der Schweiz der Pano River Equity AG Zug, der UBS, Atlas River Crui­sing Basel, der RSR Schiff­fahrt AG Basel und Baar, der Viking River Cruise AG Basel und vie­len andern mehr.

 Gebiete und Reviere

Bei der Wahl einer Fluss­kreuz­fahrt gilt es, einer der drei Fra­gen «Mit wel­chem Schiff möchte ich fah­ren?», «Wie viel Geld will ich aus­ge­ben?» und «Wel­ches Fahr­ge­biet reizt mich?» einen Fokus zu wid­men. Damit die Reise ein Erfolg wird, muss eine Ant­wort die­ser drei Fra­gen opti­mal pas­sen. Sel­ten las­sen sich grad alle drei Kri­te­rien opti­mal kom­bi­nie­ren. All­ge­mein machte ich gute Erfah­run­gen, neue Ange­bote und neue Gebiete bald zu benut­zen, da poli­ti­sche oder wirt­schaft­li­che Rah­men­be­din­gun­gen sich so ändern kön­nen, dass das Ange­bot wie­der vom Markt ver­schwin­det. Nicht alle Schiffe kön­nen über­all fah­ren, dies wegen ihrer Grösse. Die ehe­ma­li­gen KD-Klas­si­ker fah­ren nur auf dem Rhein; ebenso geht es der „Mozart“ und den ost­eu­ro­päi­schen Fünf­deck-Linern, die nur auf der Donau (und dem Schwar­zen Meer inkl. angren­zen­den Flüsse) fah­ren kön­nen. Am Rhein und an der Donau sind die gros­sen Städte und Metro­po­len die Anzie­hungs­punkte. Dem­ge­gen­über bie­ten Fahr­ten auf der Seine, Elbe, Duoro oder Saar/​Mosel, Neckar tolle Natur- und Kultur-Erlebnisse.

G Geräusche

Für geräusch­emp­find­li­che Fahr­gäste gilt die Regel: je neuer das Schiff, umso lei­ser ist das Rei­sen nachts; dies­be­züg­li­che Fort­schritte sind unüber­hör­bar… Schiffs­ty­pi­sche Geräu­sche sind der Schiffs­mo­tor (bei –> Twin­crui­seer nicht hör­bar), Gene­ra­to­ren (lau­fen auch bei Still­stand des Schif­fes, wenn kein –> Land­an­schluss vor­han­den ist), Bug­strah­ler (nachts nur in Schleu­sen und bei An- und Able­ger­ma­nö­ver ein­ge­schal­ten) und Kli­ma­an­la­gen; sie alle sind in prak­tisch allen Räum­lich­kei­ten zu hören. Tipp: zur Sicher­heit Ohren­stöp­sel (Gehör­schutz wie bei Kon­zer­ten) mitnehmen.

 Hun­ger und Durst

… muss auf den Kreuz­fahrt­schif­fen nie­mand haben. Täg­lich gibt es drei bis sechs kuli­na­ri­sche Ein­sätze der Küche: Ear­ly­bird-Früh­stück für Bett­flüch­tige, Früh­stücks­buf­fet im Zeit­fens­ter von rund zwei Stun­den, ein mehr­gän­gi­ges Mit­tag­essen, Kaf­fee und Kuchen, ein mehr­gän­gi­ges Abend­essen und ein Mit­ter­nachts­snack. Ers­te­res und Letz­te­res kön­nen auf ein­zel­nen Schif­fen weg­fal­len. Zuneh­mend bie­ten die Ree­de­reien am Mit­tag alter­na­tiv zum bedien­ten Mit­tag­essen ein men­gen­mäs­sig redu­zier­tes Selbst­be­die­nungs­buf­fet an, das ich jeweils sehr schätze, um nicht andert­halb Stun­den im Restau­rant zu ver­brin­gen. Die A’Rosa-Schiffe haben ein völ­lig ande­res Kon­zept: an bes­ter Lage auf dem Schiff gibt es Koch- und Selbst­be­die­nungs­in­seln, wo frisch zube­rei­tete Menus abge­holt wer­den kön­nen. Grund­sätz­lich wer­den Vege­ta­rier und Vege­ta­rie­rin­nen sowie Kun­den mit vega­nen Ess­ge­wohn­hei­ten auf den Schif­fen (noch) nicht so ver­wöhnt wie die andern (Aus­nah­men bestä­ti­gen die Regel).

 Hygiene und Gesundheit

Ohne auf Hys­te­rie zu set­zen emp­fiehlt sich, an Bord regel­mäs­sig die Hände zu waschen und vor dem Essen sie zu des­in­fi­zie­ren; ent­spre­chende Dis­pen­der sind bei den Ein­gän­gen auf jedem Schiff vor­han­den. In einem geschlos­se­nen Sys­tem wie auf einem Schiff kön­nen sich Viren gut aus­brei­ten. Dank Anwen­dung die­ser mini­ma­len Vor­sichts­mass­nahme sind sol­che Anste­ckungs­wel­len äus­serst sel­ten und sol­len kein Grund dar­stel­len, des­we­gen auf eine Kreuz­fahrt zu verzichten.

Neh­men Sie nebst Ihren per­sön­li­chen Medi­ka­men­ten ein Grund­set einer Notapo­theke mit, denn es ist der Schiffs­crew in Europa nicht erlaubt, Medi­ka­mente aus­zu­hän­di­gen. Dazu gehö­ren ein allg. Schmerz­mit­tel und etwas zur guten Ver­dau­ung (Ver­stop­fung und Durch­fall). An Bord gibt es kei­nen Arzt. Da die Schiffe aber täg­lich irgendwo anle­gen, sind Besu­che in einer Drogerie/​Apotheke sowie beim Not­fall-Arzt regel­mäs­sig möglich.

Fort­set­zung 2. Teil (Link) und Fort­set­zung 3. Teil (Link)

Das ehe­ma­lige Deil­mann-Schiff „König­stein“ ist aus­sen keine Schön­heit, die Innen­ein­rich­tung aber ist edel mate­ria­li­siert, hier im Bild in Cochem.

Oft sind die Anle­ge­stel­len von Fluss­kreuz­fahrt­schif­fen nahe am Zen­trum oder gar mit­ten im Ort, wie hier in Bern­kas­tel. Dies ganz im Gegn­satz zur Kreuz­fahrt­schiff­fahrt auf dem Meer, deren Häfen weit weg von den Aus­flugs­zie­len ent­fernt sind.

Schleu­sen fas­zi­nie­ren immer wie­der von Neuem; hier fährt die «König­stein» ins Ober­was­ser einer Schleu­sen­kam­mer der Saar.

Schleu­sung auf der Saar bei Rehlingen

Zahl­rei­che alte und ultra­mo­derne Brü­cken über­span­nen die Saar und die Mosel.

Die A61 über­quert die Mosel in gros­ser Höhe. Natur und Tech­nik, Kul­tur und Orte erge­ben auf einer Fluss­kreuz­fahrt einen spa­nen­den Mix, wo es auf jeder Fahrt nie lang­wei­lig wird.

Der Spei­se­saal der „König­stein“ ist auf dem Haupt­deck vorne ange­ord­net, was für Fluss­kreu­zer sehr sel­ten ist.

Durch Klick aufs Bild erscheint die­ses im Grossformat.

Am Schluss des Blogs ist Ihr Kom­men­tar willkommen.

Hin­weise

In 6 Rei­se­ta­gen legte die „König­stein“ 288 km zurück (Saar 88 km, Mosel 200 km) und über­wand mit 16 Schleu­sen einen Höhen­un­ter­schied von 126 m.

MS König­stein war ab Bau­jahr 1992 (Armi­nius-Werke Boden­wer­der) ursprüng­lich auf der Elbe ein­ge­setzt (von dort der Name). Das kleine Schiff (68,5 m L, 8,16 m B) wird durch zwei Pump­jets (Iveco 2 x 220 kW, v = 13 km/​h) ange­trie­ben, um auch bei Nied­rig­was­ser die Elbe befah­ren zu kön­nen. Die Favo­rit Rei­sen Heil­bronn kaufte das Schiff zusam­men mit der „Ros­sini“ (1983) aus der Deil­mann-Kon­kurs­masse. MS König­stein hat 33 Kabi­nen, die auf unse­rer Reise mit 48 Per­so­nen belegt waren.

Medi­en­hin­weis: Ein Regis­ter über sämt­li­che Fluss­kreuz­fahrt­schiffe der Welt kann bei der Schiffs-Agen­tur erwer­ben wer­den. Das von Arnulf Hader erschaf­fene Werk wird im Schnitt alle zwei Jahre aktua­li­siert und beinhal­tet nebst Bil­dern und den tech­ni­schen Anga­ben viele wei­tere Infos zu Eig­ner, Ree­de­reien und Revie­ren (Link).

Impres­sum

Text und Bil­der H. Amstad (red. aktua­li­siert 18.02.2024)

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