Vom MS Liberty Vierwaldstättersee zum MS Walenstadt auf dem Walensee
Nach 27 Jahren feiert die Schifffahrt auf dem Walensee einen Flottenzuwachs. Von der Grösse her liegt das «neue» Schiff mit seinen 60 Personen Fassungsvermögen zwischen den drei grösseren Einheiten Seestern, Churfirsten sowie Quinten und den kleineren Schiffen Alvier und Murg. Vorgesehen ist sein Einsatz vor allem als Gruppenreise-Schiff und in zweiter Linie als Ergänzung zum Pendlerschiff Alvier.
Auf der Eröffnungsfahrt begrüsst Verwaltungsratspräsident Dieter von Ziegler seine Gäste in Unterterzen, um mit ihnen an Bord des noch ungetauften Schiffes und in Begleitung der drei grösseren Schiffs-Schwestern nach Walenstadt zu fahren. Das Schiff erlebt heute bereits seine dritte Taufe: Als MS Liberty kam es 1982 in Luzern in Betrieb, als Höri-Fähre 1997 auf den Bodensee. Im warmen Abendlicht gestaltet sich der Hafen Walenstadt als ideale Naturarena für die Tauffeier; zahlreiche Zuschauer verfolgen Reden und die Dorfmusik bildet den musikalischen Rahmen. Zwei Pfarrer segnen das Schiff ein und Guido Städler als Schiffspate und Regierungsrätin Heidi Hanselmann (SG) taufen das Schiff auf den Namen „Walenstadt“. Städler: „Damit geht ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung, dass auch dieser Ort zu einem Schiffsnamen* kommt.“ Heidi Hanselmann ergänzt: „Ich freue mich darüber, dass ich das Schiff auf den Namen meines Heimatstädtchens taufen darf. Denn würde das ein Mann an die Hand nehmen, bringe das Unglück, heisst es,“ mit Blick auf Guido Städler. Die Regierung von Glarus war vertreten durch Andrea Bettiga, der die Grussworte überbrachte mit dem Wunsch, ein kommendes Schiff doch auf MS Glarnerland zu taufen.
Hanselmann zerschellte die Champagnerflasche auf Anhieb und Städler überreichte dem Betriebsleiter das Wappen von Walenstadt und eine Kopie der Walenstadter Rölli-Larve „Alte“ als Beitrag für einen künstlerischen Schmuck am und im Schiff. Während die Bevölkerung im Anschluss auf Rundfahrten mit dem neuen Schiff eingeladen wurde führt MS Churfristen die geladenen Gäste zurück nach Unterterzen. Mit von der Partie ist auch der oberste „Schiffler» der Schweiz, VSSU-Präsident Stefan Schulthess. Was bewog ihn, heute beim Taufakt dabei zu sein? „Es war weniger der Taufakt als solches, sondern vielmehr die Tatsache, dass auch ein relativ kleiner Schiffsbetrieb in ein ‚neues’ Schiff investiert. Es ist wichtig, regelmässig in neue Produkte, Angebote oder neue Märkte zu investieren und als Präsident des VSSU freue ich mich jedes Mal, wenn das einem Schifffahrtsunternehmen gelingt.“
Ein anderer Gast ist der Gemeindepräsident von Quinten Alois Janser. Der Name kommt mir bekannt vor; er bestätigt meine Vermutung, dass er über dreissig Jahre lang mit der „Orlando“ auf dem Querverkehr Murg – Quinten als Schiffsführer unterwegs war. Er ist beeindruckt über die handwerkliche Leistung beim Umbau des heutigen MS Walenstadt: „Das ist eine seriöse Arbeit und man sieht eine hohe Qualität mit viel Liebe zum Detail.“
Ein Blick in die jüngste Geschichte des Schiffsbetriebes Walensee: Nach der Jahrtausendwende sucht die Schifferfamilie Walser Nachfolger für ihre Flotte. Im Jahr 2004 kommt es dann zum Verkauf. Fünf Unternehmer*, die sich auch als Kollegen gut verstehen, haben eine Vision: sie beabsichtigten, alle touristischen Angebote rund um den Walensee unter einen „Hut zu bringen“, Synergien zu nutzen, mit einer gesamtheitlichen Erscheinung die Marke Walensee kraftvoll zu positionieren und die Wirtschaftlichkeit dadurch zu verbessern. Sie kaufen den Schiffsbetrieb Walensee. Treibende Kräfte sind Dieter von Ziegler, Willi Walser und Reini Menzi. Letzterer hat bei der Schifffahrt Walensee inzwischen verschiedene Hüte an: er ist Aktionär, Delegierter des Verwaltungsrates und Geschäftsführer. Menzi: „Die Idee ist gescheitert, die kleineren touristischen Leistungsträger zusammen zu nehmen; die regionalen Tourismusbetriebe waren nicht bereit dazu“, stellt er gelassen aber nicht ohne Enttäuschung fest.
Mit Blick in die Zukunft sagt er: „In den nächsten Jahren wird das 100-jährige** MS Alvier einer Totalsanierung unterzogen und dabei charakteristische Elemente früherer Bauphasen zurück erhalten.“ So anspruchsvoll dieser Plan sein wird, so begrüssenswert ist er! Bereits als Occasions-Schiff kam es 1921 als „Dornröschen“ von der Havel (Berlin) auf den Zugersee und wurde dann 1923 vom späteren Gründer der Migros Duttweiler übernommen, wo es als „Seebueb“ auf dem Zürichsee in den Einsatz kam. 1954 kam es als „Quinten» auf den Walensee, wo es seit 1991 nach einem weiteren Umbau als„Alvier“ die Querverbindungen nach Quinten ganzjährig unterhält. Ein wahrlich interessantes Schiff, bei dem aber von der Ausstrahlung her heute nicht mehr viel an die Geschichte erinnert.
Erbaut 1982 in der Hasler-Werft Rotzloch (Vierwaldstättersee) für Charles Bucher Seereisen Luzern erstrahlt nun nach einer Rundum-Erneuerung das Schiff in neuem Glanz beim Schiffsbetrieb Walensee.
Hier auf der Jungfernfahrt als MS Walenstadt vor der gleichnamigen Kulisse.
Die zerschellte Champagnerflasche ist Ritual und Symbol für eine unfallfreie und glückliche Fahrt, rechts im Bild MS Seestern.
Betriebleiter Markus Scherrer und Geschäftsführer Reini Menzi (auf MS Churfirsten) sowie …
… Guido Städler als Taufpate (auf MS Walenstadt) sind über den Neuerwerb und Umbau zufrieden.
Beim Rahmenprogramm der Tauffeier nahmen auch die drei grossen Einheiten der Waleseeflotte teil: MS Seestern, MS Chrurfirsten und MS Quinten. Text und Bilder H. Amstad (Erg. 06.01.2020)
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Hinweise
*) Zur Worterklärung erläuterte Andrea Bettiga in seinen Grussworten: „Walensee bedeutet ‚See der Welschen’, denn im frühem Mittelalter hat dieser See eine Sprachgrenze gebildet – zwischen den Alemannen im Westen und den Rätoromanen, den ‚Welschen’, im Osten.“ Guido Städler ergänzt: „Bei diesen ‚Welschen’, also den Rätoromanen hiess der heutige Ort Walenstadt ‚Riva’ (= Ufer). Und dieser Name fand bereits schon zweimal Verwendung für Schiffe: Riva (I) für 12 Passagiere von 1919 bis 1929 und Riva (II) für 30 Personen von 1935 und 1955.“
**) Die fünf Pioniere sind: Verwaltungspräsident Dieter von Ziegler (Unternehmer Immobilien und Hotellerie), Delegierter des Verwaltungsrates Reini Menzi (CEO der Resilux Schweiz AG, einem führenden Hersteller von PET-Flaschen), Willi Walser (Unternehmer, baut Freizeitanlagen), Franz Liebermann (Unternehmer im Bereich Herstellung von Filtertechnik), Georg Wiederkehr (Dr. jur, Rechtsanwalt).
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